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Dies & Jenes - Proben querbeet

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragSo 15. Mai 2022, 10:46

ich kann aber schon einmal Punkte vergeben, die in Anbetracht dessen, dass ich erst zwei Mal im Leben deutsche Chardonnay gekauft habe, die mir nicht besonders gefielen, recht hoch ausfallen:
Fürst 95
Rings 92

Ohne Chardonnay-Geschmack wäre ich womöglich noch höher gegangen
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Tristram Shandy
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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragSo 15. Mai 2022, 10:58

Kle hat geschrieben:Ohne Chardonnay-Geschmack wäre ich womöglich noch höher gegangen
...heißt das, Du magst die Sorte eigentlich gar nicht? :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragSo 15. Mai 2022, 13:00

genau. Gerade in letzter Zeit hatte ich in Hoffnung auf Besserung Versuche mit französischen Vertretern gemacht, die es bestätigten. Das jetzige Erlebnis wirbelt einiges durcheinander.

Gruß, Kle
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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragSo 15. Mai 2022, 16:13

Kle hat geschrieben:genau. Gerade in letzter Zeit hatte ich in Hoffnung auf Besserung Versuche mit französischen Vertretern gemacht, die es bestätigten. Das jetzige Erlebnis wirbelt einiges durcheinander.
...ich kann's in gewisser Weise nachvollziehen, wobei ich die Sorte grundsätzlich sehr gerne mag. Hauptsächlich jedoch in Form von Natur- und Schaumwein, von Ausnahmen mal abgesehen... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 09:09

stimmt, Erich, bei Schaumweinen ist es anders und oft auch bei Naturweinen. Und bei den folgenden. Überraschend bekam ich sie am Sonntag.
Deine Schilderungen zu Huber und Becker, Michl, las ich erst, nachdem ich meine notiert hatte und finde meine Eindrücke sehr gut in ihnen wieder.

Huber Schlossberg 2014 mit hoher Intensität in der Nase, leicht käsig, ein wenig rauchig, ganz leicht alkoholische, angenehm tresterschnapsige Note.
Einen kleinen Schluck zu nehmen nützt nichts - er zieht sich trotzdem lang und kunstvoll gewunden durch den Mund. Eindruck zuerst einer sehr geschlossenen Form, die dann fast unerwartet sehr komplex und nachdrücklich auftritt. Der Chardonnay-Ton wie mit einer salzigen Säure und glockenhell, vielleicht sogar einem angenehmen Bitterton gefällt mir hier besser als bei Fürst oder Rings. Ein erhabener Wein, ganz fein in sich gewoben - ob perfekt durchdacht oder perfekt gewachsen - und immer wieder feine, anregende Fruchtsäure und auch Karamellnoten hinterlassend.

Beckers Mineral 2015 bereits in der Nase kompakter, dunkler, und mit leichterer Käsenuance, die mir anscheinend regelmäßig bei deutschen Chardonnay auffällt.
im Mund breitet sich der Wein von einem aromatischen Kern her aus, weich und mit aromatischer Süße, leichte scharfsäurige Gertenschläge bekommen ihm. Da steckt etwas Erdiges, nicht negativ gemeint Dumpfes im Wein und, oje, er entwickelt sich und scheint einer derjenigen zu sein, mit denen man auf eine aromatische Endlosbahn geraten kann. Denn anders als Huber ist er keine Mikrokathedrale sondern auf etwas Bestimmtes konzentriert, was man nur beobachten braucht, um fortwährend neue Wendungen zu erleben. Aus diesem Grund ging wohl auch das erste Portiönchen bei mir schneller weg als beim Huber. Becker ist aufdringlicher und auch fordernder. Huber schmeckt im Grunde so, wie ich mir einen idealen Bourgogne vorstelle. Becker mit einzigartigem Stil (wie auch Fürst und Rings), Huber wie ein grandioses Bauwerk/Kunstwerk dessen Einzelheiten man zwar nie alle wahrnehmen kann, als überwältigenden Gesamteindruck aber sofort erfasst und deswegen sogar den Blick abwenden muss.
Beim längeren Nachprobieren verschiebt sich das Bild. Der Bourgogne-Vergleich „hinkt“ zunehmend wegen dem sehr eigenen fröhlich hellen Ton, in dem die karamellige Süße wiederkehrt. Becker opulent, scheint aber an seine Grenzen zu kommen.
Schade, dass Fürst nicht mehr zum direkten Vergleich da ist. Eigentlich ist keine Rangfolge möglich. Da Punkte etwas mit schulmäßiger Perfektion zu tun haben, bekommen Huber 96 und Becker 94 davon.
Alex und Michl, herzlichen Dank für dieses Erlebnis, das eine neue Dimension eröffnete wie einst beim Entdecken großer Rieslinge.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 11:34

Kle, ich bin etwas irritiert, daß "leicht käsig" zu sein für Dich zu einem "idealen Bourgogne" gehört. :? Auch ist "fein gewoben" nichts, das mir bei Huber je in den Sinn gekommen wäre.

Ich bin fast sicher, daß das, was Du als "käsig" beschreibst, dasselbe ist, das ich als (mehr oder weniger schwefelige) Reduktion zu erkennen glaube. Und ja, das ist bei deutschen Chardonnays gerade en vogue, besonders bei den "jungen Wilden". Burgunder, die das derart auf die Spitze treiben, sind mir noch nicht untergekommen.

Du weißt ja, daß ich mit Hubers weißen meine Schwierigkeiten habe. Aber jenseits persönlicher Vorlieben: Beschreibst Du den Schloßberg 2014 nicht selber als eher lauten Kandidaten? So verstehe ich Deine Notiz jedenfalls, und darum irritiert mich auch das "fein gewoben".
Besten Gruß, Karsten
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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 12:30

Hallo Karsten,

der Begriff "laut" sagt mir in dem Zusammenhang nichts. Ausdrucksstark, ja, auch wegen, dem Gefühl eines sehr fein gewobenen Materials, wo man den Eindruck hat, zarte Bauteile würden irrsinnig gut ineinandergreifen für einen starken Gesamteindruck... Also, für "fein gewoben" hatte ich zuerst eine andere Wortwahl, weiß nicht mehr, aber dahinter steckt ein für mich wesentlicher Eindruck von diesem Wein.

Gruß, Kle

Edit: Was Bourgogne betrifft: Gäbe es den Bourgogne tasächlich, der für mich ideal wäre, würde ich auch Käsiges in Kauf nehmen.
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Tristram Shandy
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Michl

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 17:55

LIeber Kle,

herzlichen Dank für deine Eindrücke.

Kle hat geschrieben:Huber wie ein grandioses Bauwerk/Kunstwerk dessen Einzelheiten man zwar nie alle wahrnehmen kann, als überwältigenden Gesamteindruck aber sofort erfasst und deswegen sogar den Blick abwenden muss.


Das ist eine wunderbare Beschreibung!

Vor allem aber trifft es deine Metapher einer "Kathedrale" (ohne "Mikro") für mich maximal. Genau so ist der Wein: erhaben, entrückend, unfassbar, aber eben auch etwas ehrfurchtsgebietend und einschüchternd, wie klerikale Bauwerke scheinbar nicht selten zu sein haben.

Mit den Punkten sind wir ja sogar deckunggleich.

Für mich ist auch auffällig, dass du scheinbar mit der Säure kein Problem gehabt zu haben scheinst. Mir ging es genau so, ganz im Gegenteil, diese expressiv fordernde, großartig auffächernde Säure hat mir im positiven Sinn fast den Atem geraubt. Ganz ganz großes Kino und ein highlight meiner Säuferkarriere. Wenn du aber Alex Notiz aufmerksam und zwischen den Zeilen gelesen hast, was du sicherlich getan hast, wirst du bemerkt haben, dass man das nicht nur positiv wahrnehmen muss. Alex verwendet den Begriff des Schmerzes. Ich finde jedoch, auch diesen kann man methaphorisch gewendet in den Kontext einer Kathedrale stellen. Ist es dort der Schmerz über die Bedingtheit des Lebens, ist es hier vielleicht sogar stilistisch ein konstitutives Merkmal der Größe dieses phantastischen Weines.
Viele Grüße

Michl
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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 18:23

Lieber Michl,

das "Mikro" vor der Kathedrale bezog sich gewissermaßen auf die Glasgröße (oder eines Schlucks) :D
Es freut mich, dass wir bei Huber, aber auch bei Becker Wesentliches ähnlich empfinden. Es käme mir seltsam vor, allein damit zu sein.
Leider habe ich Alex Huber-VKN bisher nicht entdeckt und werde gleich noch einmal in der Datenbank suchen.

Herzlich, Carsten
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Tristram Shandy
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Kle

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Re: Dies & Jenes - Proben querbeet

BeitragMo 16. Mai 2022, 18:49

PS: Mein allererster Beitrag in einem Weinforum war eine Frage zu deutschen Spätburgundern und Thomas Deck wies mich damals u.a. auf Huber hin, von dem ich noch nie gehört hatte. Die Rotweine haben mich dann ziemlich umgehauen und etwas hinterlassen, das zu dem eigentlich nicht vergleichbaren Schlossberg passt. Die Säure, verbunden mit einem hell-fröhlichen Ton, war jetzt für mich eine ganz wichtige Qualitat dieses Weins und auch etwas sehr Überraschendes.

Edit: Wenn ich jetzt Alex VKN lese, scheint mir, dass die Verweildauer in DHL- Lagern meiner Abfüllung gut getan hat.
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