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Sociando Mallet 1995-2000

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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innauen

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Sociando Mallet 1995-2000

BeitragSo 24. Mär 2013, 15:00

Hallo,

gestern hat Martin, berlinkitchen, in dankenswerter Weise seine wunderbare Gastfreundschaft erneut bewiesen und Jürgen, Bibbel, hat mit vollen Händen in seinen Weinkeller gegriffen, um sechs anderen Weinfreunden einen grandiosen Abend mit sechs Jahrgängen Sociando Mallet und jeweils einem Herausforderer zu schenken. Wir brachten dann jeder auch noch den ein oder anderen oder sogar einen Wein mehr mit und es wurde ein langer schwelgerischer Abend bei Pastete, Lammfilet und dem besten Gratin, das ich je gegessen habe. :D Mit der dabei aus dem Forum auch kristof und beerenauslese.

Wir haben blind jahrgangsweise verkostet. Sociando hat sich formidabel geschlagen. Die Flights waren sehr gut zusammengesetzt. Ein wenig Pech gab es natürlich auch. Sociando 1990 hatte - ihr ahnt es - Kork und die ein oder andere Flasche schwächelte. Aber das gehört dazu.

Die älteren Jahrgänge waren nach einhelliger Ansicht die besten. Sociando braucht bekanntlich immer einen Tick länger, weshalb mir bei einem Wein wie dem 2000er Sociando nicht bange ist, auch wenn er mich im Moment nicht anspricht.

Ach ja, und weil es so schön blind passierte, habe ich alle Weine, auch die die ich kannte, komplett falsch herum identifiziert. :oops:

1995

Sociando 1995

Duftig und fruchtig. Nicht sehr vielschichtig. Am Gaumen eher leicht. Rotfruchtig und easy drinking. Trinkt sich gut, trinkt sich aber auch schnell weg. Anhand der groben und immer noch nicht aufgelösten Tannine und der immer noch sehr präsenten Frucht deutlich als Vertreter des Jahrgangs 1995 zu erkennen. 88 Punkte

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und später noch - ein besonderer Dank an Martin:

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1996 Der stärkste Flight und der stärkste Sociando

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1997 - die Überraschung, wobei das bei mir positive Vorteile bzgl. dieses angeblich misslungenen Jahrgangs bestätigt hat

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Poujeaux 1997

Rote Beeren gepaart mit exotischen Früchten. Warm und rund. Aber am Gaumen eher ruppig, dafür aber saftig und länger als zuletzt. Grossartig 92


Beide Weine zählen 1997 anerkanntermaßen zu den mittlerweile bekannten Geheimtipps, was sie beide eindrücklich bestätigen konnten.

1998

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1999 - war lange Zeit einer meiner Lieblingsjahrgänge, wenn es um leicht verständliche, reife Weine ging. Schwächelte hier. Johnson meint, alle 1999er sollten binnen eines Jahrzehntes getrunken sein. In diesem Fall hat er Recht behalten.

Sociando 1999

eigentlich eine sicher Bank, aber heute leider ganz schlecht. Spitze Säure. Rotfruchtig. Unausgewogen. Wahrscheinlich ein Ausbrecher.


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Poujeaux 1999
Unausgewogen, metallisch. Irgendwie über dem Berg. Sehr schade und keine Wertung. Schmeckte 1 h später in der Rückverkostung dann aber wieder etwas besser


Die Ehre des Jahrgangs sollte dann später aber noch ein Wein retten, nämlich

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2000

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dass die großen 2000er in einer Übergangsphase sind, bewies für mich später auch noch

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Das war eine wundervolle Probe. Am Schluss gab es dann noch einen Grund mehr Demut ins Glas. Beerenauslese spendierte blind Rollan de By 2003. Was soll ich sagen? Der Wein hat alle positiven Vorurteile bestätigt. :lol:

Beste Grüße und nochmals vielen Dank.

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Bibbel

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Re: Sociando Mallet 1995-2000

BeitragSo 24. Mär 2013, 17:15

Schöne Notizen, Wolf.

Immer wieder interessant, dass solche Proben Überraschungen bereit halten. Hier der gute Zustand der 97er.
Eigentlich wollte ich mit dem Flight beginnen. So nach dem Motto: dann haben wir es hinter uns. ;)

Dass der 96er Flight einhellig der beste war, lag vielleicht auch an der kongenialen Essensbegleitung. Die Pâté passte
wir die Faust aufs Auge, besonders zum S.M. Überhaupt hat sich meine Grundeinstellung zu Bdx. hier bestätigt: Da muss ein Essen dazu kommen, damit der Wein sich richtig zeigen kann.

Danke an Martin für den -mal wieder- passenden Rahmen.
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BerlinKitchen

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Re: Sociando Mallet 1995-2000

BeitragSo 24. Mär 2013, 19:12

Hier das Rezept für die Pâté Grand-Mère von Gilles Verot. Zur Info, sie funktioniert auch ohne Schweinenetz.

http://berlinkitchen.posterous.com/pate-grand-mere
"Ein Leben ohne Riesling ist zwar möglich, aber sinnlos!"
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UlliB

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Re: Sociando Mallet 1995-2000

BeitragSo 24. Mär 2013, 21:18

innauen hat geschrieben:
1999 - war lange Zeit einer meiner Lieblingsjahrgänge, wenn es um leicht verständliche, reife Weine ging. Schwächelte hier. Johnson meint, alle 1999er sollten binnen eines Jahrzehntes getrunken sein. In diesem Fall hat er Recht behalten.


Wann hat Johnson das über 1999 gesagt? Relativ bald nach der Ernte? - Dann lag er ziemlich falsch. Eine kleine Horizontale einiger grand crus mit Schwerpunkt St. Julien (ich hatte im 99er-Thread darüber berichtet) zeigt, dass in den oberen Qualitätsrängen die Weine in ganz hervorragendem Zustand sind und auch noch eine ganze Weile durchhalten werden. Mein Tipp: ab jetzt noch 10 Jahre, manche wohl auch mehr.

Dass das nicht notwendigerweise für die unteren Ränge gilt, ist aber richtig. Der oben erwähnte Poujeaux 99 zeigte sich vor gut 2 Monaten arm an Frucht, sehr herb, ziemlich unergiebig - zwar noch nicht über den Berg, aber viel würde ich hier nicht mehr erwarten. Andererseits war Charmail 99 (ausgerechnert Charmail... :roll: ) vor zwei Wochen in einem absoluten Top-Zustand und wusste sehr zu gefallen.

Man muss bei den 99ern nicht länger zuwarten. Aber jetzt niedermachen muss man sie eben auch nicht alle.

Gruß
Ulli
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kristof

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Re: Sociando Mallet 1995-2000

BeitragMo 25. Mär 2013, 21:22

Danke für die Notizen, Wolf. Vor allem aber vielen Dank an Martín und Jürgen für den wunderbaren Abend! Es war eine (überwiegend auch hinsichtlich der Weine) sehr runde Probe, die richtig viel Spass gemacht hat.

Bei mir vorne waren der Sociando 96 und Pontet Canet 95, wobei es (bis auf die 99er) keine Enttäuschungen gab und 97 (mal wieder) sein schlechtes Image widerlegt hat.
Viele Grüße,

Christoph
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stollinger

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Sociando-Mallet Vertikale

BeitragMi 29. Dez 2021, 16:52

Ich hänge mich mal hier dran, vor ein paar Wochen habe wir auch eine Sociando-Mallet Vertikale gemacht. Die Jahrgänge wurden blind verkostet. Erfreulicherweise hat kein Wein gekorkt.

Auf Youtube gibt es ein ganz interessantes Video [Link] zum Terroir von Sociando-Mallet. Die Weingärten liegen auf der sogenannten Terrasse 4, die sich südlich in Richtung St. Estèphe, St. Julien, Paulliac und Margaux fortsetzt. Viele klassifizierte Weingüter befinden sich auf der Terrasse 4. Es handelt sich um Kiesel bis ca. 80mm Größe auf einem Lehm, Lehm-Kalkstein Unterboden. Die Beschreibung von mir ist wahrscheinlich etwas schwer greifbar, wen es interessiert, dem empfehle ich dieses Video zur Entstehung der einzelnen Bordeaux-Terrassen am Beispiel von St. Estèphe: [Link]. Sociando-Mallet liegt direkt nördlich anschließend an Montrose - Meyney - und einem Teil von Calon Segur am Garonne-Ufer.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 1989:

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Ganz klassisch, am 2. Tag ist die Frucht in der Nase verschwunden, etwas Gewürznelke erscheint. Nicht so vielseitig und auch von der Struktur nicht so komplex.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 1994:

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Der Wein wirkt Merlotbetonter (auch als die folgenden Weine), leider konnte ich die Assemblage der meisten Weine nicht in Erfahrung bringen; ich habe das Weingut angemailt, aber (noch) keine Antwort bekommen. Noch ganz gute Intensität im Mund, die Struktur nicht so überzeugend, insgesamt etwas unrund.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 1998:

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Dieser wirkt wieder recht Cabernetbetont. Die Säure und die Röstaromen sind überbetont, etwas unbalanciert, aber auch anregend-ungestüm.

Ich finde, das Vergnügen beim Trinken dieser Weine ist schwer in Kategorien wiederzugeben. Die haben alle drei ihre Schwächen und Makel, 89 ist besser balanciert als die anderen beiden. Alle haben einen leichten Muff, den ich mit fauligen Trauben oder nicht optimaler Kellerhygiene in Verbindung bringe. Aber vielleicht macht auch gerade diese Imperfektion ein stückweit den Reiz dieser Weine aus.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2000:

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Die Nase schon nicht wirklich klar. Im Mund nimmt dann die Brett-Verunreinigung die Länge und die Tiefe, die Aromen entfalten sich nicht. Eine Konterflasche war leider noch stärker betroffen, die war nur noch kurz und flach und die animalischen Noten überdeckten alles.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2009:

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Kam in der Runde recht gut an, nicht ganz mein Jahrgang. Eher harmonisch-balanciert, wenig Spannung. Ich denke, der braucht noch Zeit.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2010:

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Das war recht eindeutig der Sieger des Abends. Viel Substanz, balanciert und kraftvoll.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2012:

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Gute Balance, nicht besonders komplex, vielleicht aktuell etwas verschlossen. Hat eine gute Struktur und kann sich wahrscheinlich noch entwickeln. Sanfter und weicher vom Typ, nicht so maskulin wie 2009 und 2010. Eher süßlich-würzig als kühl.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2014:

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Zusammen mit dem 2009er kam der Wein nach dem 2010er am besten in der Runde an. Ich denke, eine Frage der inddividuellen Präferenzen. 2009 ist kräftiger extrahiert, wärmer und intensiver. 2014 klarer, subtiler und kühler. Ich mochte ihn sehr, hat eine fast strahlende Frucht, ganz klar.

Château Sociando-Mallet - Haut Médoc - 2018:

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Puh, das hat nun nur noch ganz wenig mit Bordeaux gemeinsam und übt keinen Reiz auf mich aus. Vielleicht am ehesten eine misslungene Mischung aus Californien und Priorat. Grell, opulent und überladen. Die Frucht ist eigenartig widersprüchlich, zum einen sehr reif, aber auch dropsig-frisch. Als wären völlig unterschiedliche Weine assembliert geworden. Mittrinker konnten sich im Gegensatz zu mir schon begeistern, andere meinten, der wäre nur jetzt zu jung oder in einer unglücklichen Phase. Ist mein subjektiver Eindruck, vielleicht wird sich irgendwann herausstellen, ob das Eine oder das Andere zutrifft.

Die Weine 89, 94 und 98 wirken önologisch unbedarft, auch wenn das nach einer so langen Reife schwer zu sagen ist, vielleicht handwerklich mit weniger Liebe zum Detail gearbeitet. 09, 10 und mit Abstrichen 12 sind kräftiger extrahiert, generöser, reif. 18 wirkt geschliffen, sehr technisch, wenig Herkunft. Vielleicht spiegelt das einfach die Mode in Bordeaux wieder.

Allen gemein ist m.M. nach die doch etwas bürgerlich-rustikale Gerbstoffqualität, selbst in sehr reifen Jahrgängen ist das nicht die feine Klinge. Ein bisschen was animalisches hat man auch eigentlich immer, strahlend-klar ist nur der 14er.

Grüße, Josef

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