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Chianti (in allen Variationen)

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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragFr 6. Nov 2015, 11:00

Hallo Thomas,

ich hab's irgendwo anderweitig schon mal geschrieben. Der Jahrgang 2012 soll in der Toskana recht gelungen sein. Die klimatischen Verhältnisse haben wohl die 'klassischen' Anlagen des Sangiovese befördert - und das meine ich nicht im Sinne von mediocren Ergebnissen, sondern im Eigentlichen Hervorragend.
2010 sehe ich ganz ähnlich, nur dass dieser Jahrgang wohl einige Reife bedarf um entsprechend Genuss zu versprechen - Annata dieses Jahrgangs dürften jetzt langsam mehr Spass machen.
2011 ist für meinen Geschmack, was Frucht anbelangt, recht fett und überzeichnet. Ob die im Gegenzug etwas geringere Säure und die reifen Tannine eine harmonische Reifung zulassen wird kann ich nicht einschätzen.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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darius

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragSa 7. Nov 2015, 15:05

Dieser Jahrgangseinschätzung stimne ich grundsätzlich zu, wobei mir 2012 nach den
bisherigen Erfahrungen noch deutlich mehr entgegenkommt als 2010. Die großen 2012er dürften
fast noch mehr Reifezeit als die 10er brauchen.

2011 ist im allgemeinen auch nicht so sehr mein Fall, wobei die Winzer, denen es
in diesem Jahr erfolgreich gelungen ist, eine Balance von Volumen und Struktur zu erreichen,
in meinen Augen herausragende Weine produziert haben. So etwa der 2011er Sodi di San Niccolò
von Castellare.
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMi 18. Nov 2015, 10:56

... gestern im Glas ...

Chianti DOCG 2013, Podere Elisa (FI), 95% Sangiovese, 5% Colorino und Canaiolo

dunkles Mittelrot mit rubinroten Reflexen; junge Frucht von Sauerkirsche und Holunder, im Hintergrund erdige Noten und etwas Veilchen; am Gaumen ordentliches Mittelgewicht, wiederum (etwas moderne) junge Frucht korrespondierend zur Nase, auch wieder gewisse erdige und florale Anklänge, reifes junges etwas rustukales Tannin, stimmige gut eingebaute Säure, satter Trinkfluss, etwas einfach; mittellanger Abgang auf Frucht/Tannin/Säure, animierend - 15,5-16/20 op

Einfacher sehr gut gemachter Chianti, in der Art wie man ihn in Trattorien als Hauswein bekommt. Von der Stilistik her auf einer eher modernen jungfruchtigen Seite. Den Wein könnte man wohl auch noch gut über 2-3 Jahre mit positiver Entwicklung trinken.
Ja, auch wenn etwas modern und technisch, dennoch typisch Chianti - den hätte ich gerne zu Pizza und Pasta, so wie gestern bei mir zuhause zu einem Salsiccia-Sugo, beim Italiener um die Ecke. Für ab 5.90 € im Netz ein ordentlicher Essensbegleiter. Für mich überzeugendes PGV.

Dies war nun der 'kleinste' Chianti der Podere Elisa eines Probepakets. Jetzt stehen noch ein Chianti Riserva, ein Chianti Colli Fiorentini, ein Chianti Colli Fiorentini Riserva und ein Chianti Classico zur Verkostung an. Keiner der Weine über 10 €. Wenn's so weitergeht, dann sollten alle Weine ein sicher angemessenes PGV aufweisen.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragDo 19. Nov 2015, 10:00

... gestern im Glas, gleich der nächste Chianti der Podere Elisa, in der Qualitätspyramide eine Stufe höher angesiedelt und dem wohl besseren Jahrgang ...

Chianti Colli Fiorentini DOCG 2012, Podere Elisa (FI), 90% Sangiovese, 10% Colorino und Canaiolo

dunkles glänzendes Mittelrot; Sauerkirschen, Holunderbeeren, Oliven und Eisen, anfangs leichter Goudron, dazu Veilchen und erdige Würze, mit Belüftung verschwindet der Goudronton, es bilden sich dichtere Fruchtnoten und Veilchenanklänge aus, die Oliven bleiben Präsent; am Gaumen zunächst eher leichtes Mittelgewicht mit eleganter Ausprägung, anfangs straff und eher leicht fruchtig, karg-mineralisch mit viel schwarzen Oliven und Eisen/Goudron, mit Belüftung dann immer wieder changierend , vorallem aromatische fein-erdige Kirsch-/Holunderfrucht gepaart mit Olivennoten, wiederum Veilchen, immer wieder mineralische Anklänge, etwas weisser Pfeffer und Eisen, Tannine zunächst eher sehnig, dann Richtung kühl-seidig mit anständigem Gripp, die Säure anfangs etwas dominant, dann schön eingebunden, gewisse Tiefe und Komplexität, changierend, neugierig machenend, viel Typizität, auch stets auf einer eleganten Seite und verständlich bleibend; mittellanger - langer Abgang, zunächst eher etwas karg-mineralisch, später fruchtig-aromatisch mit Biss und animierender Säure - 16-16,5 op

Sehr schön - dieser Produzent hat eine Vorstellung davon, dass ein Chianti Colli Fiorentini eine andere Charakteristik haben sollte, als ein einfacher Chianti. Ebenso ist bei aller Unterschiedlichkeit auch die Jahrgangsprägung zu erfassen. Für Weintrinker, die einen ordentlich gemachten Chianti mit einer gehörigen Portion Toskanischer Typizität schätzen ein wohl angenehmer Wein, kein Überflieger, aber ein hochanständiger Essensbegleiter.
Grüsse

Ralf

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Holzfass

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMi 16. Dez 2015, 22:23

Heute Abend im Glas, Grignano Chianti Rufina, 2011.

Relativ dunkles Rot im Glas. In der Nase unmittelbar nach dem Öffnen recht dunkel und verschlossen. Wenig Frucht, wenn dann Kirschfrucht. Und deutliche Würze, vor allem Wacholder. Am Gaumen dasselbe Spiel, mit spürbarer Säure, der recht wenig Frucht entgegensteht.

Nach etwas Belüftung und zum Essen (toskanischer Linseneintopf) dann doch etwas zugänglicher. Die (Holz-) Würze ist etwas differenzierter. Schöne Würze eigentlich, wenn man wacholderige Noten mag. Immer noch kaum Frucht. Ich klage ja gerne, wenn ein Chianti davon zu viel hat, vor allem, wenn es in Richtung Himbeere und Walderdbeere geht (Kirsche mag ich lieber), aber der hier ist schon wirklich dunkel-würzig. Zum Essen aber durchaus kompatibel. Bin gespannt, wie er morgen daherkommt. Das war jetzt eine Einzelflasche, aber in ein, zwei Jahren würde der mich evtl. interessieren.

Wobei, wo krieg ich eigentlich mal wieder einen richtig schönen, traditionellen Chianti her, mit Veilchen, Kirsche und Waldboden?
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragDo 17. Dez 2015, 09:00

Hallo Holzfass,

Grignano hatte ich in den 00er Jahren recht oft im Glas. Ich erinnere mich recht persistenter, gebietstypischer (kerniger) solider Qualitäten mit gutem PGV. Sollte sich mit weiterer Belüftung in diesem Alter schon noch mehr zur (dunklen) Frucht drehen. In den Basisqualitäten hatten sie früher kein Barrique, nur grosses Holz - Barrique ab den Riserva-Qualitäten. Das schmeckbare Holz kann durchaus auch ein Grosses sein. Ich denke, dass die Wachholdernoten nichts mit dem Ausbau zu tun haben, sondern mit dem Gebiet und dem (heissen) Jahr und aus der Frucht resultieren.

Die VKN liesst sich aber trotzdem so, das ich mir mal wieder einen Grignano im Glas wünschen würde, vllt. zu Wildschweinsugo?
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Holzfass

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragDo 17. Dez 2015, 21:36

Hallo Ralf,

Also, heute ist der Chianti etwas ausgewogener, aber viel mehr Frucht ist es nicht. Wirklich ein dunkelwürziger Wein. Aber schon gut gemacht und stimmig, so ist es nicht. Es fehlt vielleicht etwas an Finesse, aber wir reden natürlich tatsächlich vom einfachen Chianti. Soviel Würze und Körper gibt es normalerweise eher bei einer Riserva im Chianti Classico. Die Wacholdernoten kenne ich so ausgeprägt sonst auch nur von Spätburgunder, der im Barrique lag, aber bei dem Grignano würde ich dann aufgrund der Angaben auf der Website des Herstellers auch auf großes Holzfass tippen, welches wohl eher weniger Wacholderwürze abgeben würde. Kann also durchaus hinkommen, dass das nicht so viel mit dem Ausbau zu tun hat.

Viele Grüße,
Thomas
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 18. Jan 2016, 10:22

... am WE im Glas, weiterer Weine der Podere Elisa ...

Chianti Riserva DOCG 2012, Podere Elisa (FI), 90% Sangiovese, 10% Colorino und Canaiolo

dunkles Mittelrot mit rubinroten Reflexen; satte rot-schwarze würzig-erdige Frucht (Sauerkirsche, Waldbeeren, Zwetschken),dazu etwas derbe Veilchen und grosses Holz; am Gaumen recht dichtes Mittelgewicht, würzig-erdige Frucht korrespondierend zur Nase, ebenso sind florale Anklänge und lakritzige Noten gegeben, sandiges rustikales Tannin, stimmige Säure, harmonischer strukturiert als der vergleichbare Chianti, angenehmer Trinkfluss, dunkle, aber sangiovesetypische Frucht; mittellanger-langer Abgang auf Frucht und Tannin - 16-16,5/20 op

Chianti Colli Fiorentini Riserva DOCG 2012, Podere Elisa (FI), Sangiovese, kl. Anteile Colorino und Canaiolo

dunkles glänzendes transparentes Mittelrot; aromatisch-duftige unaufdringliche Sauerkirsch-Holunderfrucht, zart Oliven, dazu Veilchen und feinerdige Würze; am Gaumen harmonisch-ausgewogenes, elegantes Mittelgewicht, aromatisch angenehm präsente feine-würzige Frucht korrespondierend zur Nase, zurückhaltende gut integrierte Fassnoten, feine kühl-seidige Tannine, harmonisch eingebundene aber präsente Säure, sehr elegant strukturiert, sehr harmonisch und elegant, bereits in bester Trinkreife, sehr guter Trinkfluss; mittellanger - langer eleganter reif-fruchtig-würziger Abgang, sehr animierend - 16,5-17/20 op

Auch bei diesen beiden Weinen zeigt sich eine deutliche Unterscheidbarkeit zwischen einem Chianti (Riserva) und einem Chianti Colli Fiorentini (Riserva), wie sie bei vielen Produzenten die Chianti - und Regional-Appellations Chianti anbieten so sonst nicht gegeben ist. Beide Riserva stellen eine Weiterentwicklung der Basisqualitäten dar und dies nicht Richtung Opulenz und Kraft, sondern ganz klar bezüglich Definition in Feinheit und Struktur - sehr angenehm. Gerade die Chianti Colli Fiorentini Riserva erweist sich als perfekter elegant-harmonischer Essensbegleiter; ein fast vergessener Riserva-Stil!
Grüsse

Ralf

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Gerald

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragSo 24. Jan 2016, 12:37

Gestern/vorgestern hat sich wieder einmal ein (einfacher) CC in mein Glas verirrt.

Bild

Gefällt mir eigentlich ziemlich gut für die "Basiskategorie", natürlich kein Komplexitätswunder, aber sauber gemacht und mit gutem Trinkfluss.

Da ich nicht so oft Weine aus der Toskana trinke, eine Frage an die Experten: mir kommt vor, jeder probierte Chianti schmeckt ganz anders als die vorher probierten, ich finde einfach keine Linie, geschweige denn so etwas wie Wiedererkennbarkeit. Weder bei den einfachen CC (wie hier) noch bei den Riserve. Zufall, mangelnde sensorische Fähigkeiten meinerseits oder ist da tatsächlich etwas daran?

Grüße,
Gerald
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Mr. Nebbiolo

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragSo 24. Jan 2016, 17:03

Hallo Gerald,


ich denke, bei den möglichen Kombinationen an erlaubten Rebsorten, Reifezeiten, Bodenarten und Ausbaumöglichkeiten (Fassart, Röstung, etc), sowie den unterschiedlichen Ansichten der Winzer, Konsumenten und Kritiker, wie denn ein Chianti schmecken sollte, liegt es wohl nicht an deinen sensorischen Fähigkeiten ;)

Meiner Ansicht nach, gibt es keine klare Linie bei Chianti und für mich damit auch keine Wiedererkennbarkeit. 80 % Sangiovese und 20 % Merlot und Syrah ergeben eben doch einen anderen Geschmack als 90 % Sangiovese und 10 % Canaiolo :?
Grüße

Klaus
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