Mo 18. Jan 2021, 00:40
Meine drei Parameter, die ich zur Bewertung anwende, treffen auf die sensorischen Fähigkeiten des Durchschnittstrinkers. Sie sind nicht für Kenner und Weinprofis gedacht. Menschen, die mit Wein arbeiten, stellen andere Ansprüche. Sie wollen mehr Säure, Oxidation und Bitterkeit.
In jeder anderen Sparte der Lebensmittelbranche – und Wein ist ein flüssiges Lebensmittel – gelten Frische und Bekömmlichkeit als oberstes Prinzip. Nicht jedoch in der Weinwelt. Hier findet man Säure und Bitterkeit ganz toll.
Meine Idee war von Beginn an, dass sich die Produzenten umbesinnen, wenn immer mehr Menschen meine Bewertungen lesen und Winzer davon ablassen zu behaupten, so sei eben ihr Wein und erst in 20 Jahren würde er perfekt schmecken. Damit kaschieren sie doch nur, dass ihr Wein fehlerhaft ist. Ich will, dass die Weine in dem Augenblick perfekt sind, in dem sie abgefüllt werden.
Parker, Suckling, Gambero Rosso – niemand erklärt, welche Parameter diese Tester anwenden. Ich würde gerne wissen, wie sie arbeiten. Keiner von ihnen sagt, was Qualität ist. Ich schon. Ich bin der einzige Verkoster der Welt, der das tut und ich bin nicht stolz darauf. Die Menschen haben ein Recht darauf zu wissen, wie man zu einem Urteil kommt.
Früher haben die Weinmacher auf Zeit gespielt, weil sie ihr fehlerhaftes Arbeiten so verschleiern konnten. Wein, der reift, gewinnt an Balance, verliert Säure und Tannine. Die Fehler werden schwächer, aber der Wein wird nicht besser. Darauf setzen viele Hersteller. Ich sage, guter Wein muss von Beginn an frisch und ausgewogen schmecken. Dann bleibt er es auch.
Mo 18. Jan 2021, 11:46
Mo 18. Jan 2021, 12:55
Mo 18. Jan 2021, 17:32
Mo 18. Jan 2021, 18:01
weinaffe hat geschrieben:Der LM-Punkteaufkleber auf der Flasche gibt mir immer vorab eine wichtige Information: "diesen Wein n i c h t kaufen
Wer aber zum Beispiel hyperfruchtige, kräftige bis mastige Rotweine mit dienender Restsüsse schätzt, kann sich auf die inflationär hohen LM-Bepunktungen verlassen.
LG
Bodo
Mo 18. Jan 2021, 18:08
Mo 18. Jan 2021, 18:57
pitts hat geschrieben:Meines Erachtens sind grundsätzlich alle Verkosterpunkte Marketinginstrumente. Von denen macht das ja niemand aus Nächstenliebe beziehungsweise dem Konsumenten zur Liebe. Die einen sind vermeintlich objektiver, die anderen nicht. Wahrscheinlich sind manche sogar wirklich etwas objektiver als andere, aber es bleibt eben "Werbung".
Mo 18. Jan 2021, 20:37
Mo 18. Jan 2021, 20:41
Mo 18. Jan 2021, 22:45
EThC hat geschrieben:...aus meiner Sicht ganz einfach: er will in erster Linie mit seiner Tätigkeit Geld verdienen.
Durch seine irrwitzige Benotelung und die Verwendung des zufällig fast gleichen Zahlenraums verglichen mit anderen Bewertungssystemen hievt er unendlich viele Massenweine in Punkteebenen, die bei anderen Verkostern nie erreicht werden. Daß die Bepunktelungsgrundlage bei LM eine ganz andere ist, kommt beim Konsumenten mit 99 %iger Wahrscheinlichkeit nicht an und der Handel nutzt dies geschickt aus. 99 Punkte verkaufen sich halt deutlich besser als 89. Solange das für LM einträglich funktioniert, wird er das unbeirrt weiter so machen...
Dass reifebedürftige Weine grundsätzlich Fehlerhaft sind ist natürlich eine ziemliche extreme beziehungsweise übertriebene Sichtweise. Dennoch kann ich der Ansicht etwas abgewinnen. Ich sehe ein, dass gute gereifte Weine gute junge Weine fast immer schlagen, da sie die komplexeren Aromen entwickeln und harmonischer sind. Für mich ist das jedoch dennoch eher eine Bürde als ein Benefit. Denn natürlich kostet die Lagerung viel Zeit und Geld. Außerdem verändern sich Trinkgewohnheiten natürlich auch mit den Jahren/Jahrzehnten. Mich, als jungen Konsumenten, frustriert es darüber hinaus ungemein, dass ich Unmengen an Kohle in meinem Weinkeller versenke aber dennoch nichts trinkreifes im Keller habe. Von daher wäre es mir persönlich lieber, die Weine wären sofort trinkreif. Diese romantische Verklärung des Weinlagerns erschließt sich mir irgendwie nicht so richtig. Wenn es also möglich wäre, einen Bordeaux Grand Cru so zu vinifizieren, dass er nach 5 bis 10 Jahren gleichen Genuss bietet wie er es heute erst nach 15 oder 25 Jahren tut, ich wäre sofort dabei!
Meines Erachtens sind grundsätzlich alle Verkosterpunkte Marketinginstrumente. Von denen macht das ja niemand aus Nächstenliebe beziehungsweise dem Konsumenten zur Liebe.