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Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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susa

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Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragMi 16. Mär 2011, 20:45

Letztens habe ich irgendwo einen Artikel über das schöne Dörfchen Oestrich gelesen und die bekannte Lage "Lenchen". Natürlich erwartete ich, dass der Name von irgendeiner Dame namens Lene oder Helene herrührte und musste dann lernen, dass es die Bezeichnung für einen stark geneigten (gelehnten) Hang ist. Und der "Doosberg" ist eine alte Bezeichnung für "Dachsberg", weil dort früher viele Dachsbauten waren.

Interessant auch die Namenstheorien zum Kallstadter Saumagen, eine besagt, dass es der Spitzname seines ersten Besitzers gewesen, eine andere, dass es die Lage die Umrisse eines Saumagens habe (wobei die ja nicht so fest definiert sind ;)) und die dritte schließlich, dass die Kopfbedeckung der Pfälzer Damenwelt so geheißen habe und Namenspate gewesen sei.

Die Geschichte von Château Beychevelle im St. Julien ist ja auch hinlänglich bekannt. Es liegt an der Gironde und der damalige Besitzer Amiral de La Valette, ein Flottenkapitän, war einer der einflussreichsten Männer Frankreichs, weswegen zu seinen Ehren alle vorbeifahrenden Schiffe ihre Segel senkten (baisse les voiles).

Auch hab ich gelernt, dass der Namesursprung Mouton bei Mouton Rothschild nichts mit Schafen zu tun hat, auch wenn Baron Philipp später damit immer wieder gespielt hat; es leitet sich aus dem alten okzitanischen Wort "moutte" oder "motte" ab, was okzitanisch für Hügel ist. Den Begriff "Motte" gibt es übrigens auch in unserer Gegend, da steht er für Abraumhalden. Darüberhinaus bezeichnet er auch einen Burgtyp aus dem Mittelalter für eine Burg, die auf einem Hügel errichtet ist.

Wer kann weitere seltene oder ungewöhnliche Wein- oder Lagennamen erklären? Oder welche Namen haben eine ganz andere Bedeutung als man zunächst annehmen würde?

lieben Gruß
susa
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DerFranki

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragMi 16. Mär 2011, 20:55

susa hat geschrieben:Interessant auch die Namenstheorien zum Kallstadter Saumagen, eine besagt, dass es der Spitzname seines ersten Besitzers gewesen, eine andere, dass es die Lage die Umrisse eines Saumagens habe (wobei die ja nicht so fest definiert sind ;))


Die Saumägen, die ich kenne (jedes Jahr einen, den letzten vor sechs Wochen) sahen alle gleich aus. ;)

Hier ein unscharfes Bild des diesjährigen Exemplars:
Dateianhänge
saumagen.jpg
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drmamue

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragMi 16. Mär 2011, 21:09

Hallo Susa,

interessanter Thread: mir fällt da als erstes der Enkircher Batterieberg ein, der den Namen natürlich nicht davon hat, dass sein Terroir an Batteriesäure erinnerte, sondern, weil er künstlich aus dem Berg gesprengt wurde. Schön finde ich auch, wie die klosterinterne Hierarchie sich in den Lagen Maximin Grünhäuser Abts-, Herren- und Bruderberg niederschlägt.

Viele Grüße
Markus
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susa

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragMi 16. Mär 2011, 21:12

Interessant, beim Batterieberg bin ich immer davon ausgegangen, der Name sei militärischen Ursprungs.

lieben Gruß
susa
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Felix Eschenauer

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragMi 16. Mär 2011, 23:01

drmamue hat geschrieben: Schön finde ich auch, wie die klosterinterne Hierarchie sich in den Lagen Maximin Grünhäuser Abts-, Herren- und Bruderberg niederschlägt.
Schön, aber historisch nicht haltbar. Genauso wie die wenigsten anderen Lagenname eine Historie haben, die in Jahrhunderten zu messen ist. Lagennamen setzten sich flächendeckend erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s durch. Vorher waren Ortsbezeichnungen viel bedeutender. Dass der Scharzhofberg z.B. international sehr bekannt war, widerspricht dem nicht. Er galt und gilt als Gemeindeteil. Ebenso Thiergarten in Trier oder Steinberg, Rüdesheimer Berg etc. Der beste Teil des Grünhäuser Bergs war früher der Herrenberg. Abtsberg und Bruderberg ist eine Aufteilung, die es frühestens seit den 1920er Jahren gibt. Gutsintern gab es immer Parzellennamen, die in erster Linie für die Betriebsabläufe wichtig waren. Lagennamen setzten sich erst durch, als sich die Organisation der Weingüter änderte (Lese, Flaschenabfüllung). Und die Betriebsgrößen. Bei 50 oder 60 Kleinstparzellen, wie es früher in allen Gebieten mit napoleonischem, später preußischem, Recht üblich war, konnten meist keine Lagenweine erzeigt werden. Aber das ist ein weites Feld...

beste Grüße
Felix
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Charlie

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragDo 17. Mär 2011, 02:24

Felix Eschenauer hat geschrieben:Aber das ist ein weites Feld
Dann fang mal an!
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susa

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragDo 17. Mär 2011, 08:30

Immerhin hat das Kaseler Nieschen (eines des wenigen Worte, das mir mit Apostroph besser gefällt, also Nies'chen) seinen Namen von einer Äbtissin namens Agnes. Nies ist mundartlich für Agnes und das Nies'chen ist die Verkleinerungs- bzw. Verniedlichungsform.

Ausserdem müssen wir mit dieser Betrachtung ja nicht in Deutschland bleiben.

Ich frag mich schon immer, ob der Name Pingus etwas mit dem gleichnamigen Computerspiel zu tun hat und amüsiere mich über den schrägen Humor eines Winzers, der einem - zugegebenermaßen recht kräftigen - Rosé den recht martialischen Namen "The Butcher" verpasst hat. ;)

Oder der Shiraz Dead Arm von d'Arenberg, der hat ja nichts mit dem alten Kalauer "BESSER ARM DRAN ALS ARM AB" zu tun, sondern bezeichnet einen ausgetrockneten Flusslauf.

In diesem Zusammenhang bin ich absoluter Fan des australischen Guts Mollydooker, die für mich einfach die besten Weinnamen haben und alle "with a story behind", wie zB "two left feet" oder "the scooter", da muss ich immer an die Oma mit dem Hühnerstall und dem Motorad denken.

lieben Gruß
susa
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Rinquinquin

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragDo 17. Mär 2011, 10:45

Guten Morgen,

diesen Thread finde ich wahnsinnig interessant, da mich Namens- und Wortbedeutungen immer fesseln und ich hoffe, dass noch viele Beiträge dazukommen werden.

Kürzlich hatten wir zum Hasenrücken einen Pinot Noir Clos de la Faille von Albert Mann. Da alle Recherchen zur Erklärung des Namens nichts ergaben, habe ich dort angefragt und nachstehende Antwort erhalten:

Clos de la Faille - der Boden
 
Eine Geologische Falte.
Die vielfältige Landschaft des Elsass mit Bergen, Hügel und Ebenen wurde durch eine Vielzahl von Felsen geschaffen aus denen sich der Unterboden zusammensetzt.
Kieselerde bringt Lebhaftigkeit und Mergel konserviert die Säure. Lehm, der die Mineralien aufnimmt gibt Größe und Kalkstein führt zu Reichtum und Reife im Wein.

Das Clos de la Faille liegt bei Wintzenheim in einem als Biotop eingestuften, geschützten Bereich. Der Weinberg ist von Bergen komplett eingeschlossen und liegt auf einer trockenen Wiese. Aufgrund des warmen und trockenen Microklimas siedeln hier Büsche aus dem Mittelmeerraum sowie eine Vielfalt von Blumen und Orchideen. Der obere Teil des Weinbergs hat Böden aus Kies mit rötlichem Buntsandsteins und Schindel aus kalkhaltigem Sandstein. In der Mitte dominiert grauer Muschelkalk mit sehr feiner Körnung und gelblichen Schindel aus Jura- Kalkstein. Im unteren Teil findet sich eine Mischung aus Sandstein, Quarzen und Eisen-Oxiden. Der Boden eignet sich hervorragend für Pinot Noir den Albert Mann hier exklusiv anbaut und in Burgunderfässern ausgebaut.

Gruss von Rinquinquin
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Gerald

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragDo 17. Mär 2011, 11:24

Der Heiligenstein im Kamptal (eigentlich die berühmteste Lage der Gegend, zumindest für Riesling) hat nichts mit Heiligen zu tun - ganz im Gegenteil: im Mittelalter hieß er Höllenstein, da sich die Hitze dort offenbar staut ...

Grüße,
Gerald
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susa

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Re: Weinnamen, Lagennamen - Bedeutung und Entstehung

BeitragDo 17. Mär 2011, 11:30

Genau und die Riede Kammerner Lamm hat auch wieder nix mit Schafen bzw. Lämmern zu tun, sondern kommt vom Wort Loam für Lehm.

lieben Gruß
susa
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