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Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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Re: Farbe beim (Weiß-)Wein und ihre Rolle bei der Beurteilun

Fr 29. Jan 2021, 20:25

UlliB hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:Oder anders gesagt: Im wesentlich ein Indiz in puncto Weinfehler, vorrangig Alterung.
Nein, das geht ja auch mal anders herum: der Wein sieht jünger aus, als er seinem Alter gemäß normalerweise sein sollte
Ja, klar, ich meinte bei "Alter" schon beide Richtungen. Eine dürfte dennoch wesentlich häufiger sein.
UlliB hat geschrieben:(das hatte ich gerade am Mittwoch mit einem fünf Jahre alten trockenen Muskateller, der dann auch ganz unerwartet primär daherkam)
In dem Fall beschreibst Du aber Deine Erwartung infolge des Dir bekannten Weines und v.a. Alters, nicht der Farbe. Im Gegenteil, aufgrund der Farbe hast Du doch einen jugendlichen Wein erwartet, oder?
UlliB hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:Wenn ich den Wein im Glas sehe, muß ich nichts erwarten

Nein, musst Du nicht - aber Du tust es trotzdem, da wette ich.
Tue ich, klar. Ich versuche aber so gut wie möglich, keine Erwartungen aufkommen zu lassen. Das schmälert nämlich die Offenheit der realen Erfahrung gegenüber. Plus, in diesem Fall ist die Erwartung auch sinnlos, weil keine Handungen daraus abgeleitet werden: Der Wein wird doch innerhalb kürzester Zeit eh probiert und bewertet; der Farbeindruck tritt da doch völlig in den Hintergrund.
UlliB hat geschrieben:Hat Dir schonmal jemand einen Dir unbekannten Wein in einem dieser schwarzen Gläser angeboten, die viele Hersteller im Angebot haben, und dann grinsend zugesehen, wie Du verzweifelt versuchst, den Inhalt irgendwie einzuordnen? Hättest Du die Farbe gesehen, wäre die Sache auch bei ansonsten "blinder" Probe ganz wesentlich einfacher...
Leider nein; da warte ich immernoch drauf. Aber auch bei diesem Beispiel sehe ich keinen signifikanten Mehrwert außerhalb lustiger Ratespiele.

Erfahrungen werden permanent verarbeitet, abstrahiert und Erwartungen generiert. Das schränkt den Suchraum für daraus abgeleitete Handlungen ein und ist daher evolutionär "sinnvoll", oder besser: erfolgreich. Leiten sich keine Handlungen aus den Erwartungen ab, sind sie bestenfalls obsolet, haben aber das Potential, zu Enttäuschungen zu führen.

Re: Farbe beim (Weiß-)Wein und ihre Rolle bei der Beurteilun

Sa 30. Jan 2021, 22:02

OsCor hat geschrieben:Mir geht es ja meist um Weißweine. Meine Zusatzfrage: Erweckt eine bestimmte Farbe eine bestimmte Erwartungshaltung?

Gruß
Oswald


Ja, da wurden schon diverse Experimente durchgeführt.
Geübte Verkoster, die einen Weisswein vorgesetzt bekamen, haben ihn zuerst auch "fachlich richtig" beschrieben und bewertet, mit all den Früchten die man gewöhnlich im Weisswein wahrnimmt. Dann hat man Ihnen (unwissend) den selben Wein noch einmal vorgesetzt, allerdings rot eingefärbt mit einer geruchs-und geschmacksneutralen Lebensmittelfarbe.
Und plötzlich haben sie rote Früchte im Wein wahrgenommen (Kirsche, Himbeere, Erdbeere, Johannisbeere etc...)
Allein die Farbe hat sie also völlig in die Irre geführt. (man findet, was man meint finden zu müssen)

Selbst das Umgebungslicht hat Einfluss auf unser Empfinden.
Bei Rotlich empfindet man einen Wein als angenehmer, leicht süsslicher als er eigentlich ist, bei grünem Licht geht die Tendenz Richtung unreif/sauer - beim selben Wein.


Gruss
Georg

Re: Farbe beim (Weiß-)Wein und ihre Rolle bei der Beurteilun

Sa 30. Jan 2021, 22:29

Und genau deswegen glaub ich nicht, das jemanden die Farbe unberührt lässt. Von der (Unbewussten) Prägung und der über die Trinkerfahrungen geformten Erwartungshaltung macht sich keiner zu 100% frei.
Außer er ist blind und kam nie damit in Berührung, dann fehlt diese (subjektive) Komponente.
Just my 2cents
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