Di 23. Okt 2018, 18:52
Hallo zusammen,
letzten Samstag trafen sich bei mir 10 Pinot-Liebhaber, um gemeinsam 17 Pinots in einer Blindprobe zu genießen. 14 Weine waren dem "Original" gewidmet (7 Grand Crus, 6 Premier Crus und ein "Edel-Village"), wobei 3 Deutsche Spätburgunder als "Piraten" am Start waren. Von den "schreibenden Forumianern" haben Patrik (Pino) und Erich (EThC) noch mitprobiert, die vielleicht das eine oder andere zur Berichterstattung noch beitragen können. Der Korkteufel schlug nur einmal zu, allerdings bei einem potentiell sehr interessanten Wein
Ansonsten war das Niveau überwiegend sehr gut mit einigen wirklich großartigen Weinen. Der Siegerwein wurde von allen Teilnehmern zumindest auf den 3. Platz gesetzt; bei 6 Verkostern war er die Nr. 1. Da ich aufgrund der Reste die Weine noch über 2 Tage verfolgen konnte, kann ich auch zur Entwicklung der einzelnen Weine noch etwas sagen.
Jetzt genug der Vorrede und zu den Weinen (in Reihenfolge der Blindverkostung)
2009er Volnay "les Champans" 1er Cru (Joseph Voillot, Volnay)leichte Ziegelrottönung, zunächst etwas verhaltene Nase, sehr klassischer "Understatement"-Typ, etwas Teer, deutliche Trüffelnote, unaufgeregt und fein mit sehr gutem Trinkfluss. War am 2. Tag noch etwas offener, harmonischer, mehr Frucht, sehr schöner Volnay.
2008er Nuits-St.-Georges "Clos de la Marechale" 1er Cru (Mugnier, Chambolle-Musigny)ätherische, duftige und feine Nase, edle Kirschfrucht, Wildbret, Unterholz, Tabak, klassischer, durchaus komplexer Bourgogne, auch am 2. Tag unverändert, macht sehr viel Spass.
1999er Pommard "Les Rugiens" 1er Cru (Francois Parent, Beaune)klassischer Pommard alter Schule, deutlich Trüffel (sinnigerweise auch auf dem Etikett abgebildet),zunächst etwas verhalten, nicht die Fruchtbombe, noch griffiges Tannin, nicht die ganz feine Klinge, aber durchaus beeindruckend. Verlor am 2. Tag etwas, Hauch Oxidation und Liebstöckelnoten.
2009er Corton Grand Cru (Tollot-Beaut, Chorey-les-Beaune)sehr feine, harmonische Nase mit etwas Wildkirsche und Brombeere, dichte Frucht, gewisse Extraktsüsse mit saftiger Säure, gute Länge. Hat mit Sicherheit noch Lagerpotential, trinkt sich aber jetzt schon ausnehmend gut. Präsentierte sich am 2. Tag noch besser. Klasse Wein!
2012er Marienthaler Trotzenberg QW tr. (Paul Schumacher, Marienthal)-Ahr-wurde als Deutscher Pirat erkannt, mehr die Brombeer- als die Kirschfrucht, etwas Räucherspeck vom Barrique-Einsatz, dichte Frucht, durchaus Extraktsüsse, Schiefer spitzt durch, ganz dezent anhängendes Holz im Abgang. Sehr gelungener Ahr-Burgunder, der sich am nächsten Tag noch besser präsentierte (weniger Räucherspeck, etwas mehr Frucht). Kann noch ein paar Jahre liegen.
2006er Vosne-Romanee "Les Chaumes" 1er Cru (Meo-Camuzet, Vosne-Romanee)"nur" ein 2006er und "nur" ein 1er Cru, aber ein absoluter Weltklasse-Pinot!! Es bewahrheitet sich immer wieder, dass im Burgund Klassifizierung und Jahrgang weit weniger wichtig sind als das "Know-how" des Produzenten. Dieser Wein strahlt souveräne Klasse aus und ist genau so, wie man sich im Idealfalle einen Bourgogne wünscht: superkomplexe Nase, in die man minutenlang eintauchen und immer wieder neue Nuancen entdecken kann, zunächst wilde Noten (Steinpilze, Unterholz, Leder Tabak, abgehangenes Fleisch), wunderschöne, feine Frucht (Kirsche, Waldhimbeere), sehr dicht, aber gleichzeitig auch unheimlich schwebend und elegant, auf der Zunge unheimlich stimmig, ebenso komplex, changierend zwischen Frucht und Würze, extrem dichte Frucht, wahnsinnige Extraktsüsse, unheimliche lang, man schmeckt den Wein noch über Minuten nach. Wow, ganz grosses Tennis und absolutes Grand-Cru-Niveau. Wie müssen dann erst die Grand Crus von Meo-Camuzet sein
Schon allein wegen diesem Wein hat sich die Probe gelohnt. Am nächsten Tag wie in Stein gemeisselt völlig unverändert. Für den 2. Tag blieb dann natürlich nichts mehr zum nachprobieren
2002er Clos Vougeot Grand Cru (Francois Gerbet, Vosnee-Romanee)auch das eine Burgunderschönheit: leichte Trüffelnote, kühle, feine Stilistik, nichts Lautes oder Fettes, strukturiert, finessenreich und elegant, gute Länge. Am 2. Tag etwas Oxidation spürbar. Grundsätzlich hat der Wein aber noch Potential.
2002er Vosne-Romanee "Les Brulees" 1er Cru (Guyon, Vosne-Romanee)vom Stil her ähnlich wie Mugnier, nur etwas reduktiver, zunächst Feuersteinnoten, die aber mit Luftzufuhr zurückgehen, komplexe Nase (Pilze, Unterholz, Trüffel) und konzentrierte Dunkelfrucht, auch hier diese widersprüchliche Mixtur aus Kraft und Finesse, deutlich extraktsüss, dichte Frucht, kräftige Würze, aber alles wunderbar verwoben, spiegelt das grosse Jahr wieder, tolle Länge. Jetzt fast perfekt trinkbar, wird aber aufgrund der Ausgewogenheit und des Extraktes lange Freude bereiten. Toller Wein. Auch am nächsten Tag unverändert, dann Flasche leer
2015er Bürgstadter Centgrafenberg GG (Fürst, Bürgstadt)-Franken- naturgemäß sehr jugendlich, feiner Holzeinsatz, gewisse Eleganz, nocht etwas verschlossen, gute Länge. Wurde auch mehrheitlich Deutschland zugeordnet, Am nächsten Tag blühte der Wein dann noch deutlich auf, mehr Frucht, mehr Ausgewogenheit, dürfte in ein paar Jahren mit zur Deutschen Spitze in diesem Bereich zählen.
2009er Pommard " La Levriere" Vieilles Vignes (Dugat-Py, Gevrey-Chambertin)nur ein Village, aber was für einer: anfangs eine Spur reduktiv, blühte dieser kraftvolle Bourgogne immer mehr auf, kraftvolle Dunkelfruchtnase, sehr dicht, volle Würze, auf der Zunge unheimlich saftig, ungeheuer dicht und stoffig mit angenehmen Tannin-Grip, man schmeckt hier förmlich die alten Reben, viel Extraktsüsse, trotz der nicht ganz so feinen Klinge durchaus Eleganz und Trinkfluss, grosse Länge mit viel Potential. Für mich ein ganz typischer Pommard, der als Village fast alle örtlichen 1er Crus in Grund und Boden rammt. War am 2. Tag fast noch besser. Großartiger Wein !
Fortsetzung mit den letzten 7 Pinots folgt in Kürze !
LG
Bodo
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weinaffe am Mi 24. Okt 2018, 10:18, insgesamt 1-mal geändert.