Sa 1. Dez 2012, 23:38
Hallo zusammen,
der ohnehin großartige Weinhandel Vinaturel hatte kürzlich die hervorragende Idee, koinzidierend mit dem Ende der Ära Pinguet auf Domaine Huet eine großartige Raritätenprobe zu veranstalten, die Halt in München, dem Rheingau und - glücklicherweise auch - in Hamburg machte. Die Probe war perfekt organisiert mit großartigen Weinen, schönen Erläuterungen dazu und einem wunderbaren Dinner im Haerlin bei Christoph Rüffer.
Zuerst gab es die drei trockenen 2011er aus den drei Lagen von Domaine Huet: dem Haut Lieu (lehmige Böden mit Kalksteinunterlage), dem Clos du Bourg (hauptsächlich Kalkböden) und dem Le Mont (von Silex durchzogener Kalkmergel). Im Gespräch mit Jean-Bernard Berthommé, dem Kellermeister, konnte man sich die Eigenarten der Böden und deren Ausprägungen im Wein gut erklären lassen. Alle drei trockenen 2011er haben mir sehr gut gefallen. Im Gegensatz zu den Chenin Blancs der etwas wilderen Biodynamiker an der Loire waren sie - wie auch aus vorherigen Jahrgängen - wunderschön harmonisch. Den Le Mont fand ich am besten, gefolgt vom Clos du Bourg, aktuell dem offensten der drei Weine. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich ein paar Flaschen von Noel Pinguets letztem Jahrgang in den Keller zu legen.
Und dann ging die Raritätenprobe los, serviert jeweils in 2er Flights mit einem 3er Flight zwischendrin. Die Zusammenstellung war gut gewählt, tastete man sich doch in verschiedenen Kategorien jeweils vor. Erstaunlich fand ich, wie stark doch die Lage in den Weinen durchschien. Ich habe mir Notizen gemacht und - auch angesichts der kaum fassbaren Faszination dieser Wein - auf meinem Zettel nicht geschaut, aus welcher Lage der jeweils servierte Wein kam. Immer wieder kamen mir aber Weine unter mit einer gewissen ingwerartigen Schärfe, rauchig-feuersteinigen Noten, einer besonders ausgeprägten Mineralität und leichten Orangennoten. Als ich dann nach dem dritten oder vierten Wein dieser Art auf den Zettel schaute, fiel mir auf, dass alle Weine aus der Lage Le Mont kamen.
Ebenfalls zusammenfassend wirklich erstaunlich war, wie frisch und jung die Weine alle noch wirkten. Alle kamen direkt aus dem Weingutskeller. Weine wie der 1961er Le Clos du Bourg moelleux oder der 1950er Leu Haut Lieu moelleux wirkten so, als ob sie noch nicht einmal auf ihrem Zenit angekommen sind. Ein Wein wie der 1969er Le Mont demi-sec wirkt geradezu blutjung. Selbst der älteste Wein - der 1919 Le Haut Lieu moelleux perlant - wirkte alles andere als müde oder alt. Im Gegenteil. Neben einem gut gereiften Riesling Kabinett aus den 90er-Jahren wäre er nicht als alt durchgegangen. Die schönsten Weine waren für mich der 1947er Le Haut Lieu moelleux, ein Wein von perfekter Harmonie, größter Eleganz, Tiefe und Komplexität. Man muss da gar nicht groß über geschmackliche Nuancen nachdenken. Es ist einfach klar: das ist außerweltlich und Auswuchs übernatürlicher Kräfte. Das gleiche Gefühl hatte ich beim 1989er Le Clos du Bourg 1ère Trie "essai", dem ersten biodynamisch erzeugten Wein der Domaine. Diese Tiefe, diese tänzelnde Nase, diese abgrundtiefe Mineralität, die Komplexität des Weins. Das lässt sich nicht beschreiben. Man muss es gespürt haben.
Hier die Liste der Weine:
2011 Vouvray sec Le Haut Lieu
2011 Vouvray sec Le Clos du Bourg
2011 Vouvray sec Le Mont
1938 Vouvray demi-sec Le Haut Lieu
1969 Vouvray demi-sec Le Mont
1919 Vouvray moelleux Le Haut Lieu perlant
1971 Vouvray moelleux Le Mont
1961 Vouvray moelleux Le Clos du Bourg
1959 Vouvray moelleux Le Haut Lieu "FU"
1950 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1953 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Mont
1989 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Mont
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie Le Haut Lieu
1945 Vouvray moelleux Le Haut Lieu "FU" (das war offenbar aber 1946 Vouvray demi-sec Le Mont)
1947 Vouvray moelleux Le Haut Lieu
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie "debut de préssée" Le Mont
1989 Vouvray moelleux 1ère Trie "essai Le Clos du Bourg
1989 Vouvray moelleux Cuvée Constance
Und
hier meine Notizen im Einzelnen.
Vielen Dank an Vinaturel für die Idee für und die großartige Organisation dieser Probe. Es war ein einzigartiges Erlebnis.