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Sammelsurium historischer Jahrgänge

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragMi 23. Sep 2020, 20:39

Bernd Schulz hat geschrieben:Diesen 1970er hat mir Ralf neulich einfach so geschenkt:

Bild

1970 war meines Wissens kein allzu dolles Jahr; gleichwohl wirkt der Wein nach fünf Jahrzehnten in keinster Weise firnig, sondern steht immer noch hervorragend im Glas. Für mich ist es immer wieder ein Erlebnis, solch alten Schätzchen zu begegnen, weshalb ich mich noch einmal besonders bei Ralf bedanke!

Herzliche Grüße

Bernd


Hallo Bernd,

das freut mich sehr, das dir diese olle Tropfen ;) so gut gefällt. Bei Gelegenheit werde ich meine Pulle aufmachen. Und berichten.

Gruß

Ralf
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Moselaner

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragFr 11. Dez 2020, 11:31

Hallo!

Mit einigen Weinfreunden über Skype wurde der Stand von ein paar Weinen bezüglich des Jahrganges 2016 vornehmlich von der Mosel und in restsüß überprüft.

Zu Beginn eine trockene und eine feinherbe Spätlese von Molitor:

Ockfener Bockstein Spätlese trocken 2016
Molitor besitzt ja mittlerweile so ziemlich jede Spitzenlage des Anbaugebietes, so auch an der Saar. Der Wein kommt reduktiv, cremig und für die Saar Barock daher. Dafür lang und mit ordentlich Extrakt, aber auch schon leichten Anklängen von Reife.
Blind nicht zu verorten, am ehesten mit den Weinen der Lochs zu vergleichen.

Bernkasteler Badstube Spätlese feinherb 2016
Ebenfalls deutlich reduktiv, wieder Feuerstein und Schwefel. Im Abgang eine intensive Note von Bittermandel. Wenn man den Saarwein dagegen trinkt hat diese Spätlese noch mehr Breite.
Die Mehrheit fand die Badstube besser, wenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich den Bockstein bevorzugen. Ich fand die Jahrgangsstilistik verbunden mit der Stilistik des Weingutes aber für mich wenig attraktiv.

Im Anschluss gab es drei restsüße Kabinette:

Keller Limestone Kabinett 2016
Der erste Aufreger: Diam Korken. In der Runde gab es Verfechter der These, dass diese Art des Korken einen negativen Reifeverlauf hervorruft. Ebenfalls wurde sich aufgrund des aufgerufen Preises über eine solche Art des Korkes beschwert. (19 Euro).
Der Wein war klar von zitrischen Aromen und vom Kalk geprägt. Durchaus mundwässernd und trinkfluss erzeugend. Gegenüber den anderen beiden Vertretern fehlte es dem Wein aber an Länge und auch an Komplexität. In seiner Geschmacksstilistik aber erfrischend anders.

Schloß Lieser Brauneberger Juffer Kabinett 2016
Der breiteste der drei Weine. In der Nase immer noch stark von der Spntangärung geprägt. Sehr lang mit einer wunderbaren exotischen Frucht und guten Gegenspiel der anderen Komponenten. Noch taufrisch, ich würde definitiv noch liegen lassen.
Klassisch kabinettig würde ich ihn nicht nennen, aber auch hier spielt der Jahrgang eine gewisse Rolle.

J.J. Prüm Graacher Himmelreich 2016:
Drei Worte reichen meiner Meinung nach aus: Schwerelos, Balance, Spiel.
Sicherlich der leistete Wein, aber wenn man ihm Luft und Aufmerksamkeit gönnt die Quintessenz eines Kabinettes von der Mosel im Kontext des Jahrgangs.

Schäfer-Fröhlich Felseneck Spätlese 2016
Ungewöhnliche hohe Säure im Jahrgangskontext. Weder breit noch einseitig fruchtdominant. Gebirgsquellwasser im Kontext einer Spätlese.

Fritz Haag Brauneberger Juffer Sonennuhr Auslese 2016
Der Hausstilistik folgend kein lauter, sondern ein eher leiser Wein dessen Stärke die Harmonie der verschiedenen Komponenten ist. Sicherlich kein klassischer „Probenwein“, aber ungemein stimmig in seiner Gesamtheit. Wird noch sehr viele Jahre leben.

Günther Steinmetz Brauneberger Juffer Sonnenuhr Auslese Goldkapsel 2016
Sehr saubere Botrytis, unglaubliche Länge, die Differenziertheit der Fruchtaromen ganz fein ausgearbeitet. Als Goldkapsel stilistisch natürlich ganz anders als der Fritz Haag Wein, auf seine Art aber auch wirklich groß. Wird ewig halten.

Der Jahrgang 2016 wird ja allgemein als nicht sehr groß angesehen. Aufgrund der Säurestruktur der Weine glaube ich auch nicht an unendliche Haltbarkeit, auch im Bezug auf meine persönlichen Vorlieben.
Allerdings hat mich die Harmonie der Weine auf eine Art dann doch sehr beeindruckt. Man kann auch im restsüßen Bereich jetzt schon einiges antrinken und wird durchaus belohnt.
Ich habe unabhängig von dieser Probe auch einige größere trockene Weine probiert (Müllen, Schäfer-Fröhlich, Fritz Haag, Bassermann Jordan, Wittmann)

Im trockenen Bereich sollte man aufgrund der Jahrgangsmerkmale definitiv den Stand mit einer Flasche überprüfen. Hier könnte sich bereits ein Plateau anbahnen, bei dem für mich unklar ist, ob es noch sehr viel weiter nach oben gehen kann. Wie immer sind diese Aussagen reine Spekulation und abhängig von persönlichen Vorlieben.

Viele Grüße
Patrick
Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.
Euripides
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragFr 25. Dez 2020, 21:57

Im Glas mit fast perfekten Füllstand:

1976 Kestener Paulinshofberg Auslese Franz-Josef Liell

Farbe goldfarben mit leichten Rotstich. In der Nase getrocknete Aprikose. Am Gaumen wieder Aprikose, nicht besonders komplex. Eher wenig Säure. Boytritisnoten sind wenig vorhanden. Aber insgesamt erstaunlich beisammen. Wenn der noch etwas mehr Säure hätte, dann wäre der viel spannender. Das Weingut scheint nicht mehr zu existieren. Aber den Kestener Paulinshofberg halte ich schon sehr lange für eine der besten Mosellagen.

88 Punkte. Hat bei Ebay 10 Euro gekostet. Da kann man nicht meckern -

Gruß

Ralf
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Bernd Schulz

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragSo 27. Dez 2020, 16:58

Auch dieser gestern getrunkene Domprobst wurde von Ralf mitgebracht:

Bild

Im zweiten Anlauf konnte ich den lagentypischen Wein, den ich zuerst der Säure halber an die Saar stecken wollte, als Graacher verorten. Und für mich ist er besonders bemerkenswert, weil ich bislang kaum einen wirklich guten deutschen Riesling aus den 80er Jahren bis 1987 vor die Flinte bekommen habe.

Herzliche Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragSo 27. Dez 2020, 17:22

Bernd Schulz hat geschrieben:Auch dieser gestern getrunkene Domprobst wurde von Ralf mitgebracht:

Bild

Im zweiten Anlauf konnte ich den lagentypischen Wein, den ich zuerst der Säure halber an die Saar stecken wollte, als Graacher verorten. Und für mich ist er besonders bemerkenswert, weil ich bislang kaum einen wirklich guten deutschen Riesling aus den 80er Jahren bis 1987 vor die Flinte bekommen habe.

Herzliche Grüße

Bernd


Hallo Bernd,

diesen tollen Riesling habe ich ähnlich wie du gesehen. Ich war ja etwas skeptisch, weil die Farbe alles andere als optimal war. Wobei 1983 der beste der Jahrgänge in den 80ern bis 1988 war. Aber Hauth-Kerpen war sicher auch erste Liga an der Mosel.

Gruß

Ralf
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragSo 5. Jun 2022, 20:24

Ich habe mir keine Notizen gemacht, aber dieser tolle Altwein, den mir Bernd am Freitag vorsetzte verdient eine Erwähnung:

1976 Rauenthaler Baiken Riesling Auslese Staatsweingut Kloster Eberbach

Die Farbe war heftig. Ging Richtung Cognac. Am Gaumen war die typische Aromatik der Rheingauer aus diesem Jahren zu schmecken. Ein gereifter Rheingauer unterscheidet sich vollkommen von einem MSR-Gewächs. Die haben eine unverwechselbare Aromatik, die ich am ehesten als erdige Mineralität bezeichnen würde.Und die Rauenthaler Lagen stehen perfekt für diese Mineralität. Markus, der Ostbelgier könnte das bestätigen, wenn er an die 64er Auslese der Deutschen ( damals eine der drei Genossenschaften in Hallgarten, ähnliche Böden) zurückdenkt. Du hast beim Trinken das Gefühl, dass du im Erdreich stehst. Trotz der Jahrgangsbedingt niedrigen Säure war der vollkommen lebendig und zeigte dass,was ein Altweinerlebnis ausmacht. Toll. Ich bin Bernd sehr dankbar, das er den Wein am Freitag aufgemacht hat. Denn eine Auslese von den Staatsweingütern Kloster Eberbach ist schon was ganz besonderes. Und das ein Wein aus einem säurearmen Jahrgang nach 46 Jahren noch wie eine Eins im Glas steht zeugt von dem damaligen Können des Staatsweingutes.

Gruß

Ralf
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Bernd Schulz

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragMo 6. Jun 2022, 11:35

Ralf Gundlach hat geschrieben:Ich habe mir keine Notizen gemacht....


Ich habe am Freitagabend eine kurze VKN ohne Punkte aufgeschrieben:

Bild

Ralf Gundlach hat geschrieben:Trotz der Jahrgangsbedingt niedrigen Säure war der vollkommen lebendig und zeigte dass,was ein Altweinerlebnis ausmacht. Toll. Ich bin Bernd sehr dankbar, das er den Wein am Freitag aufgemacht hat.


Angesichts der vielen ebenso exzellenten wie für mich mittlerweile nicht mehr bezahlbaren Weine, die du immer wieder mitbringst, ist es selbstverständlich, dass ich mal eine Rarität hervorhole, wenn wir uns treffen. Derjenige, der Anlass zur Dankbarkeit hat, bin ich! Und davon abgesehen freue ich mich sehr, wenn ich meine ollen Kamellen mit jemandem teilen kann, der sie zu schätzen weiß!

Herzliche Grüße

Bernd
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragMo 26. Jun 2023, 22:23

Den habe ich mal vor langer Zeit von Felix Eschenauer geschenkt bekommen. Zu Zeiten des weinfreaks Forum.

1975 Longuicher Probstberg Auslese Peter Mertes KG

Die Farbe geht in einen leicht rötlichen Ton. In der Nase wirkt er noch nicht vorrüber. Leicht nasser Karton, aber auch dezente Fruchtnoten. Am Gaumen noch erstaunlich süss. Mit einer leichten Cremigkeit. Alles andere als platt, wenn auch etwas eindimensional. Trotzdem: Für eine Kellerei ein erstaunlicher Altwein. Mit Luft wird er sogar nochmal etwas komplexer. Den kann man noch durchaus mit Freude trinken.

Gruß

Ralf
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragMi 28. Jun 2023, 21:16

Ralf Gundlach hat geschrieben:Den habe ich mal vor langer Zeit von Felix Eschenauer geschenkt bekommen. Zu Zeiten des weinfreaks Forum.

1975 Longuicher Probstberg Auslese Peter Mertes KG

Die Farbe geht in einen leicht rötlichen Ton. In der Nase wirkt er noch nicht vorrüber. Leicht nasser Karton, aber auch dezente Fruchtnoten. Am Gaumen noch erstaunlich süss. Mit einer leichten Cremigkeit. Alles andere als platt, wenn auch etwas eindimensional. Trotzdem: Für eine Kellerei ein erstaunlicher Altwein. Mit Luft wird er sogar nochmal etwas komplexer. Den kann man noch durchaus mit Freude trinken.

Gruß

Ralf


Zwei Tage später hat diese Auslese von einer Großkellerei samt Großlage nochmal zugelegt. Die Süsse ist nicht mehr vordergründig. Eine delikate Note samt richtig feiner Säure macht jetzt richtig Spaß. Minimale Boytritis. Eine richtige Auslese. Dieser Riesling gehört zu meinen topfive der speziellen Altweinerlebnisse. Ich hatte den Wein 15 Jahre im Keller, weil ich mich von der Kombination Großkellerei samt Großlage habe abschrecken lassen. Ich hätte auf Felix hören sollen, der meinte, dass ich den mal probieren sollte. Hätte ich früher machen sollen: denn wir reden hier von einem Altwein jenseits der 90 Punkte (wenn auch nicht weit).

Gruß

Ralf
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Ralf Gundlach

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Re: Sammelsurium historischer Jahrgänge

BeitragFr 1. Sep 2023, 23:58

Den habe ich seit knsapp 20 Jahre im Keller leigen. Warum ich ihn nicht aufgemacht habe? Keine Ahnung!

1971 Serriger Schloß Saarsteiner Spätlese Schloß Saarstein

Ganz üble Farbe, tendiert ins Rötliche. In der Nase nasser Karton. Am Gaumen verbirgt sich dahinter ein durchaus trinkfähiger Wein. Ein schlanker Riesling, nach heutigen Maßstäben ein Kabinett. Klar, wirkt schon etwas müde ( die letzten 20 Jahre Lagerung bei mir waren auch nicht optimal). Aber trotzdem lebt dieser kleine Riesling noch. Ein, zwei Gläschen gehen. Das ist schon spannend, weil das eine meiner ersten Ebay-Weine war als Student. Und der Freund ist schlappe 52 Jahre alt.

Gruß

Ralf
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