Créot hat geschrieben:UlliB hat geschrieben:Bei Nebbiolo habe ich mich in letzter Zeit ein wenig auf die weitgehend unbekannten DOCs im Nordpiemont verlagert. Da geht das preislich noch, auch wenn dort die Preise jetzt auch anziehen. Der Charakter der Weine ist aber natürlich schon anders als in den Langhe.
Ich finde das in der Tat auch eine recht spannende Region, in die ich mich aber noch ganz schön reinsaufen muss. Ich hatte ein paar jüngere und kleinere Sachen, die mir gut gefallen haben, aber noch wenig älteres Zeug. Ich bin noch extrem unsicher wegen des Reifeverhaltens (macht es Sinn, jetzt 2015er oder 16er aufzureißen???), wie die Jahrgänge ausfallen (ist das ähnlich wie in der Langhe oder - erwartungsgemäß - ganz anders und wenn anders, dann wie???) oder was die Unterschiede der unterschiedlichen Appellationen sind. Bis jetzt fand ich die Sachen aber nicht als Ersatz für Barolo oder Barbaresco.
Ulli, du hast ja schon ein paar Sachen probiert: hast du besondere Empfehlungen?
Sorry, ich habe die Frage im letzten Absatz erst jetzt gesehen. Bevor ich ganz kurz darauf eingehe, noch ein paar Anmerkungen zu den anderen Punkten, auch wenn Ralf (@olifant) dazu schon etwas geschrieben hat.
- Was die Frage nach "
Ersatz" betrifft: wenn man unter diesem Begriff
Austauschbarkeit versteht, nämlich etwas Gleichartiges und Gleichwertiges, funktioniert das nicht. Aber das funktioniert ja bei keiner wirklich guten Herkunft: eine Cabernet/Merlot-Cuvée von sonstwo "ersetzt" keinen hochwertigen Bordeaux (so gut sie im Einzelfall auch sein mag), und ein erstklassiger roter Burgunder von der Côte de Nuits lässt sich nicht durch einen Pinot noir aus anderen Gebieten 1:1 ersetzen, auch wenn das manche Händler behaupten. Ich würde eher sagen, dass aus dem nördlichen Piemont interessante Nebbiolo-
Alternativen kommen, die den Grundcharakter der Rebsorte ebenso klar zeigen.
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Jahrgänge: das sehe ich so wie Ralf. Die Gebiete befinden sich zu den Langhe geografisch gesehen immer noch nahe genug, um keine fundamentalen Abweichungen im Klimaverlauf zu haben.
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Unterschiede der Appellationen: dazu habe ich vor einem Jahr in einem anderen Thread folgendes geschrieben:
Wie weiter oben [...] erwähnt, beträgt die bestockte Rebfläche im nördlichen Piemont insgesamt nur gut 500 Hektar. Diese verteilen sich auf drei DOCGs und zehn DOCs. Da bleibt dann pro Herkunft nicht mehr sehr viel Fläche übrig.
Von diesen dreizehn Herkünften liegen gleich neun im Umkreis weniger Kilometer nordwestlich der Stadt Novara [...] In allen diesen Herkünften wird Rotwein produziert, Nebbiolo ist die Leitsorte, die gibt's entweder sortenrein oder verschnitten mit anderen autochthonen Sorten. Die Geologie ist hier auch nicht sehr heterogen, der Boden besteht aus Material, das aus den Alpen abgetragen wurde, Schotter und andere Sedimente. Ob da zwischen den einzelnen DOC(G)s große Unterschiede bestehen, würde ich eher bezweifeln. Außerdem dürfte es schwierig sein, einen spezifischen Herkunftscharakter auszumachen, wenn es in manchen DOCs nur zwei oder drei Erzeuger gibt. Die Vielfalt der Herkünfte scheint mir mehr Lokalpatriotismus und Eigensinn geschuldet zu sein als Sachgründen, und vermutlich würde man marketingtechnisch besser fahren, wenn sich zumindest die kleinen und unbekannteren Herkünfte zu einer Dach-DOC(G) "Alto Piemonte" zusammenschließen würden.
Zwei Empfehlungen zu Erzeugern:
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Noah (Bramaterra / Lessona) - von allen Weinen, die ich aus dem Gebiet hatte, die elegantesten und tiefgründigsten. Allerdings hatte ich gerade vor ein paar Tagen einen Bramaterra 2015 im Glas, der sowas von vernagelt war und sich nicht zum Leben erwecken ließ, womit dann auch die Frage geklärt wäre, ob es auch hier Verschlussphasen gibt.
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Brigatti: der Möt Ziflon (Colline Novaresi) ist unter dem Preis-Leistungs-Gesichtspunkt ein beständiger Knaller, allerdings kein reinsortiger Nebbiolo. Der 18er gefiel mir kürzlich noch besser als der im Parallelthread beschriebene 17er. Und von Brigatti gibt es auch einen reinsortigen Nebbiolo, einen
Ghemme, der gerade mal etwas über 20 Euro kostet und es qualitativ mit so manchem Barbaresco aufnehmen kann.
Gruß
Ulli