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Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2013, 10:22
von octopussy
Hallo zusammen,

etwas merkwürdig roch jüngst der 2008 Vouvray Le Haut Lieu Demi-Sec von Huet. So einen Hühnerbrühe-Gestank hatte ich bislang erst bei den süßen Jurancon von Clos Lapeyre, aber hier war er wirklich penetrant. Im Mund war der Wein hingegen zum Niederknien mit wunderbarem Süße-Säure-Spiel, herrlicher Fruchtfülle und Komplexität. Diese Nase kann ich mir aber wirklich nicht erklären.

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Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Mi 1. Jan 2014, 18:31
von octopussy
Als großer Süßweinfan reizen mich vor allem die stilistischen Unterschiede. Für mich irgendwo in der Mitte zwischen der Kraft und Expressivität und kandierten Zitrusfruchtaromatik mancher Sauternes und der kristallinen Reinheit eines Riesling Eisweins oder einer botrytisfreien oder -armen Auslese liegen die süßen Vouvrays von Huet. Zusätzlich zu dem normalen Moelleux gibt es meist noch eine oder mehrere Auslesen der besten Trauben, die als 1ère Trie auf den Markt gebracht wird. Das sind nicht immer Botrytistrauben, sondern teils auch vom Wind eingeschrumpelte Trauben (Passerilage).

Am Ende der Nicolas Joly Probe hatten wir noch zwei Jahrgänge Vouvray Le Mont Moelleux 1ère Trie, nämlich aus 1996 und 1990. Aus 1996 kannte ich schon den Clos du Bourg Moelleux 1ère Trie, den ich vor ca. zwei Jahren schon ausgezeichnet fand. Der 1996 Le Mont konnte dem Clos du Bourg noch einen kleinen Tick an Komplexität hinzufügen, vor allem eine unglaublich strahlende, klare und laserartige Säure, die wirklich ausgeprägt ist, aber keinesfalls hervorsticht. Diese Säure hatte auch der 1990er, der mich noch deutlich mehr fasziniert hat, noch mehr übrigens auch als der bei der großen Huet Probe getrunkene 1989er. Der 1990er hatte eine so ausgeprägte Tarte Tatin Note, vor allem ein dunkel-rauchiges Karamell, dazu aber etwas Zitronensaft und gebackener Apfel, etwas Vanille. Getrunken haben wir beide Weine zu einer Apfel Tarte à l'Alsacienne, was auch hervorragend passte.

Jedenfalls unter preislichen Gesichtspunkten sind die Huet Moelleux 1ère Tries vielleicht sogar meine Lieblingssüßweine. Billig sind sie natürlich nicht, dafür aber Jahrzehnte problemlos lagerfähig und mit Potenzial für die wirklich ganz große Bühne.

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Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Di 18. Feb 2014, 17:46
von Gerald
Gerade gelesen: Die aktuellen Eigentümer der Domaine scheinen es darauf angelegt zu haben, das über viele Jahre erworbene Ansehen des Weinguts so schnell wie möglich zu verspielen. :o

http://www.thewinedoctor.com/blog/2014/ ... aine-huet/

Die Sache mit dem Abgang von Noël Pinguet (siehe Eröffnungsbeitrag des Threads) wird damit auch besser verständlich.

Grüße,
Gerald

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Do 6. Mär 2014, 18:35
von Kle
gespaltene Eindrucke gab es kürzlich vom Le Haut-Lieu Vouvray Sec 2010. Eine erste Flasche ermüdet und für mich indiskutabel. Eine zweite mit feiner Oxydation und gleichzeitig Frische. Apfel-und Citrusaromen wie sie eben nicht vom Baum schmecken, sondern sublim und auf den Punkt gebracht. Im ähnlichen Verhältnis wie der Obstkorb zum Stillleben des flämischen Malers. Ein guter Schuss Tee dazu und im Lauf der Zeit entwickelt der Wein eine zarte Süße – Spurenelemente von Fruchtsüße, die auf seinem "trockenen Boden" umso wirkungsvoller sind. Der Wein scheint, obwohl äußerlich ganz still, zu prickeln, besitzt eine packende Lebendigkeit und etwas faszinierend Vages im Untergrund. Wenn es oft so schön heißt : "Die Hand ging immer wieder zum Glas", muss ich hier sagen: Gerade nicht, weil er so ausfüllend war und zum Innehalten aufforderte.
Nach einem Tag an der Luft schmeckte er gleichförmiger und wie erschlafft.

Gruß, Kle

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Di 11. Mär 2014, 10:10
von octopussy
Kle hat geschrieben:gespaltene Eindrucke gab es kürzlich vom Le Haut-Lieu Vouvray Sec 2010. Eine erste Flasche ermüdet und für mich indiskutabel. Eine zweite mit feiner Oxydation und gleichzeitig Frische.

...

Nach einem Tag an der Luft schmeckte er gleichförmiger und wie erschlafft.

Hallo Kle,

du treibst mir Sorgenfalten ins Gesicht. Desöfteren liest man, dass das leidige Prem-Ox Problem auch an den Loire-Weißweinen nicht spurlos vorbeigeht und auch einige Huet Weine erfasst. Ich hatte bislang Glück (bis auf neulich bei Mathias der 2008 Le Haut Lieu Demi-Sec), aber ich kreuze die Finger, dass sich das Problem nur auf einzelne Flaschen bezieht.

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: So 3. Mai 2015, 20:56
von Weinbertl
zu gebratenem Octopus mit Spargel in einem Sud von Koriander und Haselnussöl gab es gestern einen 2012 Vouvray Le Haut Lieu sec von Huet. Der Wein zeigte sich zunächst abweisend, konnte aber mit zunehmender Luft und etwas mehr Temperatur (ca. 12-13 Grad) zeigen, was in ihm steckt. Der Wein zeigt schöne Aromen von Rauch, Feuerstein und karger Mineralität. Eher fruchtarm und schlank aber sehr trinkanimierend. Die Säure ist gebietstypisch prägnant und doch vorbildlich eingebunden. Mittellanger Abgang. Knapp 16,5

Zum Essen hat er ganz gut gepasst, die perfekte Kombination war es aber sicher nicht, dazu hätte er einen Tacken mehr Restsüße benötigt.

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Sa 2. Sep 2017, 17:48
von UlliB
Nicht ganz so extrem wie das weiter oben erwähnte 1994er-Pendant zeigte sich heute Le Haut Lieu sec 1998. 12%Vol. Sehr dunkles Altgold, aber ohne die Rottöne des 94ers. In der Nase ganz zarte Sherrytöne, vor allem aber eine sehr dezente, feine Teerose. Im Gaumen für nur 12% sehr dicht, eher karge Frucht, deutlich Quitte, trocken, aber nicht staubtrocken, vielschichtig, kalkig, auch hier ganz zart oxidativ, gleichzeitig aber auch frisch, alles sehr harmonisch wirkend. Langer Nachklang.

Wie so viele Chenin-basierte Weine von der mittleren Loire ein Individualist mit einer etwas paradoxen Mischung aus zarter Oxidation und Frische, mit seinen leisen Rosentönen und Quittennoten abseits des Weißwein-Mainstreams. Nichts für jeden Tag, aber zu Pfifferlingsnudeln heute mittag ein ziemlich genialer Partner.

Gruß
Ulli

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Sa 2. Sep 2017, 20:56
von octopussy
UlliB hat geschrieben:Nicht ganz so extrem wie das weiter oben erwähnte 1994er-Pendant zeigte sich heute Le Haut Lieu sec 1998. 12%Vol. Sehr dunkles Altgold, aber ohne die Rottöne des 94ers. In der Nase ganz zarte Sherrytöne, vor allem aber eine sehr dezente, feine Teerose. Im Gaumen für nur 12% sehr dicht, eher karge Frucht, deutlich Quitte, trocken, aber nicht staubtrocken, vielschichtig, kalkig, auch hier ganz zart oxidativ, gleichzeitig aber auch frisch, alles sehr harmonisch wirkend. Langer Nachklang.

Wie so viele Chenin-basierte Weine von der mittleren Loire ein Individualist mit einer etwas paradoxen Mischung aus zarter Oxidation und Frische, mit seinen leisen Rosentönen und Quittennoten abseits des Weißwein-Mainstreams. Nichts für jeden Tag, aber zu Pfifferlingsnudeln heute mittag ein ziemlich genialer Partner.

Den habe ich vor ein paar Jahren mal getrunken, hat mir auch gut gefallen, vielleicht etwas viel Säure, aber insgesamt sehr gut. Aus 1994 kenne ich nur den Le Mont Sec, den fand ich gar nicht gut, rustikal und brachiale Säure.

Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Fr 15. Mai 2020, 19:53
von Michl
Was für ein Weinerlebnis! Erwartet hatte ich einen sicherlich herausragenden Wein, aber der 11er Le Mont sec ist aktuelle und zumindest aus dieser Flasche einfach nur groß. Ein Schauspiel von Wein, er erzählt, ist ergreifend, bleibt aber immer völlig kultiviert und und erhaben.
Der heutige Abend wird allein deshalb wunderbar...

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Re: Domaine Huet

BeitragVerfasst: Fr 15. Mai 2020, 20:09
von amateur des vins
Ah, Huet ist auch schon lange auf meiner Liste...
Liest sich toll!
Wie sec ist sec?