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Preiskategorien und Weincharakter

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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jessesmaria

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 22:16

Lorne Malvo hat geschrieben:Dennoch sollte doch auch mal Leuten, die noch nicht so lang im Forum sind oder eher noch am Anfang im Hobby stehen erlaubt sein, solche Themen, die sie interessieren, neuerlich zu behandeln.
Wenn man noch nicht so sehr orientiert ist und für sich die Weinwelt noch kaum abgesteckt hat, ist es einfach immer spannend zu wissen, was denn tatsächlich die teuren Pretiosen bieten und wie sich die Korrelation von Preis und Genuss oder Charakter, auch aus der Erfahrung anderer, entwickeln.

Da gibts sicherlich die, die schon fast alles durch haben und nun müde gähnen, aber das Forum sollte doch auch für wiederkehrende Fragen und neue Mitglieder Raum schaffen.
Denke ich...


Danke für dein Verständnis!

EThC hat geschrieben:Ich weiß jetzt auch nicht, was das im Allgemeinen an verwertbarem Nutzen bringen soll.


Dann hast du wohl schon so viel Wein getrunken, dass du ziemlich genau weißt, was du willst.
Ich glaube, für alle, die nicht so viel Erfahrung haben (und das sind wahrscheinlich mind. 95% der Bevölkerung) ist diese Frage doch sehr wichtig. Es geht ja um Kriterien bei der Kaufentscheidung. Wenn man nicht alles (bzw. vieles) kennt, muss man sich auf äußere Merkmale verlassen können. Da gehört doch der Preis ganz wesentlich dazu.

Die Webweinschule beispielsweise sagt:

Die Kurzform der Antwort auf die Frage: ‚Wie viel muss ich für eine gute Flasche Wein ausgeben?’ lautet also: ‚Das kommt auf Eure persönliche Schmerzgrenze an, darauf wie viele Kröten Ihr vertragen können, bis Ihr die gute Flasche Wein gefunden habt.‘ Wenn Ihr hart im Nehmen seid, reichen zwei Euro. Eure beiden besten Ratgeber (Eure Leber und die Webweinschule) raten jedoch: legt ein paar Euro drauf.


Wenn ich als Laie so etwas lese, denke ich natürlich: Ich muss nur lange genug suchen, dann werde ich auch mit 2€ glücklich sein. Dann zahle ich doch nicht etwa das Zehnfache, nur um eine Abkürzung zu nehmen?

Mir hat diese Strategie noch nicht geholfen. Ich möchte im besten Fall keinen Wein trinken, der bloß "trinkbar" ist, sondern Wein, der mich und mein Leben um eine Erfahrung bereichert, an der ich mich auch nach dem flüchtigen Trinkvergnügen noch erfreuen kann. Wenn ich an die beiden Brunello-Weine denke, die ich oben beschrieben habe, kann ich mich immer noch an die starken Eindrücke lebhaft erinnern; sie werden mich weiter begleiten. Die Exemplare unter 10€ dieses Tastings sind keiner Erinnerung wert. Das kann Zufall sein – hätte ich nicht blind getestet, würde ich sowieso unterstellen, mir hätten die Brunello-Weine nur besser gefallen, weil ihr Name so ehrwürdig ist und viel verspricht; und natürlich weil sie gut sein müssen, da sie so viel gekostet haben.

austria-traveller hat geschrieben:Ich glaube mich erinnern zu können, dass mal gesagt wurde eine Flasche Wein kostet in der Erzeugung max. 20.-
Alles darüber hinaus ist Marketing.


Dieses Argument habe ich noch nie so genau verstanden: Im Idealfall würde doch der Preis mit der Qualität des Weines korrelieren, nicht mit den Herstellungskosten, nicht? Um mal wieder einen Vergleich zur Musik zu ziehen (da die Musik von allen Künsten den größten Reizfaktor hat, eignet sie sich irgendwie gut...): natürlich kann ich bereit sein, für ein Konzert mit den Berliner Philharmonikern mehr Geld auszugeben, als für ein Provinzorchester – nicht, weil ich glaube, die Musiker aus Berlin haben mehr geübt und sich besser vorbereitet (also da höhere Kosten entstanden sind), sondern weil ich mir eine höhere Qualität und damit ein eindringlicheres Konzerterlebnis verspreche.
Genauso darf doch ein Winzer, der einfach einen grandiosen Wein macht, trotz gleicher Erzeugungskosten mehr dafür verlangen, und der Wein ist dennoch seinen Preis wert – Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Idealerweise würde ich also umgekehrt am hohen Preis auch erkennen, dass mich eine besondere Art von Erlebnis erwartet, aber dem ist natürlich nicht so, da die Rechnung nur funktionieren würde, wenn Anspruch & Qualität das einzige Nachfragekriterium und Geschmack objektiv wäre. Natürlich kostet auch das Konzert der Berliner Philharmoniker im Baden-Badener Festspielhaus deswegen mehr, weil sich die feinen Leute dort sehen lassen möchten. Beim Wein dürfte der Effekt noch größer sein...
Natürlich kann die geistreichste Musik jemanden subjektiv gar nicht ansprechen, weil er sie nicht versteht.
Wenn man das aber zu Ende denkt und alles nur dem subjektiven Geschmack überlässt, hätte man gar keine Diskussionsgrundlage mehr (deshalb versuchte Kant ja auch Schönheit im Bereich der Künste außerhalb des Betrachters zu verorten)...
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OsCor

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 22:24

Was die absolute Höhe des Preises anbelangt, solltest du klar unterscheiden zwischen rot und weiß. Du hast in deinem Vergleich nur Rotwein verkostet. Wenn du nur solchen trinkst, ok, aber sehr guten Weißwein bekommst du häufig für deutlich weniger Geld.
Aber das weißt du wahrscheinlich selber.

Gruß
Oswald
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jessesmaria

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 22:47

Hallo Bernd,

vielen Dank für deine Gedanken, es klingt alles sehr logisch und nachvollziehbar.

Bernd Schulz hat geschrieben:Gleichwohl trinke ich genug Weine, die mich sehr zufriedenstellen und in mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, obwohl sie keine 20, keine 15 und häufiger noch nicht einmal 10 Euro gekostet haben. Um sie aufzuspüren, muss man allerdings häufiger nach links und rechts schauen - der Blick stur geradeaus auf die angesagten Namen führt in der Regel (die aber auch schon wieder durch Ausnahmen bestätigt wird) nicht zu ihnen.


Wenn es nur "schauen" wäre, wäre das natürlich leichter, "leider" muss man den Wein kaufen, öffnen und probieren.
Wo finde ich denn die spannenden, bleibenden Eindruck hinterlassenden Weine unter 10€, wenn ich mich nicht auskenne? Die bewährten Namen, an deren Meinung man sich als Laie orientieren könnte (Reinhardt, Lobenberg, ...) bringen einem in dem Fall ja nichts, denn sie empfehlen solche Weine (fast) nicht. (Bzw. wahrscheinlich wird umgekehrt ein Schuh draus: sobald sie sie empfehlen, explodiert ihr Preis?)
Dieses Forum beispielsweise, werdet ihr wahrscheinlich sagen; tatsächlich hat es mir die bisher einzige wirkliche Entdeckung im einstelligen Preissegment beschert: L. Breilings feinherber Riesling. Aber der ist ja leider Geschichte

Mir als Musiker drängt sich der Vergleich von Weinen aus unterschiedlichen Preiskategorien mit Musik, die wenig, etwas mehr und viel Gehalt besitzt, nicht wirklich auf. Mir sind schon genug teure Weine begegnet, die letztlich plakativ gestrickt waren und klar unter dem Etikett " zwar lautstark, aber eher vordergründige Unterhaltung" zu verbuchen waren. Und umgekehrt habe ich schon zahlreiche preiswerte Sachen getrunken, die vielleicht nicht an Wagners Ring erinnerten, aber sehr wohl an ganz feine, vielschichtige Kammermusik von Mozart, Beethoven oder Schubert.....


Ich kann gut verstehen, wenn sich dir mein etwas verwegener Vergleich nicht aufdrängt. ;) Allerdings: Schließt das eine das andere wirklich aus? Es gibt ja auch genug Musik, die mehr vorgibt, als drinsteckt...
Die Frage ist, ob man überhaupt den Vergleich wagen sollte, dass ein Wein viel oder wenig "Gehalt" haben kann, entsprechend einem Kunstwerk.

OsCor hat geschrieben:Wenn du nur solchen trinkst, ok, aber sehr guten Weißwein bekommst du häufig für deutlich weniger Geld.
Aber das weißt du wahrscheinlich selber.


Wissen wäre zu viel gesagt, aber meine bisherige Erfahrung hat mir das auch gezeigt, ja; siehe Eröffnungsbeitrag.

Tolle, noble Weine für 10–15€ habe ich bislang vor allem entdeckt: Riesling, Weißburgunder. Für Gewürztraminer und Chardonnay habe ich für als vergleichbar empfundenes Niveau mehr geblättert, aber vielleicht noch nicht die richtigen Preisknüller entdeckt.
Bei Pinot Noir habe ich schon ab und zu einen tollen im Restaurant getrunken und dann den einfacheren Einstiegs-Pinot vom gleichen Erzeuger gekauft (z. B. Girlan: Trattmann vs. Patricia). Auch bei Ahr-Weinen, wo die Lagenweine von den bekannten Weingütern leider extrem teuer sind (warum eigentlich?). Leider erschien mir der Unterschied oft gewaltig, auch wenn ich sie nicht direkt nebeneinander getrunken habe.
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Bernd Schulz

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 22:56

jessesmaria hat geschrieben:Um mal wieder einen Vergleich zur Musik zu ziehen (da die Musik von allen Künsten den größten Reizfaktor hat, eignet sie sich irgendwie gut...): natürlich kann ich bereit sein, für ein Konzert mit den Berliner Philharmonikern mehr Geld auszugeben, als für ein Provinzorchester – nicht, weil ich glaube, die Musiker aus Berlin haben mehr geübt und sich besser vorbereitet (also da höhere Kosten entstanden sind), sondern weil ich mir eine höhere Qualität und damit ein eindringlicheres Konzerterlebnis verspreche.
Genauso darf doch ein Winzer, der einfach einen grandiosen Wein macht, trotz gleicher Erzeugungskosten mehr dafür verlangen, und der Wein ist dennoch seinen Preis wert – Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Idealerweise....


Dir mag es bislang anders ergangen sein, aber meine intensivsten musikalischen Erlebnisse hatte ich nicht unbedingt in den Konzerten oder Opernaufführungen mit den renommiertesten Orchestern oder den berühmtesten Sängern. Um mal ein Beispiel zu geben: Mit sechzehn Jahren stellte Wagners Tristan in der Aufführung (genauer: den Aufführungen, denn ich habe alle acht Vorstellungen besucht) am hiesigen Provinztheater eine unglaubliche, mich für den Rest meines Lebens prägende Erfahrung dar. Fünf Jahre danach habe ich den Tristan in München gehört und gesehen - mit einem deutlich "besseren" Orchester und mit weitaus berühmteren Sängern (und natürlich zu einem weit höheren Eintrittspreis ;)) - aber trotzdem hat mich dieser Abend längst nicht so berührt wie die "objektiv" weit weniger vollkommene Darbietung mit dem Aachener B-Orchester und Sängern aus der zweiten Reihe! Woran könnte das liegen? Die Antwort gibst du teilweise selber:

jessesmaria hat geschrieben:Idealerweise würde ich also umgekehrt am hohen Preis auch erkennen, dass mich eine besondere Art von Erlebnis erwartet, aber dem ist natürlich nicht so, da die Rechnung nur funktionieren würde, wenn Anspruch & Qualität das einzige Nachfragekriterium und Geschmack objektiv wäre.


Beim Wein verhält es sich dann doch so ähnlich wie bei der Musik: Der Intensitätsgrad des Erlebnisses (wenn man denn überhaupt dafür empfänglich ist, die Begegnung mit einem Wein als Erlebnis aufzufassen) ist letztlich nicht objektivierbar. Und schon gar nicht, indem man sich hauptsächlich am Preis orientiert. Viel wichtiger ist, dass alles zusammenpasst - die spezielle, an den Ort und den Moment gebundene Stimmung, die gute Gesellschaft, in der man sich befindet oder die weniger gute, in der man sich nicht befindet :mrgreen: ....und die Qualität des Weines natürlich auch! Letztere wird bei einem Preis von 2 Euro pro 0,75 Liter nicht nur wahrscheinlich, sondern sicher stark zu wünschen übrig lassen, klar - aber ab einer gewissen Preisgrenze, die das Überleben ambitionierter Winzer sichert, gestaltet sich die Relation zwischen Erlebnis und "Erlebnisgebühr" dann doch sehr unscharf oder gar fraglich....

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Do 7. Jan 2021, 00:44, insgesamt 1-mal geändert.
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amateur des vins

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 23:08

OsCor hat geschrieben:Was die absolute Höhe des Preises anbelangt, solltest du klar unterscheiden zwischen rot und weiß. Du hast in deinem Vergleich nur Rotwein verkostet. Wenn du nur solchen trinkst, ok, aber sehr guten Weißwein bekommst du häufig für deutlich weniger Geld.
Vielleicht ist das so, aber ich habe da so meine Zweifel. Eine Arbeitshypothese von mir ist ja: Die meisten kühlen ihren Weißwein so weit runter, daß eh die Nuancen plattgebügelt werden. Dann kostet der zwar deutlich weniger, aber sehr gut ist er deswegen noch lange nicht. :twisted:
Besten Gruß, Karsten
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Bernd Schulz

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 23:20

jessesmaria hat geschrieben:Wo finde ich denn die spannenden, bleibenden Eindruck hinterlassenden Weine unter 10€, wenn ich mich nicht auskenne? Die bewährten Namen, an deren Meinung man sich als Laie orientieren könnte (Reinhardt, Lobenberg, ...) bringen einem in dem Fall ja nichts, denn sie empfehlen solche Weine (fast) nicht. (Bzw. wahrscheinlich wird umgekehrt ein Schuh draus: sobald sie sie empfehlen, explodiert ihr Preis?)
Dieses Forum beispielsweise, werdet ihr wahrscheinlich sagen; tatsächlich hat es mir die bisher einzige wirkliche Entdeckung im einstelligen Preissegment beschert: L. Breilings feinherber Riesling. Aber der ist ja leider Geschichte


Ludwig Breilings Weine sind Geschichte, aber hast du schon mal einen einstellig gespreisten Wein bei Florian Weingart bestellt? Oder bei Lisa Bunn? Oder bei Meierer? Oder - ganz aktuell :mrgreen: - bei Schäffer?

Im Zweifelsfall scheint mir dieses Forum keine ganz schlechte Quelle für die entsprechenden Tipps zu sein. Eine bessere als Lobenberg ist es auf jeden Fall.... :twisted:

jessesmaria hat geschrieben:Bei Pinot Noir habe ich schon ab und zu einen tollen im Restaurant getrunken und dann den einfacheren Einstiegs-Pinot vom gleichen Erzeuger gekauft (z. B. Girlan: Trattmann vs. Patricia). Auch bei Ahr-Weinen, wo die Lagenweine von den bekannten Weingütern leider extrem teuer sind (warum eigentlich?). Leider erschien mir der Unterschied oft gewaltig, auch wenn ich sie nicht direkt nebeneinander getrunken habe.


Die Lagenweine von renommierten Ahrwinzern sind oft extrem teuer, weil das Anbaugebiet sehr klein ist und für die entsprechende Klientel aus Köln, Bonn und dem Ruhrgebiet direkt vor der Haustür liegt. Da finden sich schnell genug Etikettentrinker (um es mal böse und sicher auch etwas überzeichnet :twisted: zu sagen), die in der Lage und bereit sind, richtig viel Kohle hinzublättern. Aber die Ahr hat auch eine andere Seite - schau nach in diesem unserem Forum unter Michael Fiebrich oder Sermann-Kreuzberg oder Jakob Sebastian oder neuerdings Pollig& Schmidt (das sind alles Namen, die im Katalog von Lobenberg nicht auftauchen ;) )!

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragMi 6. Jan 2021, 23:30

jessesmaria hat geschrieben:Ich glaube, für alle, die nicht so viel Erfahrung haben (und das sind wahrscheinlich mind. 95% der Bevölkerung) ist diese Frage doch sehr wichtig. Es geht ja um Kriterien bei der Kaufentscheidung. Wenn man nicht alles (bzw. vieles) kennt, muss man sich auf äußere Merkmale verlassen können. Da gehört doch der Preis ganz wesentlich dazu.

...anhand dessen, was Du mittlerweile schon für Weinchen probiert und auch mehr oder weniger genossen hast, gehörst Du nicht mehr zu den erwähnten 95 %, denke ich. In der Phase, in der Du anscheinend gerade bist, würde ich dem Preis einer Flasche Wein nicht zuviel Beachtung schenken, schon gar nicht nach einem Leitsatz wie "der ist 2 Euronen teurer, also nehm ich den, weil der besser ist". Im Rahmen meiner persönlichen Möglichkeiten blende ich den Preis erst mal weitgehend aus, erst wenn ich den Wein verkostet habe, mache ich mir noch Gedanken zum PLV. Ich habe an mir selbst beobachtet, daß ich eine Zeitlang aus diesen Gründen die preiswerteren Sachen oft gar nicht beachtet und mich so preislich langsam nach oben geschraubt habe. Im Durchschnitt sind wohl meine 20 Euronen-Fläschchen tatsächlich besser als die, die für einen Zehner hergehen, aber nicht gerade selten ist es qualitativ auch mal andersherum. D.h., wer zu sehr auf diese vermeintlich lineare Preis-Qualitätsabhängigkeit abfährt, gibt irgendwann auch -im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten- sehr viel Geld für Weine aus, die auch nicht mehr Spaß machen als andere für teils erheblich weniger Geld, die er aber mit dieser Herangehensweise nicht finden wird.
Die zitierten Webweinschulen-Ratschläge taugen aus meiner Sicht dann auch eher für die genannten 95 %, die mehrheitlich von selbst gar nicht auf die Idee kämen, mehr als 3 Euro für eine Flasche Wein auszugeben, mit Ausnahme des Aldi-Champagners für 12,99 zu Silvester, wo man's mal richtig krachen läßt. Aber da bist Du schon weit drüber und die 95 % lesen sicher nicht hier im Forum mit...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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jessesmaria

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragDo 7. Jan 2021, 19:28

Hallo Bernd,

Bernd Schulz hat geschrieben:Ludwig Breilings Weine sind Geschichte, aber hast du schon mal einen einstellig gespreisten Wein bei Florian Weingart bestellt? Oder bei Lisa Bunn? Oder bei Meierer? Oder - ganz aktuell :mrgreen: - bei Schäffer?

[...]

Aber die Ahr hat auch eine andere Seite - schau nach in diesem unserem Forum unter Michael Fiebrich oder Sermann-Kreuzberg oder Jakob Sebastian oder neuerdings Pollig& Schmidt (das sind alles Namen, die im Katalog von Lobenberg nicht auftauchen ;) )!


danke für die Tipps, in diesem Fall ist Name Dropping wirklich hilfreich. :D
Ich habe mir alle von dir genannten Weingüter angeschaut und werde sicher einiges davon versuchen. Vor allem die Pinot Noirs interessieren mich.

Zugegeben: Den Bock fett macht das aber bei vielen nur, wenn man die Orts- bzw. Gutweine nimmt, die Lagenweine sind oft auch bei 15€ oder mehr angesiedelt. Finde ich auch nicht schlimm; weit besser verdaulich als die Preise bei Meyer-Näkel oder Stodden z. B., wobei ich natürlich nicht beurteilen kann, ob da dann doch noch ein signifikanter Qualitätssprung liegt oder es nur die Etikette ist – ihr habt da vermutlich konkrete Erfahrung?

Bei den Rieslingen haben einige der von dir genannten Winzer Rieslinge im einstelligen und zweistelligen Bereich.
Bei Weinproben bei Weingütern habe ich persönlich schon oft die Erfahrung gemacht, dass die Einstiegsweine (z. B. Molitors "Schiefersteil") mir doch viel weniger interessant und charakteristisch vorkamen und dann meist doch lieber 3–4€ Aufpreis pro Flasche bezahlt.
Bei trockenen Rieslingen finde ich das verkraftbar. 15€ sind ok. Bei Pinots ist es leider oft gleich ein Sprung von 15 auf 30€. Der Molitor Klosterberg Pinot Noir 2016 für 15€ gefiel mir aber auch sehr gut.

Kurzum: Welche konkreten Weine dieser Winzer im einstelligen Bereich würdest du denn besonders empfehlen?

@EThC:

Na klar, "der ist 2 Euronen teurer, also nehm ich den, weil der besser ist" – das ist natürlich naiv!
Deshalb versuchte ich ja, grob in Kategorien einzuteilen, bei denen es wohl auch Ausreißer und viele Überschneidungszonen geben würde, wenn sie überhaupt haltbar sind.
Jedenfalls:

Im Rahmen meiner persönlichen Möglichkeiten blende ich den Preis erst mal weitgehend aus, erst wenn ich den Wein verkostet habe, mache ich mir noch Gedanken zum PLV. Ich habe an mir selbst beobachtet, daß ich eine Zeitlang aus diesen Gründen die preiswerteren Sachen oft gar nicht beachtet und mich so preislich langsam nach oben geschraubt habe.


Eigentlich geht es mir genau so, was mich aber etwas erschrickt: früher glaubte ich, für 10€ den größten Genuss zu erhalten, dann kaufte ich ab und zu Weine für 20€, irgendwann wurde das dann bei Rotweinen erschreckenderweise fast zum Standard und für besondere Anlässe fing ich an, mir sogar Flaschen für 30€ zu gönnen.
Ich habe dabei auch nicht vordergründig an den Preis gedacht, würde ich behaupten, aber erschrecke im Nachhinein, wenn ich darüber reflektiere – und frage mich, ob es noch ein Zurück gibt, das mir dieselben Erlebnisse der höherpreisigen Kategorie auch bei niedrigpreisigen Weinen erlaubt, wenn ich nur lange genug suche.

Solange werde ich wohl noch weiter verschiedene Preiskategorien vergleichen.
Als ich festgestellt habe, dass mir Rosso di Montalcino sehr zusagt (nach dem Ersten Eindruck mehr als Chianti) und vielleicht eine günstige Brunello-Alternative sein kann, bestelle ich gleich mal ein paar verschiedene zum Ausprobieren. Die meisten kosten leider auch 15–20€, einige (die ich erstmal ausgeschlossen habe) sogar sehr viel mehr. Aber ich habe auch wenige für 10–12€ gefunden und werde wahrscheinlich blind verkosten, um mich nicht vom Preis blenden zu lassen, in der Hoffnung natürlich, dass mit der günstige vielleicht sogar besser gefällt.
Wenn ich dich richtig verstehe, bist du aber ja auch bei einem recht gehobenen Preisniveau angelangt (20€).
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OsCor

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragDo 7. Jan 2021, 19:33

Trinkst du nur solo oder auch zum Essen?
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Bernd Schulz

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Re: Preiskategorien und Weincharakter

BeitragDo 7. Jan 2021, 20:34

jessesmaria hat geschrieben:Kurzum: Welche konkreten Weine dieser Winzer im einstelligen Bereich würdest du denn besonders empfehlen?


Mit Weingarts 2019ern kannst du insgesamt kaum etwas falsch machen, wobei mir die feinherben und restsüßen Rieslinge noch besser gefallen als die trockenen Sachen.

Auch unter den kleineren Weinen von Lisa Bunn findet sich wenig, vom dem ich dir wirklich abraten würde. Aussparen kannst du, wenn du mich fragst, hier am ehesten die weißen Burgundersorten.

Beide Winzer haben ja in unserem Forum ihren eigenen Thread; dort kannst du diverse VKNs und weitere Aussagen über ihre Weine finden.

Und was Schäffer angeht: Auch einfach mal den noch ziemlich jungen Thread über diesen Betrieb lesen! Dann bekommst du schon ein Bild von dem, was eine Bestellung lohnen könnte....

Herzliche Grüße

Bernd
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