Aktuelle Zeit: Do 28. Mär 2024, 11:07


Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
  • Autor
  • Nachricht
Offline
Benutzeravatar

tubermagnatumpico

  • Beiträge: 276
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 12:09

Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragSo 29. Mai 2011, 12:03

Hallo zusammen,

mich beschäftigt zurzeit die Frage, wie haltbar bestimmte jüngere Weine aus Bordeaux sind und ich habe die Hoffnung, dass erfahrene Forumianer hier vielleicht zur Aufklärung beitragen können.

Angestoßen wurde das Thema für mich durch den Phelan Segur 2006. Vielleicht haben Einige meinen diesbezüglichen Beitrag bei W+ gelesen und die (teilweise recht vehementen) Reaktionen auf meine Vermutung, dass dieser Wein in nächster Zeit getrunken werden sollte. Daraufhin brachte ich den Wein zu einem gemütlichen Abend mit Weinfreunden mit und fragte nach deren Meinung. Unisono bescheinigte man dem Wein eine durchaus lange Haltbarkeit. Ich gebe zu, dass gewisse Teile des Weines tatsächlich noch nicht reif schienen, das betrifft vor Allem die Tannine. Aber was die restlichen Elemente (Frucht, Säure, Extrakt und all das, was sich so schwer in Worte fassen lässt) angeht, kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass eine längere Reife gut tut.

Und nun ist mir schon wieder so ein Bordeaux untergekommen: Sociando Mallet 2005:
In der Nase sehr klassisch, ohne Schnickschnack, schöne Merlot-Würze, dunkle Beeren, absolut rein und fehlerfrei, große Tiefe, klasse.
Am Gaumen dann erstaunlich mild und zugänglich, mit wunderschöner, fast burgundischer Struktur. Kirschfrucht und Würze hervorragend eingebunden in angenehme Säure und perfekte Tannine. Der Wein wirkt fast auf den Punkt reif ... wenn da nicht wieder die Tannine wären, die in der Tat wohl noch einige Jahre brauchen. Und da die anderen Elemente so absolut offen und zugänglich sind, mir fast so vorkommen als wären sie demnächst auf dem "absteigenden Ast", frage ich mich, was in einigen Jahren übrig sein wird, wenn das Tannin abgeschliffen ist.

Die großen "Vins du garde" wie den 90er Sociando-Mallet sind doch irgendwie anders gebaut. Da scheint sehr viel mehr innere Kraft vorhanden zu sein.
Haben sich die Ausbaumethoden vielleicht dahin gehend verändert, dass man eine frühere Genussreife anstrebt?
Was hat das für Auswirkungen auf die Lebensdauer?

Bin gespannt.

PS.
Der Sociando 2005 ist wirklich ein Genuss. Ich möchte den Wein keinesfalls schlecht reden.
Zuletzt geändert von tubermagnatumpico am Mo 30. Mai 2011, 12:56, insgesamt 1-mal geändert.
Es grüßt von Hib de Bach
Tilo
Offline
Benutzeravatar

Jochen R.

  • Beiträge: 2591
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 19:53
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragSo 29. Mai 2011, 13:45

tubermagnatumpico hat geschrieben:Hallo zusammen,

mich beschäftigt zurzeit die Frage, wie haltbar bestimmte jüngere Weine aus Bordeaux sind und ich habe die Hoffnung, dass erfahrene Forumianer hier vielleicht zur Aufklärung beitragen können.
...
Die großen "Vins du garde" wie den 90er Sociando-Mallet sind doch irgendwie anders gebaut. Da scheint sehr viel mehr innere Kraft vorhanden zu sein.
Haben sich die Ausbaumethoden vielleicht dahin gehend verändert, dass man eine frühere Genussreife anstrebt?
Was hat das für Auswirkungen auf die Lebensdauer?

Bin gespannt.
Tilo

PS.
Der Sociando 2005 ist wirklich ein Genuss. Ich möchte den Wein keinesfalls schlecht reden.

Interessant, denn denau die gleiche Fragestellung beschäftigt mich auch seit
geraumer Zeit. Vor nicht allzulanger Zeit hätte ich einen Bordeaux, der nicht
mindestens 10-15 Jahre der Reife hinter sich hat defintiv nicht geöffnet. Doch
aufgrund - fast genialer - Erfahrungen der letzten Monate sehe ich das inzwischen
anders, kann mir aber irgendwie nicht vorstellen, dass ein ein so früh zugänglicher
und in dieser Phase traumhafter Bordeaux dann auch lange Lebensdauer besitzt...

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
Offline
Benutzeravatar

innauen

  • Beiträge: 3503
  • Bilder: 8
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 11:33
  • Wohnort: Berlin

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragSo 29. Mai 2011, 14:43

Sehr spannendes Thema. Phelan Segur fand ich vor 2 Monaten zugänglich aber noch nicht fertig. Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass Weine sich wellenförmig entwickeln. Habe noch keinen modernen BDX erlebt, der ernsthaft hin gewesen wäre. Der beste Indikator ist m. E. die Säure. Der Eindruck der Frucht ist hingegen flüchtig.

Sehr gespannt auf die Eindrücke von Neil Martin und dessen Pavie Vertikale, dem modernen Wein schlechthin.

Gruss aus dem Saaletal,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Offline

weinfex

Administrator

  • Beiträge: 1210
  • Bilder: 1
  • Registriert: Do 5. Aug 2010, 21:00
  • Wohnort: Wiesbaden

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragSo 29. Mai 2011, 16:36

Mich würde interessieren, ab welchem Jahrgang
meint Ihr wird "modern" vinifiziert, lässt sich das sagen...?

@Wolf

Pavie wird "modern" vinifiziert, aber aber niemals über "das Terroir" hinaus,
im Gegensatz z.B. zu Troplong Mondot. Wenn Du ihn als "den modernen Wein"
bezeichnen würdest, wäre ich bei Dir, im Fall von Pavie bin ich aber
überhaupt nicht der Meinung...
Grüsse weinfex
Offline
Benutzeravatar

tubermagnatumpico

  • Beiträge: 276
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 12:09

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragMo 30. Mai 2011, 09:52

... btw, um Weine wie Pavie mache ich mir, trotz moderner Vinifizierung, eigentlich keine Sorgen, was die Haltbarkeit angeht. Manche haben einfach so viel innere Dichte, dass man die wohl auch ruhig für Warmduscher (wie mich) vinifizieren kann, ohne dass man einen baldigen Verderb befürchten muss. Einige meiner Lieblingsweine sind ausgesprochene Fruchtbomben (etwa Aalto PS 01 / 05 oder der Clos Mogador aus 2005), um deren Haltbarkeit ich mir keinerlei Sorgen mache.

Mir geht es hier mehr um die Gewichtsklasse eines guten Cru Bourgeois oder eines etwas leichteren Grand Crus. Was bringen die nach zehn Jahren, wo früher die erste Trinkreife begann?
Es grüßt von Hib de Bach
Tilo
Offline
Benutzeravatar

innauen

  • Beiträge: 3503
  • Bilder: 8
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 11:33
  • Wohnort: Berlin

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragMo 30. Mai 2011, 21:18

Hallo,

das sind IMO zwei verschiedene Paar Schuhe. @Andreas. Das Reden über Pavie und Co kann ich mir für meinen Part demnächst sparen, weil diese Weine eine Preisentwicklung nehmen, der ich (ohne jetzt wieder den Schwanengesang anzustimmen) nicht folgen kann. Es ist halt wie es ist. Troplong Mondot hatte ich ein paar Mal noch im Glas. Der 1997er wirkte ganz gut beieinander und war normal gereift, so schnell, aber auch so langsam wie andere 1997er die ich probiert habe. Er ist sicher nicht so haltbar wie Ausone (1997er Ausone ist allerdings auch der einzige Ausone, den ich je trinken durfte). Aber mit der Reifeentwicklung von Canon l.G. oder Valandraud absolut vergleichbar.

Jetzt zu den Cru Bourgeois. Nehme ich die richtig guten bürgerlichen Gewächse, so sehe ich keine andere Reifeentwicklung als früher. Generell sind nur wenige CB wirklich langlebig (Sociando, Meyney, Poujeaux, Gloria, Pibran fallen mir spontan ein), aber es braucht auch dafür sehr gute Jahre. 2005er Cru Bourgeois dürften zB ziemlich lange halten. Und alles was ich in letzter Zeit im Glas hatte war auch sechs Jahre nach der Ernte noch ziemlich verschlossen - sehen wir mal von spontanen Weinen für den schnellen Genuss ab.

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Offline

Frankie Wilberforce

  • Beiträge: 809
  • Registriert: Do 30. Dez 2010, 22:18

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragDi 31. Mai 2011, 05:59

innauen hat geschrieben:Hallo,

das sind IMO zwei verschiedene Paar Schuhe. @Andreas. Das Reden über Pavie und Co kann ich mir für meinen Part demnächst sparen, weil diese Weine eine Preisentwicklung nehmen, der ich (ohne jetzt wieder den Schwanengesang anzustimmen) nicht folgen kann. Es ist halt wie es ist. Troplong Mondot hatte ich ein paar Mal noch im Glas. Der 1997er wirkte ganz gut beieinander und war normal gereift, so schnell, aber auch so langsam wie andere 1997er die ich probiert habe. Er ist sicher nicht so haltbar wie Ausone (1997er Ausone ist allerdings auch der einzige Ausone, den ich je trinken durfte). Aber mit der Reifeentwicklung von Canon l.G. oder Valandraud absolut vergleichbar.

Jetzt zu den Cru Bourgeois. Nehme ich die richtig guten bürgerlichen Gewächse, so sehe ich keine andere Reifeentwicklung als früher. Generell sind nur wenige CB wirklich langlebig (Sociando, Meyney, Poujeaux, Gloria, Pibran fallen mir spontan ein), aber es braucht auch dafür sehr gute Jahre. 2005er Cru Bourgeois dürften zB ziemlich lange halten. Und alles was ich in letzter Zeit im Glas hatte war auch sechs Jahre nach der Ernte noch ziemlich verschlossen - sehen wir mal von spontanen Weinen für den schnellen Genuss ab.

Grüße,

wolf



Guten Morgen Wolf,
du hast noch den langlebigen Phelan Segur vergessen, ich hatte hestern Abend den 1989er, der ist einer meiner Lieblinge aus 1989 und ein Klassewein für ein CB...der 2005, 2009 und vielleicht auch der 2010er dürften den 1989er wohl nochmal übertreffen.
Gruß
Armin
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
Offline
Benutzeravatar

innauen

  • Beiträge: 3503
  • Bilder: 8
  • Registriert: Mi 3. Nov 2010, 11:33
  • Wohnort: Berlin

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragDi 31. Mai 2011, 06:56

Hallo Armin,

(Traurig: gestern Abend kam per Post die letzte Flasche Angelus, die ich mir wohl in meinem Leben werde leisten können. Angelus 2003).

Phelan Segur gehört absolut in diese Reihe (mein letzter 89er war übrigens leider irgendwie nix) und mir würden bei genauerem Nachdenken auch noch ein paar andere einfallen, die länger als 15 Jahre leben können (Agassac 2005 schätze ich auch als recht langlebig ein, ausserdem wird es noch ein paar aus Margaux geben, aber da kenne ich mich nicht so gut aus).

Für mich stellen sich bei den Cru Bourgeois immer drei Fragen: welches Terroir sie besitzen, ob sie genug Geld für Handlese haben (da merkt man die Unterschiede sehr schnell, aber leider können es sich die wenigsten leisten) und wie sie selektieren. Bei sehr ambitionierten Betrieben sind alle drei Bedingungen gegeben (Clos du Jaugueyron dürfte ein solcher neuer Fall sein), bei anderen kaufe ich blind nur in Jahren, wo nix schiefgehen kann (2000! 2005, 2009 und sicher auch 2010) oder nach Probe.

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Offline

Frankie Wilberforce

  • Beiträge: 809
  • Registriert: Do 30. Dez 2010, 22:18

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragDi 31. Mai 2011, 08:50

Hallo Wolf,
ja der Angelus ist preislich mittlerweile weit entrückt und hat sich zu den Sternen begeben... da war er fort und nie mehr gesehen :cry: . :shock:

Meine wenigen noch verbliebenen Flaschen hüte ich wie mein Augapfel und bewahre sie für besondere Anlässe auf. :D Ich hatte diesen Wein (der in der Schweiz sehr beliebt ist) immer sehr gern im Glas gehabt. Er ist ein Garant für großen Genuß aus mittleren Jahren wie 93, 94, 95 und 96. In großen Jahren sowieso.

Bei den CB sehe ich in Margaux auch d'Angludet, Labègorce und Monbrison als große langlebige Weine auf GC-Niveau an. Der Genußfaktor fällt für mich allerdings unterschiedlich aus. Labegorce und d'Angludet gefallen mir besser als Monbrison. Kann nicht sagen warum, ist einfach so :? .
Im Medoc in Jahren wie 2000, 2003, 2005, und 2009 auch Rollan de By, Tour Haut -Caussan. Der 95er THC trinkt sich derzeit wunderbar, ist besser als der 96er.
Bei d'Escurac bin ich mir noch nicht sicher, wie langlebig er sein kann. Mein ältester d'Escurac ist der 2000er von dem ich nur noch eine Flasche im Keller liegen habe, weil ich die anderen 5 Flaschen mit Genuß auf 89-91 Punkte Niveau weggeschlappert habe.... :roll: 8-). Dafür habe ich noch Kisten von 2003, 2004 und 2005.
Belle-Vue ist auch ein schöner Weinwert, bei dem allerdings die Alterungsfähigkeit für mich noch nicht belegt ist.
Grüsse
Armin
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
Offline
Benutzeravatar

nougat

  • Beiträge: 604
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 17:45
  • Wohnort: Stuttgart

Re: Haltbarkeit von Bordeaux-Weinen neuerer Machart

BeitragDi 31. Mai 2011, 09:38

Auf der Suche nach kleinen Langläufern zur privaten Altersvorsorge muss es bei mir kein CB sein, zumal die preislichen Grenzen zu kleinen GC verschwimmen. Cantemerle ist für mich in großen Jahren eine sichere Bank. Belgrave ist zwar im Aufwind, dem traue ich aber noch nicht so recht.

Bei den CB ist noch Ormes de Pez in meinem Fokus gelandet. Im klassischen Jahr 08 vorsichtshalber als Magnum gesubst, 09 und 10 knapse ich noch am Preis :evil: Letzte Woche einen 85er im Glas gehabt. Leider leichter Kork und damit etwas hart, aber sehr schön gereift. Hat jemand Erfahrungen mit anderen großen Jahren und diesem Weingut?

Grüße
Martin
Grüße
Martin

Military justice is to justice what military music is to music [Groucho Marx]
Nächste

Zurück zu Bordeaux und Umgebung

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen