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Burgund 1997

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UlliB

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Re: Burgund 1997

BeitragDi 31. Dez 2013, 10:57

Gestern abend kam folgendes Geschenk ins Glas:

Clos de Vougeot 1997 (Henri Rebourseau) 13,5%Vol. Auf den ersten Blick ist das ein großzügiges Geschenk: ein grand cru, und mit 16 Jahren wohl schon trinkreif. Bei näherer Beschäftigung trübt sich das Bild dann doch deutlich ein: der Jahrgang ist bestenfalls mittelmäßig; Clos de Vougeot gilt zusammen mit Corton und Echezeaux als der grand cru mit der am wenigsten konstanten Qualität; und am schlimmsten: Rebourseau genießt laut Literatur den zweifelhaften Ruf, einer der größten underperformer der ganzen Côte zu sein. Ich war demzufolge auf alles vorbereitet - bis hin zu einer Leiche im Glas.

Nun, so schlimm war es dann ganz und gar nicht. Immer noch vergleichsweise dunkles, gesundes Granatrot. Ganz am Anfang gab es einen kurzen, wackeligen Moment, in dem Oxidationsspuren und herbstliche Töne auftauchten; der Wein hat sich aber in wenigen Minuten komplett gefangen. In der Nase sofort als Burgunder zu erkennen, nicht übermäßig intensiv, aber durchaus fein; im Gaumen weich und geschmeidig, fast seidig, eher üppig und mit mittlerer Länge. Volle Trinkreife, baut aber über den Abend verfolgt nicht ab.

Was hier fehlt, ist Vielschichtigkeit und Tiefgang; der Wein ist etwas einfach gestrickt und gefällig - so etwas bekommen Top-Erzeuger in besseren Jahren auf dem Villages-Niveau hin. Dennoch, alles andere als schlecht, und ein sehr netter Begleiter an einem Montagabend. Gar nicht so schlecht gewählt, das Geschenk ;)

Gruß
Ulli
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Créot

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Re: Burgund 1997

BeitragDo 16. Jan 2014, 11:47

Nachtrag von Weihnachten:

Jadot Clos de Beze 1997

Verträgt 4-5 Stunden Luft in der geöffneten Flasche und ist auch mit dem letzten Glas am besten. Schöne fragile Beerenfrucht, zunächst sehr fragil später dichter. Waldfrüchte, angenehme Kirschlikörnote, Liebstöckel und intensive Aromen von Morcheln und Trüffeln, viel Wald. Am Gaumen mittelgewichtig, reife Waldhimbeeren mit schöner Süße – aber nicht überreif oder gar marmeladig, trüffelige Noten. Schön balanciert in dem genannten mittelgewichtigen Rahmen. Genug Frische. Die Tannine schön abgeschmolzen mit leichtem Kakaopuder. Sehr schön zur Weihnachtsgans: genug Substanz, aber auch genug Frische.
Letztlich bleibt der Wein aber auch etwas hinter meinen Erwartungen bzw. Hoffnungen zurück. Dazu trägt vielleicht auch die euphorische Tanzernotiz bei (der den Wein aber auch erst in ca. 15 Jahren auf einem Höhepunkt sieht). Mir fehlt für sehr gutes Gand-Cru-Niveau etwas mehr Tiefe und Spiel oder Vielschichtigkeit. Ich würde sagen: sehr gutes 1er Cru Niveau, aber auch nicht mehr (allerdings ist meine Erfahrung mit gereiften Burgundern leider immer noch recht begrenzt).

Grüße
Stefan
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Ostbelgier

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Re: Burgund 1997

BeitragSo 18. Jan 2015, 15:29

Hallo zusammen,

einen tollen 97er habe ich da gestern erwischt. Jean-Jacques Confuron: Vosne-Romanee 1er Cru Les Beaux-Monts. So, wie ich mir einen Vosne-Romanee seines Ranges vorstelle, klassische Farbe, eher helles granatrot, und ein Duft wie aus 1001er Nacht, der reinste Gewürzbasar, tief und reich. Stützende, aber nicht spitze Säure, rund am Gaumen, auf den Punkt gereift. Fabulöser Nachhall. Für das mittelmäßige Jahr ziemlich grosses Kino !

Viele Grüße

Markus
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Subadubawein

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Re: Burgund 1997

BeitragSo 17. Apr 2016, 00:27

Nach korkigem 08er St. Laurent aus der Gobelsburger Ecke musste nun ein "Großer" dran glauben, der sich beim Annähern auch als großartige Entschädigung erwies. Günstig erstanden vor fast 15 Jahren, fällt eine solche Entscheidung schon deutlich leichter als seitdem.

Musste mich auch noch mal neu orientieren, denn Mugnerets gibts doch einige. Ziemlich unbekannt scheint die Domaine Gérard Mugneret zu sein, und hier geht es um den Echezeaux aus 97. Die Domaine gab es auch nicht mehr ganz lang (bis ca. 2004), und es sind entsprechend wenig Infos zu finden. Beim Recherchieren im großartigen Kompendium von Clive Coates, The Wines of Burgundy, findet sich dann doch ein * als Auszeichnung und recht enthusiastische Angaben. Und auch in meiner DB findet sich eine Notiz von Alan Meadows, die ich zum 2. Glas vergleichen kann, er hob 2007 das völlige Fehlen der üblichen grünen 97er Noten und die 'lovely sweetness' hervor.

Der Korken schon perfekt, zu 80 % durchfeuchtet - passender Zeitpunkt des Öffnens. Tatsächlich zeugt der Korkengeruch und das erste Schnuppern keinen Fehlton, und es kann losgehen: ersters Glas schnell umgefüllt und das zweite entwickelt schon bald einen ausladenden, fast schon mächtigen aber doch feinen und angenehmen Duft nach einer Mischung von Erdbeere und Hagebutte, dazu auch die gebotene mittlere Komplexität und Tiefe - jedenfalls deutet die reichlich vorhandene Frucht einen tadellosen Zustand an!

Nun muss ich gestehen, dass ich mehr Premier Cru und Village als Grand Cru Trinkerfahrung habe, wenn ich mich an die wenigen Beispiele für verkostete GC's erinnere, waren die Grenzen zumindest zu den Premiers aber immer fließend. Hier ist der Eindruck im Mund erstmal leicht säurebetont, wenig Samt und Seide, doch die Feinheit und fast schon Eleganz im raffiniert-hintergründigen Fruchteindruck bietet eine gute Visitenkarte. Die präsente Säure zeigt an, dass noch etwas Abrundung im Gaumenaroma drin wäre, was aber zur 2. Stunde bisher nicht eingetreten ist. Vielleicht hat der Wein tatsächlich seinen absoluten Zenit hinter sich, jedoch macht er auch in dieser Verfassung viel Freude.

Vermutlich wäre der Wein nichts für "Druck-Trinker", denn man könnte beim flüchtigen Reinschmecken von einem dünnen Weinchen sprechen. Dies wird diesem Wein aber keinesfalls gerecht, auch wenn er nicht in höhere Sphären abhebt. Freue mich jedenfalls auf die noch vorhandene 2. Flasche dieses Weins. Fazit: ein gelungener 97er, den ich so etwa bei 91 Punkten sortieren würde.
Immer ein Glas, das richtig gut schmeckt.
Dabei niemals blöde strunkelig sein.
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weingollum33

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Re: Burgund 1997

BeitragMo 18. Apr 2016, 08:37

Hallo Reiner / Subadubawein,
schöne Verkostungsnotiz. Habe einige Flaschen der Domäne aus dem Jahrgang 2006. Die Weine von Gerard Mugneret sind in Deutschland schwer zu erhalten. Nur ein Händler hat sie im Sortiment und wer nicht jährlich bestellt, hat keine Chance, von der Charge etwas zu erhalten. In der Schweiz kommt man deutlich besser an die Weine. Mir sind deine Formulierungen "nur bis 2004" hat die Domäne existiert, nicht ganz klar. Jedenfalls gibt es die Domäne noch heute - nach 2004 wird allerdings kein Nuits St. Georges Chaignots mehr dort vinifiziert. Die Pacht dieser Parzelle ging damals zurück an die Verwandschaft (Mugneret-Gibourg)! Ich glaube es sind Cousinen von ihm. Ansonsten ist Gerard Mugneret (wird im Übrigen heute von seinen Sohn Pascal geleitet) eine der Domänen, die seit Jahren einen Großteil ihrer Produktion an private Stammkundschaft verkauft. Insofern ist sie medial nicht sehr präsent.
Gruß Tobias
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Subadubawein

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Re: Burgund 1997

BeitragMo 18. Apr 2016, 18:16

Jo Tobias, sollte erst richtig gucken, die Domaine ist existent, so steht es auch bei Coates. Danke für die Anmerkung, was mich daran erinnert, dass ich gestern völlig den Umfüllschluck vernachlässigt habe, den werd ich dann gleich nochmal ins Burgunderglas geben und schnuppern :)

Ein Nachtrag für den Thread, ebenfalls sehr schön war vor paar Monaten der Nuits St. Georges Clos de Thorey 1997 von der Domaine Thomas-Moillard, der mir zu diesem Anlass schon den Glauben an die Beständigkeit der 97er wiedergegeben hat und wo ich sogar die Flasche bis heute aufgehoben habe. Ein großer Klassiker ist dieser 1er Cru, der überhaupt keine Anzeichen von Ermüdung zeigt. Gute Vorstellung, aus der Erinnerung knapp über der 90 Punkte Grenze.
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Subadubawein

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Re: Burgund 1997

BeitragDo 31. Dez 2020, 01:16

QUOTE: "Vermutlich wäre der Wein nichts für "Druck-Trinker", denn man könnte beim flüchtigen Reinschmecken von einem dünnen Weinchen sprechen. Dies wird diesem Wein aber keinesfalls gerecht, auch wenn er nicht in höhere Sphären abhebt. Freue mich jedenfalls auf die noch vorhandene 2. Flasche dieses Weins. Fazit: ein gelungener 97er, den ich so etwa bei 91 Punkten sortieren würde."

Nun wieder Gelegenheit gehabt, den

Echezeaux 1997 Gerard Mugneret

zu verkosten. Passiert ja gar nicht oft, dass man sich selbst zitieren darf :roll: nun die Gelegenheit, anhand der zweiten Flasche zu schauen was zutrifft, doch schon über den Punkt oder vor 4 Jahren noch mit gebremstem Schaum?

Hier nur kurze Beschreibung aus der Erinnerung, da schon im Oktober verkostet. Der Wein benötigte erneut viel Belüftung, um nach etwa ein bis zwei Stunden seinen sehr betörenden, reintönigen und auch tiefen Ausdruck zu gewinnen. Recht schnell zeigt sich das Grand Cru Format, wobei der Wein nicht sphärisch oder abgehoben erscheint sondern auf sehr sinnliche Weise überzeugt, eben die genau richtige Balance und Ausgewogenheit der Komponenten erreicht, verbunden mit dem sehr delikaten Fruchtausdruck mit feinem, leicht süßlichem Abgang.

Fazit, keinerlei Schwächeanzeichen, was für den Jahrgang wohl die Ausnahme darstellt. Nach zwei, drei Versuchen für mich ein Erzeuger ohne Fehl und Tadel, von dem ich leider, leider letzte 20 Jahre keine Angebote mehr registriert habe, weingollum hat den Hintergrund oben auch beschrieben. Auch heute sollte keiner diesen Jahrgang schon ganz abschreiben.
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Subadubawein

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Re: Burgund 1997

BeitragDi 5. Jan 2021, 01:22

Und noch ein Nachtrag aus November, ein Gevrey der feineren Art und ein weiterer, wacker der Zeit trotzender 97er, der mich über einen Zwischenhändler erreichte, vermutlich direkt aus einem französischem Keller stammend:

Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaux St. Jacques 1997 Louis Jadot

Hier hatte ich seinerzeit eine Notiz gemacht:
Intakte Farbe, komplexe Nase mit schönen Wald- und Heidelbeeraromen, unterlegt mit etwas Kräutern und Tee. Schlank bis in den Abgang und rundet sich nicht mehr ganz, Tertiäraromen überwiegen, Pilze, kaum Frucht, Tee, feiner und stimmiger Nachhall auf feinen, würzigen Noten.

Die 97er Jadot-Weine sind nicht chaptalisiert, eine gute Reife ist erkennbar. Ein sehr feiner Wein, für das Alter absolut gut in Form, was mir dann auch 91 Punkte wert war.
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