Sa 13. Okt 2018, 17:18
Hallo Olaf,
der Besuch auf Guiraud war wirklich gut! Wir haben erst morgens für den gleichen Tag eine Führung gebucht und zwar den letzten Termin. Da wir die Einzigen waren, hatte die Mitarbeiterin dort das dann natürlich übersehen und war zuerst ziemlich entsetzt, dass wir sie vom Feierabend abhalten. Die ersten fünf Minuten hetze sie darum ziemlich durchs Programm. Mit der Zeit gab sich das jedoch und irgendwann hatte ich das Gefühl, dass sie uns alles sogar ausführlicher erklärte als üblich. Der Aufwand, der auf dem Weingut getrieben wird um biodynamischen Wein zu produzieren ist ziemlich beeindruckend. Das fängt an bei einer eigenen Produktion für Setzlinge, bei der auf unterschiedlichste Stämme zurückgegriffen wird, um die Diversität und Resistenz gegen Krankheiten etc. zu erhöhen und endet vermutlich noch nicht bei Insektenhotels, Vogelhäusern, diverse Kräuter-, Gemüsegärten und anderen weinfremden Pflanzungen. So hat das Weingut beispielsweise über 100 Sorten Tomaten, von denen wir pflücken durften so viel wir wollten. Zusammen mit diverse Sorten Basilikum ergab das am Abend spontan den besten Tomatensalat, den ich je gegessen habe.
Der Wein wurde zum Abschluss im Kaminzimmer verkostet. Zu unserer (günstigsten) Führung gab es die drei Weine des Guts: G de Guiraud 2015, Petit Guiraud 2015 und Chateau Guiraud 2006. Wir hatten Glück und bekamen noch einen vierten: Chateau Guiraud 1998, dem Jahr des ersten Fußballweltmeistertitels.
Mit Verkostungsnotizen tue ich mich schwer aber mir sind alle Weine überaus positiv in Erinnerung geblieben. Der G hat durch die Fassreifung in gebrauchten Fässern des Chateau eine Interessante Nase mit ein bisschen Speck und Rauch, irgendwie untypisch für einen Weißwein, was mir extrem gut gefallen hat. Den werde ich in Zukunft nochmal probieren. Der Petit von 2015 ist der beste, den ich bisher getrunken habe, weil er extrem exotisch und frisch ist. Davon kann man wirklich gut zu zweit eine Flasche zum Essen trinken (etwas Asiatisches wär meine Wahl). Der Grand Cru ist dagegen natürlich deutlich süßer und mächtiger aber gut balanciert also nicht klebrig oder sättigend. Beeindruckt hat mich der direkte vergleich zwischen 2006 und und 1998, weil der ältere einfach kaum gealtert schien. Er war vielleicht etwas subtiler und würziger, rauchiger aber nicht "älter". Wieder zuhause habe ich eine halbe Flasche Chateau Guiraud von 2015 gekauft, auf die Eintel umgelegt, die teuerste selbst gekaufte Flasche Wein bisher aber ich bin mir sicher, dass der Preis, verglichen mit dem getrieben Aufwand und dem Geschmack, keinesfalls zu hoch ist.
Wenn ich nochmal hinfahren würde, dann würde ich mir auch einen Besuch im angeschlossenen Restaurant des Chateaus gönnen, in dem es ein passendes Menü zu den drei Weinen gibt. Leider aber absolut nichts vegetarisches.
Der Besuch auf Canon La Gaffeliere, am ersten Tag nach den Betriebsferien, war ebenso gut. Sogar der Chef kam zufällig vorbei. Ich hab mich leider nicht getraut, ihn in ein Gespräch zu verwickeln
Dabei waren die Besuche auf beiden Weingütern sehr angenehm und direkt also auf Augenhöhe, wir empfanden sie eher als persönlich denn als lästige geschäftliche Pflicht Weintouristen gegenüber. Wie gesagt, ich kann sowas nur weiterempfehlen. Mein Bezug zu den Weinen der Region ist jetzt ein ganz anderer. Ausgesucht hatte ich Canon und darüber dann auch Guiraud übrigens wegen der Empfehlung des 88ers hier aus dem Forum, den ich mir zum Geburtstag gegönnt habe.
Schöne Grüße
Jonas
PS: Mir gefällt außerdem das Konzept, dass man für die Führung bezahlt. Dadurch ist man hinterher nicht gezwungen aus Höflichkeit noch etwas zu kaufen, was einem möglicherweise gar nicht geschmeckt hat (das war hier natürlich nicht der Fall).