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Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

Was Sie schon immer über Wein wissen wollten, aber nie zu fragen wagten
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UlliB

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 13:26

stollinger hat geschrieben:Noch mal eine andere Frage, weißt du, wie die Analyselabore technisch den Alkohol bestimmen?

Wie es heute praktisch geschieht, weiß ich nicht. Das klassische Verfahren, das im 19. Jahrhundert entwickelt wurde und über sehr lange Zeit praktiziert wurde, ist Destillation eines definierten Ausgangsvolumens über die Kolonne, dann Bestimmung des Destillatvolumens und schließlich Messung der Destillatdichte mittels Pyknometer, und dann Rückrechnung mittels Tabelle. Alles im Ergebnis zwar genau und auch richtig, aber eben auch sehr aufwendig. Ich habe mal kurz gegoogelt: offensichtlich machen das einige Labore trotzdem immer noch so. Bei einem Labor habe ich als Bestimmungsverfahren für Ethanol auch NIR gesehen.

Es gibt zur Bestimmung des Alkoholgehalts auch enzymatische Verfahren, die sehr spezifisch sind und auch als Testkit zur Verfügung stehen. Ich habe das vor langer Zeit mal ausprobiert, es geht sehr einfach und schnell, und man braucht zur Messung nur ein preisgünstiges 254nm-Festwellenspektralphotometer.

In der Firma haben wir das Thema immer per Gaschromatographie im zentralen Servicelabor erledigt. Ich könnte mir vorstellen, dass das bei hohem Musteranfall auch in einem professionellen Weinlabor so gemacht werden könnte, aber wissen tue ich es wie gesagt nicht.
Meine Frau merkt übrigens an, dass meine Posts durchaus unsympatisch rüberkommen; ich meine das gar nicht so.
Das habe ich auch nicht so empfunden, keine Sorge.

Gruß
Ulli
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glauer

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 13:33

OsCor hat geschrieben:Wenn ich mir anschaue, wie ich selber unwillkürlich vorgehe und Weine mit hohem Alkoholgehalt zu meiden versuche - nicht immer freilich - und von anderen erfahre, dass ihnen das ebenso geht, kann ich mir vorstellen, dass ein Winzer einen Wein von vielleicht 13,4 % auf 13 % „abrundet” aus marketingtechnischen Gründen etwa.

Gruß
Oswald


Ich meide die Alkoholbomben selber auch, vor allem weil sie in aller Regel nicht meinem bevorzugten Stil von Wein entsprechen. Aber man soll nie von sich selber auf andere schliessen. Der breite Erfolg von Primitivo und anderen Geschichten die regelmäßig mit 14,5% ausgestattet sind legt nahe, dass es diesen wirtschaftlichen Druck abzurunden eher nicht gibt.

Gruss
Georg
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OsCor

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 13:57

Im Moment eiere ich noch ziemlich heftig in den Begrifflichkeiten herum. Das Sättigungsgefühl (als Kind würde ich vielleicht „Sattmachgefühl” sagen) hat doch nichts mit dem Alkoholgehalt zu tun, oder?

Gruß
Oswald
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EThC

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 15:33

UlliB hat geschrieben:ein Wein mit deklarierten 13% kann irgendwas zwischen 12,5 und 13,5% tatsächlichen Alkoholgehalt haben

...ist zwar so richtig, aber das suggeriert, daß grundsätzlich mit dieser Spanne gespielt werden kann, was wiederum so nicht stimmt. Zum einen ist der Alk-Gehalt nur in vollen und halben Zählern anzugeben (auch wenn ich z.B. aus Griechenland schon vereinzelt Weine mit zehntelgenauer Angabe -wie 14,1 %- hatte) und dazu darf die Angabe max. 0,5 Punkte vom Analyseergebnis abweichen. Bei einem Ergebnis von 13,2 % bleibt dem Winzer nur die Entscheidung zwischen 13,0 und 13,5 %. Die Meßspiele der Analysemethoden bleiben dabei jedoch unberücksichtigt, soweit ich weiß, sind diese jedoch < 0,1 %-Punkte bei der Referenzmethode.

Jedoch sind bei
Weinen mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geografischer Angabe, die über drei Jahre in Flaschen gelagert werden, Schaumweinen, Qualitätsschaumweinen, Schaumweinen mit zugesetzter Kohlensäure, Perlweinen, Perlweinen mit zugesetzter Kohlensäure, Likörweinen und Weinen aus überreifen Trauben
Abweichungen bis 0,8 Punkte erlaubt...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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stollinger

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 16:00

Jochen R. hat geschrieben:Man braucht eigentlich nur mal eine Chemikalienflasche von
hochreinem Ethanol p.A. frisch aufmachen und die Nase reinhalten.
Ich bin da bei Ulli.

Das habe ich oft und gerne gemacht :D . Ich rieche da nur den Essigester in Richtung Aprikose (und seinem Kern) und manchmal das leicht stechende Acetaldehyd. Vielleicht bin ich echt physiologisch in der Lage, da weitere Gerüche wahrzunehmen.

Jochen R. hat geschrieben:Kann mir keiner erzählen, dass das Ethanol innerhalb von wenigen
Sekunden über´s Aldehyd zur Säure (müsste ja dann auch nach Essig
riechen) hochoxidiert und dann auch noch eine Veresterung abläuft.

Naja, die Konzentration von Estern in Wein liegt bei ca. 1mg/l, Ethylacetat etwas höher, so ca. 40mg/l. Da hast du im Ethanol p.a. oder auch in höheren Reinheiten schon vor dem Öffnen Konzentrationen von Ethylacetat vergleichbar mit einem Wein, und sicherlich über dem Geruchsschwellenwert.

Grüße, Josef
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Jochen R.

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 16:47

Hallo Josef,
rein gefühlsgemäß ist die Situation in der Gasphase über dem Flaschenhals
einer Ethanolflasche eine andere, als über einer Weinflasche bzw. einem
Weinglas. Aber es ist, wie auf der vorigen Seite richtig angemerkt, egal und
für das Thema nicht wirklich wichtig.

Einigen wir uns auf unterschiedliche Wahrnehmungen :-)
Deine Assoziation bei Essigester mit Aprikose finde ich interessant. Ich habe
schon ein paar Ester mit schönen Fruchtaromen selbt hergestellt, aber
Essigester verbinde ich immer mit dem unangenehmen Geruch nach Uhu-
Alleskleber.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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UlliB

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 17:11

OsCor hat geschrieben:Im Moment eiere ich noch ziemlich heftig in den Begrifflichkeiten herum. Das Sättigungsgefühl (als Kind würde ich vielleicht „Sattmachgefühl” sagen) hat doch nichts mit dem Alkoholgehalt zu tun, oder?

Vielleicht schon, aber nur indirekt.

Ich kenne das Gefühl des "Sättigens" durchaus von Weinen aus hochreifen Trauben, bis hin zu dem Punkt, dass ich davon ganz einfach kein zweites Glas trinken möchte, weil ich "satt" bin. Das ist dann aber das Resultat einer Vielzahl von Faktoren, von denen der Alkoholgehalt nur einer ist: hoch- bis überreife Frucht, milde bis flaue Säure, hoher Extrakt, auch mal Restsüße - und ja, dazu noch hoher Alkohol.

Aber alleine betrachtet ist es der Alkoholgehalt jedenfalls nicht. Ich kenne ein paar Weine (es sind aber nicht so viele), die trotz sehr hohem Alkoholgehalt einen enormen Trinkfluss zeigen und überhaupt nicht sättigen. Das endet dann schon mal fatal... ich erinnere mich mit gewissem Grausen an einen Sherry mit 19%Vol., der dermaßen lecker, mit steilem Trinkfluss versehen und überhaupt nicht sättigend war, dass meine Frau und ich nach dem Essen die Flasche fast geleert haben. Zum Essen vorher gab es aber zu zweit auch schon eine Flasche Wein :oops:

Gruß
Ulli
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OsCor

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Re: Wieviel Alkohol ist wirklich in der Flasche?

BeitragSa 25. Apr 2020, 20:06

Ouha! Das mit einem wundervollen trinkflüssigen Sherry als Digestif ist mir vorletztes Jahr mal alleine passiert. Meine Frau ist da (ich weiß nicht, ob ich da „leider” sagen muss) keine große Hilfe :D
Für mich, der ich mich immer noch als blutigen Novizen bezeichnen muss, war es bisher keine Selbstverständlichkeit, beim Öffnen einer Flasche auf den Alkoholgehalt zu achten. Klar ist mir nun aber, dass in der Flasche mit allergrößter Wahrscheinlichkeit „drin” ist, was drauf steht.

Gruß
Oswald
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