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Bordeaux 2019

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Trotzki

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Re: Bordeaux 2019

BeitragFr 21. Okt 2022, 22:37

Ja, da sind ja schon einige Vorschläge eingegangen ... also ich als Amateur würde alles mit viel Merlot und viel Volumenprozenten nach hinten schieben. Zuerst die potentiell frisch-herben, eventuell mit weniger Extraktsüsse, dafür viel Tannin ausgestatteten Weine, sprich Medoc/klassifizierte Weine, dann über Pessac (eventuell Fieuzal vs Ferriere?) ans rechte Ufer. Wenn man mit einem zu "süssen" und merlotlastigen Wein beginnt, dann verfälscht das meiner Meinung nach eine faire Einschätzung von Weinen, die weniger Fruchtsüsse mitbringen. Zudem ermüden die hohen Volumenprozente den Gaumen - vielleicht die Profis nicht, aber mich schon.

Hatte übrigens heute den 2019 Clos Manou im Glas und der war schon mal nicht schlecht, aber natürlich noch viel zu jung. Offenes Bouqet, schwarzbeerig (wobei die Frucht mit mehr Luft fast in den Hintergrund gerät), Rauch, Schwarztee, etwas krautig auch. Dann dichter und saftiger Antrunk mit grossartiger und breiter Struktur, präsentes Tannin und Säure. Begleitet von toller Extraktsüsse, die viele Weine von 2019 auszeichnet - aber langer, pelziger Abgang. Dann doch beachtliche 14,5 Volumenprozente, die aber sehr gut eingebunden sind. Wird der Wein wärmer, dann merkt man die Umdrehungen schon etwas. Alles in allem leicht rustikal, aber alles da und sollte in ein paar Jahren, besonders angesichts des Preises, einen top Trinkgenuss bieten. Punkte? Fast zu viel Power für mich - stehe sonst mehr auf Eleganz, aber objektiv gesehen tolles Potential! 91-93 Punkte mit Luft nach oben !

Den 2019 L'Esprit de Chevalier hatte ich vor einer Woche auch im Glas und der war natürlich etwas weniger strukturiert/mächtig, aber sehr schön und im Vergleich zum Clos Manou schneller trinkbereit (ab 2024?), fast schon überraschend (positiv) herb für den Jahrgang. Den 2020 L'Esprit habe ich in Frankreich auch schon probiert und der hatte im Vergleich zum 2019er bei ähnlichen Anlagen eine deutlich ausgeprägtere Extraktsüsse (soll für den Jahrgang allgemein sehr typisch sein?), aber natürlich auch sehr frisch mit voll ausgereiften Tanninen. Toller Spasswein auf gehobenem Niveau zu gutem Preis! Beim 2019er überlege ich es mir noch, aber vom 2020 werde ich mir bestimmt noch etwas in den Keller legen. Für gut 25 CHF viel Wein und viel und vor allem früher Trinkgenuss! 92 Punkte von mir ...
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 22. Okt 2022, 00:18

Letztens im Glas:

Roc de Cambes 2019

Tiefdunkel, eher Granat als Rubin, noch transparent.
Nase dicht, intensiv, kraftvoll - aber kühler, als ich es aus anderen Jahrgängen kenne. Dunkler Fruchtcocktail, Eukalyptus, dunkle Schokolade. Und ist da ein Hauch Hautgout?
Am Gaumen fast sämige Textur und doch frisch. Massen ultrafeiner, staubiger Tannine. Säure unauffällig frisch. Wieder der dunkle Fruchtcocktail, aus dem sich jetzt Pflaume ein wenig abhebt.
Zum Abgang hin deutlich bitter, Bleistift und kokelig. Das hallt so auch lange nach.

Der Wein läßt mich irgendwo zwischen leicht ratlos und slightly underwhelmed zurück. Ich mag Roc de Cambes sonst sehr gerne; gerade diese Opulenz knapp unterhalb der Schwelle zur Überreife kann sehr einnehmend sein. Ich kenne den Wein seit Jahrgang 2009 mit Ausnahme von 2011-14 durchgehend, und mich hat fasziniert, daß ich ihn immer offen und zugänglich "auf der Frucht" antraf.

Das ist mit dem 2019er anders: Es gibt doch zahlreiche Aromen, die auf (zu) kräftiges Toasting hindeuten, und die leider v.a. im Abgang recht deutlich sind. Hat das Weingut nicht 2019 im Frühjahr einmal voll den Hagel abbekommen? Irgendwas war doch da... Wie dem auch sei, erstmalig finde ich hier zuviel Ausbau für die Substanz (die immernoch nicht schwächlich ist, nur nicht ganz so üppig). Das kann schon noch werden, braucht aber Zeit, würde ich denken.
Besten Gruß, Karsten
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Patrickr1985

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 22. Okt 2022, 12:19

vielen Dank für die schönen Tipps zur Tastingreihenfolge!
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maha

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSa 22. Okt 2022, 19:31

Patrickr1985 hat geschrieben:vielen Dank für die schönen Tipps zur Tastingreihenfolge!

Ich würde die Weine auch etwas runter kühlen. Stellenweise fand ich sie zu späterer Stunde bei unserer Probe etwas anstrengender, weil zu warm.

Gruss
Marko
Der schönste Sport ist der Weintransport!
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSo 23. Okt 2022, 10:35

duhart09 hat geschrieben:...
Wirklich enttäuscht haben mich Langoa Barton (Jochens Attribut "anstrengend" kann ich bestätigen) und - noch schlimmer, da aufgrund der Lobpreisungen auch hier im Forum nach Arrivage gekauft, Durfort Vivens. ...

Uli,
das waren ja meine Beiträge :mrgreen: und als mögliche Alternative hatte ich
den gestern aufgezogenen Wein vorgesehen.
Und ich bin mir recht sicher, der hätte Dir - als altem Lynch Bages Fan -
deutlich mehr zugesagt. Falls dich die 14,5 %-Vol. nicht abschrecken, wäre
das vielleicht mal eine Testflasche wert ;-)

Haut Batailley 2019:
Tief dunkel, Aufhellungen am Rand. Nase erst verhalten, ein Hauch Bitter-
mandeln und frisch gespitzter Bleistift. Mit Luftzufuhr gesellen sich recht
schnell Kirschen mit Gewürzen, Tabak und nassem Leder dazu. Intensität
nimmt immer mehr zu mit ständig neuen Eindrücken.
Am Gaumen gleich wunderbare, trinkanimierende, Cabernetfrucht (viel Cassis)
mit frischer Säure, würzig/tabakig mit kräftiger Tanninstruktur, sehr lang
mit fruchtigem Nachhall.
Ganz hervorragender Pauillac, 93 P. - gefällt mir aktuell besser als der
sicherlich ebenfalls schöne Batailley.

Viele Grüße,
Jochen
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Marvin77

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Re: Bordeaux 2019

BeitragSo 23. Okt 2022, 18:45

Hallo Pessac,

pessac-léognan hat geschrieben:Danke, Marvin, für die breiten Einblicke in deine Weinbegegnungen.
Interessant finde ich, was du zu deinem Umgang mit der Flasche Malescot Saint-Exupéry schreibst. Ich habe ja ansatzweise eine ähnliche Erfahrung gemacht, indem ich den Wein am zweiten Tag nicht mehr ganz so schlimm und verholzt fand (4./5. Juni).

vielen Dank für deine nette Antwort. Das Forum ist wirklich super. Übrigens habe ich am letzten Wochenende einen "D´Issan 2019" geöffnet und wir fanden den Wein hervorragend. Für uns ist er eher auf der eleganten und filigranen Seite unterwegs und der Wein ist butterweich.

Dazu eine schöne Frucht (aber nicht zu viel) und unheimlich viele andere Aromen nach Kräutern und Erde/Trüffel, aber alles eher subtil und zurückhaltend. Ein wenig Holz merkt man auch, aber kein Vergleich zum Malescot und sehr harmonisch.

Als Experiment habe ich wieder einen kleinen Rest (2 kleine Gläser) aufgehoben und werde diese morgen und/oder übermorgen probieren. Das geht, weil ich die Woche Urlaub habe. Dazu ein leckeres Mittagessen und der Tag wird entspannt ;).

War sehr interessant von dem Treffen in FFM in der "Winebar" zu lesen. Tolles Tasting mit interessanten Eindrücken.

Herzliche Grüße
M77
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2019

BeitragMo 24. Okt 2022, 13:25

Hallo zusammen,
da ich bei der Sub 2019 mir erstmalig ein paar größere Kaliber gegönnt habe, nun eine Frage zum Chateau Montrose, lohnt es sich den Wein jetzt mal zu testen? oder ist das verschenkte Mühe?
Und wenn probieren dann alleine oder als Part etwa gegen Chateau Durfort Vievens?, denn ich auch noch nicht kenne.
La Lagune wartet auch noch, Fragen über Fragen :? .

PS: Smith Haut Lafitte wäre auch noch da, hatte aber gelesen das besser noch paar viele Jahre lagern sollte.

LG Heiko
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2019

BeitragMo 24. Okt 2022, 13:40

Sauternes hat geschrieben:Hallo zusammen,
da ich bei der Sub 2019 mir erstmalig ein paar größere Kaliber gegönnt habe, nun eine Frage zum Chateau Montrose, lohnt es sich den Wein jetzt mal zu testen? oder ist das verschenkte Mühe?
Und wenn probieren dann alleine oder als Part etwa gegen Chateau Durfort Vievens?, denn ich auch noch nicht kenne.
La Lagune wartet auch noch, Fragen über Fragen :? .

PS: Smith Haut Lafitte wäre auch noch da, hatte aber gelesen das besser noch paar viele Jahre lagern sollte.

LG Heiko


Montrose 2019 wartet bei mir auch noch, allerdings nur ein 3er Kistchen. Die Notizen auf CT sind eher spärlich und erst noch uneinheitlich. So warte ich noch zu. Hier im Forum war, soweit ich mich erinnere, vor Kurzem Kle ebenfalls nicht so euphorisch, hat er nicht sogar Le Reysse 2019 dem Montrose vorgezogen?
Zuwarten ist beim Montrose ja ohnehin nie die schlechteste Option... wenn's nicht grad bis 2070 sein muss...
Gruß
Jean
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Ollie

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Re: Bordeaux 2019

BeitragMo 24. Okt 2022, 13:42

Der direkte Vergleich der infragestehenden Weine bringt vielleicht nicht wirklich einen Erkenntnisgewinn, aber einzeln würde ich die Flaschen an deiner Stelle aufmachen. Man muss ja wissen, was man sich in den Keller legt. Und wer weiß, was 2037 ist, wenn zumindest SHL und DV in die erste Trinkreife kommen.

Montrose ist ja der Andreas Möller der Weinwelt und generiert die ersten 30 Jahre konsistent einwortige VKNs ("Riesenpotential!"), aber Spaß macht er bestimmt auch.

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2019

BeitragMo 24. Okt 2022, 15:12

Selbst auf Vivino sind die Notizen zum Montrose eher spärlich, aber die den Wein kennen, werden ihn bestimmt zum Reifen im Keller vergraben.
Da hilft nur der Selbstversuch, werde mich dann bewusst auf ein Wein konzentrieren, vielleicht schon am nächsten WE.
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