Hallo zusammen,
gestern probierte unsere "4-köpfige" Weinsportgruppe

einige Weinpärchen "blind". Jeder Teilnehmer brachte 2 Weine mit, die er gerne mal im direkten Vergleich probieren möchte. Zu den einzelnen Weinen wurden keinerlei Angaben gemacht, so dass die jeweils 3 Mittrinker im Dunkeln tappten und sich den Weinen ratenderweise annähern mussten. Dieses Verfahren erdet enorm

In diesem Zusammenhang konnte ich mein Versprechen, den von Michl recht kritisch gesehenen 2016er Cremant de Bourgogne "Grand Eminent" blanc de blancs Brut Nature von Dominique Gruhier im kundigen Kreis

nachzuprobieren und mit einem vergleichbaren Champagner in den Flight zu nehmen.
Hierzu habe ich den 2017er "L`Authentique" Blanc de Blancs Grand Cru Brut Nature von Eric Isselee aus Cramant ausgesucht, der im Oktober 2022 degorgiert wurde. Die Verweildauer auf der Hefe ist ebenfalls sehr ähnlich. Damit ich auch mitraten konnte, hat ein anderer Teilnehmer das Einschenken übernommen. Ich wusste daher nur, welche Schaumweine im Unlauf sind, aber nicht, in welchem Glas der Schampus oder der Cremant sich befindet.
Den anderen 3 Teilnehmern war sehr schnell klar, dass hier wohl das "Original" in Form des Champagners mit einem anderen Schaumwein verglichen wurde.
Glas 1: mittelfeine Perlage, Zitrus, Brioche, klare Hefenoten, ein Hauch Mostapfel, angenehme, dezente Reifenoten, klar und belebend, zarthefiger Abgang, mittlere Länge.
Glas 2: etwas feinperliger, Zitrus, Apfel, sehr saftig, etwas mehr Hefe als Glas 1, deutlich steinig-mineralisch, mehr Substanz, harmonisch, deutlich feiner und mehr Struktur, gute Länge.
Wir waren unisono der Meinung, dass im Glas 2 der wertigere und stimmigere Schäumer war und tippten alle auf Champagner.
Beim Aufdecken war dann die Überraschung perfekt: im Glas 1 befand sich der Champagner und im Glas 2 der Cremant von Gruhier ! Meine Einschätzung, dass dieser Cremant durchaus ein passender "Pirat" für eine Champagner-Probe ist, war also durchaus nicht falsch. Meine Probennotiz ist vielleicht noch in der Hinsicht zu ergänzen, dass ich die mineralische Seite noch mehr betonen würde. Ein heftiges Aufschäumen und Zusammenfallen der Perlage konnten wir nicht feststellen, im Gegenteil, der Probenrest präsentierte sich heute noch sehr lebendig und feinperlig. Eine Überreife oder Unsauberkeit war ebenfalls nicht erkennbar, ebenso keine Bitterkeit im Abgang.
Fazit: Michl und ich haben entweder 2 völlig unterschiedliche Flaschenvarianzen gehabt oder interpretieren den Inhalt einfach anders

, was die ganze Sache ja auch wieder spannend macht. Wir hätten ja sonst keinen Diskussionsstoff mehr, wenn alle der gleichen Meinung wären. Und schließlich ist ja der eigene Geschmack der wichtigste
LG
Bodo
P.S.: die Besprechung der restlichen Pärchen werde ich unter die Rubrik "Dieses und jenes-Proben querbeet" packen.