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Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Mo 14. Jan 2019, 10:48
von UlliB
Nachdem ich mit besseren 2005ern über einige Jahre hinweg böse auf die Nase gefallen bin - alle restlos vernagelt - habe ich um den Jahrgang für eine ganze Weile einen großen Bogen gemacht. Gestern dachte ich, ich könnte es mal wieder versuchen. Ich habe dafür bewusst einen Wein ausgewählt, der im Normalfall eher früh zugänglich ist:

Chateau Branaire-Ducru 2005 (St. Julien 4e GCC) 13%Vol. Dekantiert und kurz belüftet. Immer noch sehr dunkle Farbe ohne Alterstöne, in der Mitte blickdicht. Offene, rotfruchtige Nase, zunächst Himbeere, dann Johannisbeere, nach einiger Belüftung auch dunklere Frucht; Holz ganz im Hintergrund. Wirkt im Gaumen für den an sich konzentrierten Jahrgang überraschend schlank, ziemlich kühl (und insofern sehr Bordeaux), moderate Säure, Tannin im Hintergrund, dieses aber noch etwas rauh. Mittlere Länge. Alles in allem: sanft. Kaum Ecken und Kanten, aber auch nicht flach, schöne Harmonie.

Ok, das hat mal gut funktioniert. Der Wein ist vielleicht noch nicht voll da, aber schon zu 80 bis 90%, und macht Spaß. Parker himself und Neal Martin haben jeweils 93 Punkte vergeben. Für meinen Geschmack ist das einen kleinen Tacken zu viel, der Wein könnte etwas mehr Spannung haben, aber man kann das auch so stehen lassen.

Ich werde mich bei den 2005ern jetzt wohl mal vorsichtig und langsam weiter vortasten.

Gruß
Ulli

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Do 24. Jan 2019, 22:33
von Frankie Wilberforce
Heute Abend im Glas gehabt einen Schluck vom Chateau Tour de Pez, St. Estephe, CB, 2005.
Anfangs eine schöne typische St. Estephenase, sie verschloß sich nach wenigen Minuten, ein tiefdunkler fast schwarzer Wein, am Gaumen anfangs rote Kirschen, rotbeerig, Holz, und gleich hierauf jede Menge raue Tannine, Abgang wie Gaumen.
Noch immer zugenagelt.
Morgen nehme ich mir noch einmal einen Schluck davon.

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Fr 25. Jan 2019, 09:47
von Desmirail
Frankie Wilberforce hat geschrieben:Morgen nehme ich mir noch einmal einen Schluck davon.


Wenn Du es schaffst, breichte doch bitte mal. Ich empfinde die 2005er auch noch als völlig zu.

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: So 27. Jan 2019, 14:41
von duhart09
Leider habe ich in den letzten Jahren die meisten zaghaften Versuchen, zu schauen, ob sich die 2005er nicht endlich mal öffnen, eher bereuen müssen.

Zuletzt aber nicht - Quinault L'Enclos 2005 zeigte sich als offener, aber noch junger Wein. Nase noch etwas verhalten mit Sauerkirsch, aber am Gaumen schöne Kirschfrucht, mittlerer Körper, etwas zu viel Säure und zu meiner Überraschung eher auf der eleganten Seite (trotz 14%) und mit Luft weiter ausbauend. Blind hätte ich den nicht unbedingt für einen St. Emilion gehalten. NIcht spektakulär, aber einfach schöner Bordeaux-Genuss (knappe 18 P.).

Würde mich dieses Jahr gerne noch einmal an ein paar kleineren Kalibern aus 2005 versuchen, vielleicht finden sich da in unserer Frankfurter Bordeaux-Runde noch ein paar Neugierige mehr!

Gruß

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: So 27. Jan 2019, 16:24
von Jochen R.
duhart09 hat geschrieben:...
Würde mich dieses Jahr gerne noch einmal an ein paar kleineren Kalibern aus 2005 versuchen, vielleicht finden sich da in unserer Frankfurter Bordeaux-Runde noch ein paar Neugierige mehr!

Gruß

Gute Idee, ich hatte bei unserer St. Emilion-Horizontale im letzten
Jahr auch nicht den Eindruck, dass das ein total sinnloses Unterfangen
ist.

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Mi 20. Feb 2019, 11:21
von olifant
... gestern im Glas ...

Chateau Lagrange 2005, Chateau Lagrange (Suntory Group) - Saint Julien, 46% Cabernet Sauvignon, 45% Merlot, 9% Petit Verdot.

dunkles fast opakes Rubinrot, feine Randaufhellung; Cassis, Blaubeeren, Zigarrenkiste, etwas Graphit; am Gaumen intensiv und kräftig, jedoch eher noch knapp Mittelgewichtig, dichte üppige rot- und blaubeerige Frucht, Zigarrenkiste (edles Holz und feiner Tabak), deutliche durchaus harmonische Barriqueprägung, fein gerundete feinsandige Tannine, angenehm stützende Säure die sich völlig hinter dem Extrakt verbirgt, sehr harmonisch und balanziert, gewisser Druck, angenehmer Trinkfluss; langer - sehr langer deutlich frucht- und barriquebetonter Abgang - 17,5-18/20 op

Hervorragend gemachter, m.E. moderner, frucht- und barriquebetonter Wein, der ohne Luft sofort da und ziemlich hedonistisch war, mit Luft etwas strenger und säurebetonter wurde. Lang gehalten hat die Flasche für 2 Personen nicht wirklich ;)
M.E. Merlot geschmacklich etwas dominant, genauso wie Barrique. Sicher schon jetzt gut trinkbar, aber auch keinerlei Eile ... nächste Flasche 3 Jahre?

In unserem teilweise auch bordeauxlastigen Forum fanden sich noch keine VKN zum 2005, auch in den Verkostungsnotizen nicht ... ungeschätzt? Unbeliebt? Zu modern und austauschbar?

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Mi 20. Feb 2019, 12:12
von Jochen R.
olifant hat geschrieben:... gestern im Glas ...

Chateau Lagrange 2005, Chateau Lagrange (Suntory Group) - Saint Julien, 46% Cabernet Sauvignon, 45% Merlot, 9% Petit Verdot.
...
In unserem teilweise auch bordeauxlastigen Forum fanden sich noch keine VKN zum 2005, auch in den Verkostungsnotizen nicht ... ungeschätzt? Unbeliebt? Zu modern und austauschbar?

Hallo Ralf,
ich habe mich an den 2005er Lagrange bisher noch nicht rangetraut.
Das sollte ich dann wohl mal ändern - danke für die Notiz!

Der Lagrange hat in 2005 übrigens einen ungewöhnlich hohen Merlot-Anteil
(wie der direkte Nachbar Belgrave in diesem Jahr ebenfalls). Ich denke das
erklärt den Eindruck "modern" bzw. die frühe Zugänglichkeit.

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Mi 20. Feb 2019, 13:32
von olifant
Jochen R. hat geschrieben:Der Lagrange hat in 2005 übrigens einen ungewöhnlich hohen Merlot-Anteil
(wie der direkte Nachbar Belgrave in diesem Jahr ebenfalls). Ich denke das
erklärt den Eindruck "modern" bzw. die frühe Zugänglichkeit.


Ich bin ja nicht so der Bordeaux-Liebhaber oder Kenner, von daher habe ich keinen besonderen Vergleich wie ein Lagrange aus anderen Jahren denn schmecken sollte oder würde.
Hat auf jeden Fall nicht weh getan ;) allerdings entspricht die Stilistik nicht wirklich meinen Vorlieben, aber einfach sehr gut gemacht.

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Sa 23. Feb 2019, 12:19
von UlliB
Chateau La Serre 2005 (St.Emilion GCC) 14%Vol. Dunkles, aber bis in den Kern transparentes Kirschrot, ohne Alterstöne, hat ziemlich viel Depot geworfen. Ein Fruchtkracher, intensiv Brombeere und Schwarzkirsche, fast primärfruchtig. Hinter der hübschen Frucht kommt aber nicht mehr sehr viel Substantielles, mittelgewichtig, ohne viel Struktur und Tiefgang, recht kurzer Abgang.

Zum momentanen Vorfrühling passt dieser fruchtige, aber für einen grand cru classé doch recht einfach gestrickte Wein gut. Völlig trinkreif, wird aber sicher noch ein paar Jahre halten.

Gruß
Ulli

Re: Bordeaux 2005

BeitragVerfasst: Mi 20. Mär 2019, 23:53
von Figeac78
Phelan Segur 2005, St.-Estephe und Poujeaux 2005, Moulis-en-Medoc

In den letzten Tagen hatte ich zwei Mittelklasse-Bordeaux vom linken Ufer im Glas.

Der Phelan Segur hatte eine sehr dunkle, klare Farbe, am Rand zeigte sich nur eine minimale Brauntönung. In der Nase nach dem Öffnen und im Verlauf eher etwas zurückhaltend. Am Gaumen präsentierte er sich schön balanciert und klar auf der dunkelfruchtigen Seite mit sehr samtigen, reifen und gut eingebundenen Tanninen, Säure ganz dezent im Hintergrund, noch sehr wenig Tertiäraromen. Auch am zweiten Tag wenig verändert und sehr gut.

Der Poujeaux hatte eine etwas hellere Farbe und eine ganz leichte Trübung (später zeigt sich auch deutlich mehr Depot als im Phelan Segur), am Rand ebenfalls nur minimale Brautönung. In der Nase eher rotfruchtig und mit präsenter Säure. Beides setzt sich am Gaumen ohne jegliche Tertiäraromatik fort und verbindet sich mit eher im Hintergrund schwebenden Tanninen. Am zweiten Tag erscheint die Säure etwas zurückhaltender, die Gerbstoffe hingegen sind jetzt etwas deutlicher spürbar, jetzt kommen auch ein wenig dunkle Kirschen und Beeren hinzu. Am dritten Tag erste Oxidationsnoten, aber noch gut trinkbar.

Fazit: Nach nun 14 Jahren sind beide Weine bereits schön zu trinken, können aber sicher auch noch einige Jahre lagern. Der Phelan Segur ist eher ein Vertreter der kräftigen Bdx mit der sehr reifen Frucht eines Spitzenjahrgangs. Der Poujeaux dagegen ist ein eher burgundisch anmutender Bordeaux. Und, obwohl ich zurzeit eher auf dem „burgundischen Trip“ bin, erschien mir im direkten Vergleich der Phelan Segur doch als der schönere Wein.