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Das Weinduell

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Der Wein-Schwede

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 10. Aug 2021, 21:54

jessesmaria hat geschrieben:Hallo alle,

das sind alles interessante Erklärungsversuche.

Der Wein-Schwede hat geschrieben:Als Beispiel der Riesling Heimbourg (Lagenwein) von Zind-Humbrecht ist (prestigemässig) mit einem deutschen Lagenwein (nicht GG) von der absoluten Rieslingsspitze in Deutschland zu vergleichen, und kostet ca. 30-35 Euro.


Der kostet übrigens in Frankreich und ab Hof 46€. Es stimmt, in Deutschland im Netz bekommt man ihn für 35€. Wenn ich einen Lagenwein von deutschen Spitzenweingütern (z. B. Molitor, Wittmann) nehme, bin ich aber eher bei um die 20€.

Also, ich denke meine noch verbleibende 4 Flaschen Riesling Heimbourg 2014, für € 25- waren ein "Schnäppchen". :)
Aber, man kann im Moment in Schweden den Riesling Heimbourg 2019 für € 31- kaufen! :!:

jessesmaria hat geschrieben:
Der Zind-Humbrecht Cuvée des Vergleichs war übrigens wirklich trocken, das ist der erste, den ich getrunken habe, aber wenn das seine Linie ist (du erwähntest ja auch einen knochentrockenen Pinot Gris), dann wäre das ja ein Kandidat für den heutigen deutschen Markt.

Jein... der PG Clos Windsbuhl kostet um die 60-70 Euro... :o
Aber, ein toller Wein! :)

jessesmaria hat geschrieben:
Neulich wurde ja mal an anderer Stelle im Forum darüber diskutiert, ob der vorherrschende Mainstreamgeschmack in Deutschland immer noch nach einem Mindestmaß Restsüße verlangt – da würde ja der Elsässer Stil genau passen. Ich habe heute den Zind-Humbrecht meiner Mutter und meiner Schwester (beide absolut keine Weinkenner) ausgeschenkt und beide mochten ihn gar nicht, offenbarten aber später, dass sie grundsätzlich keine trockenen Weine mögen. Naja, für diese wahrscheinlich doch recht große Zielgruppe muss der Wein aber dann auch im Supermarktregal stehen, und das tut der Elsässer nicht.

@Bernd: "Generalverdammung jedweder Restsüße" – ja, das finde ich auch seltsam, so wie alle Generalverdammung. Verstehe ich genauso wenig, wie Menschen, die nur Zartbitterschokolade essen, weil sie Milchschokolade für zu süß halten. Ob 50%, 70% oder gar 100% Kakaogehalt, ist doch gar nicht vergleichbar, die Welt wäre ärmer, wenn es nicht die ganze Palette gäbe – es muss nur gut sein. So halte ich es auch beim Wein.
Eigentlich müssten sonst ja auch z. B. J.J.Prüm-Weine total out sein.

Also, "Mainstream" kaufen Wein vom Aldi-Regal für 3 Euro. ;)

Und ja... ich esse auch nur dunkle bittere Schokalade (minimum 70% Kakao) - und die Weine müssen trocken sein! :mrgreen:
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Gerlach

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 10. Aug 2021, 22:02

Kleine Reminiszens an die siebziger Jahre - es war so wie von Ulli geschildert. Als etwa sein Alters-Jahrgang und auch Schleswig-Holsteiner (mit vielen Biberacher Erfahrungen): Meine Eltern brachten aus dem Urlaub im Elsass die Edelzwicker und Gewürztraminer mit. Bis dahin lagen im Keller Ruländer aus Baden und zu Weihnachten kamen von Geschäftsfreunden Mosbacher-Weine aus der Pfalz. Die Elsässer forderten demgegenüber heraus; ob ich sie heute noch verträglich fände, kann ich mit dem Erinnerungsabstand von so vielen Jahrzehnten nicht sagen. In den letzten Jahren hat mir aus dem Elsass nur Josmeyer gefallen, leider hier nur bei mir in Berlin nur zu den Apotheken-Preisen von "Wein & Glas" erhältlich.
Gruss, Bernd
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jessesmaria

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 16. Nov 2021, 09:23

Zum Raclette habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein unkomplizierter "Durstlöscher" mehr Spaß macht als ein finessenreicher Grand Cru, dessen Nuancen vom vielen Fett erschlagen werden. Der Wein sollte am besten gar nicht den Versuch wagen, sich in den Vordergrund zu drängen, sondern durch und durch begleiten: ideal ist gleichsam die Bratsche unter den Weinen. Es galt nun allerdings noch herauszufinden, welcher Basis-Gutedel die bessere Figur macht und ein Racletteliebhaber entsprechend immer auf Lager haben sollte. Gegeneinander behaupten mussten sich der C. Schneider Gutedel vom Kalkstein 2019 und der Ziereisen Gutedel Heugumber 2019.

Der Gutedel von Schneider hat in der Nase die typischen Gutedel-Fruchtnoten (reife Banane). Am Gaumen ebenso mild-fruchtig (etwas an Fruchtkaugummi erinnernd), ist er von äußerst weicher Textur. Der Heugumber von Ziereisen ist zwar ebenfalls mild, aber hat dennoch mehr Spannung – gerade nicht zu viel –, eher grasige als die mild-fruchtigen Noten und ganz deutlich Kalkstein. Für mich damit der ganz klare Gewinner, im Grunde zwei Klassen drüber; obwohl der Gutedel von Schneider für sich genommen nicht schlecht ist und durchaus seinen Zweck erfüllt.
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amateur des vins

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 16. Nov 2021, 13:21

Ich könnte jetzt nicht sagen, ob Komplexität im Wein vom Raclette erschlagen würde; ich denke eher nicht. Wichtig fand ich immer, daß der Wein ausreichend Säure besitzt. Anderenfalls wird alles zu plump.

Kann Gutedel das leisten? Ich habe die Rebsorte überhauptnicht auf dem Radar. "mild" deutet eher nicht daraufhin, oder?
Besten Gruß, Karsten
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jessesmaria

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 16. Nov 2021, 14:19

Gutedel (= Chasselas = Fendant) ist der Wein, der zu Raclette klassischerweise getrunken wird (etwa im Wallis, dort Fendant).

Was die Säure betrifft: Ich habe genau das Gegenteil verinnerlicht (eigentlich grundsätzlich zu Käse). Und ja, die geringe Säure ist auch das Markenzeichen des Gutedels. Das Internet bestätigt mich, zumindest Schweizer Stimmen:


https://www.nzz.ch/lebensart/wein-keller/wein_raclette_kaesefondue-1.4084839?reduced=true hat geschrieben:Ein guter Chasselas aus dem Wallis oder der Waadt drängt sich geradezu auf. [...] Dagegen passt wohl kaum ein reiner Riesling, etwa aus Deutschland oder Österreich. Zu viel Säure verträgt sich schlecht mit einem Raclette oder Käsefondue.


https://www.manor.ch/de/u/news-and-inspirations-fondue-wein hat geschrieben:Ein passender Weisswein zum Käsefondue sollte in erster Linie zwei Kriterien erfüllen. Zum Ersten darf die Säure des Weins nicht zu ausgeprägt sein. Ein Riesling ist dabei, entgegen der weit verbreiteten Meinung, sicherlich nicht die beste Wahl. Auch bei Sauvignon Blanc ist Vorsicht geboten, da hochwertige Sauvignon Blanc meistens eine knackige Säure aufweisen. Tun sie das nicht, sind sie vielfach entweder qualitativ eher bescheiden oder wurden in kleinen Eichenfässern (Barriques) gereift. Womit wir beim zweiten No-Go wären: Eichenfassnoten. Ein kalifornischer Chardonnay oder ein Meursault können wunderbare Weine sein – einfach nicht zum Käsefondue. [...] Wie eingangs erwähnt, fährt man mit einem Chasselas (oder Gutedel, wie die Traubensorte auf Deutsch heisst) eigentlich immer gut. Die Gründe dafür sind der weiche, runde Körper, die zurückhaltende Säure und die Fruchtaromen, die weder zu aufdringlich noch zu neutral sind. Allgemein empfehlen sich eher üppigere Chasselas, wie Epesses, Aigle oder eben Fendant aus dem Wallis.


(Dort geht's um Fondue und Raclette gleichermaßen.)

https://www.coop.ch/de/weine/weinwelt/wein-expertise/der-richtige-wein/essen-und-wein/kaesegerichte/raclette.html hat geschrieben:Raclette Käse weist einen sehr hohen Anteil von Säure auf. Deshalb eignet sich ein säurearmer Wein wie Fendant oder Chasselas. Aber auch ein Gewürztraminer ist ein passender Begleiter, allerdings kann diese Kombination für manche Geschmäcker zu intensiv sein.


Es gibt aber auch Gegenstimmen:

https://www.raclettegrills.at/weine-fuer-raclette/ hat geschrieben:Da der Raclette-Käse einen kräftigen Geschmack hat und zudem relativ fettreich ist, empfiehlt es sich, einen knackig-mineralischen Weißwein wie z.B. einen Riesling aus dem Rheingau zu wählen. Seine Säure kann es mit dem kräftigem Aroma des Raclette Käse aufnehmen, hält die fettreichen Konstanzen im Gleichgewicht und ergänzt sich damit ideal zum Geflügelgenuss.


https://www.wine-in-black.de/wein-magazin/wein-zu-raclette-pairing-tipps/ hat geschrieben:Während die einen Sommeliers zu Weinen mit einem hohen Gehalt an Weinsäure tendieren, raten andere Pairing-Experten eher zu milderen Weinen. Beides hat seine Berechtigung. In der Regel kommen Weine mit einer höheren Weinsäure besser gegen das Fett im Käse an. Ein deutscher Riesling ist da als Wein zu Raclette etwa eine gute Wahl. Ebenso wie ein knackiger Grüner Veltliner aus Österreich. Die Kombination aus Fett und Weinsäure kann aber durchaus auf den Magen schlagen. Oder für den ein oder anderen Genießer auf Dauer etwas viel sein. Alternativ kann man also auch Weine mit geringerer Weinsäure nehmen, die dafür aber einen kräftigeren Geschmack haben. Wie etwa ein in Holz ausgebauter Chardonnay. Oder ein üppiger Pinot Grigio aus Italien. Wahlweise geht natürlich auch ein kraftvoller deutscher Grauburgunder.


Ziemlich widersprüchlich bzw. im Fall von Quelle #2 und #5 geradezu konträr (Wine in Black empfiehlt hohe Säure oder mildere Weine mit Holzausbau, Manor rät genau davon ab.)

Was meinen die anderen?

Mir persönlich ist zumindest die Kombination Käse + trockener Riesling noch nie wirklich harmonisch vorgekommen.
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Bernd Schulz

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 16. Nov 2021, 14:31

Für mich geht zum Fondue oder Raclette ein Weißer mit wenig Säure besser als ein säurereicher Vertreter (Gutedel finde ich wirklich ideal). Wenn nichts anderes da ist, würde ich aber auch einen Riesling mit reichlich Säure als Begleiter zu geschmolzenem Käse trinken. Dogmatisch bin ich da nicht....

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Di 16. Nov 2021, 15:56, insgesamt 1-mal geändert.
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amateur des vins

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Re: Das Weinduell

BeitragDi 16. Nov 2021, 14:33

Ok, danke.

/disclaimer:
Meine Stichprobe mit Raclette (oder Fondue) ist verschwindend klein.
Besten Gruß, Karsten
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