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Rieslingbuch für Rieslingfreaks

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Markus Vahlefeld

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Rieslingbuch für Rieslingfreaks

BeitragSo 17. Feb 2013, 19:07

Letzte Woche habe ich ein Buch bei amazon gefunden, das mir ausserordentlich bekannt vorkam. Und in der Tat, die erste Ausgabe des kleinen Werkes "Der Reifeverlauf von trockenen und halbtrockenen Rieslingweinen in Abhängigkeit von Stil und Qualität" kannte ich bereits als Privatdruck. Autor ist der geschätzte und überaus sympathische Weinsammler, Connoisseur und irgendwie auch Weinfreak Karl-Heinz Frackenpohl aus dem Kölnschen Raum.

Der etwas sperrige Titel lässt schon vermuten, dass das 50seitige Büchlein nicht für den Weineinsteiger geschrieben ist. Man findet weder bunte Bilder noch eine Ansammlung der en-vogue Winzer. Wenn ich mich nicht irre, werden namentlich nur 6 Weingüter genannt: Trimbach, Dönnhoff, Koehler-Ruprecht, Heyl zu Herrnsheim, Künstler und Breuer. An dieser Auswahl wird schon deutlich, dass das ganze Werk kein modischer Schnellschuss sein soll, sondern eine Betrachtung von Rieslingen und den dazugehörigen Erfahrungen, die über Jahrzehnte reicht. Statt Feuerwerk also eher eine Annäherung an einen Ewigkeitswert.

Das Büchlein ist konzentriert geschrieben - damit meine ich: ohne schmückendes Beiwerk ist es ein echtes Konzentrat - und enthält sich jeder Bewertung. Hier geht es nicht um Rieslingdogmen oder die Definition von Qualität, sondern ausschließlich um Rieslingerlebnisse und -erfahrungen. Diese sind mittels mehrerer Grafiken zusammengefasst, so dass sich auch beim Schnelllesen ein guter Einblick eröffnet.

Alle für den Riesling entscheidenden Geschmacksparameter werden charakterisiert und beschrieben. Dabei ging es KH Frackenpohl weniger um Begriffsdefinitionen - diese setzt er voraus -, als vielmehr um die Einordnung der Begriffe in Bezug auf den Riesling: Säure, Zucker, Extrakt etc. Es ist also neben der Kernaussage zum Reifeverlauf vor allem auch eine wirklich fundierte Beschreibung des Rieslings und der seinen Geschmack bestimmenden Faktoren.

Der Autor unterscheidet bei der Darstellung des Reifeverhaltens zwischen fruchtbetonten Rieslingen, "ausgewogen ausgebauten" Rieslingen und denen mit "extremem Ausbau". Diesen 3 verschiedenen Rieslingtypen wird je eine Reifegrafik zugeordnet. Und auch wenn Frackenpohl anmerkt, dass Abgrenzungen nur schwer möglich sind und die Übergänge fließend, so hielte ich genau hier die Begriffe für klärenswert. Der fruchtbetonte Ausbau ist noch am klarsten. Der ausgewogene Ausbau soll wohl derjenige sein, der sowohl auf Frucht wie auch auf Sekundäraromen setzt und das gleichmäßigste Reifeverhalten aufweist, während dann der extreme Ausbau wohl eher die Fruchtaromen in den Hintergrund rückt, dafür aber am lagerfähigsten ist. Die bereits genannten 6 Weingüter werden als Beispiele des "extremen Ausbaus" angeführt.

Leider - und das wurde mir beim Lesen des Büchleins wieder mal schmerzhaft bewusst - gibt es zu wenig Literatur über reife (trockene) Rieslinge. Das liegt sicherlich weniger an den Autoren, sondern ist allein in dem Umstand gegründet, dass es max. eine handvoll Betriebe gibt, deren Reifeverhalten sich über die letzten 20 Jahre wirklich verfolgen lässt. Insofern ist Frackenpohl wohl der erste, der sich daran wagt, reife trocken ausgebaute Rieslinge zu bestimmen und dem Rieslingliebhaber wertvolle Informationen an die Hand zu geben, was ihr Reifeverhalten angeht. Andererseits glaube ich aber eben auch, dass die Rieslingwelt derart im Umbruch ist - durch verschiedene Ansätze der Winzer wie auch durch die Veränderung des Klimas -, dass das, was Frackenpohl mit "extremem Ausbau" meint, sich in den nächsten Jahren noch weiter auffächern wird. Denn durch die immer größer werdende Zahl an großen trockenen Rieslingen wird auch ihr Reifeverlauf differenzierter zu betrachten sein. Aber hier sind halt erst max. 10 Jahre ins Land gegangen, die zu betrachten sich eignen würden. Denn - so meine Mutmaßung - ein Kühnscher Rheingauer wird deutlich anders reifen als ein Bürklin-Wolff oder ein Wittmann.

Trotzdem kann ich das Büchlein jedem Rieslingliebhaber nur wärmstens empfehlen. Es dient vor allem als hervorragende Vorlage, sich seiner eigenen Erfahrungen bewusst zu werden und diese mit denen des Autors zu vergleichen. Und vor allem macht es Lust, mal wieder gereifte Rieslinge zu probieren.

Ich würde mir wünschen, dass es viel mehr dieser Art "empirischer Untersuchungen" gäbe und Frackenpohl macht vor, was viele von uns durch etliche Weinproben auch könnten: sich an eine Zusammenfassung des Erfahrenen zu wagen.

Ganz sicher also ein empfehlenswertes Werk, das Rieslingliebhabern wertvolle Anregungen gibt und statt auf Effekt auf Tiefe setzt.

Da sich der Autor weder in sozialen Netzwerken tummelt noch hier im Forum aktiv ist, wird eine Diskussion hier im Forum leider ohne ihn stattfinden.

Hier der amazon-link:
http://tinyurl.com/a768t7o
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Charlie

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Re: Rieslingbuch für Rieslingfreaks

BeitragSo 17. Feb 2013, 19:16

Danke für den Tipp
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Gaston

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Re: Rieslingbuch für Rieslingfreaks

BeitragMi 27. Mär 2013, 23:44

Hallo,

habe mir das Büchlein besorgt und in einem Zug durchgelesen (ca. 50 S.). Stimme dem, was Markus Vahlefeld geschrieben hat, weitesgehend zu, hätte mir vielleicht einfach mehr oder überhaupt empirische Daten und etwas mehr zur Methodik gewünscht - wieviel und welche Weine wurden über welchen Zeitraum mit welchen Ergebnissen beobachtet etc. Und wie genau er zum Beispiel zu diesen Grafiken kommt (ist das ein errechneter Mittelwert, wie groß sind die Abweichungen usw.). Denn das ist ja die entscheidende Frage: In welchem Maße verallgemeinernd oder als wie allgemeingültig – und auf welcher Datenbasis – können die dort präsentiert Ergebnisse betrachtet werden? Es fällt mir einfach schwer zu glauben, dass bei dieser extremen Riesling-Vielfalt der Reifeverlauf in drei Kurven zu pressen ist. Dazu hätte ich mir vielleicht ein wenig mehr Erläuterungen gewünscht.

Ich würde vielleicht auch nicht sagen, dass er sich "jeder Bewertung enthält". Bei manchen Themen bezieht er doch mehr oder weniger deutlich Stellung; der Spontangärung steht er beispielsweise deutlich skeptischer gegenüber, als in „fortschrittlichen“ Weinfreak-Kreisen üblich, auch bezeichnet er die Naturweinbewegung an einer Stelle als „Sackgasse".

Davon abgesehen eine interessante und anregende Lektüre und natürlich bei allen Fragezeichen die bleiben, große Anerkennung und Lob an den Autor, der mit dieser Veröffentlichung – soweit ich das sehe – noch völlig unbeackertes Neuland betritt.

Beste Grüße
Gaston
Beste Grüße
Gaston

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