Di 1. Mai 2018, 23:10
Winedom hat geschrieben:Neil Martin ist raus mit seinen Verkostungsnotizen bei Vinous!
Vielleich kommt jetzt etwas Schwung in die Kampagne!
Gruss Rainer
Hallo,
nach allem was ich aus BDX gehört habe, scheint er den Jahrgang jedenfalls besser zu treffen als sein alter Arbeitgeber. Anyway. Die Zeit, in der einzelne Bewerter, einem Jahrgang Auf- oder Abtrieb verschaffen konnten ist vorbei - auch für Neil Martin.
Als Weinnerd kann ich so eine Aussage gefahrlos treffen. Wen sollte ich auch gefährden? Die Weine sind fast ausnahmslos gut. Es gibt nur noch wenige klassifizierte Gewächse, die sich den Luxus leisten, ihrem Rang nicht entsprechende Weine zu produzieren. Doch zurück zum Jahrgang. 2017 ist nicht heiß und wird es auch nicht werden. Das liegt nicht an einem Mangel an Kritikern oder an Punkten. Es liegt vielleicht nicht mal an den Preisen. Was bisher kam, lässt noch unklar, wohin die Reise genau gehen wird. Die bis dato wichtigsten Early Birds, Palmer und Haut Batailley, waren jeder für sich irreguläre Weine und geben noch keinen abschließenden Eindruck. Palmer hat die Umstellung zur Biodynamie vollzogen und ist stilistisch mit früheren Weinen nicht vergleichbar - höre ich. Hab´s ja nicht selbst verkostet. Haut Batailley will sich preislich neu platzieren.
Warten wir also ab was die Woche bringt. Doch wage ich auch hier eine gewagte Prognose. So tief, wie die Preise aus Sicht der deutschen Verbraucher sinken müssten, werden sie keineswegs fallen. 2015/2016 müssen noch verkauft werden. Es ist das alte Muster der Preisgestaltung nach einem Peak, die Preise nur langsam wieder runterzufahren. Die Subskriptionen der Jahrgänge 2006 und 2011 stehen als Zeugen zur Verfügung.
Wird die Kampagne trotzdem laufen? Na klar! Für eine kurze Liste von Weinen sowieso. Da geht es nur darum, ob man sie überhaupt bekommen wird. Die Weine koppeln sich vom Jahrgangsgeschehen und den Diadochenkämpfen um die Parkernachfolge ab. Mir geht´s ja genauso. Ich kaufe zB Batailley oder Senejac, egal was die Kritiker schreiben. Ich habe mittlerweile einen Rückblick auf zwanzig oder mehr Jahrgänge und weiß was ich von dem Wein erwarten kann. Statt der Genannten hätte ich mich auch aus Paulliac auch für Clerc Milon und aus dem Haut Medoc für Malescasse entscheiden können. Das wäre genauso legitim. Keiner dieser Weine ist mehr Murx. Ich mag die bisweilen animalischen Noten in Batailley. Einen anderen stößt sie ab. Sind das deswegen fehlerhafte, schlechte, kurzatmige oder anders objektiv kritisierbare Weine? Nein. Und ob nun 91-93 oder 92-95 Punkte aufgeworfen werden, ist mir Wurtscht. Und ob die von Neil Martin oder Suckling kommen, kann mir genauso egal sein. Die Minidifferenz in den Punkten ist eine Scheinobjektivität.
Ich belege das mit Punkten. Von den elf verkosteten klassifzierten Gewächsen aus Paulliac bewertet der WA zehn höher als 90 Punkte, vier im Bereich bis 95 und sechs im Bereich ab 95 Punkten. Und die einzige Niete ist Grand Puy Ducasse. Wow. Gut, dass ich ein WA-Abo habe, das mich vor der Subskription dieses Weines bewahrt hat.
Und wie die nicht verkosteten Lynch Bages oder GPL abgeschnitten hätten, kann mir auch egal sein, weil diese das Ergebnis wohl nicht wesentlich geändert hätten.
Fazit: Traut dem Wein, nicht den Kritikern. Jedes Jahr werden gute Weine erzeugt. Auch 2017. Soll man sie nun subskribieren oder nicht? Die Debatte darüber kann man führen. Nur nicht auf der Grundlage von Punkten.
Grüße,
wolf
P.S. Letzte Woche habe ich mein Parker Abo übrigens gekündigt.