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Barolo - Wein der Könige, König der Weine

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jessesmaria

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragMo 20. Sep 2021, 20:48

Gerne!
Noch ein bedeutsames Detail: Als der Sommelier von Le Torri in Castiglione Falletto (sehr empfehlenswertes Restaurant) uns den gigantischen Weinkeller zeigte, sprach er von sich aus in der Mehrzahl von Baroli. Auf meine Nachfrage, ob man entsprechend auch Barbareschi sage, gestand er jedoch, das sei weniger üblich. Ich glaube, die Italiener sind da wie bei manch anderen Dingen nicht so kategorisch wie wir.
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mixalhs

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Barolo

BeitragSo 3. Okt 2021, 10:06

Baroloprobe am 1./2. Oktober bei Harti in Göttingen:

1. Tag: Barolo 2016 (mit einem Flight Barbaresco der Produttori)
Für mich war das alles sehr schwierig, was mehrere Gründe hatte. Erstes waren die Weine extrem tanninbeladen, und ich als Riesling- und Pinot-Noir-Trinker tue mich schwer, wenn ich zwanzig Weine mit so fordernden Tanninen verkoste. Und zweitens hatte mein Wecker morgens um 4:50 geklingelt, und ich war schon zu Beginn der Probe müde und etwas erschöpft. Dass sich das Ganze bis deutlich nach Mitternacht hinzog (was eigentlich gut ist, weil wir den Weinen die Zeit geben konnten, die sie brauchten), hat meine Sensibilität nicht gerade befördert. Wir begannen mit den PdB-Reserven, bei denen der Asili für mich der Beste war, aber mit 92/93 deutlich unter den von Galloni und anderen gesteckten Erwartungen blieb. Beim Nachverkosten nach dem Ende der Probe habe ich auf 94 erhöht. Insgesamt bewegten sich meine Bewertungen im Intervall 90 bis 94, auch bei den 100-Punkte-Weinen, wobei ich der Verkoster mit den niedrigsten Wertungen von allen Beteiligten war. Eine Ausnahme gab es, den billigsten Wein des Feldes, Monvigliero von Bel Colle, den ich mit 96 bepunktete, weil er mir mit vergleichsweise sanften Tanninen besonders gut gefiel. In der Nachverkostungsrunde wirkte er auf mich aber vergleichsweise unterkomplex, so dass ich die 96 nicht nochmal vergeben hätte. Dagegen hätte ich den Monvigliero von Burlotto von 91 auf 96 hochgestuft. Fazit: Wir hatten tolle Weine, aber ich hatte einen schwachen Tag, so dass ich meine Bewertungen selbst nicht allzu ernst nehme.

2. Tag: Burlotto Monvigliero aus verschiedenen Jahrgängen in Kombinationen mit anderen Baroli und Piraten
Ich war frisch, und das Verkosten ging deutlich besser als am Freitag, was aber auch damit zu tun hatte, dass es nicht mehr so viel Tannin gab. Los ging's mit drei 2017ern von Burlotto, unter denen der Monvigliero mit 95 die Nase vorn hatte. Der zweite Flight mit drei 2011ern war sehr gut, vorn wieder Burlottos Monvigliero mit 94 zusammen mit Brunate von Rinaldi. Der dritte Flight war dann ganz großartig, dreimal Monvigliero von Burlotto, 2010, 2013 und 2016, wobei 2013 und 2016 für mich wirklich groß waren (jeweils 97). In den folgenden Flights gab es mehrere herausragende Weine: Monvigliero von Burlotto 2004, 2005 und 2007 (96 bis 97), Elio Grassos Gavarini Chiniera 2004 (97) und den Piraten, einen Clos St. Jacques 1999 von Bruno Clair aus dem Burgund (97). Fazit: Viele sehr gute Weine, einige sicher Weltklasse. 100 Punkte sehe ich persönlich nicht, weil ich in den letzten Jahren einige wenige Weine hatte, die mir noch einen Tick besser gefielen, und weil ich die weltbesten Weine wie DRC La Tache 1990 oder Cheval Blanc 1947 noch nie im Glas hatte . Weine des Abends für mich waren Burlottos Monvigliero 2013 und 2016 sowie Clos St. Jacques 1999 von Bruno Clair. Verinnerlicht habe ich auch die eigene Stilistik des Monvigliero mit einer Nase die - ähnlich wie bei einem guten Xinomavro, aber etwas subtiler - an getrocknete Tomaten (und auch ein wenig an gekochte Erdbeeren) erinnert.

Großes Dankeschön an Harti und seine Frau Anne, die - wie schon vor sechs Jahren - ganz wunderbare Gastgeber waren!
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weinaffe

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragMi 6. Okt 2021, 11:05

Hallo Michael,

ich hänge mich mal an deinen Bericht über die 2 tollen Barolo-Abende bei Harti dran.
Zunächst einmal vielen Dank an die tollen Gastgeber Anne und Harti, die sich enorm viele Mühe gemacht haben und uns 2 perfekte Abende beschert haben. Das Line-up war sehr gut durchdacht und eines der Hauptziele, den Burlotto Monvigliero blind zu erkennen, wurde zu 100% erreicht.
Der erste Abend mit den 2016er-Nebbiolos war sicherlich aufgrund der Jugend und den kraftvollen Tanninen etwas herausfordernd, aber durchaus genussvoll. Die Klasse des Jahrgangs war jedenfalls offensichtlich. Meine Favoriten waren natürlich der Burlotto Monvigliero und die Canubbis von Burlotto und Enrico Pira/Chiara Boschis, aber auch der klassische Brunate von Giuseppe Rinaldi sowie der etwas "modernere" Monvigliero von Scavino haben mir sehr gefallen.
Am zweiten Abend konnte man entspannt etwas gereiftere Barolos incl. zwei Pinot-Piraten aus dem Burgund geniessen. Meine Nebbiolo-Favoriten waren hier der 2013er und der 2016er Monvigliero von Burlotto, der klassische 2011er Brunate von Giuseppe Rinaldi, der toll gereifte 2004er Gavarini Chiniera von Elio Grasso, der 2005er Rabaja von Bruno Giacosa sowie der noch erstaunlich vitale 90er Bussia von Aldo Conterno.
Mein absoluter Favorit war, Harti möge mir verzeihen, einer der beiden Piraten, nämlich der 1999er Clos-St.-Jacques von Bruno Clair, der sich umwerfend elegant und trotzdem mit unheimlicher Tiefe präsentierte. Viel besser geht Pinot kaum noch.
Auch das jeweilige "Nachtrink-Programm", das überwiegend aus Champagnern bestand, sollte man nicht unerwähnt lassen.
Am ersten Abend waren das folgende Schäumer:
-Drappier Brut Zero
-2008er Doquet Coeur de Terroir
-Laurent Perrier Cuvee Rose
-2016er Contratto Pinot noir Brut Zero

Besonderer Dank geht auch an den edlen Spender der Versteigerungs-Magnum-Flasche A. de L. 2009 von Emrich-Schönleber. Von den vielen Rieslingen, die ich bisher probieren durfte, war das sicherlich einer der Allerfeinsten und verdammt nahe an der Perfektion. Das danach ausgeschenkte 2015er Halenberg GG, ebenfalls Emrich-Schönleber, hatte es begreiflicherweise verdammt schwer.

Am 2. Abend war der "Champagner-Nachtrunk" wie folgt:
-2006er Pierre Moncuit Non dose
-Pierre Moncuit Rose
-2006er Francoise Bedel "L`Ame de la Terre" Extra Brut
-Lancelot-Pienne "Accord majeur" Brut
-A.R. Lenoble "Intense" Extra Brut
-Laherte "Les longues Voyes" Extra Brut

Vielen Dank nochmals auch an die tolle und harmonische Runde. Besonders schön, auch den einen oder anderen "Foristen" mal live getroffen zu haben.

Gerne mal wieder !!

LG
Bodo
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EThC

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragMi 6. Okt 2021, 12:27

..schönes Line-up, was ihr da hattet, könnt ich glatt ein bißchen neidisch werden! Allerdings mehr mit Blick auf die weißen bzw. schäumenden Sachen, Barolo ist irgendwie nicht (mehr) so mein Ding... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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amateur des vins

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragDo 7. Okt 2021, 20:14

Bodo hat das sehr schön zusammengefaßt und es gibt nur wenig aus meiner Sicht hinzuzufügen:

Zunächst einmal vielen Dank, harti, daß ich als Volllaie dabeisein durfte! Auch ich kam an meine Verkostungsgrenzen, besonders am ersten Tag, aber ich habe viel gelernt und dabei jede Menge Spaß gehabt!

Das "Klassenziel", Burlottos Monvigliero zu erkennen, glaube ich geschafft zu haben: Es ist wirklich verblüffend, wie sehr dieser Wein herausstach!

Wie ihr wißt, punkte ich eigentlich nicht: Ein Skalar ist meiner Meinung nach grundsätzlich ungeeignet, der Komplexität und Multidimensionalität von Wein gerecht zu werden. Aus Spaß habe ich diesmal, wenig fundiert, gerne mitgemacht. Ich glaube, im großen und ganzen lag ich innerhalb der Stichprobenverteilung.

Aber mindestens zwei Ereignisse stachen doch signifikant heraus:
Beide Burlottos, Monvigliero und Cannubi, habe ich am ersten Tag zunächst signifikant niedriger bewertet (93), als der Rest der Truppe. Beide habe ich im "Absackerprogramm" nachverkostet, und beide habe ich dann wesentlich höher bewertet (97 und 96). Meine Erklärung ist: Die Weine sind vergleichsweise "fein". Im Setup der 4er-Flights waren sie m.M.n. leicht überfordert. Nach einer "Schampus-Spülung" waren sie aber sozusagen "freigestellt" und mußten sich nicht gegen mächtigere Konkurrenz behaupten; so kamen sie besser zur Geltung.

Interessanterweise war denn auch der 2016 Burlotto Monvigliero, am zweiten Tag aus anderer Flasche erneut vorgestellt, mein höchstbepunkteter Wein.

Auch von mir nochmal großen Dank an die Spender edler Raritäten, die ich sonst wohl kaum in's Glas bekäme: A. de L., Bruno Clauir Clos St. Jacques u.a.m..

Und die Runde war wirklich klasse! Danke an die Gastgeber für ein unvergeßliches Wochenende!
Besten Gruß, Karsten
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medoc

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragFr 8. Okt 2021, 09:07

Ich kann mich nur Bodo und auch Karsten anschließen. Eine grandiose Probe und meinen Danke an die tollen Gastgeber, !!Hartmut und Anne!! aber auch an die Spender der anderen edlen Tropfen.

Da Barolo bei mir bisher keine große Rolle gespielt hat, war ich sehr gepannt auf die Probe. Eine kleine Barolo Probe, eine Woche zuvor, hat mich ein wenig zweifeln lassen ob dies mein Wintyp ist.
Was hier aber auf den Tisch stand , war mit den Weinen die ich kannte nicht zu vergleichen.

Hartmuts anliegen, einen Burlotto Monvigliero blind sofort zu erkennen, haben wir glaube ich alle geschafft.
Ein weiteres Highlight waren natürlich die Champagner, die ich in dieser Klasse bisher auch noch nicht im Glas hatte.
Das wird eine neue Baustelle bei mir werden, auf die ich mich sehr freue.

Meine Weine des Abends:

2016 Burlotto Monvigliero
2011 Giuseppe Rinaldi Brunate
2006 Pierre Moncuit Non dose

Vielen Dank an alle für diesen wunderbaren, harmonischen Abend und es ist immer schön, die Gesichter hinter den Namen der Mitschreiber kennen zu lernen.

LG Olli
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Bibbel

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragFr 8. Okt 2021, 14:19

Die Vorredner (besser: -schreiber) haben eigentlich schon fast alles zur Probe gesagt. Ich will mich also nicht wiederholen, außer bei der Hymne auf die beiden Gastgeber. Das war alles perfekt geplant und mit großer Herzlichkeit durchgeführt. Das Catering war super und passte sehr gut zu den Weinen.

Ich hätte nicht gedacht, dass -obwohl alles gestandene Weintrinker- so viele Nebbiolo-Newcomer (ich zähle mich auch dazu) dabei sein würden. Ich fürchte, wir konnten da die wahre Qualität der angestellten Weine nicht immer richtig würdigen. Was soll man auch machen, wenn eine Granate nach der anderen folgt.

Interessant wäre für Außenstehende vielleicht noch eine Liste der Flightzusammenstellungen (wenn Harti da nichts parat hat, könnte ich mal meine Unterlagen zu Rate ziehen) unserer (Halb)blindprobe und die Punkteauswertung. Der gruppendynamische Prozess der hohen Bewertungen haben wir ja schon am Ende des zweiten Abends angesprochen (Larner und Galloni ließen grüßen). Nichts desto trotz spiegeln sie ja dennoch die unterschiedlichen Einschätzungen der Teilnehmer wider. Es wurde ja alles fleißig notiert, ist das mal ausgewertet worden?

Bleibt das Fazit des Berliners: „War schön jewesen!“
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harti

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragSa 9. Okt 2021, 15:41

Liebe Weinfreunde,

vielen Dank für die lieben Worte :oops: :D . Es freut mich sehr, dass Euch die Proben gefallen haben. Auch für Anne und mich waren das zwei ganz besondere Abende, denn - abgesehen davon, dass wir gerne Gäste empfangen – finden wir es immer wieder spannend, uns mit – teilweise unbekannten - Menschen aus allen Himmelrichtungen treffen, um gemeinsam Wein zu trinken. Und wenn das Blind-Date so perfekt abläuft, wie bei diesen beiden Barolo-Abenden, dann ist das wie ein Hauptgewinn im Lotto.

@Bibbels Aufforderung etwas ins Detail zu gehen, kommen ich gerne nach. Da mir noch die Bewertungen der 2016er Barolo vom 1. Abend fehlen, beginne ich mit dem 2. Abend. Im Mittelpunkt stand dabei eine Vertikalverkostung von Monviglieros aus dem Hause Burlotto. Die Vorbereitungen für diese Probe hatte ich schon vor etwa 6 Jahren begonnen, nachdem ich - ebenfalls mit Mitgliedern dieses Forums - den 2010er verkostet hatte, der mich damals außerordentlich faszinierte. Das Besondere des Monviglieros von Burlotto, der aus der gleichnamigen Einzellage in Verduno gewonnen wird - ist die Behandlung der Trauben nach der Lese. Es findet, wie teilweise auch bei großen Burgundern, keine Entrappung des Leseguts statt. Um bei den ohnehin schon tanninstarken Nebbiolos keinen Überhang an grünen Tanninen zu riskieren, müssen die Trauben im perfekten Zustand gelesen werden und die Stiele vollkommen ausgereift sein. Die hohe Reife der Trauben führt nach meiner Empfindung zu runden, nicht so säurelastigen Weinen mit sehr feinen, samtigen Tanninen. Zudem haben die Weine jahrgangsübergreifend ein – in Barolo – nahezu unverwechselbares Aroma, das mich persönlich an eingekochte Erdbeeren erinnert. Die Weinprofis nehmen häufig auch Oliventapenade als prägendes Aroma wahr. Aufgrund dieser etwas eigenwilligen Stilistik gilt Burlottos Monvigliero als der „burgundischte“ aller Barolo.

Bei der Auswahl aus den verfügbaren Monvigliero-Jahrgängen habe ich zunächst einmal Wert auf (annähernde) Trinkreife gelegt. Des Weiteren sollten die Weine mit anderen Barolo/Barbaresco sowie Burgundern konfrontiert werden, um als Lernziel dieser Probe (das wurde bereits in den vorherigen Beiträgen erwähnt) die spezielle Aromatik besser verinnerlichen zu können. Leider musste ich bei der Zusammenstellung der Flights etwas improvisieren, da ich die fest eingeplanten 99er und 89er Monvigliero in meinem Kellerchaos nicht finden konnte.
Wie bei meinen Weinproben stets, gruppiere ich bei Vertikalen in der Regel von jung nach alt. Nach meiner Erfahrung ist die Platzierung von Jungweinen am Ende einer Probe nur noch anstrengend und führt dazu, dass diese Weine nicht mehr ausreichend gewürdigt werden (können). Leider ein Fehler, der immer wieder gemacht wird.

1. Flight

3 Lagenweine von Burlotto aus dem aktuellen Jahrgang 2017 (in Klammern der Median der Bewertungen von 12 Verkostern und die Gesamtplatzierung bei 21 Weinen), ein wärmegeprägter Jahrgang, der als charmant und früh trinkreif gilt.

2017 Burlotto Cannubi (92/19)
2017 Burlotto Monvigliero (94,5/11)
2017 Burlotto Acclivi (eine Cuvee verschiedener Lagen aus Verduno) (94/13)

Die 2017er präsentierten sich sehr harmonisch, man merkt etwas die Wärme des Jahrgangs, das Tannin ist nicht so kräftig. Alle drei Weine sehr typisch für Burlottos Lagenweine: Monvigliero feingliederig und rotfruchtig mit Erdbeerdominanz, Cannubi balsamisch, dabei mit spürbarem Alkohol, und Acclivi eher in Richtung Stachelbeere/Kirsche mit recht kerniger Struktur.

2. Flight

2011er, ebenfalls ein warmer, vergleichsweise frühreifer Jahrgang

Giuseppe Rinaldi Brunate (96/3)
Henri Boillot Volnay Les Caillerets (92/18)
Burlotto Monvigliero (93,5/15)

Rinaldis Brunate ist ein würdiger Vertreter des Hausstils. Traditionell ausgebaut, mit intensivem balsamisch/rotfruchtigem Bukett, reifer Frucht und sensationeller Länge. Ein großer Wein. Der Monvigliero konnte hier in seiner vollreifen Art nicht ganz mithalten. Einige Verkoster aus unserer Runde hielten diese Flasche für zu stark fortgeschritten in ihrer Entwicklung. Mir hat der Wein trotzdem sehr gefallen. Der Burgunder wurde zielsicher als Pirat erkannt. Der Les Caillerets wirkte noch etwas sperrig in seiner Struktur, laut Karsten typisch für den Stil des Hauses Boillot.

3. Flight

Die ganz großen, neueren Jahrgänge für Barolo allgemein und für Burlottos Monvigliero speziell: 2016, 2013, 2010.

2010 Burlotto Monvigliero (96/4)
2013 Burlotto Monvigliero (97/2)
2016 Burlotto Monvigliero (97/1)

Das war großes Kino, alle drei Weine von sensationeller Qualität, wobei der 16er mit seiner Tiefe und Komplexität für mich die Nase vorne hatte. Der 13er tat sich dagegen trotz seiner unbestreitbaren Klasse etwas schwer, hier war doch eine dezente Verschlussphase festzustellen. Der 10er zeigte dagegen die ganze Größe des Jahrgangs: Eine fantastische Struktur, intensives Aroma und eine tolle Länge.

4. Flight

Bei der Gestaltung des nächsten Flights war ich etwas im Widerstreit. Burlottos Cannubi und Monvigliero aus dem Hitzejahrgang 2007 waren mit einem würdigen Partner zu kombinieren. Verfügbar wären z.B. der 07er Cannubi von Brezza oder auch der Barolo von Bartolo Mascarello gewesen, aber beide Weine hatten mich bei den letzten Verkostungen nicht überzeugt. Meine Wahl fiel daher auf den vollmundigen 08er Brezza Bricco Sarmassa, der eine sichere Bank ist.

2008 Brezza Bricco Sarmassa (95/5)
2007 Burlotto Monvigliero (95/6)
2007 Burlotto Cannubi (92/17)

Der Cannubi war nicht ganz überzeugend, im Bukett zeigten sich Hitzenoten (Honig/Wachs), am Gaumen waren Alkohol und etwas stumpfe Tannine wahrnehmbar. Der Wein aus der höher gelegenen Lage Monvigliero wirkte deutlich frischer, mit ausgewogener Struktur, aber auch leicht bitteren Tanninen. Hier könnte aber weitere Lagerzeit Abhilfe schaffen. Voll auf dem Punkt der Bricco Sarmassa, mit viel Kraft und vollfruchtiger Fülle.

5. Flight

Weine aus dem als klassisch und hervorragend eingestuften Jahr 2004

2004 Elio Grasso Gavarini Chiniera (95/7)
2004 Burlotto Monvigliero (94,5/8)
2004 G.D. Vajra Bricco delle Viole (94/12)

Zur Lagerhistorie des Bricco delle Viole kann ich leider nichts sagen, da ich den Wein erst vor 4 oder 5 Jahren gekauft hatte. Diese Flasche zeigte einerseits deutlichen Einfluss von neuem Holz, die Frucht eher dunkel, mit schöner Würze, aber auch etwas Liebstöckel. Ein feiner Wein. Der Chiniera von Grasso, dem immer wieder traditioneller Ausbau zugeschrieben wird, mit deutlichem Neuholzeinfluss. Die Holznoten waren derart dominierend, dass der Wein kaum noch als Barolo zu erkennen war. Gleichwohl, den meisten in unserer Runde gefiel diese Stilistik. Mir ganz und gar nicht! Monvigliero wieder mit dem typischen Aroma. Vielleicht in seiner vollreifen, etwas süßen Art nicht der größte Jahrgang für diese Abfüllung, aber immer noch mit hohem Spaßfaktor ausgestattet.

6. Flight

2005 Bruno Giacosa Barbaresco Rabaja (94,5/9)
1999 Bruno Clair Clos-St.-Jacques (94,5/10)
2005 Burlotto Monvigliero (93,5/14)

Giacosas Rabaja fand ich ganz großartig, ein klassischer Vertreter des Hausstils, körperreich, mit schöner Struktur und intensiv floralem Bukett. Der Clos-St.-Jacques aus einem großen Jahr und einer hervorragenden Lage war ein wirklich schöner Wein, mit intensiver Frucht, harmonischer Struktur und schöner Länge. Aber, Bodo möge mir verzeihen, mit dem Giacosa konnte er nicht mithalten. Der Monvigliero war dagegen nicht wirklich schön, zu dominierend waren die Liebstöckelnoten, zugleich war das Tannin leicht trocknend.

7. Flight

Hier hätte eigentlich der 89er Monvigliero auftauchen sollen, leider flog dieser Flight aus den genannten Gründen komplett auseinander. Ich entschied mich alternativ für Weine, die ebenfalls aus sehr renommierten Häusern stammen und schon seit vielen Jahrzehnten auf hohem Niveau arbeiten.

1990 Aldo Conterno Bussia (93/16)
1970 Giacomo Conterno Barbaresco (überwiegend ohne Bewertung wg. leichten Fehlers)
1979 Bartolo Mascarello (überwiegend ohne Bewertung wg. fortgeschrittener Entwicklung)

Im Nachhinein könnte ich mir in den A…. beißen, dass ich bei diesen Weinen viel zu vorsichtig belüftet hatte, denn die Nachverkostung zwei Tage später zeigte, wieviel Luft alte Barolo/Barbaresco vertragen und brauchen. Bei der Verkostung zeigte der Bussia noch nicht sein ganzes Können, für mein Empfinden stand die Säure zu stark im Vordergund, die Frucht konnte sich noch nicht richtig durchsetzen. Nach zwei Tagen dann ein vollkommen veränderter Wein: Ein klassischer Barolo mit Tiefe, aromatischer Komplexität und ungeheuer viel Druck. Auch der Barbaresco von G. Conterno war nach zwei Tagen aufgeblüht. Die dezenten Schimmel- und Malznoten waren verschwunden, es zeigte sich ein harmonischer, schön gereifter Wein. Der 79er Mascarello war am Verkostungsabend zunächst sehr schön mit Aromen von Himbeeren, Waldboden und Fleischextrakt, rundem Körper und schöner Länge, fiel dann aber nach kurzer Zeit (scheinbar) in sich zusammen. Auch hier nach zwei Tagen eine erstaunliche Metamorphose in ein schön zu trinkenden Altwein.

Bedanken möchte ich mich bei allen Teilnehmern für die sehr schönen, entspannten, lustigen Abende. Dank sage ich auch für alle in die Probe zu sehr fairen Kursen eingebrachten Weine, für die fürs Nachprogramm spendierten Flaschen und (auch) im Namen von Anne für die wunderschönen Blumensträuße und die köstlichen Marmeladen (lieben Dank an Deine Frau, Bodo!).

Herzliche Grüße

Hartmut
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olifant

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragMo 18. Okt 2021, 10:34

... gestern im Glas ...

Barolo 2010 Malgrà Winery, Azienda Vitivinicola Malgrà - Bazzana di Mombaruzzo, NK

dunkles transparentes Rubin; sehr zurückhaltend dezente Nase mit etwas würziger reifer rot-schwarzer Frucht und minimal Laub/Teer; am Gaumen kräftiges Mittelgewicht mit reifer rot-schwaerzer Frucht, wie Brombeere und Wildkirsche, Walderdbeere, hier auch dezent florale Rosen- und Veilchenanklänge, minimal Laub und Tabak, samtiges rundes mittelkräftiges Tannin, gute Säure, nicht besonders komplex, nicht besonders tief, dennoch ordentlicher Trinkfluss; mittellanger bis langer Abgang auf Frucht und etwas Tannin/Säure-Komplex - 16-16,5/20 op

Ein kleiner glattgebügelter Barolo, ohne Ecken und Kanten, auch ohne prägenden Einfluss sonst üblicher sortentypischer Aromen wie feuchtes Laub, Unterholz, Teer am Gaumen und fehlender Floralik in der Nase. Glaube nicht, dass ich diesen Wein in einer Blinverkostung als Nebbiolo oder gar Barolo erkennen würde.
Ein Glas dürfte verblieben sein, mal schaun ob sich was verändert mit viel Luft?
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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olifant

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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

BeitragDi 19. Okt 2021, 11:07

olifant hat geschrieben:... gestern im Glas ...

Barolo 2010 Malgrà Winery, Azienda Vitivinicola Malgrà - Bazzana di Mombaruzzo, ...
Ein Glas dürfte verblieben sein, mal schaun ob sich was verändert mit viel Luft?


Mit viel Luft wird alles noch etwas dichter am Gaumen und auch in der Nase - 16,5/20 op, also zumindest kein Zuisammenbruch, sondern leichte Verbesserung.
Unterm Strich ein guter Wein, aber "kein Barolo" - dafür für meinen Geschmack einfach zuwenig Typizität.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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