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Montlouis-sur-Loire

Appellationen des nördlichen Zentralmassivs, Sancerre und Umgebung, Touraine, Anjou, Umgebung von Nantes, die kleinen Gebiete zwischen der Loire und Bordeaux incl. Cognac
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octopussy

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragDo 4. Mai 2017, 17:53

amateur des vins hat geschrieben:Im Glas präsentiert er sich satt goldgelb, was angesichts seiner Jugend doch ein wenig verblüfft. Erst später kam ich darauf, daß das wohl dem Ausbau sur lie in demi-muids geschuldet sein dürfte. Jedenfalls gab es keinerlei Zeichen einer fortgeschrittenen Oxidation: "Steinige" Nase, dann zunehmend gelbfruchtig: Aprikose, Mispel, etwas Nektarine und reife Birne. Am Gaumen frische Säure, entfernt "Riesling-esk". Darunter weich und voll, wie die Nase, aber "steiniger", weniger fruchtig. Komplex, harmonisch, lang.
[+15']
Das Holz ist mir zunächst garnicht aufgefallen - ein gutes Zeichen! Vmtl. kommt ein Gutteil der Fülle eh vom Ausbau auf der Hefe und nicht vom Holz. Spontanvergoren, biodynamisch.

Die goldgelbe Farbe ist im Zweifel das Resultat hoher Traubenreife. Ausbau in 600 l Fässern auf der Feinhefe gibt per se keine dunklere Farbe. Es gibt Muscadets, die 10 Jahre auf der Feinhefe liegen, und relativ hell in der Farbe sind. Der Holzeinsatz bei Chidaine ist auch relativ moderat. 10% Neuholz max., mehr nicht. Vielleicht kaufe ich mir auch bei Gelegenheit noch ein paar Flaschen 2015er, wobei ich eher auf die 2014er scharf bin.
Beste Grüße, Stephan
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Ollie

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragDo 4. Mai 2017, 18:12

Man koennte sogar argumentieren, dass die die dunkle Farbe genau nicht von der Hefe, sondern von Oxidation ruehrt; denn (Fein)Hefe wirkt reduktiv und faengt im Uebrigen auch holzbuertige Stoffe ein (deshalb Ausbau auf der Hefe meistens in Verbindung mit Holzfaessern, die einen gewissen Sauerstoffeintrag erlauben, und umgekehrt Ausbau im neuen Fass auf der Hefe). Toasting-Grad sowie Groesse der Faesser spielen natuerlich auch in die Farbgebung hinein. Neben der von octopussy genannten Traubenreife (bzw. Anwesenheit von Botrytis) ist die Maischestandzeit noch ein Stellrad, an dem der Winzer drehen kann.

octopussy, sind besagte Muscadets 10 Jahre im Holzfass gewesen? Ich dachte immer, dafuer naehme man Stahl bzw. andere relativ impermeable Materialien, oder doch wenigstens riesige Behaelter.

Cheers,
Ollie
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octopussy

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragDo 4. Mai 2017, 20:31

Ollie hat geschrieben:octopussy, sind besagte Muscadets 10 Jahre im Holzfass gewesen? Ich dachte immer, dafuer naehme man Stahl bzw. andere relativ impermeable Materialien, oder doch wenigstens riesige Behaelter.

Ich glaube, die werden tatsächlich im Stahltank ausgebaut. Der L'Ancestrale von Château du Coing, an den ich gedacht hatte, wird z.B. im Stahltank ausgebaut, m.W. auch der "Cuvée 4" der Domaine de la Pepière oder der "Excelsior" von Luneau-Papin. Hier aber ein Wein, der m.W. tatsächlich 10 Jahre auf der Feinhefe in Barriques liegt und trotzdem - je nach Flasche - einigermaßen hellfarbig ist: Lopez de Heredia - Vina Tondonia Blanco Gran Reserva. Der aktuell im Verkauf befindliche 1994 hat wirklich eine halbwegs helle Farbe.
Beste Grüße, Stephan
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amateur des vins

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Re: Bernhard Huber

BeitragSa 6. Mai 2017, 17:37

Danke Euch beiden für die Korrektur bzgl. Farbe und Hefelager. Daß letzteres eher reduktiv ist, ist mir bekannt. Ich habe ja auch tatsächlich keine oxidative Tendenz gefunden. Das "goldgelb" (ein zugegebenermaßen etwas diffuses Attribut) ging weder in Richtung Oxidation (kenne ich "brauner") noch längere Maischestandzeit ("oranger"), meine ich, aber letzteres noch eher.

Ich habe wenig Erfahrung mit Chenin. Ist die sattere Farbe bei ihr eine Grundtendenz?
Besten Gruß, Karsten
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Bradetti

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragMi 30. Aug 2017, 08:45

Gestern im Glas:

2011 François Chidaine Clos Habert (14%)

Gleich nach dem Entfernen des Korken eine "wunderschöne" Silikon-Duftnote aus der Flasche. Ja, das Silikon zum Verfugen :-)
Dann mit etwas Zeit in der Flasche wie auch im Glas kein Silikon mehr da - dachte schon ich hätte im Keller daneben gegriffen :lol: nun karamelisierte tropische Frucht (Papaya, Ananas, Maracuja? Schwer deutbar für mich), Honig, nasses Heu, ein Hauch Kamille und Kräuter.
Am Gaumen dann leicht ölig, cremig anmutend. Gleiche Töne, nun aber mit sehr balancierter Säure und Mineralik.
Im Abgang hallt das Ganze mittellang nach, mit einer leicht brennigen Note. Als demi-sec bezeichnet und nicht durchgehend feinherb, sondern im Verlaufe des Antrunks bis zum Abgang mal süßlich wirkend und mal trocken.
Mit jedem Schwenken des Glases über den Abend kommen immer wieder andere Düfte hoch. Mal geprägt von Blumenwiese, mal von der kandierten Frucht, mal sind die Steine vorn. Ein recht komplexes Chamäleon.
Sehr beeindruckend und um einiges vielschichtiger als die letzte Flasche in 2014. Das ist kein Wein, den ich regelmäßig trinken könnte, da mir zu heavy, aber ein tolles Geschmackserlebnis allemal und mal schauen wie der Wein heute abend "drauf ist". Für 18EUR, die ich damals bei Wein-Kreis bezahlt hatte ein gutes PLV - wie ich finde.
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amateur des vins

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragMi 30. Aug 2017, 09:35

Der Clos Habert ist ja demi-sec mit i.d.R. um die 15g/l Restzucker. Wie macht sich der denn bemerkbar? Ich kenne nur die trockenen (die teilweise auch um die 5g/l RZ haben, 2015 aber nur so 2g/l).
Besten Gruß, Karsten
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Bradetti

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragMi 30. Aug 2017, 11:46

Hallo Karsten,
da ich noch nie einen trockenen Montlouis im Glas hatte, kann ich dir nicht sagen wie sich der Restzucker im Vergleich beim demi-sec bemerkbar macht.

Wie gesagt kommt immer mal so eine überreife, süßliche Fruchtnote durch und vom Bouquet erinnert der Wein durchaus - in Anflügen - an einen Elsässer Pinot Gris Clos Jebsal Vendange Tardive, den ich letztes Jahr im Glas hatte. Der hatte aber natürlich mehr Restzucker (80g/l)...
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amateur des vins

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragSa 4. Aug 2018, 18:46

François Chidaine, Clos du Breuil 2015

Zunächst mürber gelber Apfel (typisch für Chenin, wie ich finde), dann Melone (Honig- und Wasser-) sowie jede Menge Stein. Nach einigen Momenten des Schwenkens kommt eine fast "chemische" Note (Bohnerwachs? Holzpolitur? Wir benutzen beides nicht) hinzu, die aber komischerweise irritierend, aber eher spannend als störend ist und auch bald verfliegt. Bald darauf geht es Richtung Tarte-aux-Poires. Und dazwischen zeigt sich immer wieder geradezu "riesling-eske Mineralität".

Da ist so viel zu entdecken, daß ich erst nach 10 Minuten den ersten Schluck nehme. Und wow, ist das gut! Knackige Säure¹ (wieder die Riesling-Assoziation!), durch und durch "Steinwein". Reife Zitrone, Grapefruit, gelbe Steinfrucht und Tarte (diesmal -aux-Pommes :)) untermalen dies als zurückhaltende Begleiter.

Komplex, harmonisch, ewig lang, frisch - saugut!

Zum Taboulé paßte er übrigens nicht so gut. Wenn jemand eine Speisenempfehlung hätte, wären wir nicht abgeneigt, diese ggf. in Betracht zu ziehen. :D

__________
¹ Ich habe keine exakten Daten, aber die meisten Chidaines secs werden mit 2-5g RZ und rund 5g Säure angegeben. Wie sie es dennoch schaffen, diesen frischen und knackigen Charakter zu zeigen, ist mir ein Rätsel. Ist das womöglich ein ähnlicher Effekt wie bei den besten Viogniers, wo die "Mineralität" eine Säure vorgaukelt, die garnicht vorhanden ist?
Besten Gruß, Karsten
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Ollie

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragSa 4. Aug 2018, 19:55

Oha, das hoert sich interessant an! Was darf 'ne Flasche davon denn kosten?

Ja, Taboulé waere mir auch zu heftig. Zu einem trockenen Chenin eine blanquette de veau und andere Varianten von Kalb in Sahne, pochierter oder in Folie gebackener (Suesswasser)Fisch, also alles eher fein und nicht sooo kraeftig. Zu einem auf der krossen Haut gebratenen Butt geht aber gerne auch ein sehr gut abgehangener, halbtrockener Chenin. Die (edel)suessen Varianten zu lokalem Ziegenkaese, je edelsuesser der Wein, desto intensiver der Kaese.

Cheers,
Ollie
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amateur des vins

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Re: Montlouis-sur-Loire

BeitragSa 4. Aug 2018, 20:49

Ollie hat geschrieben:Oha, das hoert sich interessant an! Was darf 'ne Flasche davon denn kosten?
21,50€ brutto Listenpreis für den 2015er bei Visentin. Ist in der 2018er Liste auch noch so gelistet. (Ich habe sofort nach der Hausmesse im Dezember 2016 in der Botschaft 10% Rabatt bekommen.) Ich werde wohl asap nachkaufen. ;)

Von diesem habe ich nur noch eine Flasche im Außenlager, aber vom Les Choisilles (24,90€) und Les Bournais (27,90€), beide auch sec, habe ich je eine griffbereit zuhause. Was hältst Du denn davon, eine oder beide in Bälde zusammen zu schlachten? Dann kannst Du Dir direkt ein Bild machen. (Kann natürlich sein, daß die dann scheiXXe sind.) Oder die demi-sec dazukaufen und gleich richtig Chidaine verkosten. :ugeek:
Ollie hat geschrieben:Ja, Taboulé waere mir auch zu heftig.
Nee, garnicht - eher war der Wein zu doll. :lol:
Aber eigentlich waren beide von der Kraft her auf Augenhöhe, nur harmoniert haben sie nicht.
Ollie hat geschrieben:Zu einem trockenen Chenin eine blanquette de veau und andere Varianten von Kalb in Sahne, pochierter oder in Folie gebackener (Suesswasser)Fisch, also alles eher fein und nicht sooo kraeftig. Zu einem auf der krossen Haut gebratenen Butt geht aber gerne auch ein sehr gut abgehangener, halbtrockener Chenin. Die (edel)suessen Varianten zu lokalem Ziegenkaese, je edelsuesser der Wein, desto intensiver der Kaese.
Kalb, glückliches (= aromatischeres) Huhn oder Kaninchen kam mir auch in den Sinn, aber über die Zubereitung bin ich nicht im Klaren. Beim Fisch bin ich nicht sicher; jedenfalls eher mit Bumms und nicht zu fein, würde ich meinen. Eher Forelle als Butt, aber ist nur so ein Gefühl.

Süß und Käse ist natürlich klassisch und gut, aber nicht meine bevorzugte Baustelle. Aber hin und wieder kommt das richtig gut!
Besten Gruß, Karsten
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