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Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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Bernd Schulz

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragMo 1. Feb 2021, 21:43

Georg R. hat geschrieben:Julia Bertram Dernauer/Ahrweiler Spätburgunder


Moselaner hat geschrieben:Betram-Baltes: Dernauer Spätburgunder 2018, kostet 17 Euro.


Bislang habe ich noch nicht viel von Julia Bertram getrunken, aber das, was ich getrunken habe, rechtfertigt eure Empfehlungen auf jeden Fall!

Georg R. hat geschrieben:Hat Fiebrich auch was in dem Bereich?... falls ja würde ich ihn blind empfehlen.


Fiebrich, den ich beinahe auch schon empfohlen hätte, bietet in diesem Bereich den Ahrweiler Spätburgunder an; der Eichert liegt schon bei etwas über 20 Euro. Den 2017er Ahrweiler gibt es aktuell bei dem Bonner Händler "Le Charreau" für 15,29; ganz interessant zu lesen ist (trotz der holprigen Sprache) auch das, was "Le Charreau" über Fiebrich schreibt: https://www.le-charreau.de/Weitere-Regi ... 5_146.html

Herzliche Grüße

Bernd
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baboon

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragMi 3. Feb 2021, 14:01

Georg R. hat geschrieben:
Julia Bertram Dernauer/Ahrweiler Spätburgunder


Moselaner hat geschrieben:
Betram-Baltes: Dernauer Spätburgunder 2018, kostet 17 Euro.


Bislang habe ich noch nicht viel von Julia Bertram getrunken, aber das, was ich getrunken habe, rechtfertigt eure Empfehlungen auf jeden Fall!


Wäre mir jetzt auch als erstes in den Sinn gekommen, wenn ein Vertreter von der Ahr dabei sein soll. Die sind schon in der Basis sehr gut!

Als Pfälzer Vertreter würde ich ggf. noch Knipser in den Ring werfen wollen, wobei das preislich z.T. auch eine Schippe drauf packt.

Walter aus Franken wurde auch schon genannt, was Preis-Leistung angeht wirds denke ich nicht viel besser werden!

Gruß
Fabian
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tomwine

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragFr 5. Feb 2021, 13:59

Ich hätte auch noch zwei Tipps:
- Schlossgut Ebringen Pinot Noir S 2017 (14,90€)
- Wagner-Stempel, Siefersheimer Spätburgunder 2018 (18€)
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Lorne Malvo

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragFr 5. Feb 2021, 18:15

Habe die VKN mit Interesse gelesen. Solche Vergleiche sind ja immer ganz spannend. Wird nur immer blöd, wenn man es zu ernst nimmt. Solange das ungezwungen mit Spaß abläuft...
Denn ich halte es für sehr unwahrscheinlich, eine Aufstellung zu finden, die das Thema nachvollziehbar abbildet. Welche Maßstäbe setzt man für solche Vergleiche an? Geht man nach Klassifikation? Geht man nach Preisgestaltung? Sucht man ähnliches Terroir? Vergleicht man Regionen(Kaiserstuhl-Burgund) oder Länder? Geht man auf gleiche Jahrgänge?
Irgendwie hinkt das aus meiner Sicht sowieso an einer Stelle und ist weder allgemeingültig noch irgendwie richtig nachvollziehbar.
In vielen Bereichen sind bsp. die Burgunder ja auch etwas (sehr) überpreist.
Dennoch sehe ich bei den langjährig erfolgreichen Burgunderwinzern nicht ständig Ausfälle und häufig finde ich dort auch bei den kleineren Weinen eine gewisse Aura, große Balance und gekonntes Winzerhandwerk, ob sie nun zu teuer sind oder nicht. Mein Ansatz wäre gleiche Jahrgänge, gleiche Qualitätsstufe, Preise eher etwas außen vorlassen, denn der Winzer kann selten was für den Sekundärmarkt.
Zum Thema: Joblot und Lecheneaut finde ich normal eine sehr zuverlässige und noch halbwegs bepreiste Adresse, Bart auch, obwohl ich das selbst weniger einschätzen kann.
Dagegen wirkt die Auswahl aus D auch etwas willkürlich.
„Weine nicht, weil es vorbei ist, sondern lächle, weil es schön war.“
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Lorne Malvo

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragFr 5. Feb 2021, 21:57

Ist ja auch schon so viel genannt worden.
Ich finde Holger Koch Reserve oder etwas darunter Huber „alte Reben“ gut.
Mittlerweile interessant für Spätburgunder finde ich auch mal von der Mosel bsp. Grünhaus
oder mittlerweile auch Christmann.
„Weine nicht, weil es vorbei ist, sondern lächle, weil es schön war.“
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stollinger

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragSo 7. Feb 2021, 15:31

Hi Lars,
Lorne Malvo hat geschrieben:Habe die VKN mit Interesse gelesen. Solche Vergleiche sind ja immer ganz spannend. Wird nur immer blöd, wenn man es zu ernst nimmt. Solange das ungezwungen mit Spaß abläuft...
Denn ich halte es für sehr unwahrscheinlich, eine Aufstellung zu finden, die das Thema nachvollziehbar abbildet. Welche Maßstäbe setzt man für solche Vergleiche an? Geht man nach Klassifikation? Geht man nach Preisgestaltung? Sucht man ähnliches Terroir? Vergleicht man Regionen(Kaiserstuhl-Burgund) oder Länder? Geht man auf gleiche Jahrgänge?

Irgendwie hinkt das aus meiner Sicht sowieso an einer Stelle und ist weder allgemeingültig noch irgendwie richtig nachvollziehbar.

Ja, gebe ich dir vollkommen Recht. Ich habe mich im Nachhinein auch über mich selber etwas gewundert, warum ich in meinem Bericht den Begriff Sieger geschrieben habe. Gerade weil die Maßstäbe nie gleich sind, ist ja das spannende an einer solchen Verkostung, die differenzierte Wahrnehmung - was gefällt, was nicht und warum. Beim Vergleich besser-weniger gut gehen einfach viele interessante Aspekte unter.

Lorne Malvo hat geschrieben:In vielen Bereichen sind bsp. die Burgunder ja auch etwas (sehr) überpreist.
Dennoch sehe ich bei den langjährig erfolgreichen Burgunderwinzern nicht ständig Ausfälle und häufig finde ich dort auch bei den kleineren Weinen eine gewisse Aura, große Balance und gekonntes Winzerhandwerk, ob sie nun zu teuer sind oder nicht.

Auch das sehe ich so, mit einiger Wehmut die Preise. Die Burgunder waren beim Erwerb ja noch vernünftig bepreist, der Preis der aktuellen Jahrgänge lässt den Nachkauf nicht zu. Zum Glück sind 2018 und 2019 keine Jahrgänge im Burgund, die mich anhand des Witterungsverlaufs besonders reizen.
Ich finde, auch bei Chardonnay ist es ähnlich, es gibt schöne Beispiele aus Deutschland, aber auch immer wieder krasse Ausfälle.
Lorne Malvo hat geschrieben:Dagegen wirkt die Auswahl aus D auch etwas willkürlich.

Ich bin sehr froh, dass ich eine Verkostungsgruppe mit sympatischen Leuten habe. Die Leute in der Gruppe beschäftigen sich durchaus recht unterschiedlich intensiv mit Wein, häufiger wird das Thema nicht zu ernst genommen. Ich sehe das durchaus positiv, wir haben keinen Überbietungswettbewerb mit Icon-Weinen. Manchmal ist die Zusammenstellung dann halt etwas willkürlich. Lieber so als anders :) .

Der Beschluss für die nächste Runde sind jetzt übrigens nur PN aus der Neuen Welt, ohne deutsche Referenzen. Gut möglich, dass im Anschluss dann eine reine Spätburgunder-Verkostung folgt, mal sehen, ob wir die Rebsorte noch sehen können. Soweit erst mal vielen Dank an alle für eure Anregungen.

Grüße, Josef
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stollinger

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragSo 7. Mär 2021, 18:27

Hallo,

gestern ging es dann weiter mit der Verkostung von Pinot Noir. Es standen jeweils vier Weine aus Neuseeland und vier Weine aus Oregon zur Verkostung an. Die Weine wurden blind verkostet ohne besondere Ordnung (nachher hat sich herausgestellt, dass es in jedem Flight einer aus Neuseeland und einer aus Oregon war), mittags wurden kleine Flaschen abgefüllt, so dass die Weine abends bei der Verkostung auch schon einiges an Luft bekommen hatten. Die Weine sind und wirkten alle noch sehr jung. Das Niveau war durchaus sehr gut, es gab keinen Wein, der qualitativ merklich abgefallen ist.

Das stilistische Spektrum der Weine war durchaus recht divers und hat damit auch in unserer Runde zu recht kontroversen Meinungen, Einschätzungen und Vorlieben geführt. Im Gegensatz zu der vorangegangenen Verkostung von deuschen und französischen Pinot Noir ist es uns nicht gelungen, die Weine ihrer Herkunft zuzuordnen.

Oregon:

Die geologischen und pedologischen Informationen zu der Weinbauregion habe ich im Wesentlichen dieser Seite entnommen: [Link]. Vor 15 Mio Jahren ist die Pazifische Platte mit der Nordamerikanischen kollidiert. Dabei hat sich das Willamette-Valley als geflutetes Gebiet zwischen den entstandenen Gebirgsketten (Pacific Coast Ranges im Westen und die Cascade Ranges im Osten) geformt. Vulkanische Aktivität in den Cascade-Ranges hat für Lavaflüsse aus Basalt gesorgt. In dem letzten 50 tsd Jahren sind Sedimente an die Hügleketten angeweht worden und haben Löss gebildet. In der Zeit vor 15 - 10 tsd Jahren wurde die Gegend dann immer wieder von flutartig abfließenden Stauseen des Schmelzwassers des Laurentidischen Eisschilds geflutet (Missoula-Fluten). Dabei wurde eine Menge Sediment in das Willamette Valley eingetragen, das heute zu einer sehr hohen Fruchtbarkeit führt.

Der Weinbau wird nur auf den Hügelketten betrieben, da die Talsenken im Winter und Frühjahr von empfindlichen Frösten betroffen sein können und die Fertilität des Bodens zu hoch ist für qualitativ anspruchsvolle Weine. Die Böden auf den Hügelketten werden dabei in drei Typen unterteilt, Böden auf den marinen Sedimenten (Willakenzie, Bellpine, Chuhulpim, Hazelair, Melbourne, Dupee), Böden auf Basalt ( Jory soil, Nekia, Saum) und Lössböden (Laurelwood). Der Pazifik sorgt für moderat warme Temperaturen im Sommer und für milde Winter. Willamette Valley liegt ~ auf dem 45. Breitengrad, also auf der Höhe von z.B. von Mailand und Bordeaux, südlicher als das Burgund (47. Breitengrad); Oregon hat also im Vergleich eine intensivere Sonneneinstrahlung bei moderateren Temperaturen. Ich meine, es werden eigentlich nur Pinot Noir Klone mit Ursprung im Burgund verwendet, es ist aber nicht in allen Fällen explizit beschrieben.

Wir hatten vier Weine aus verschiedenen AVA (American Viticultural Area), wobei drei dieser Herkunftsbezeichnungen Böden auf Basalt besitzen (McMinnville, Eola-Amity-Hills, Dundee-Hills) und eine marine Sedimente (Ribbon Ridge).

Kelley Fox Wines - Momtazi Vineyard Pinot Noir - McMinnville - 2015:

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Die Farbe recht kräftig für einen Pinot Noir, die Frucht ist mir etwas zu üppig-reif, die Kirsche hat schon eine gewisse Tendenz Richtung Eisbecher. Aktuell recht schwer zu verkosten, weil doch scheinbar recht verschlossen.

Arterberry Maresh - Pinot Noir Old Vines - Dundee Hills - 2016:

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Die Säure ist recht prägend, dazu eine charmante, schöne Frucht, gewisse Komplexität und Feinheit. Stilistisch gefällt mir das recht gut, sehr klassisch; vielleicht ist er aktuell auch etwas verschlossen. Ich bin unentschlossen, wie ich den Wein, besonders im Bezug auf seinen Preis, einordnen soll.

St. Innocent Winery - Pinot Noir Temperance Hill Vineyard - Eola-Amity Hills - 2015:

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Mein Favorit in der Probe. Ich finde den Wein recht burgundisch-klassisch mit etwas modernem Einschlag. In der Gruppe wurde das sehr kontrovers diskutiert. Die Karamell-Note war einigen zu modern und aufdringlich. Am 2. Tag hat sich das aber gut eingebunden, der Wein erscheint insgesamt klassischer, nun die Gerbstoffe sehr präsent. Die Trauben vollständig entrappt. Der Wein wirkt noch sehr jung, aber mit schönen Gerbstoffen und viel Frucht (charmant, ohne aufdringlich zu sein). Ich denke, der kann sich sehr schön entwickeln.

Patricia Green Cellars - Estate Vineyard Old Vine - Pinot Noir Ribbon Ridge - 2016:

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Der Wein von dem Weingarten auf marinen Sedimenten. Der war schon voller und konzentrierter als die anderen, hatte auch am meisten Alkohol. Ob das am Boden liegt? Keine Ahnung. Pinot Noir Klone aus dem Burgund. Das hat schon Qualität, ist mir aber zu laut und intensiv, schon leicht aufdringlich. Die Aromen in ihrer Zusammenstellung sprechen mich nicht so an. Für den Wein wurden unterschiedliche Chargen mit mehr oder weniger Rappen vergoren: Multiple fermentations ranging from completely de-stemmed to 66% whole cluster. Und das ist etwas, was ich meine, mich zusätzlich dran zu stören: Der Wein wirkt stilistisch widersprüchlich, in seinen Bestandteilen inkonsistent. Wenn ich Trauben aus einem Weingarten mit unterschiedlichen Anteilen an Rappen vergäre, bekomme ich für mein Verständnis unterschiedliche Weine, welche in der Assemblierung ein wenig natürliches Produkt liefern.

Stilistisch unterscheiden sich die Weine, vom Grundcharakter bzw. dem Traubenmaterial ist das aber schon recht ähnlich.

Neuseeland:

Im Gegensatz zu den verkosteten Weinen aus Oregon verteilen sich die Pinot Noir aus Neuseeland über eine große geographische Breite. Black Canvas und Ata Rangi (~41. Breitengrad; etwa Neapel oder Madrid), Burn Cottage (45. Breitengrad) und Black Estate (43. Breitengrad; etwas Marseille).

Ata Rangi - Pinot Noir - Martinborough - 2017:

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Die Aromen im Mund sind harmonisch und gefallen mir gut. Die Frucht etwas dunkler, voller und kräftiger. Insgesamt recht ausdrucksstark, was ich in Summe durchaus der intensiveren Sonneneinstrahlung durch den äquatornäheren Breitengrad (im Vergleich zu Oregon) zuschreiben würde. Der Wein wirkt auch noch sehr jung und sollte noch reifen, im Kontext der Probe und allgemein empfinde ich ihn als recht teuer. Die Weingärten sind mit dem Abel-Klon bestückt, der seinen Ursprung wohl im Burgund [Link] hat.

Blank Canvas Wines - Upton Downs Pinot Noir - Malborough - 2016:

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Der Wein tanzte durch seine Machart etwas aus der Reihe. Das wirkt auf mich recht früh gelesen aus einer nicht-cool-climate Region, rotfruchtig-frisch. Etwas kam bei mir die Assoziation an Gauby auf. Die Säure zart, aber Frische durch die 40% unentrappten Trauben. Recht trüb und farblich blass. Das ist ein interessanter Wein, jetzt gut trinkbar und offen, mit der Lagerfähigkeit wär ich eher vorsichtig. Das Weingut gibt es erst seit ein paar Jahren, vielleicht müssen die sich technisch mit dem Rappeneinsatz noch etwas finden.

Burn Cottage - Moonlight Race Pinot Noir - 2018:

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Verschiedenste Klone (burgundische) aus zwei Weingärten, 15% unentrappt. Den Rappen merkt man meiner Meinung nach durch fehlende Reife. Die Gerbstoffe sind nicht schön. Im Jahrgangsbericht steht was von frühester Ernte ever. Ich finde die Fruchtaromen teilweise schon recht reif, die phenolische Reife hingegen nicht ausreichend. Mit 13.6% Alkohol und Extrakt wirkt das für einen Spätburgunder auch durchaus etwas fett.

Black Estate - Damsteep Pinot Noir - North Canterbury - 2017:

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Der wirkt noch sehr jung, merkliche Frische durch den Rappen (im Tech-Sheet steht: 74% De-stemmed, not crushed, 80% Whole berries, das ergibt für mich keinen Sinn bzw. ich begreife nicht, wie viel Rappen dabei war), die Säure aber eher mild, man merkte den BSA; einige störte in der Nase ein leicht laktischer Ton. Am ersten Tag mit etwas Eleganz, am 2. Tag werden die Gerbstoffe präsenter und der Wein wirkt etwas rustikal. Mir hat der recht gut gefallen, eine gewisse Neugier auf die Entwicklung verspüre ich schon, aber 35€ sind sicher auch kein Schnäppchen.

Alle Weine, aus Oregon und aus Neuseeland, hatten eine gewisse grundlegende Ähnlichkeit. Das würde ich in erster Linie den überall verwendeten burgundischen Klonen zuschreiben. Stilistisch ergibt sich dann eine recht große Bandbreite und zeigt schon, was man mit Pinot Noir alles machen kann. Ich tendiere dazu, als zweiten, wichtigen Einflussfaktor den Breitengrad mit seinem Einfluss auf die Intensität und Dauer der Sonneneinstrahlung - und damit die aromatische Expressivität - zu bennenen. Ich finde die Weine alle aromatisch etwas ausdruckstärker (bis lauter), als Weine aus dem Burgund.

Die Weine ware und wirkten alle noch sehr jung, waren nicht einfach zu erfassen und teilweise verschlossen. Vielleicht kann man in einer solch geballte Probe nicht jedem Wein ausreichend gerecht.

Mein Favorit ist der St. Innocent, der ist m.M. nach auch am nähesten am Burgund. Man kann sich schon fragen, wie sinnvoll es ist, nach (sehr gelungenen) Zwillingen zu suchen und ob es nicht eigentlich viel spannender ist, nach Weinen aus Oregon und Neuseeland mit ihrem eigenen Terroir- und Kulturausdruck zu suchen.

Ich finde das aber sehr schwer zu benennen, natürlich ist das nach einer solchen Stichprobe auch nicht möglich. Durch die Auswahl der Klone und die verwendeten Techniken im Keller sind die Weine nun mal aber auch sehr nah am Burgund dran; mir ist nicht so klar, in welche Richtung da ein Distinktionsmerkmal geht. Ich habe mich gefragt, ob es im Falle der Weine aus Oregon diese Verbindung von klassischen Elementen im Weinberg und modernen Techniken im Keller ist. So habe ich die Weine von Patricia Green und Kelley Fox wahrgenommen, den Reiz für mich habe ich daraus noch nicht identifiziert. Den Vorschlag, mehr deutsche Klone zu verwenden, möchte ich explizit aber auch nicht machen ;) .

Grüße, Josef
Zuletzt geändert von stollinger am So 7. Mär 2021, 22:33, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragSo 7. Mär 2021, 19:13

stollinger hat geschrieben:Man kann sich schon fragen, wie sinnvoll es ist, nach (sehr gelungenen) Zwillingen zu suchen und ob es nicht eigentlich viel spannender ist, nach Weinen aus Oregon und Neuseeland mit ihrem eigenen Terroir- und Kulturausdruck zu suchen.

...das kommt zum einen natürlich auf die eigenen Vorlieben an, man muß m.E. aber auch sehen, daß das Burgund einfach DIE Benchmark für PN ist. Insofern ist dieser Vergleich aus meiner schon statthaft, in jedem Fall aber hilfreich...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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stollinger

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Re: Verkostung Spätburgunder - Pinot Noir

BeitragSo 28. Mär 2021, 18:12

Gestern dann die nächste Runde. Spätburgunder aus Deutschland, <20€. Die Weine wurden gegen 12.00 Uhr auf kleine Flaschen verteilt und dann am Abend blind verkostet. Die Weine hatte ein gutes bis sehr gutes Niveau. Wir waren uns bei dieser Verkostung innerhalb der Gruppe bei unseren Präferenzen recht einig. Zwei Weine haben eher etwas schlecht abgeschnitten (Hiller und Huber), drei Weine sehr gut (Walter, Schneider und Hermann).

Der erste Wein kommt von der Weinwerkstatt-Daniel Bach. Die Reben stehen in Riegel am Kaiserstuhl auf Lössboden. Der Ausbau erfolgt in Barriques, die Weine werden unfiltriert abgefüllt. Neben seinem eigenen Weingut hat Daniel Bach beim Weingut Bernhard Huber gearbeitet, seit letztem Jahr beim Weingut Trautwein in Bahlingen. Die Informationen stammen alle von der Homepage, da gibt es durchaus noch mehr lesenswertes.

Weinwerkstatt Daniel Bach - Spätburgunder Alte Reben - 2016:

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Gerade die Nase finde ich sehr klassisch. Das Holz sehr dezent und wertig, nichts ungestümes. Nicht super dicht, eher schlank und leicht, ich meine aber trotzdem, der Wein hat noch Potential und wird sich noch weiter entwickeln.

Der 2. Wein, Weingut Rudolf Fürst - Bürgstadter Spätburgunder - 2016 hat leider gekorkt. Weiter ging es mit

Weinbau Christian Hiller - Randersacker Sonnenstuhl - Spätburgunder trocken - 2016:

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Den Wein hatte ich vor zwei Jahren schon mal getrunken. Das rotfruchtige (damals mit etwas Wärme charakterisiert) hat sich jetzt für mich zu Trockenfrüchten und Früchtetee entwickelt, man fühlt sich wie bei einem Besuch im Teeladen. Ich fürchte, aromatisch wird es nicht besser werden. Der Wein schmeckt nicht schlecht, ist aber doch schon etwas speziell.

Weingut Bernhard Huber - Malterdinger Spätburgunder - 2016:

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Ich finde, hier fehlt die Reife bei den Gerbstoffen, die Aromen zu pflanzlich-grün. Insgesamt auch recht substanzarm, für 18€ kein guter Wert, in der Gruppe der vorletzte Platz. Beim 2017er hatte ich mir schöne, reife Gerbstoffe notiert. Wahrscheinlich wohl einfach ein Effekt des Jahrgangs.

Ebenfalls vom Kaiserstuhl stammt der nächste Wein vom Weingut Hermann aus Altvogtsburg. 3.6 ha Reben, burgundische Pinot Noir Klone.

Weingut Hermann - Oratio - Pinot Noir*** - 2016:

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Am ersten Tag hatte der Wein durchaus Volumen und ich hätte mir etwas mehr Struktur dafür gewünscht. Am 2. Tag waren die Gerbstoffe präsenter, die Substanz besser eingebunden, aber der Wein insg. eher verschlossen. Etwas Lagerung kann sich hier bestimmt weiter positiv auswirken. Das Holz war recht präsent, aber mit doch guter Qualität. Für mich wirkte der Wein schon deutsch mit leicht modernem Einschlag. Auch eine Ähnlichkeit zum vorher getrunkenen Huber ist durchaus vorhanden. Der Huber mehr vegetabil, dieser mehr röstig. Wie beim Huber hätte ich mir auch bei diesem etwas mehr Reife der Gerbstoffe gewünscht. Beim dritten Wein aus 2016 vom Kaiserstuhl, dem von Daniel Bach, hat die Reife der Gerbstoffe hingegen nicht gefehlt.

Als nächstes dann mein Favorit, der auch insgesamt in der Gruppe am besten bewertet wurde.

Weingut Josef Walter - Pinot Noir - Bürgstadter Centgrafenberg - 2012:

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Die Frucht intensiv, ohne dabei künstlich oder aufdringlich zu wirken, in der Nase komplex. Von der Struktur und der Substanz auch noch deutlich Reserven, einzig die Aromen gehen schon etwas ins tertiäre. Ich habe noch eine Flasche, mit meinen Geschmacksvorlieben werde ich sie wohl in den nächsten zwei Jahren trinken wollen.

Später Veit - Pinot Noir Reserve - 2012:

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Mein Korken war nicht durchweicht, aber von außen recht viel Wein dran. Ich würde tippen, dass der Füllstand beim Verkorken etwas hoch war und Wein am Korken hochgedrückt hat. Die Nase spannend und komplex, im Mund dann etwas mager. Trotzdem finde ich das Gesamtbild stimmig, der Wein lässt sich mit Vergnügen trinken und ist auch anregend, es macht Spaß, sich mit ihm zu beschäftigen. In einem solchen Verkostungsmodus hat es der Wein aber schwer. In der Gruppe recht kontrovers bewertet, im Mittelfeld gelandet. Wäre vielleicht ein Kandidat für eine gemeinsame Forumsverkostung.

Weingut Claus Schneider - Weiler Schlipf - Spätburgunder CS - 2016:

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Für meinen Geschmack die attraktivsten Gerbstoffe von allen Weinen, insg. eher rotfruchtig. Kam auch in der Gruppe sehr gut an, die Nase wurde teilweise etwas kontrovers diskutiert, weil so zurückhaltend und die grasige Note wurde teilweise als unangenehm empfunden. Am 2. Tag sind die Gerbstoffe noch präsenter, der Wein macht komplett zu. Ob die Nase nun der zurückhaltenden Art der Schneiderweine geschuldet ist oder ob die sich schon am ersten Tag verschlossen hat? Beides halte ich für möglich.

Auch bei dieser Verkostung zeigte sich wieder die stilistische Bandbreite, die mit Spätburgunder möglich ist. Wie auch bei der letzten Verkostung, mit Weinen aus der Neuen Welt, haben Weine mit einem höheren Alkoholgehalt tendenziell besser abgeschnitten. Ich denke, das ist einfach ein Effekt des Verkostungsmodus. Man muss sich ja schon recht stark konzentrieren über einen längeren Zeitraum. Weine, die zugänglich, offen und leichter zu erfassen sind, empfindet man dann als etwas entspannend.

Die Weine aus der Neuen Welt waren gerbstofflastig, extraktreich, aber auch aromatisch lauter. Die Deutschen hier durchaus etwas feiner, leichter. Ich finde auch mit einer deutschen Spätburgundertypizität, die aber gerade nicht das überholzte, lauchige und kochfleischartige zeigt, mit dem mir deutscher Spätburgunder gerne mal die Lust auf Wein verdirbt.

Grüße, Josef
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