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Bordeaux 2004

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB

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Re: Bordeaux 2004

BeitragDo 9. Mai 2019, 19:58

Primeurkampagnen machen Appetit auf Bordeaux, und so war heute Abend dringend eine Flasche fällig. Ich habe bewusst einen eher knapp reifen Jahrgang gewählt, um hier einen Kontrast zu den ganzen Blockbuster-VKN zu setzen, die ich über die 18er in den letzten Tagen lesen musste.

Chateau La Conseillante 2004 (Pomerol) 13,5% Vol, schon überraschend viel, da 2004 doch eigentlich eher wenig Zuckerreife hatte. Immer noch sehr dunkel, am Rand nicht mehr purpur, sondern kirschfarben, aber ohne Alterstöne. Die Frucht springt einen schon beim Dekantieren unmittelbar an, sie kommt im Glas und mit Luft ein wenig zu Ruhe, aber auch da immer noch intensiv Himbeere und rote Johannisbeere; Holz ganz weit im Hintergrund; mit etwas Wärme erscheinen feine Blütentöne. Im Gaumen schlank, aber nicht "kalt" wie viele andere 2004er, sondern etwas balsamisch, auch hier rotfruchtig. Ziemlich viel Tannin, das herb und im durchaus langen Abgang leider auch etwas bitter und trocknend daherkommt. Wird sich nicht weiter verbessern, aber Eile ist keine angezeigt.

Kein Held (oder hier sollte man vielleicht besser sagen: keine Heldin), das war aus 2004 auch nicht zu erwarten. Die Nase ist sehr schön, der Gaumen zunächst immerhin noch schön, aber im etwas ruppigen Abgang schlägt die knappe Reife dann doch durch. Dennoch, ein insgesamt stimmiges Paket von einem meiner Lieblingsgüter vom rechten Ufer. Und vor allem: sehr Bordeaux. Ob das für die neueren, ultrareifen Jahrgänge auch noch gilt, muss man erst einmal sehen.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMo 3. Jun 2019, 12:52

Vor kurzem gab es eine kleine 2004-Horizontale im gewohnten Kreis. Die Weine wurden dekantiert, kurz belüftet und dann zunächst blind verkostet. Das Lineup war uns dabei bekannt, d.h. wir wussten, welche Weine in der Verkostung sind, aber wie üblich gestaltete sich die Zuordnung schwierig, und beim Aufdecken gab es ein paar faustdicke Überraschungen.

In der Reihenfolge der Verkostung:

Wein 1: relativ hell, sehr klare und saubere, rotfruchtige Nase, schlank und elegant, straff und im Abgang ziemlich eckig. Pontet Canet. :o Wer hätte gedacht, dass man hier noch vor 15 Jahren einen so schlanken und typischen Klassiker hingelegt hat, der im Verkostungskontext sogar zu den "dünneren" Kandidaten zählte?

Wein 2: deutlich dunkler als 1, etwas dumpfer und weniger klar, aber deutlich kräftiger. Rustikal. St. Pierre (St. Julien).

Wein 3: zunächst leichter Böckser, der aber schnell verfliegt, dann sauber, sehr dicht, wirkt jugendlich (jedenfalls deutlich jünger als fast 15 Jahre), für einen 2004er einigermaßen füllig und lang. Cos d'Estournel.

Wein 4: sehr helles Kirschrot (hellster Wein der Probe), feinfruchtig und elegant, hohe Säure, wird mit Luft balsamisch, Kaffeenote. Schlank, aber sehr fein. Chateau Margaux. Den habe ich blind erkannt. Kein großer Wein und für CM auch kein ganz erfolreiches Jahr, aber immer noch sehr schön.

Wein 5: einer rief gleich "Kork", stimmte aber nicht. "Funky" in der Nase, etwas Wildes, was am ehesten an manche Weine aus Mittelitalien erinnert, verbranntes Gummi?, aber gute Substanz, von feiner Säure durchzogen, recht lang. Léoville Poyferré.

Wein 6: zunächst verschlossen, öffnet sich nur zögernd, straff, sehr fest, beeindruckende Länge. Léoville Barton. Es gibt vom 2004er Léo B offensichtlich viele miese Flaschen, die mit einem extremen Kuhstall-Stinker auffallen. Diese war aber absolut ok und ziemlich gut.

Wein 7: sehr dunkel, substanzreich, konzentriert und geschmeidig, dichtester Wein der Probe, beeindruckend. Wir waren uns alle sicher: das muss der Cos sein. Der war es aber nicht, das war ja Wein Nr. 3. Sondern Calon Ségur. Was Parker und Neal Martin da im Glas hatten, als sie jeweils 89 Punkte vergeben hatten, weiß ich nicht. Wäre fast der Wein des Abends gewesen, aber einer kam noch...

Wein 8: ebenfalls sehr dunkel und ohne Alterstöne, dicht, königlich elegant, superfein und absolut harmonisch, sehr lang. Auf dem Punkt, ganz toll und WOTN. Léoville Las Cases.


Diese kleinen Bordeaux-Jahrgänge können schon verdammt viel Spaß machen, wenn man gute Erzeuger wählt und den Weinen genügend Zeit lässt. Natürlich darf man hier keine fruchtgesättigten Blockbuster wie aus 2009 erwarten, die 2004er sind kühle, straffe und säurebetonte Weine - eben Klassiker für Bordeaux-Liebhaber.

Gruß
Ulli
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Subadubawein

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Re: Bordeaux 2004

BeitragSo 18. Aug 2019, 18:57

Zwei Margaux Weine letzte Zeit aus 2004 getrunken:

Château d'Arsac
- als Cru Bourgeois ein eher kleiner Wein, der erstaunliche Feinheit mitbringt: dunkel, gut akztentuierte Nase mit roter Beerenfrucht, ungeachtet der zunächst etwas bourgeois wirkenden Tannine mit Luft zunehmende Feinheit, die Komponenten kommen im Glas schnell sehr gut zusammen und es entwickelt sich ein angenehmes Mundgefühl mit überraschend viel Nuancen und Eleganz. Das Ganze hält zwar keine Ewigkeit vor, ist aber für einen Cru Bourgeois aller Ehren wert. Wer davon noch Flaschen im Keller hat, sollte allerdings mit dem Öffnen wohl nicht mehr allzu lange warten.

Château Cantenac Brown
gehörte bis zur Jahrtausendwende wie in einschlägiger Literatur zu lesen, nicht eben zu den beliebtesten Erzeugern im Bordeaux, doch für das schwierige Jahr überzeugt der 2004 völlig: dunkelfarben, schöne rot- bis schwarzbeerige Fruchtaromen, sehr ausgewogene Balance, unbemühte Eleganz und bei mittlerer Dichte sehr trinkig. Am dritten Tag am besten in Form, Dekantieren - was mir nicht möglich war - sehr anzuraten.

Dank der vorhandenen Finesse wirkt der Cantenac Brown sehr "margaux", alles steht im richtigen Verhältnis. Ein klassischer Bordeaux im besten Sinne, der eine sehr lange Genussphase vor sich hat; es ist nicht zuletzt diese heute schon erkennbare Ausdauer, die ihn nochmal deutlich im Vergleich zum Ch. d'Arsac abhebt.
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kristof

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMo 9. Sep 2019, 13:27

Am Wochenende im Glas:
Chateau Grand Puy Lacoste

Elegante Nase mit Kaffee und dunklen Früchten, mittelgewichtig mit guter Länge, komplex. Elegant, keines falls dünn. Kurz belüftet, rasch gut am Start, als Essensbegleiter (und im Anschluß als Solist) voll da.

Wein jetzt voll auf der Höhe, keine Eile geboten.
Viele Grüße,

Christoph
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Herr S.

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMi 4. Dez 2019, 18:53

Moin,

folgender Wein begleitete zuletzt einen an kulinarischen Höhepunkten reichen Abend:

Bild

Ich habe blind auf 1998 getippt. Der 2004er scheint gerade in einer wunderbaren Phase zu sein, offen wie Scheunentor, nicht hochkomplex aber mit allem, was ein sehr guter Bordeaux benötigt.

Vieles Grüße,
Björn
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMo 20. Jan 2020, 22:03

Pavie Macquin 2004, 14%
Tja was haben wir hier.
Das ist ein "moderner" Wein, ja durchaus ein moderner Bordeaux....und das muss ja generell auch nichts Schlechtes sein.
Die Farbe ein mittleres, durchaus junges, fast noch jugendliches Rot, feine Randaufhellung.
Die Aromatik auf Kirsche, später auch Pfaume, das Holz zunächst kellerkühl recht gut integriert, wer den Wein aus der Arrivage schon kennt, mag ahnen, ja, der Wein hat durchaus an Harmonie gewonnen und ist trinkreif. Beim forcierten Schwenken dann auch breitere Aromenpalette, der seinerzeit recht intensive Holzausbau und das Toasting prägen den Wein unverändert, Kaffeearomen. Die Tannine, vom Holz geprägt, sind hinten heraus leicht trocknend, ganz ordentliche Länge. Blind bin ich hier in Übersee und nicht primär vor Ort. Am Gaumen gewinnt der Wein durch den Säurebogen und die fein excellent gearbeite Eleganz, wobei der ehe "leichte" Jahrgang hier dienlich ist. Will sagen: diese Typizität sollte in Jahrgänge vom Schlage 05 zur relativen Untrinkbarkeit führen. Der Wein präsentiert sich zum karamellisieren Steak vorteilhaft, solo ist mir das am ersten Abend zu wenig interessant. Der 04er Bellevue aus dem Saint Emillion hat mit seinerzeit vergleichsweise besser gefallen da mehr auf Frucht gearbeitet und weniger holzdominiert. Mal schauen was da in den kommenden Tagen noch passiert. Denke, der Wein ist dort wo er sein kann und das ist es dann auch. Ordentlicher Essensbegleiter. Austrinken bis 2025.
Zuletzt geändert von Olaf Nikolai am Mi 22. Jan 2020, 20:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMi 22. Jan 2020, 20:41

Nachtrag: Da sich der Wein am 2. Abend deutlich harmonischer und unverändert fruchbetont präsentierte, somit besser "performte", erlaube ich mir das Trinkfester auf bis 2028 zu erweitern. In diesem Sinne sicherlich einer der 04er mit Alterungspotential.....auch wenn mir die Stilistik nicht unbedingt zusagt.
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMi 22. Jan 2020, 21:08

Olaf Nikolai hat geschrieben:... Will sagen: diese Typizität sollte in Jahrgänge vom Schlage 05 zur relativen Untrinkbarkeit führen. ...

Danke für die Notiz zu Pavie Macquin ´04.
Was die Einschätzung zu 2005 anbelangt, würde ich widersprechen.
Wir hatten den in der Frankfurter Runde in den letzten 2 Jahren zwei
Mal im Programm. Der Stil ist möglicherweise nicht Jedermann´s Sache -
ich finde den Wein großartig und hätte davon gerne im Keller.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 2004

BeitragMi 22. Jan 2020, 23:28

Hoffe der 99er präsentiert sich demnächst vorteilhafter....
Wenn nicht, mache ich einen dicken Haken hinter das Chateau.....und verkauf den Rest vom Bestand.
Nun wirklich "not my cup of tea".
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dylan

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Re: Bordeaux 2004

BeitragSa 21. Mär 2020, 10:56

Vor zwei Wochen hatte ich einige 04er im Glas, die ich vor 13 oder 14 Jahren im französichen Supermarkt gekauft habe.
Wenn ich mich recht erinnere lag der Preis zwischen 40 und 50 Euro/Flasche. Hier meine Kurzeindrücke :

Bei Lascombes hat man wohl versucht, alles aus dem Jahrgang herauszuholen was der Jahrgang nich hergibt.
Espresso, Holzkohle, Teer und ein Zuviel an Struktur, insgesamt also eher unerfreulich (88 P).

Pape Clement, den ich wegen vieler Negativerfahrung mit den 90er Jahrgängen an und für sich nicht sonderlich mag, überraschte hingegen positiv.
Auch hier ein deutlich vom Barrique geprägter Wein, aber anders als beim Lascombes ist da noch noch ausreichen Frucht vorhanden (91 P).

Klar die Nase vorne hatte der Montrose, ein rundum stimmiger Wein mit hohem Spaßfaktor. Den würde ich zum damaligen Kurs sofort wieder kaufen (93-94 P).

Grüße

dylan
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