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Beaujolais

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 22. Apr 2022, 11:34

... eine Jahrgangsschwäche war überhaupt nicht zu erkennen, im Gegenteil, hätte man mir die Weine als Spitzenjahrgänge vorgestellt, hätte ichs geglaubt. Ein anderes Vorurteil gab neu zu denken. Nämlich, Bojos seien Fruchtspezialisten, stimmt, aber nicht mit der Konsequenz, die Primärphase sei allem vorzuziehen. Bei den vier etwa 15 Jahre alten Weinen schien eher die Fähigkeit vorhanden, Früchte besonders lebendig über die Zeit zu erhalten (übrigens auch über die Verkostungsdauer von über fünf Stunden), wie aus Oles Schilderungen genau hervorgeht . Genial fand ich in dieser Hinsicht Bouland, in dessen himmlischen Beeren-Interpretationen der Wein vollständig aufging und keine weiteren Noten vermissen ließ. Alterstöne besaß er sowieso nicht. Er hätte nicht müssen, entwickelte dann aber doch eine weitere faszinierende Ebene mit krautigen und steinigen Aromen. Bei anderen, z.B. Clos de Mez fand ich auch Gebrechliches, Eindrücke wie von Pergament oder Ausgelaugtem bis hin zu unangenehm herben, diffusen Noten. Als seien einige Aromen aufgebrochen und etwa richtungslos geworden. Sie trugen zur Spannung bei, weil die Fruchtassoziationen umso schöner kontrastierten. Diese wie viele andere Bojos vermitteln ein Gefühl des Authentischen und von tiefgründiger Handwerkskunst wie als gute Alternative zu vins naturel.
Desvignes hatte, wie Ole beschreibt, zusätzlich diese sublime Eleganz, schwer zu Fassendes, dem man nachjagen will...

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragMo 25. Apr 2022, 10:48

Kle hat geschrieben:Ein anderes Vorurteil gab neu zu denken. Nämlich, Bojos seien Fruchtspezialisten, stimmt, aber nicht mit der Konsequenz, die Primärphase sei allem vorzuziehen. Bei den vier etwa 15 Jahre alten Weinen schien eher die Fähigkeit vorhanden, Früchte besonders lebendig über die Zeit zu erhalten

. . . und nicht nur "über die Zeit zu erhalten"! Das war das eigentlich Interessante: Junge Beaujolais neigen ja mitunter zu einer ungestümen, z.T. auch kitschigen, z.T. auch aufdringlichen Frucht. Nichts davon war bei den 15-Jährigen zu spüren. Durchs Altern gewann die Frucht offenbar an Tiefe, Reife, Schliff, Noblesse. Ähnliches wäre hier für die Säure zu notieren.
Ole
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EThC

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Re: Beaujolais

BeitragMi 1. Jun 2022, 12:57

...schön kantiger Natur-Gamay:

Bild
Viele Grüße
Erich

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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragDi 4. Okt 2022, 11:54

Hier im Forum ist ja schon oft über die Alterungsfähigkeit von Beaujolais geschrieben und damit einer weitverbreiteten, auch in schlau sich gerierenden Büchern immer wieder vorgetragenen Meinung entgegen gestreten worden, nämlich der, Beaujolais wäre nix für die Lagerung und sollte nicht länger als zwei, drei Jahre aufbewahrt worden. Carsten und ich haben in mehreren Proben von 2005ern quasi das Gegenteil bewiesen, denn 15 Jahre und älter zeigte ausnahmslos keiner irgendwelche Altersgebrechlichkeit. Dennoch war ich erstaunt, als mir neulich vorgesetzt wurde:
Georges Duboeuf 1991 Morgon 'Jean Descombes'
Blind verkostet kam niemand auf Beaujolais; auf einen reifen Burgunder, auch Rioja wurde getippt. Im Glas glänzte kräftiges Ziegelrot mit Mahagonirand. Da kam eine feine, zarte, aber deutliche Würz- und Fruchtnase entgegen, am Gaumen dann Seide und Samt, dezente Frucht von Kirsche, Brom- und Blaubeere, zarte Holzanklänge, Kräuterwürze, leichte, sehr angenehme Fruchtsüße, ein Hauch von Waldboden, der Wein hatte eine schöne Länge und endete in weichem, mürben Tannin. Das alles war eingebettet in Seidigkeit und mit Eleganz performt. Ein toller, würdevoller Wein, dem man Reife attestiert, der aber keinerlei Altersschwäche offenbarte, sondern rundum attraktiv war – und das nach gut 30 Jahren auf dem Buckel! Chapeau!
Ole
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Bernd Schulz

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Re: Beaujolais

BeitragSa 4. Feb 2023, 21:41

Einen passenderen Thread für diesen eigenwilligen Schäumer aus dem Beaujolais habe ich leider nicht gefunden:

Bild

Auf dem Etikett sehe ich keine Jahrgangsangabe, wobei auf der Website von PdP noch zwei Jahrgänge abrufbar sind, nämlich 2018 und 2020. Beim ausverkauften 2018er steht auf dem Etikett unter dem Namen "Manganèse" die Bezeichnung "Méthode Aromatique", während sich auf dem Etikett des 2020ers (entgegen der Angabe des Händlers!) eine andere Bezeichnung findet, nämlich "Méthode Ancestrale". Ich vermute daher, dass ich - dem Etikett entsprechend- den 2020er erwischt habe.

Wie auch immer: Es handelt sich jedenfalls um einen ausgesprochen interessanten Blubberstoff - etwas Vergleichbares hatte ich eigentlich noch nie im Glas (wobei ein guter Lambrusco ganz aus der Ferne grüßen lässt). Ohne große Reue kann man davon auch mal eine Pulle für sich alleine öffnen, weshalb schon ein gewisser Nachkaufreflex vorhanden ist!

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Sa 4. Feb 2023, 22:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Beaujolais

BeitragSa 4. Feb 2023, 22:11

Bernd Schulz hat geschrieben:Einen passenderen Thread für diesen eigenwilligen Schäumer aus dem Beaujolais habe ich leider nicht gefunden
...Du hättest ja auch den Faden "Beaujolais-Schaum" gebären können...

Klingt jedenfalls interessant!
Viele Grüße
Erich

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Bernd Schulz

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Re: Beaujolais

BeitragSa 4. Feb 2023, 22:34

Im Gebären von neuen Threads bin ich ziemlich schlecht.... :oops:

EThC hat geschrieben:Klingt jedenfalls interessant!


Ist es auch. Wobei auf der PdP-Website Folgendes steht:

"Tatsächlich ist diese Art Wein in Frankreich gar nicht so ungewöhnlich. Im Beaujolais, an der Loire oder auch in Bugey (Savoie) haben restsüße Rosé-Schäumer aus Gamay Tradition. Und natürlich wissen die Franzosen genau, wozu sie diese Weine trinken. Ein Wein wie der Manganèse, der seinen Namen von den vielen Manganknollen bekommen hat, die es in den Böden von Moulin-à-Vent gibt, ist nicht nur ein hervorragender Aperitif. Er passt auch sehr gut zu nicht zu süßen Desserts wie Kuchen mit Kirschen oder Beeren wie auch zu salzigen und würzigen Vorspeisen. Unser Tipp: Probieren Sie diesen Wein zu Coppa, Bresaola oder Salami!"

Es scheint sich um eine Tradition zu handeln, die sich bislang in Deutschland kaum herumgesprochen hat. Ich wusste jedenfalls bis vor kurzem nicht, dass derartige Schäumer überhaupt existieren.

Herzliche Grüße

Bernd
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Re: Beaujolais

BeitragSa 4. Feb 2023, 22:45

Bernd Schulz hat geschrieben:Ich wusste jedenfalls bis vor kurzem nicht, dass derartige Schäumer überhaupt existieren.
...ich ehrlich gesagt auch nicht, hab mich wohl zu sehr von den Freak-Gamays ohne Blubber blenden lassen... :o
Viele Grüße
Erich

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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 10. Mär 2023, 22:54

Mit dem 2019er Morgon Cote du Py Javernières verfestigt Jean Paul Brun bei mir den Ruf, schön eigenartige Weine zu machen. Bereits der Geruch hat etwas Fesselndes, obwohl nicht außergewöhnlich viele Aromen mitschwingen. Aber es ist da eine Klarheit und Dichte, die die Aufmerksamkeit unwiderstehlich an sich zieht.
Geschmacklich beindruckt und befremdet der Wein zugleich. Denn der Naseneindruck erweitert sich zu einem seltsamen erdig-metallischen Eindruck, der eine ganze Weile dominiert. Er stammte nicht aus meiner üblichen Wahrnehmungswelt und ich dachte an Erichs „EThCs" Eindrücke beim Bearbeiten von Basalten und Austeniten. Mal vermutete ich eine Terroir-Besonderheit, mal, dass der Warnhinweis auf der Flasche allzu berechtigt sein könnte: Wegen der nur geringen Menge an Sulfiten solle man sie kühl im Keller lagern. Nach etwa einem Tag zieht sich das „eigenartige“ Aroma fast vollständig zurück und der Wein wird - wie ich Vorgänger von ihm kenne - äußerst zartfruchtig und lässt Assoziationen an sehr reine, „idyllische“ hellrote Früchte und Himbeeren aufkommen. Überraschend kehrt das Gangsteraroma noch einmal zurück, um dann endgültig zu verschwinden. Kraftvoller und mineralisch unterlegt werden Kirschen, Johannisbeeren und Blaubeeren und im Kontrast Anklänge von Citrusfrüchten und Mango, wobei nicht immer wieder neue Eindrücke für Spannung sorgen, sondern Struktur und Plastizität. Dies entwickelt sich zu einer markanten Beaujolais-Aromatik mit gut erkennbarem Gamay.

Gruß, Kle
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Re: Beaujolais

BeitragDi 14. Mär 2023, 14:04

Erfreulicherweise schmeckt auch dieser Gamay nicht nach Gamay:

Bild

:mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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