Herr S. hat geschrieben:Dahingehend muss ich aus meiner Erfahrung heraus Deinen Glauben in seinen Grundfesten erschüttern. CMR (C = krebserregend; M= mutagen ; R = reproduktionstoxisch) ist in der Pflanzenschutzmittelrichtlinie bei Erfüllung bestimmter Kriterien ein cut-off d.h. führt zur Nichtzulassung (wenn der stoff es überhaupt bis dahin schafft und nicht vorher schon ausgesiebt wird).
Wieviele Stoffe gab es denn nicht schon, die trotz Zulassungen und den entsprechenden Prüfungen im Nachgang wieder vom Markt genommen wurden, weil dann doch entsprechende Wirkungen auftraten?
Einfach mal ein Beispiel: Glufosinat.
http://de.wikipedia.org/wiki/GlufosinatInteressant, wird sogar vom BMELV als "reproduktionstoxisch" eingestuft. Seit 2007 zugelassen, ab 2017 soll es vom Markt genommen werden.
Welche Untersuchungen gibt es denn in Bezug auf Auswirkungen auf andere Organismen bzw. Lebewesen. Inwieweit ist das dann zulassungsrelevant? Welcher Zeitraum wird dabei berücksichtigt?
Wie werden denn Cocktails in solchen Zulassungen untersucht?
Die Denke ist halt oftmals die, dass solange kein kausaler Zusammenhang zwischen einem Stoff und Gefährdung durch ihn hergestellt werden kann, der Stoff zugelassen wird. Danach gibt es dann eben wieder ab und an die Situationen, dass später doch Kausalzusammenhänge oder starke Verdachtsmomenten entdeckt werden.
http://www.bfr.bund.de/cm/343/pestizide ... enhang.pdfMan lese mal in diesem Dokument den letzten Absatz auf S. 11, Kapitel 4. Wie so oft wurden Ergebnisse an Tiermodellen erhoben, wo vorerst offen bleibt, ob die Befunde auch auf Menschen übertragbar sind. Eine Gefährdung, wie in diesem Fall die Parkinson-Krankheit, wird somit auch nicht prinzipiell ausgeschlossen.
Aus meiner Sicht wird in diesem großen Spiel nicht mit offenen Karten gespielt. Zwar besteht ein prinzipielles Interesse daran, die wachsende Menschheit in Bezug auf Lebensmittelversorgung über die Runden zu bringen. Das darüberhinaus auch noch zu akzeptablen Kosten und Preisen (was auch immer jeder einzelne unter "akzeptabel"versteht). Und der Einsatz aller Arten von Pestiziden wird wohl durchaus einen Anteil dabei leisten (blenden wir mal aus, dass es bspw. immer mehr Unkräuter gibt, die Herbizidresistenzen entwickelt haben und weiterhin entwickeln werden). Wird auf diesen Einsatz verzichtet, so wäre die "Agrar-Effizienz" eventuell nicht mehr auf dem aktuellen Level aufrecht zu erhalten.
Fair wäre es, ungeblümt zu sagen, dass es Risiken beim Einsatz von Pestiziden gibt. Eventuell sogar unüberschaubare und massive Risiken, die nicht ausgeschlossen werden können. Dass man jedoch bestrebt ist, diese Risiken zu minimieren und sie bewusst in Kauf nimmt, weil Verzicht darauf andere Problematiken mit sich bringt, deren Schaden, ganz plakativ gesprochen, für die Menschheit in Summe größer ist. Genau so eine offene Stellungnahme wird aber nicht getan, es wird viel lieber auf ganz harmlos getrimmt.
Gerald hat geschrieben:Zumindest in Österreich ist der Arbeitnehmerschutz doch ziemlich weit entwickelt (Kunden von mir sind in diesem Bereich tätig), in Frankreich wird es wohl auch nicht so anders aussehen.
Es ist eine Sache, was in einem Regelwerk steht. Aber es ist eine andere, wie tatsächlich die Praxis ausschaut. Und selbst, wenn es einen sehr guten Arbeitnehmerschutz gibt, so stellt sich doch die Frage nach dem Schutz von Anrainern (was in dem ganz am Anfang verlinkten Artikel ja auch zum Ausdruck kommt).