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Bordeaux 2020

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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small talk

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 30. Apr 2021, 20:58

Schwefel in Form von Sulfit wird zu verschiedenen Phasen zugesetzt:
1. Maische also vor der Vergärung, weil die Helfen Sulfit-Tolerant sind – bis zu einem gewissen Grad.
2. Nach der Milchsäuregärung
3. Vor dem befüllen der Barriques
4. Vor dem Flaschenabzug
Zwischendurch wird immer mal wieder nachjustiert.
Für den Barriqueausbau muss der Wein stabil sein (– stabil für den Barriqueausbau und nicht für die Flasche… der oxidative Stress ist anders…). Hierzu sind mindestens 12,5 Alkohol und 20-25 mg freies SO2erforderlich. Das SO2 lässt sich partiell durch CO2 ersetzen - aber das ist ein anderes Thema. Der Wein ist also geschwefelt bevor er ins Barrique kommt. Mitunter ist auch das Barrique vorab geschwefelt, insbesondere bei zweiter, dritter oder xter Belegung. Wie viel Sulfit nun im Wein ist, hängt von der Stabilität des Weins und der Risikobereitschaft des Weinmachers ab. In dieser frühen Phase gehe ich allerdings davon aus, dass tendenziell mehr als 20mg freies SO2 da ist.
Die Herausvorderung ist, dass nun in der frühen Phase des Barriqueausbaus der Wein in einer – sagen wir mal – sehr veränderlichen Phase ist. Da ein repräsentatives Muster hin zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Innerhalb weniger Tage kann sich der Wein verändern. Dazu gibt es verschiedene Barriques im Chai (verschiedene Tonnellerie) und sowieso ist jedes Barrique im Ausbau als Einheit zu verstehen also individuell/anders.
Primeurproben sind tricky!
Ich persönlich bevorzuge den Wein im Frühsommer etwa Ende Mai bis Mitte Juni zu testen/skalieren. Dann ist die ‚Prise du Bois‘ überstanden/verkraftet und der Wein zeigt sich offensiver.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2020

BeitragSa 1. Mai 2021, 06:35

Danke, Stefan, für die sehr informativen Erläuterungen zur Schwefelung! Weißt du übrigens, ob die Bio-Winzer und die Biodynamiker das gleich oder zumindest ähnlich handhaben?
Gruß
Jean
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small talk

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Re: Bordeaux 2020

BeitragSa 1. Mai 2021, 07:37

Die Bio-Regeln lassen eine Schwefelung zu.
Der Umgang und Umfang mit der Schwefelung liegt in der Entscheidung des Winzers. Das lässt sich auch nicht immer generalisieren, muss also auch von der jeweiligen Situation abhängig gemacht werden. Es gibt Weine deren geschmackliche Ausrichtung mit Schwefel gesteuert wird (oxidativ/reduktiv). Wenn die Zugabe von SO2 ersetzt wird durch andere Zusatzstoffe, die meines Erachtens bedenklicher sind ist das mal wieder Konsumentenverarschung. Leider wird das Thema Schwefelung mit Halbwahrheiten gespickt – mal wieder.

Wie das bei mir läuft:
Auf eine Schwefelung der Maische verzichte ich normalerweise; es sei denn es gibt ernsthafte Probleme mit Botrytis. Kommt sehr selten und nur vereinzelt vor – das kann so auch bleiben.
Nach der Malolaktischen Gärung wird der Wein geschwefelt auf 20 mg freies SO2. Der Wein ist nun nicht mehr durch die Apfelsäure geschützt. Nach ein/zwei Abzügen beim Befüllen der Barriques wird nochmal nachjustiert – wieder auf 20 mg. Da der Wein immer noch mit CO2 gesättigt ist und sehr viele Tannine enthält, kann ich mir so niedrige Gehalte erlauben.
Im Barrique wird nicht nachgeschwefelt - sofern der Wein stabil ist. Jedes Barrique wird regelmäßig geprüft (bei aktuell 479 Barriques nimmt das etwas Zeit in Anspruch). Während des einjährigen Barriqueausbaus gehen die Schwefelgehalte auf 4 -8 mg zurück. Das SO2 wird gebunden. 4-8 mg SO2 sind ‚natürliche‘ Gehalte, die auch ohne Schwefelung messbar wären. Das Potential bzw. die Kapazität dieser Bindung möchte ich mir erhalten – also eine Schwefel-Sättigung des Weins verhindern. Nach dem Barriqueausbau wird wieder geschwefelt und das dann nochmal vor dem Flaschenabzug nachjustiert.
Beim 2-Jährigen Barriqueausbau (Le Reysse) ist die Prüfung im zweiten Sommer nochmal vorsichtiger. Da kommt zu meiner Nase noch eine Laboranalyse von einigen Barriques. Bisher musste ich da aber auch nicht nachschwefeln. Die flüchtigen Säuren sind nicht angestiegen trotz niedriger SO2-Gehalte. Da steht es dann spitz auf knapp.
Im Prinzip nutze ich das SO2 in den Momenten wo ein intensiver Luftkontakt unvermeidlich ist - auch um die Balance zwischen Oxidation und Reduktion zu halten. Ist der Wein einmal stabil im Tank, Barrique oder Flasche, wird nur geprüft.
Damit erreiche ich, dass es im Wein nicht zu einer Sättigung von Schwefel kommt. Die Gehalte von freiem SO2 und gesamt SO2 liegen sehr nah beieinander. Sehr weit unter den zugelassenen Mengen. Und vor allem bindet der Wein nach der Abfüllung das SO2 relativ schnell. Beispiel: der 2016er Le Reysse [Abfüllung am 26.04.2019] wurde diese Woche mal analysiert [offizielle Exportanalyse]; es wurden 10 mg freies SO2 und 21 mg gesamt SO2 gemessen. Ich gehe davon aus, dass die Gehalte in 1-2 Jahren so sind, als wäre der Wein nicht geschwefelt worden. Das macht den Wein ‚bekömmlicher‘.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken.
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2020

BeitragSa 1. Mai 2021, 09:13

Besten Dank nochmals, lieber Stefan, für deine ausführlichen und kompetenten Insider-Informationen. Ich freue mich darauf, den 16er Le Reysse probieren zu können und überhaupt: wieder ungehindert nach F einreisen zu können.
Gruß aus der Schweiz
Jean
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alfredmeinrad

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 6. Mai 2021, 13:38

Auf https://www.liv-ex.com/news-insights/ kursieren nun die ersten und höchsten Bewertungen von Suckling und Robinson
Gruss Fredi

Isch gad all wede schöö, e Fläschli ufztue!!
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HPaulsen

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 7. Mai 2021, 10:18

Über den Kanal der UCGB gibt es unter dem Titel „Vintage 2020 ON AIR“ eine Serie von 135 Clips, in den die Vertreter der Châteaux in 1-2 Minuten ihren Jahrgang präsentieren. Die Vorstellungen sind mal mehr und mal weniger informativ.
Bei youtube schön sortiert nach Château-Name.
https://www.youtube.com/watch?v=OoOV4kp ... nR&index=1
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Speedsocke

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 7. Mai 2021, 11:50

Die Subskription scheint los zu gehen. Erste Angebote beim Bremer-Weinkolleg und Lobenberg gesichtet.
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Alba

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 7. Mai 2021, 12:57

Hallo,
nachdem der Start gemacht ist (einige Händler in DE hatten schon am Mittwoch erste Weine im Angebot) noch eine Ergänzung — auf der Falstaff Homepage (tastings) sind die ersten Bewertungen für Graves P.L., Medoc — wenig Neues in fact ...
BTW., die LOB Eigenbewertungen sind immer wieder ein Träumchen ..., vielfach bereits knapp und bis zu 100, einige glatte 100 sowie der erste 100+ :mrgreen:

Mal sehen wie das so weitergeht, Allen eine fröhliche Kampagne.
Gruß
Manfred
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 7. Mai 2021, 15:35

Alba hat geschrieben:BTW., die LOB Eigenbewertungen sind immer wieder ein Träumchen ..., vielfach bereits knapp und bis zu 100, einige glatte 100 sowie der erste 100+ :mrgreen:

Obwohl ich auch seit einigen Jahren bei Lob Kunde bin, kann ich dieser Punkteinflation überhaupt nichts mehr abgewinnen, das macht eine Einschätzung der Weine absolut unmöglich, einfach nur lächerlich :roll: .
Warum gibt es denn jetzt wieder Weine in 12er OHK, ich dachte Bordeaux hat sich davon ab 2019 verabschiedet?

Gruß Heiko
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stollinger

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Re: Bordeaux 2020

BeitragFr 7. Mai 2021, 18:52

Bettane+Desseauve haben ihre Primeur-Noten frei zugänglich veröffentlicht:

https://www.mybettanedesseauve.fr/2021/ ... -bordeaux/

Ich habe es noch nicht gelesen, im überfliegen sind mir Nenin, Gruaud Larose und Talbot von den Weinen mit zweistelligen Preisen und hohen Bewertungen aufgefallen.

Lobenbergs 100Punkter Jean Faure hat hier nur 91-92...

Grüße, Josef
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