Do 27. Mär 2014, 18:56
Ich war vor dem Besuch bei
Sylvain Pataille in
Marsannay-la-Côte vorgewarnt worden. Das würde anstrengend werden. Am Ende war mir zwar eiskalt, aber ich fand den Besuch hauptsächlich extrem spannend.
Sylvains Domaine ist noch relativ jung. 2001 war der erste Jahrgang. Er kommt zwar aus einer Winzerfamilie aus Marsannay, arbeitete aber nach seinem Studium zunächst nur als Berater für andere Domaines. Das tut er immer noch und man fragt sich, woher der Mann eigentlich die Zeit nimmt, zahlreiche namhafte Domaines zu beraten und seine eigene Domaine mit großer Passion voranzubringen. Aber es scheint irgendwie zu gehen. Mittlerweile bewirtschaftet Sylvain 10 ha in Marsannay-la-Côte und in Lagen nördlich von Marsannay in dem Gebiet, in dem man die Weine nur noch als "Bourgogne" bezeichnen darf.
In Marsannay hat er durchaus einige Lagen im Portfolio: En Clemengeots, Longeroies, Clos du Roy, La Montagne, Grasses Têtes und weitere. Er erzeugt Weißweine (Aligoté, Chardonnay), Rotweine und Roséweine. Marsannay ist letztlich das einzige Dorf an der Côte d'Or, aus dem in nennenswertem Umfang Roséweine erzeugt werden. Seine Vorgehensweise ist recht wenig interventionistisch. Er arbeitet - ich meine - zertifiziert biologisch-organisch und mit einigen biodynamischen Aspekten. Im Keller wird spontan vergoren, die Weine kriegen - je nach Wein - mehr oder weniger neues Holz zu sehen (bis zu 100% neues Holz). Das Gleiche gilt für die Verwendung von unentrappten Trauben für die Pinot Noirs. Alle Weine werden ungeschönt und unfiltriert abgefüllt. Die SO² Zugabe ist sehr gering. Soweit ich es verstanden habe, werden ein paar Weine mittlerweile komplett ohne SO² Zugabe abgefüllt.
In jeder Farbe hat Sylvain Pataille einen Wein, der 24 Monate in relativ viel Neuholz ausgebaut wird - es handelt sich dabei jeweils um die Spitzencuvées: - den "Charme aux Pretres" in Weiß, den "Fleur de Pinot" in Rosé und den "L'Ancestrale" in Rot.
Gute drei Stunden waren wir da und haben in der Zeit eine ganze Menge Weine probiert. Am Ende habe ich ehrlich gesagt trotz Spuckens ein bisschen den Überblick verloren, deshalb ist die zweite Hälfte der Weine etwas bruchstückhaft erfasst.
1.
Bourgogne Rouge 2012: sauber, jung, klar, fein. Kein Leichtgewicht.
2.
Marsannay Rouge 2012: mit mehr Tannin, mehr Komplexität und mehr Konzentration als der Bourgogne Rouge.
3.
Marsannay En Clemengeots 2012: Der Wein hat mir besonders gut gefallen - rot- und schwarzbeerig, sehr harmonisch, delikat, mit feinen Tanninen und feiner Säure, exzellent balanciert.
4.
Marsannay Grasses Têtes 2012: Hat deutlich mehr Tannin als der Clemengeots, recht konzentriert, kräftiges Tannin, wird lange brauchen.
5.
Marsannay Longeroies 2012: ähnlich wie der Grasses Têtes, aber für meinen Geschmack etwas ausgewogener und weniger tanningeprägt. Sehr gut.
6.
Marsannay Clos du Roy 2012: sehr konzentriert, viel dran und drin, wunderbar duftig, mineralisch im Mund, feine Frucht.
7-
Bourgogne Le Chapitre 2012: Nach dem Marsannay Clemengeots mein Lieblingswein bis zu diesem Zeitpunkt. Sehr harmonisch, ausgewogen, sehr feine Säure, super feine Frucht, tolle Balance. Große Klasse.
8.
Marsannay "L'Ancestrale" 2012:
. Erst das zweite Mal, dass ich einen L'Ancestrale von Pataille im Glas hatte (das erste Mal war ein 2006er). Dieser Wein ist derart konzentriert, dass man sich ihm nicht entziehen kann. Duftig, springt aus dem Glas. Im Mund geradezu explosiv, nicht schwer, nicht mit dem manchmal etwas nervigen "Teppich" aus Tannin, Säure und süßer Frucht, sondern einfach mit wirklich extremer Aromenkonzentration. Grandios. Wer keine Angst vor konzentrierten Weinen hat, unbedingt ein paar Flaschen sichern
9.
Marsannay "L'Ancestrale" 2011: Auch hervorragend, aber nicht ganz so packend wie der 2012er. Deutlich weniger konzentriert, trotzdem komplex, sehr mineralisch. Große Klasse.
10.
Marsannay Rouge 2013: Malo war noch nicht durch. Sehr schön trotzdem, klare, eher rotbeerige Frucht.
11.
Marsannay En Clemengeots 2013: Malo noch nicht durch. Den Clemengeots fand ich auch aus 2013 ganz wunderbar, ähnlich elegant, feinfruchtig und ausgewogen wie den 2012er, vielleicht einen Tick leichter.
12.
Marsannay Longeroies 2013: Malo noch nicht durch. Noch ein Wow-Moment. Der Wein gefiel mir sogar besser als der eh schon gute 2012er - feine Aromatik, muskulös, aber nicht stämmig, sehr schöne Aromenkonzentration, v.a. Kirsche. Große Klasse
13.
Bourgogne Le Chapitre 2013: Malo noch nicht durch. Auch der Le Chapitre scheint in 2013 wieder gut gelungen zu sein - vielleicht etwas leichter als 2013, etwas weniger konzentriert.
14.
Bourgogne Aligoté 2013: Malo noch nicht durch. Aligoté-typisch in der Aromatik, vielleicht etwas herber und etwas weniger luftig.
15.
Marsannay Blanc 2013: Malo noch nicht durch. Glockenklar in der Aromatik, bespielt die ganze Klaviatur von weißlichen bis exotisch-gelblichen Früchten, dazu nussige Aromen.
16.
Bourgogne Le Chapitre 2013: habe leider im Kopf nichts notiert
17.
Marsannay Blanc 2012: Ein kleiner Chardonnay mit Anspruch. Etwas weniger klar aromatisch als 2013, dafür konzentrierter in den Aromen, leichte Gerbstoffnote im Abgang.
18.
Marsannay Blanc "Charme aux Pretres" 2012: ein Hauch Holz in der Nase, weißlich-florale Noten, etwas Funk. Im Mund sehr herb, gerbstoffreich, stoffig.
19.
Marsannay Blanc "Charme aux Pretres" 2011: Wie der 2012er, nur meiner Erinnerung nach noch gerbstoffreicher. Mit dem Wein hatte ich leichte Schwierigkeiten.
20.
Marsannay Blanc "Charme aux Pretres" 2004: Aus einer 0,375 l Flasche, ein Fund aus der hintersten Ecke des Kellers. Die erste Flasche war leider anoxidiert, warum, konnte man ziemlich deutlich am Bröselkorken erkennen. Die zweite Flasche war in Ordnung, der Wein ist wunderbar gereift, noch sehr jung, geht mit den jüngeren Jahrgängen mit, recht herb, gerbstoffreich, leichte Bitternoten (wie Grapefruit), sehr salzig im Abgang.
21.
Marsannay Rosé "Fleur de Pinot" 2012: Mit dem Wein hatte ich auch sehr große Schwierigkeiten. Irgendwie komisch in der Nase, im Mund besser, aber der Wein gab mir nur Rätsel auf, vermutlich, weil seine 24 Monate Fassreife noch nicht abgeschlossen sind.
22.
Marsannay Rosé "Fleur de Pinot" 2011: Erheblich leichter zu verstehen als der 2012er, floral, zitrusfruchtig in der Nase, dicht, aber frisch im Mund. Ein ausgezeichneter Rosé, allerdings mit > 30 Euro im deutschen Handel auch ziemlich hochpreisig.
Ich meine, dass wir noch ein paar mehr Weine getrunken haben. Die Pataille 2012er fand ich ausgezeichnet, sie sind aber wirklich konzentriert (wie gesagt, ohne schwer zu sein) - da sind extrem viele Aromen in die kleinen Flaschen reingekommen - die Weine sind sehr komplex. Ich vermute mal, dass es mit einigen Ausnahmen (Village, Clemengeots) recht lange dauern wird, bis sich die Weine wirklich entfalten. 2012 schien mir bei Pataille kein Jahrgang zum jung trinken zu sein. Ich habe schon ein paar Weine gekauft, u.a. den tollen L'Ancestrale 2012. Die 2013er schienen mir größtenteils auch sehr vielvesprechend.