Do 29. Dez 2011, 11:28
Hallo zusammen,
Kle hat geschrieben:Bei der Diskussion zwischen Markus Vahlefeld und Reinhard Löwenstein ist mir noch nicht recht klar, worüber die beiden streiten. Am ehesten über Steiner.
Offen gesagt ist mir das auch noch nicht klar. Ich habe das Buch von Reinhard Löwenstein vor ca. einem Jahr auch gelesen und habe schon fast alles wieder vergessen. Ich hatte damals große Erwartungen und bin etwas, wenn auch nicht völlig enttäuscht worden. Die eher weit ausholende Linie und Gedankenanregung, die Reinhard Löwenstein als sein Ziel beim Schreiben auf dem Blog erwähnt und die ich als Ansatz grundsätzlich sehr gut finde, ist bei mir nicht richtig angekommen. Bei seinem "Manifest" aus 2003 ist das anders. Bei der Lektüre des Manifests drängt sich mir auf: der Mann hat recht.
Markus, bitte nehm es mir nicht übel, aber ich halte deine Argumentation in der Terroirdiskussion für nicht konsequent. Eigentlich müsstest du klipp und klar sagen: Terroir gibt es nicht. Du sagst zwar, dass du den Begriff nicht mehr verwendest, begründest dies aber nicht begriffsinhaltlich, sondern nur mit der inflationären Verwendung des Begriffs. Mehrmals direkt im Anschluss an die Ablehnung des Begriffs verwendest du den Begriff dann doch. Jedoch hat dein Verständnis von "Terroir" aus meiner Sicht nichts mit dem Begriff zu tun, wie ihn Reinhard Löwenstein in seinem Manifest aus 2003 verwendet und wie er in der einen oder anderen Form sonst verwendet wird.
Du schreibst:
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Ich habe von jeher den Eindruck, dass Terroir Menschenwerk ist. Terroir gibt es gar nicht, sondern es ist eine innere Einstellung, ein geistiges Konstrukt, wobei das Augenmerk mehr auf geistig als auf Konstrukt liegt. Damit meine ich: Terroir ist eine Idee, die im Menschen geboren wird, aber nicht wie eine mathematische Formel, die ewig gilt, sondern als Idee, die aus etwas entspringt, was in der Natur liegt, aus etwas Natürlichem, zumindest Vorgefundenem und sich Veränderndem.
Darin spiegelt sich dein Zwiespalt gut wieder. Hinter "Terroir gibt es gar nicht" müsstest du eigentlich einen Punkt setzen. Was du danach schreibst, hat mit Terroir - so wie der Begriff zumeist verstanden wird - nichts zu tun und führt genau dazu, was du bemängelst: nämlich, dass Terroir zu einem reinen Marketingbegriff verkommt. Wenn Terroir ganz hauptsächlich Menschenwerk, eine innere Einstellung ist, dann kann jeder Mensch, der nur die richtige Einstellung hat, einen Terroirwein erzeugen. Es lässt sich ja durchaus argumentieren, dass die spannendsten Weine von spannenden Menschen erzeugt werden. Aber das muss man doch nicht unter dem Begriff "Terroir" tun.
Noch ein kurzer Exkurs zur Musik:
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Gäbe es in der Musik Terroir, Amy Winehouse’ Musik wäre Terroirmusik. Es ist diese Komposition aus Verschwendung, Unglück, Wahnsinn und Zärtlichkeit verbunden mit dem unbedingten Willen zu einer authentischen Form, die mich an das Konstrukt Terroir erinnerte.
Das ergibt für mich wenig Sinn. Auch hier wieder erklärst du Terroir als Gebilde, das seine Qualität mehr oder weniger ausschließlich aus bestimmten Eigenschaften des Schöpfers ziehen soll. Was hat das mit Terroir zu tun?
Für mich gibt es übrigens Terroirmusik. Es ist für mich Musik, die nur herkommen kann, wo sie herkommt. Um mich nicht zu wiederholen, verweise ich auf einen anderen Thread:
viewtopic.php?f=38&t=912&p=18147&hilit=valentine#p18147Ich bin trotzdem gespannt auf den weiteren Diskussionsverlauf. Bislang sehe ich noch keine gemeinsame Diskussionsgrundlage.