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Piemont - Diverse Weine

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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragSo 31. Jan 2021, 18:52

Bernd Schulz hat geschrieben:
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Da ich mit den Notizen von Bernd meistens sehr viel anfangen kann (nur bei fränkischen Weißweinen scheinen wir recht weit auseinander zu liegen ;) ), konnte ich nicht widerstehen und habe mir mal etwas davon besorgt. Ich bin vor einigen Jahren durch das Gebiet gefahren, habe damals aber nichts verkostet oder gekauft, was vielleicht ein Fehler war...

Die Notiz passt - wobei für mich weniger die kirschige Frucht im Vordergrund steht, sondern die ziemlich geschliffene Eleganz des Weines und auch der klare Sortencharakter: angetrocknete Rosenblüte und ein Hauch Teer, lebendige Säure, schlank und transparent, wirklich schön. Wie Darius schreibt: deutlich zugänglicher als die Nebbiolo-Weine der bekannteren Anbau-Gebiete im Piemont, aber Zugänglichkeit ist ja nichts Negatives.

Die 90 Punkte passen auch, und weil der Wein so schön war, hätte ich mich vielleicht auch zu 91 hinreißen lassen. Super PLV (16,50 € bei der oben genannten Adresse). Eine kleine Genossenschaft, die's offensichtlich kann.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragSo 7. Feb 2021, 12:28

Nach dem Carema classico nun die Riserva:

Carema Riserva 2016 (Cantina dei Produttori "Nebbiolo di Carema") 13,5%Vol. Ein wenig dunkler als der Classico, aber immer noch bis zum Kern transparent. Die Frucht zurückhaltender, dafür rückt das dunkle Element in den Vordergrund, Teer und feuchte Steine, und etwas deutlich Kräuteriges - Thymian! (oder doch eher Oregano?). Im Gaumen etwas fester, aber immer noch geschmeidig, auch hier die Frucht reduziert und das "Dunkle" betont. Guter Abgang.

Im Moment würde ich dem Classico den Vorzug geben, der ist einfach charmanter. Die Präferenz dürfte allerdings in ein paar Jahren umschlagen, die Riserva hat schon mehr Potential. Mit den Nebbiolo aus den Langhe hat das aber stilistisch nicht viel zu tun: viel weicher, frischer, schlanker.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 11:10

Noch einer aus dem nördlichen Piemont:

Möt Ziflon 2017 (Brigatti) 13,5%Vol. Kommt aus dem Nordosten des Piemont, schon fast am Lago Maggiore - ein Colline Novaresi DOC. Auf dem Etikett als Nebbiolo deklariert, tatsächlich aber eine Cuvée aus 85% Nebbiolo, 10% Vespolina und 5% Uva Rara. Die beiden letztgenannten Rebsorten gehören zu den vielen autochthonen Sorten im Piemont, bewusst hatte ich sie noch nicht im Glas.

Pop & pour. Dunkles Granatrot. Unmittelbar nach dem Einschenken intensiv rotfruchtige Nase, Himbeere, erinnert fast an einen roten Burgunder. Zieht sich dann schnell zurück, um wenig später auf dunkleren Noten wieder aufzumachen - Brombeere, Schwarzkirsche, auch feuchte Erde und ein Hauch Teer. Interessant! Am Gaumen von mittlerer Dichte, feine Frucht, das Tannin zwar spürbar, aber weich, frische Säure, schöne Harmonie. Mittelanger Abgang. Jetzt schon gut zu trinken, aber hat noch Reserven.

Auch hier wieder ganz anders als Nebbiolo aus den Langhe - weicher, charmanter, schlanker. Und mit einer Kombination aus offener, aber feiner Frucht einerseits und den typischen Nebbiolo-Aromen andererseits sehr individuell. Macht Spaß. Bislang hatte ich das nördliche Piemont auf Fahrten nach Itailen buchstäblich rechts liegen gelassen, aber offensichtlich verdient das Gebiet mehr Aufmerksamkeit.

Gruß
Ulli
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olifant

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 12:09

Hallo Ulli,

nach deiner Möt Ziflon VKN verlinke ich hier gerne mal einen aktuellen Weinkenner-Artikel zum Alto Piemonte:
https://www.weinkenner.de/alto-piemonte-nebbiolo-vom-fusse-der-alpen/

Die Verweise bei Sperino Lessona auf Barolo und bei Le Piane Boca, als grosser Wein, sind durchaus zutreffend. Die Preise entsprechen allerdings auch diesem Niveau.

Die Weine von Nervi waren übrigends bereits vor der Übernahme durch Investoren und nun Conterno besonders und ebenso sehr gut. Der im Artikel erwähnte Nervi Gattinara erinnerte mit früher gerne an Barbaresco. Wie diese seit der Übernahme schmecken weis ich leider nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass diese keinesfalls schlechter geworden sind.

Unerwähnt bleiben hier die Weine der m.E. ebenfalls sehr guten Ghemme und Colline Novaresi von Antichi Vigneti di Cantalupo, evtl. weil diese nicht im Kontext von Quereinsteigern und Übernahmen stehen?

Ich trinke gerne die Nebbiolo dieser Gegenden, ebenso gerne wie jene aus dem Valtellina.
Evtl. sollte man bei Nachfragen im Forum zu Empfehlungen für Nebbiolo und Barolo eher mal auf Weine dieser Regionen verweisen ...
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 12:37

Hallo Ralf,

vielen Dank für den Link. Ich habe den Artikel gelesen - bezogen auf Brigatti ist der aber nicht sehr gut recherchiert:
Sein rein­sor­ti­ger Neb­bio­lo Möt Zif­lon [...]

Der ist eben gerade nicht reinsortig, wie oben geschrieben.

Und die Einschätzung
[...] ist eher karg und struk­tur­be­tont [...]

teile ich auch nicht wirklich. Karg fand ich den jetzt ganz und gar nicht (ok, 2017 ist im Piemont ein sehr warmes Jahr, das mag zu seiner offenen und geschmeidigen Art beigetragen haben). Und wirklich strukturbetont ist der auch nicht, zumindest dann nicht, wenn man Nebbiolo aus den Langhe als Maßstab nimmt. Ist halt alles relativ ;)

Gruß
Ulli
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EThC

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 14:53

UlliB hat geschrieben:Auf dem Etikett als Nebbiolo deklariert, tatsächlich aber eine Cuvée aus 85% Nebbiolo, 10% Vespolina und 5% Uva Rara.

...(leider) absolut EU-regelkonform...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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olifant

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 15:28

Hallo Ulli,

beim Artikel gibt es keinen Jahrgangsverweis zum Möt Ziflon, gemäß Bezugsquellen-Link wäre der Jahrgang der 2018er, in jedem Falle aber auch der Colline Novaresi Mischsatz in dem deinerseits benannten Verhältnis.

Wenn der Autor, ein Paul Kern, den Wein als Einstiegs-Nebbiolo tituliert, dann ist das zumindest irreführend, das sehe ich auch so. Da passt das formulierte einfach nicht.
Ich denke Jens Priewe wäre das so nicht passiert.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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olifant

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 15:29

EThC hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:Auf dem Etikett als Nebbiolo deklariert, tatsächlich aber eine Cuvée aus 85% Nebbiolo, 10% Vespolina und 5% Uva Rara.

...(leider) absolut EU-regelkonform...


... naja, ist eher Colline Novaresi DOC konform.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragFr 19. Feb 2021, 17:40

olifant hat geschrieben:
EThC hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:Auf dem Etikett als Nebbiolo deklariert, tatsächlich aber eine Cuvée aus 85% Nebbiolo, 10% Vespolina und 5% Uva Rara.

...(leider) absolut EU-regelkonform...


... naja, ist eher Colline Novaresi DOC konform.

Ja, richtig. Eine DOC(G) kann ebenso wie eine französische AOC) vorschreiben, dass ein Wein aus einer einzigen Rebsorte erzeugt wird. Oder, wenn eine Rebsorte auf dem Etikett angegeben ist, dass der Wein zu 100% aus dieser erzeugt sein muss. Die ominöse 15%-Regel der EU wird hier durch die enger gefasste Bestimmung der g.U. (um eine solche handelt es sich bei einer DOC[G] oder AOC) ersetzt.

Bei der Colline Novaresi DOC aber offensichtlich nicht. Ob das nun zum Nachteil des Weins ist (und damit das "leider" berechtigt wäre), ist noch eine ganz andere Frage. Mitunter sind Cuvées sortenreinen Weinen überlegen.

Mich würde hier erstmal interessieren, wie ein sortenreiner Wein aus Vespolina oder Uva Rara denn überhaupt schmeckt. Brigatti hat welche im Sortiment, vielleicht versuche ich es mal damit.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Piemont - Diverse Weine

BeitragSo 21. Feb 2021, 22:04

Weiter geht es mit der virtuellen Tour duch das nördliche Piemont. Die nächste DOCG: Ghemme.

Ghemme "Oltre il Bosco" 2016 (Brigatti) 13,5%Vol. Oltre il bosco - dafür reicht mein spärliches Italienisch: jenseits des Waldes. Gemeint ist der Wald zwischen Suno (wo der Betriebssitz von Brigatti ist) und der Nachbargemeide Ghemme. Wenn ich das Rückenetikett richtig interpretiere, gibt es da wohl eine historisch bedingte Rivalität, zwischen Nachbarorten ist das ja nicht ganz so ungewöhnlich.

100% Nebbiolo. Granatrot, bis in den Kern transparent. In der Nase viel dunkler als der vergleichsweise hellfruchtige Möt Ziflon, Brombeere, Pflaume, darüber ein schwer zu fassendes ätherisches Element, ganz gelegentlich erscheint dann auch etwas Himbeere; Balsam, Lebkuchengewürz, sehr tiefgründig. Wow! - Der Gaumen kann mit der Nase leider (noch ?) nicht ganz mithalten, mittlere Dichte, das Tannin recht sanft, hier eher rotfruchtig, die Säure zwar präsent, aber für Nebbiolo doch einigermaßen zurückhaltend. Harmonisch, mittlere Länge.

Der Wein ist ja noch jung, und wenn es der Gaumen in der weiteren Entwicklung schaffen sollte, qualitativ Anschluss an die jetzt schon tolle Nase zu finden, wird das ein ziemlich geniales Teil werden. Aber macht auch so schon viel Freude.

Gruß
Ulli
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