So 29. Nov 2020, 17:19
Hallo,
wir haben gestern eine blinde Onlineverkostung mit Weinen aus dem Languedoc gemacht - acht Weine. Erst mal vorweg, das war die schwächste Probe, an die ich mich in der jüngeren Vergangenheit erinnern kann. Da war kaum was dabei, was wirklich Freude gemacht hat, ich habe meine Zahnbürste herbeigesehnt und war froh, als wir endlich durch waren. Die Weine einzeln betrachtet waren zwar immer mal gut (also vielleicht so 86/87 Punkte), aber in Summe, sechs von diesen süßen Wuchtbrummen, sind ganz schnell zu viel (ein Wein war fehlerhaft, einer ziemlich untypisch). Zu viert, zu einem kräftigen Essen, kann ich mir den ein oder anderen Wein durchaus vorstellen.
Angefangen mit diesem:
Mas des Chimères - Nuit grave - Appellation Terrasses du Larzac Contrôlée - 2015:
Der wird ohne Schwefel vinifiziert und nur bei der Abfüllung minimal geschwefelt, das geht in die Naturweinrichtung. Die vielen Schwebstoffe trüben die Motivation etwas ein. Trotzdem, das ist interessant, auch vielseitig, aber mehr als ein halbes Glas kann ich von dem Wein nicht trinken. Ist mir schleierhaft, wie der eine Qualitätsweinprüfung bestanden haben will und als AOC verkauft werden kann. Eine eigentümlich säuerliche Säure und Lack in der Nase.
Ich hatte auch mal zwei Flaschen einer anderen Cuvée des Weinguts. Die waren mit groben Stückchen in einer Flüssigkeit; wie sauer gewordene Milch, mikrobiologisch nicht stabil. Ich habe kein Bedürfnis mich mit dem Weingut weiter zu beschäftigen.
Den Vogel abgeschossen hat aber dieser Wein:
Clos Fantine - Faugères - Appellation Faugères Contôlée - 2013:
Ein ungeschwefelter Wein. So etwas abstoßendes habe ich noch nicht erlebt, hat mir auch nachhaltig die Lust verdorben; von dem Wein musste ich mich erstmal erholen. Wenn man ungeschwefelte Weine machen will, ist das für mich in Ordnung, nur soll man dann auch bitte die nötige Kellerhygiene beherrschen. Ich habe für solche missglückten Experimente kein Verständnis und meine Toleranz ist da schnell erschöpft. Ich finde es eine Frechheit, so etwas in den Verkauf zu geben!
Die übrigen Weine zeigten einen sehr typischen südfranzösischen Stil; dicht, intensiv und mit reifer Frucht.
Mas Jullien - Les derniers états d' âme du Mas Jullien - Le Bon - Appellation Terrasses du Larzac Contrôlée - 2012:
Sehr laut und reif, schon auch vielfältig, aber es fehlt mir hier an Balance. Den Gerbstoffen fehlt es m.M. nach an Qualität um den Preis zu rechtfertigen. Die Nase wurde in der Runde kontrovers diskutiert, da gibt es einen veilchenartigen Geruch, der sich je nach Intensität und Wahrnehmung in Richtung Unterführung/Bahnhofstoilette entwickelt.
Aus der gleichen Appellation und dem gleichen Jahr:
Mas Cal Demoura - Les Combariolles - Terrasses du Larzac - Appellation Coteaux du Languedoc Contrôlée - 2012Der kräftigste, extraktreichste und am süßlichsten wirkende Wein in der Probe. Das ist schon sehr knapp vor Trinkmarmelade.
Domaine Borie la Vitarèle - Les Schistes - Appellation Saint-Chinian Contrôlée - 2014:
Das war mein Favorit der Probe, Trotz der 14.5%, der Alkohol geschmacklich nicht merklich: Ich traue ihm auch noch eine Entwicklung zu, auch wenn er weniger Frische als die Weine vom Pic Saint Loup und den Terrasses du Larzac besitzt. Mehr als ein Glas wird aber auch von diesem Wein schwierig. Der Winzer Jean-Francois Izarn ist 2014 bei einem Unfall ums Leben gekommen, das Weingut wird seitdem von seiner Frau und Tochter weitergeführt.
Domaine de l'Hortus - Grande Cuvée - Pic Saint Loup Appellation Coteaux du Languedoc Contrôlée - 2013:
Das war der Sieger in unserer Gruppe. Vor zwei Wochen haben wir mit der selben Gruppe Syrah verkostet, dieser Sieger wäre auf den drittletzten Platz bei den Syrah gekommen. Nur um das Niveau einzuordnen. Wohl der modernste Vertreter der Probe mit recht vielen Röstaromen. Die sind gut, aber bei weitem nicht edel oder hochwertig. Die Tannine sind gut, aber um bei mir Eindruck zu hinterlassen, müsste der Wein auch etwas Feinheit und Distinguiertheit besitzen.
Ebenso wie dieser hier, kommen die nächsten beiden Weine ebenfalls vom
Pic Saint Loup, die frische Säure trotz hoher Reife besitzen alle drei; ich könnte mir vorstellen, dass diese durchaus auf dem hochgelegenen Terroir vom Pic Saint Loup beruht. Der Hortus war recht deutlich vom Holz geprägt, aber die nächsten beiden sind sich neben der Säure auch insgesamt sehr ähnlich. Auch das könnte seine Ursache im Terroir haben.
Ermitage du Pic Saint Loup - Cuvée Sainte Agnès rouge - Appellation Languedoc Contrôlée - 2015:
Clos Marie - Pic Saint Loup - Simon - Appllation Languedoc Contrôlée - 2014:
Beide Weine sind nicht ganz so voll und extraktreich wie die von den Terrasses du Larzac und haben eine deutliche floral geprägte Nase. Sie sind zwar aktuell nicht komplex, wirken aber auch noch sehr jung, primärfruchtig, so dass ich ihnen noch die Entwicklung von einer Komplexität zutraue. Simon ist etwas extraktreicher, die Cuvée Sainte Agnès etwas balancierter und klarer; den finde ich gar nicht schlecht und den könnte man für den Preis auch empfehlen.
Insgesamt haben mir die Weine vom Pic Saint Loup von der ganzen Art her am besten gefallen, die haben sich eine schöne, frische Säure erhalten und waren nicht ganz so voll und sättigend. Mas Jullien und Mas Cal Demoura von den Terrasses du Larzac waren einfach sehr voll, reif und süß. Insgesamt fehlt mir bei den Weinen aber Spannung, Klarheit und Präzision.
Eine Besonderheit oder ein Alleinstellungsmerkmal hat keiner der Weine. Ich mache immer mal wieder Urlaub im Languedoc, so was bekommt man bei diversen Winzern ab 12€.
Grüße, Josef