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Im siebten Burgunder-Himmel...

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oli_oli_oliver

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Im siebten Burgunder-Himmel...

BeitragSo 21. Aug 2011, 20:34

Spontan schaute Samstag ein guter Weinfreund vorbei. Eigentlich sollte, wie seit einigen Wochen angedacht, ein 79er Rocche del Castiglione Falletto von Bruno Giacosa näher inspiziert werden. Kurzfristig planten wir dann aber doch um und zauberten zwei feine, alte Burgunder aus den Kellern. Das erwies sich als außergewöhnlich glückliche Entscheidung und so wird dieser Weinabend als eines meiner absoluten Highlights in die Jahreschronik 2011 eingehen. Denn zum einen ist es einfach spannend und lehrreich, große Weine über einen ganzen Abend in ihrer Entwicklung verfolgen zu können. Und zum anderen hatten wir großes Flaschenglück und somit zwei absolute Top-Performer in den Gläsern....

Zur Vorspeise gab es aber erstmal was Weißes....

Henri Boillot - Puligny Montrachet "Clos de la Mouchere" Premier Cru 2009
Direkt nach dem Öffnen etwas verhalten aber schon attraktiv. Nach einigen Minuten dann expressiver und mit eine ungeheuren Mineralik und ordentlich Grip am Gaumen ein saumäßig leckerer Wein und perfekter Begleiter zu gegrillten Jakobsmuscheln, Garnelen und Pulpo. In dieser Phase nicht übermäßig fruchtbetont, aber das braucht er auch gar nicht. Wenn meine Premox-Paranoia weniger ausgeprägt wäre, würde ich mich schnurstracks auf die Suche machen... (92)

Bouchard Pere & Fils - Bonnes Mares Grand Cru 1964
Mittleres, sehr gesund aussehendes Rot. Wunderbare Nase: rote Beeren, Kräuter, ätherisch-duftig. Dazu ein wenig Medizinkasten, was ausgewiesenen Fans von Haut Brion und Co ja nur recht sein kann. Während die Nase sich direkt nach dem Öffnen auf höchstem Niveau noch etwas verhalten gibt, ziert sich der Gaumen weniger und macht von Anfang klar, dass wir hier Weltklasse im Glas haben: Kraft wie ein Preisboxer, Eleganz wie eine Primaballerina. Sensationelle Länge, feine, tragende Säure. Wahnsinnig viel Frucht für einen über 45 Jahre alten Wein. Mit der Zeit dreht die Nase auf und so ungefähr eine Stunde nach dem Öffnen hat der Wein seine volle Strahlkraft erreicht. Da ist alles an seinem Platz, da greift ein Rädchen ins andere. Die Nase springt förmlich aus dem Glas mit phänomenaler Kraft, Komplexität und Frucht. Über allem liegt eine fast sphärische Frische. Am Gaumen hat der Wein ein wenig den Boxer abgelegt und an Harmonie zugelegt. Halleluja - ein Weintraum! (98)
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Vosne Romanée 1955 - Vandermeulen Abfüllung

Der Vosne Romanée hatte an diesem Abend ein Problem: den Bonnes Mares. Denn während der Bouchard perfekt und auf den Punkte gereift und damit dem Vosne Romanée an Eleganz und Schliff überlegen war, deuteten die enorme Kraft, die etwas störrische und rustikale Art am Gaumen und der etwas plakativere Auftritt des Vosne Romanée sowohl in der Nase als auch am Gaumen an, dass diese Flasche einfach (noch?) ihre innere Ruhe und Harmonie nicht ganz gefunden hat. Während der Bouchard schon verdammt nah am Nirvana dran war, gab der VR noch den ruppigen Jungspund. Da kam die Säure hier und da noch etwas durch und auch die Tannine waren ohne beleitendes Essen ein wenig anstrengend. Der ganze Auftritt hatte, obwohl sich die Weine aromatisch erstaunlich ähnlich waren, nicht die ganz große Komplexität, Eleganz und Ausgeglichenheit, die den Bouchard an diesem Abend so phänomenal abschneiden lies. Trotzdem - ein hochverdienter zweiter Platz und damit der perfekte zweite Teil zu einem wunderbaren Weinabend. (95)
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Der Absacker war dann leider enttäuschend:

Chateau Mouton-Rothschild - Grand Vin 1983

Aus der Halben: sch........!! Verbrannter Gummireifen, nasser Karton. Da stimmt was nicht. Trotzdem ohne Schmerzen trinkbar. Nach einer halben Stunde entwickeln sich unter dem Schlamassel feine Kräuter- und Fruchtnoten, aber das ganze Ding ist so gebremst, dass man von Genuss in diesem Fall leider wirklich nicht reden kann. Sehr schade... (-)

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