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Sinn und Unsinn der Punkte

Sterne, Punkte, Trauben - oder Obstkörbe
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octopussy

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMo 4. Feb 2013, 17:18

Das FINE-Weinmagazin hat beschlossen, bei Altweinen zukünftig keine Punkte mehr zu vergeben. Mit einer Zahl könne man diesen Weinen einfach nicht gerecht werden. Ich kann diesen Entschluss sehr gut nachvollziehen. Wie soll man das Erlebnis eines in Würde gereiften 50 oder mehr Jahre alten Weins mit einer Zahl beschreiben? Ist doch das Vergnügen beim Genuss eines Altweins ein ganz anderes als beim Genuss eines herrlichen Weins aus den letzten - sagen wir einfach mal - 20 Jahren.

Die Diskussionen im Bordeaux-Thread um Punkte von Frau Robinson oder Herrn Gilman lassen mich auch immer mehr zweifeln, welchen Wert Profi- oder Amateurpunkte haben. Die Argumente hin und her sind sicherlich an vielen Stellen schon ausreichend diskutiert worden. Mich wundert nur, dass den Punkten so eine große Bedeutung beigemessen wird, oft eine größere Bedeutung als den Textnotizen dazu. Dabei ist doch viel wichtiger, ob ein Wein kräftig oder schwach in der Säure ist, ob er animierend oder lähmend ist, elegant oder plump, muskulös oder schwachbrüstig, künstlich aufgesetzt oder natürlich wirkend, kratzig oder samtig, eckig oder rund, als die Frage, ob er 85, 88, 90, 92 oder 95 Punkte "wert" ist.
Beste Grüße, Stephan
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hendrik

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMo 4. Feb 2013, 17:53

Gratuliere mit posting 2000!!!! :mrgreen: :geek: :ugeek: :o :lol:

Hendrik

p.s. 85 oder 95 Punkte dass interssiere mich doch!
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la-vita

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMo 4. Feb 2013, 22:03

Hallo Stephan,

Sinn und Unsinn, bzw. die Grenzen von Punktesystemen konnte ich kürzlich bei einer kleinen, feinen Probe bei Mövenpick Dortmund erfahren. An dieser Stelle dafür nochmal ein herzliches Dankeschön an Mövenpick. Angestellt waren Pape Clement 2009, Vega Sicilia Unico 2000, sowie Penfolds Grange 2007. Nach anfänglichen Versuchen die Eindrücke zu Notizen zusammenzufassen habe ich aufgegeben. Zu eindringlich, zu entrückend waren einfach die Eindrücke. Unfassbar schön. Jeder Wein für sich ein Monument. Einsam - erhaben. Man findet sich selber plötzlich auf einer anderen Umlaufbahn wieder und der übliche Bezugsrahmen von irgendwelchen Punkten kollabiert und stürzt in sich zusammen. Was soll man da noch aufschreiben? Was soll man da noch kategorisieren? Das persönliche emotionale Empfinden bei solchen Erlebnissen ist einfach Lichtjahre von irgendwelchen Überlegungen nach einer Punktezahl entfernt. Fast wage ich zu behaupten, dass solange man einem großen Wein noch Punkte geben kann, das eigentliche Erlebnis an einem vorüber gegangen ist. Was nutzt einem ein 100 Punkte Wein, wenn dieser Wein in einem nichts auslöst? Aber so ist halt der moderne, wissenschaftliche, westliche Geist: Alles muß kategorisiert u. analysiert werden. Für transzendierende Erlebnisse hat der Westen halt keine Nomenklatur. Für mich persönlich macht es jenseits der 90-93 PP keinen Sinn mehr irgendwelche Punkte zu vergeben.
Bei der Einteilung des Schwierigkeitsgrades von Bergetappen bei der Tour de France ( :oops: :roll: :x ) beläßt man es ja auch bei 3 Kategorien. Alles darüber ist HC (Hors catégorie = außerhalb der Kategorie). So sind große Weine für mich ebenso außerhalb der Kategorie. Jede Bepunktung in dieser Kategorie bleibt ja irgendwie mikrig und banal und wird diesen Riesen in keinster Weise gerecht.

Beste Grüsse
Detlef
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octopussy

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragDi 5. Feb 2013, 21:13

hendrik hat geschrieben:Gratuliere mit posting 2000!!!! :mrgreen: :ugeek: :geek: :o :lol:

Oops, so viele schon :mrgreen: :o :oops:

Nächstes Ziel: 5.000 :!: :ugeek: :ugeek: :ugeek:

la-vita hat geschrieben:Sinn und Unsinn, bzw. die Grenzen von Punktesystemen konnte ich kürzlich bei einer kleinen, feinen Probe bei Mövenpick Dortmund erfahren. An dieser Stelle dafür nochmal ein herzliches Dankeschön an Mövenpick. Angestellt waren Pape Clement 2009, Vega Sicilia Unico 2000, sowie Penfolds Grange 2007. Nach anfänglichen Versuchen die Eindrücke zu Notizen zusammenzufassen habe ich aufgegeben. Zu eindringlich, zu entrückend waren einfach die Eindrücke. Unfassbar schön. Jeder Wein für sich ein Monument. Einsam - erhaben. Man findet sich selber plötzlich auf einer anderen Umlaufbahn wieder und der übliche Bezugsrahmen von irgendwelchen Punkten kollabiert und stürzt in sich zusammen. Was soll man da noch aufschreiben? Was soll man da noch kategorisieren? Das persönliche emotionale Empfinden bei solchen Erlebnissen ist einfach Lichtjahre von irgendwelchen Überlegungen nach einer Punktezahl entfernt. Fast wage ich zu behaupten, dass solange man einem großen Wein noch Punkte geben kann, das eigentliche Erlebnis an einem vorüber gegangen ist. Was nutzt einem ein 100 Punkte Wein, wenn dieser Wein in einem nichts auslöst? Aber so ist halt der moderne, wissenschaftliche, westliche Geist: Alles muß kategorisiert u. analysiert werden. Für transzendierende Erlebnisse hat der Westen halt keine Nomenklatur. Für mich persönlich macht es jenseits der 90-93 PP keinen Sinn mehr irgendwelche Punkte zu vergeben.
Bei der Einteilung des Schwierigkeitsgrades von Bergetappen bei der Tour de France ( :oops: :roll: :x ) beläßt man es ja auch bei 3 Kategorien. Alles darüber ist HC (Hors catégorie = außerhalb der Kategorie). So sind große Weine für mich ebenso außerhalb der Kategorie. Jede Bepunktung in dieser Kategorie bleibt ja irgendwie mikrig und banal und wird diesen Riesen in keinster Weise gerecht.

Detlef, du sprichts mir aus dem Herzen.

Der Punkt ist natürlich der: die Welt lechzt nach Orientierung beim Weineinkauf. Eine vermeintliche Orientierung geben Punkte. Die Profis haben aber keine Zeit, hunderten Weinen die Aufmerksamkeit zu schenken, die zum Beispiel wir Weinamateure am Abend der Flasche Wein am Essenstisch oder den Weinen bei der kleinen Probe mit Freunden schenken. Bei 100 Bordeaux an einem Nachmittag oder 200 Großen Gewächsen an einem Wochenende ist es im Zweifel kaum möglich, sich näher mit Wein x oder Wein y zu beschäftigen. Der eine oder andere sticht sicherlich besonders heraus (positiv wie negativ), aber das ist im Zweifel die Ausnahme. Nun könnte man jedes Mal "elegant" oder "plump" oder "Pfisich" oder "fest gewirkt" oder was auch immer schreiben, damit kriegt der Leser aber nur eine ganz grobe Orientierung. Punkte geben dabei (vermeintlich) eine viel bessere Orientierung. Parker gibt Rhône-Wein x 95 Punkte und Rhône-Wein y 88 Punkte. Beide kosten gleich viel. Welchen wird der gemeine Weinkäufer wohl nehmen, selbst wenn bei beiden "Lakritze" und "schwarze Olive" steht?

Ich schreibe "vermeintliche" Orientierung, da sie bei den heute vorherrschenden Massenverkostungen zwar nicht vollständig, aber doch zu einem nicht unerheblichen Teil auf einer Illusion basiert. Es gibt so viele Unsicherheitsfaktoren: schlechte Stimmung, schlechte Luft, zu warm, zu kalt, schwieriger Reifezeitpunkt, persönlicher Geschmack, unsichere Zukunftsprognose, etc. Bewertungen wie die für die Großen Gewächse jedes Jahr sind m.E. das beste Beispiel. Fünf Leute schwören auf Bürklin-Wolf, drei auf Wittmann, vier auf Keller und drei auf Schäfer-Fröhlich. Bürklin-Wolf finden vier wiederum völlig daneben, drei finden Wittmann banal und zwei Keller. Schäfer-Fröhlich ist manchen zu böksig. Außer dass manche Weine mehr Geschmackssache sind als andere und man auch den kleinsten gemeinsamen Nenner wählen könnte (Dönnhoff? Bassermann-Jordan? Weil?), kann man aus einer umfassenden Lektüre der Bewertungen eigentlich kaum etwas herauslesen. Das geht nur, wenn man sich auf Verkoster x oder Verkoster y kapriziert. Oder wenn man sich selber sein eigenes Koordinatensystem schafft (durch selber viel probieren). Insofern helfen die Punkte m.E. mittlerweile eigentlich nur noch dabei, auszuwählen, was man aus einem bestimmten Jahr und einer bestimmten Kategorie mal probieren möchte. Sie schaden aber auch, weil manche tolle Winzer oder sogar ganze Regionen völlig aus dem Raster fallen.
Beste Grüße, Stephan
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hpk

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMi 6. Feb 2013, 11:47

Hallo Stephan und Detlef,
bin ganz eurer Meinung, welcher Unfug mit Bewertungen getrieben wird.
Besonders stören mich die Etiketten-Trinker, die nur große Namen akzeptieren
und hoch bewerten oder: was teuer ist, muß auch gut sein.
Gruß Peter
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Weinzelmännchen

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragDo 7. Feb 2013, 03:14

la-vita hat geschrieben:Bei der Einteilung des Schwierigkeitsgrades von Bergetappen bei der Tour de France ( :oops: :roll: :x ) beläßt man es ja auch bei 3 Kategorien. Alles darüber ist HC (Hors catégorie = außerhalb der Kategorie). So sind große Weine für mich ebenso außerhalb der Kategorie. Jede Bepunktung in dieser Kategorie bleibt ja irgendwie mikrig und banal und wird diesen Riesen in keinster Weise gerecht.
Beste Grüsse
Detlef


Detlef,

dem kann ich ausser der Zitierung deiner Meinung NICHTS hinzu fügen. Es gibt - wie wir schon alle erfahren haben - Weine, die nicht mehr kategorisierbar sind. Welches Kürzel man solchen Weinen "verpasst", um wieder eine Kategorie anzudeuten, ist egal. Da kommt es wahrscheinlich auf den persönlichen Hintergrund an; einige Vorschläge:

- HC (siehe oben)
- ET ( extra terrestrisch)
- GÖ (göttlich)
- TR (transzendent)
- WS (Wahnsinn)
- ÃœF (Ãœberflieger)
- UK (unkategorisierbar)

Welches Kürzel man solchen Weinen vergibt, ist mir eigentlcih vollkommen egal. Ich halte aber solch eine Nicht-Kategorie für durchaus hilfreich. Der Weinfreund, der nach den Punkten lechzt, bekommt seine Punkte bzw Bewertung. Er und auch die schon weiter Fortgeschrittenen, erhalten eine neue Kategorie, die nciht kategorisiert wird,

Das "einzige" Problem: Wer entscheidet (obejktiv), welcher Wein es in die Liga der unkategorisierbaren Weine schafft :twisted: :twisted: :twisted: :twisted: :twisted: :twisted: :twisted: :?: :?: :?:
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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MichaelWagner

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMo 25. Feb 2013, 14:24

die Frage ist denke ich nicht, ob Wein nun mit 1-5 oder 1-100 Punkten bewertet werden soll. Die Frage ist eher: Wer bewertet und welche Agenda hat diese Person;)
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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mixalhs

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMo 25. Feb 2013, 21:18

Weinzelmännchen hat geschrieben:Welches Kürzel man solchen Weinen "verpasst", um wieder eine Kategorie anzudeuten, ist egal. Da kommt es wahrscheinlich auf den persönlichen Hintergrund an; einige Vorschläge:

- HC (siehe oben)
- ET ( extra terrestrisch)
- GÖ (göttlich)
- TR (transzendent)
- WS (Wahnsinn)
- ÃœF (Ãœberflieger)
- UK (unkategorisierbar)


Zwei kurze Anmerkungen:

- Aus österreichischer Sicht schein mir in dieser Liste noch UG, urgeil, zu fehlen.
- Es gibt da einen Weinhändler im Saarland, der es mühelos schafft, zwei oder sogar drei dieser Epitheta bei der Charakterisierung eines einzigen Weins unterzubringen --- und das dann noch zu toppen mit EB: emotional berührend.

;)
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Moulis

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragDi 19. Mär 2013, 19:45

Ich habe es immer gewußt :mrgreen:
100 PP sind nicht die Obergrenze.
http://www.exquisiteweine.de/weine.html
Mal bei Parkerbewertungen reinklicken ;)
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austria_traveller

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Re: Sinn und Unsinn der Punkte

BeitragMi 23. Okt 2013, 08:29

Guten Morgen Forum,

Nurmal eine Frage aus Interesse:
In unserem Forum schreiben ja viele Weinhändler.
Wie handhabt ihr eine Weinbewertung ?
Bepunktet ihr oder beschreibt ihr den Wein nur ?
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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