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Languedoc

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Kle

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Re: Languedoc

BeitragMi 16. Nov 2016, 22:31

„Überschminkt und nuttig“ – so lauteten vor einiger Zeit Kommentare bei einer Mini-Probe von Weinen der Domaine Bertrand-Bergé. Dass ich mich im Besitz von einigen befinde, ist dem Zufall und einem Besuch in einem Dijoner Weinladen zu verdanken. Seit drei Tagen quäle ich mich nun mit Bergés Ancestrale 2010 und immer wieder denke ich daran, wie treffend obiges Zitat war. Interessant aber, dass viele Bergé-Weine einem geheimnisvollen Gesetz zu folgen scheinen und sich nach einiger Zeit sozusagen ihrer Vulgarität entpuppen. Am Ende des dritten Tages überrascht Ancestrale 2010 damit, dass man nicht mehr unter ihm leidet. Zugleich tauchen hübsche dunkle, pflanzlich und mineralisch anmutende Aromen auf. Während der Wein über lange Zeit Abstoßungsreaktionen verursachte, schmecke ich nun neugierig in ihn herein. Er wirkt dann auf seine Art stimmig und ähnlich wie Tee oder Reis, die exakt für die richtige Zeit im Wasser lagen. Seltsam. Den richtigen Aggregatzustand eines Weine finden, weil er so wenig schmeckt, dass die Flasche auch am dritten Tag nicht geleert ist.
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Tristram Shandy
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austria_traveller

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Re: Languedoc

BeitragDo 17. Nov 2016, 07:36

Kle hat geschrieben:Am Ende des dritten Tages überrascht Ancestrale 2010 damit, dass man nicht mehr unter ihm leidet.

Vielleicht hat sich einfach dein Gaumen daran gewöhnt :lol:
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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octopussy

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Re: Languedoc

BeitragDo 17. Nov 2016, 08:49

Kle hat geschrieben:„Überschminkt und nuttig“ – so lauteten vor einiger Zeit Kommentare bei einer Mini-Probe von Weinen der Domaine Bertrand-Bergé. Dass ich mich im Besitz von einigen befinde, ist dem Zufall und einem Besuch in einem Dijoner Weinladen zu verdanken. Seit drei Tagen quäle ich mich nun mit Bergés Ancestrale 2010 und immer wieder denke ich daran, wie treffend obiges Zitat war. Interessant aber, dass viele Bergé-Weine einem geheimnisvollen Gesetz zu folgen scheinen und sich nach einiger Zeit sozusagen ihrer Vulgarität entpuppen. Am Ende des dritten Tages überrascht Ancestrale 2010 damit, dass man nicht mehr unter ihm leidet. Zugleich tauchen hübsche dunkle, pflanzlich und mineralisch anmutende Aromen auf. Während der Wein über lange Zeit Abstoßungsreaktionen verursachte, schmecke ich nun neugierig in ihn herein. Er wirkt dann auf seine Art stimmig und ähnlich wie Tee oder Reis, die exakt für die richtige Zeit im Wasser lagen. Seltsam. Den richtigen Aggregatzustand eines Weine finden, weil er so wenig schmeckt, dass die Flasche auch am dritten Tag nicht geleert ist.

Hallo Kle,

ich war damals auch kein Fan der Bertrand-Bergé Weine, auch wenn ich das Wort "nuttig" nicht in den Mund nehmen würde. Was du schreibst, klingt ganz nach "überschminkt". Wer weiß, was da alles gemacht wurde, damit ein beeindruckender Wein in die Flasche kommt. Holz, hohe Traubenreife, Konzentration, Pigeage, etc. Wenn ein Terroir richtig gut ist und passende Traubensorten dort wachsen, dann kann man einen Wein im Zweifel verhunzen, aber ihn nicht zerstören. Vielleicht ist es auch besser, Weine wie den oben genannten halbwegs jung (solange noch Frucht da ist) über mehrere Tage zu trinken, als Ewigkeiten zu warten, bis die Schminke weg ist (nur um dann einen Wein mit vielen Falten zu finden).
Beste Grüße, Stephan
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Kle

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Re: Languedoc

BeitragDo 17. Nov 2016, 13:34

Hallo Gerhard und Stephan,

in der Tat muss ich aufpassen, dass ich die Gewöhnung an den "Trinkfluss" eines Weines und seine Entwicklung an der Luft nicht miteinander verwechsele. Speziell hinsichtlich Oxidationsnoten bin ich da schon öfter Opfer von Selbsttäuschungen geworden. Hier liegt der Fall aber anders. Ich würde mich auch nicht so anhaltend mit den Weinen beschäftigen, wenn es nicht so rätselhaft wäre und Bergé nicht zum wiederholten Mal die Geduld belohnt hätte. Anstatt meine kleine Sammlung in die Soße zu gießen, gehe ich sparsam mit ihr um und öffne jede Flasche in gespannter Erwartung.
Öfter habe ich Empfehlungen gehört, man solle auch die kleineren Weine lange liegen lassen. Aber dass die nach dem Öffnen so oberflächlichen wie aufreizenden Aromen eines sechs Jahre alten Weines in mangelnder Reifung begründet sein könnten, kann ich mir nicht vorstellen. Die Art der Schminke, und das ist vielleicht ein Vorurteil, bringe ich wiederum schwer damit zusammen, dass Bergé biodynamisch arbeitet.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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dylan

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Re: Languedoc

BeitragFr 19. Mai 2017, 17:24

In den letzten Wochen hatte ich Gelegenheit, einige ältere Weine aus dem Languedoc zu vernichten:

Chateau de la Negly l'Ancely 2001: Schwarz wie die Nacht, schon deutlich oxidativ, viel Struktur, wenig Spass (100% Mouvedre)

Domaine d'Auphiac Les Plos de Baumes 1999: Ebenfalls sehr dunkel, offensive und frische Nase, am Gaumen mit noch ausreichender Struktur,
weich aber auch trotz moderater Säure frisch, Bordeaux-Blend (CS, CF und Merlot),
der sich deutlich von seinen Vorbildern aber auch von italienischen Plagiaten unterscheidet.

Pierre Clavel Copa Santa 1998: Ja er lebt noch und lässt sich im Gegensatz zu l'Ancely problemlos trinken. Inzwischen belanglos.(überwiegend Syrah mit etwas Grenache und Mouvedre)

Prieure Saint Jean de Bebian 2000 : Die Farbe geht schon leicht ins Braune, überbordende, Süße anzeigende Nase, Extraktsüße (Grenache) auch am Gaumen,
feinsandiges Tannin, das dem Wein Struktur gibt, gute Länge, macht immer noch großen Spass.(Syrah, Grenache und Mouvedre).

Gruß

dylan
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thvins

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Re: Languedoc

BeitragMi 24. Mai 2017, 10:18

Danke für die Wasserstandsmeldung zum 2000er Prieure...
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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amateur des vins

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Re: Languedoc

BeitragMo 29. Mai 2017, 20:38

Heute zum Taboulé die nächste Flasche

Roc d'Anglade 2014

In der Nase und beim ersten Schluck ziemlich deutliche Ausbaunoten; da bin ich anscheinend gerade etwas empfindlich (auch bei anderen Weinen festgestellt). Das ist aber schnell vorbei. Danach zeigt er sich genauso toll wie vor knapp einem Jahr. Jetzt gut, und hat noch reichlich Zeit.

Macht mir sehr viel Spaß!
Besten Gruß, Karsten
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derwolf

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Re: Languedoc

BeitragMo 29. Mai 2017, 21:38

amateur des vins hat geschrieben:Heute zum Taboulé die nächste Flasche

Roc d'Anglade 2014

In der Nase und beim ersten Schluck ziemlich deutliche Ausbaunoten; da bin ich anscheinend gerade etwas empfindlich (auch bei anderen Weinen festgestellt). Das ist aber schnell vorbei. Danach zeigt er sich genauso toll wie vor knapp einem Jahr. Jetzt gut, und hat noch reichlich Zeit.

Macht mir sehr viel Spaß!


Starker Wein, eine kleine Perle aus dem Süden. Hat mich bisher noch nie enttäuscht.
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Oberpfälzer

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Re: Languedoc

BeitragDi 30. Mai 2017, 15:02

Der Roc d´Anglade ist auch einer meiner Top-Favoriten aus dem Süden. Mir gefiel vor allem seine Schwerelosigkeit, klasse Komplexität und Eleganz (Erfahrungen aus den Jahrgängen 2004 - 2007). Hat in der Zwischenzeit die 30€-Marke klar gerissen und steht nicht mehr in meinem Fokus. Dennoch, grosses Kino.
Servus
Wolfgang
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bordeauxlover

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Re: Languedoc

BeitragMi 5. Jul 2017, 15:17

Roc d'Anglade 2010

Am vergangenen Wochenende im Glas, zunächst solo probiert, dann mit passender Essensbegleitung (im Ganzen gebratener Wolfsbarsch mit vielen Kräutern, fleur de sel und Zitrone). Obwohl ich gerne und zahlreich Weine solo trinke: Das ist definitiv ein Wein, der nach passendem Essen schreit! Die Farbe Messing/helles Gold, in der Nase für mich ein Strauß Kräuter der Provence, meine Frau (mit der viel feineren Nase) erschnupperte zusätzlich Quitte, Honig, Madeira. Zunächst bei ca. 8 Grad ins Glas, wo der Wein wenig hergibt und hermacht. Obwohl ich Weißwein im Allgemeinen lieber kälter trinke als die meisten Weinfreunde (Rotwein dafür meist etwas wärmer), braucht dieser Wein selbst für mich (für einen Weißwein ungewöhnlich warme) 12 bis 14 Grad, um richtig aufzublühen und zu zeigen, was er bietet. Der Wein bietet ein höchst eigenständiges, komplexes Geschmacksbild, getragen von einer "salzigen Mineralität". Wenn ich letzteres öfter in VKN - auch hier im Forum - gelesen habe, habe ich es nie wirklich verstanden (Was um Gottes Willen schmecken die Leute da und meinen sie damit ?). Mit diesem Wein ist mir zum ersten Mal ein Licht aufgegangen: Der schmeckt auf höchst angenehme Weise deutlich nach Salz und Meer. Perfekter Begleiter für kräftigen, gebratenen oder gegrillten Fisch mit viel Kräutern und fleur de sel. Die mir eigentlich vorschwebende Dorade war leider auf der Suche nach dem passenden Fisch zum Wein beim Fischhändler meines Vertrauens schon aus, als ich Samstag vormittags auftauchte. Der Wolfsbarsch ging aber auch ausgezeichnet. Obwohl ich kein Austernfan bin, könnte ich mir den Wein mit seiner Meeresbrise auch super zu Austern vorstellen. Selten einen so eigenständigen, unverwechselbaren Weißwein getrunken, der viel Aufmerksamkeit fordert und verdient. Wenn ich Punkte vergeben müsste, für mich so 94-95. Eine Flasche habe ich von dem noch, muss aber unbedingt mal nach jüngeren Jahrgängen suchen, die aktuell noch im Handel zu finden sind. Ich glaube, es lohnt sich!
Armin
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