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Bordeaux 2017

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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EThC

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSa 10. Okt 2020, 20:33

amateur des vins hat geschrieben:Ah, Du bist Anhänger der Transportstreßtheorie... :P :mrgreen:

...die ist schon mehrfach widerlegt worden, kann man auch selbst gut testen: einfach eine Flasche ins Auto legen, 5.000 km damit 'rumfahren und am Ende der Woche blind gegen eine ausgeruhte Kellerflasche verkosten... :ugeek:
Viele Grüße
Erich

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AmonA

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 11. Okt 2020, 16:44

EThC hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:Ah, Du bist Anhänger der Transportstreßtheorie... :P :mrgreen:

...die ist schon mehrfach widerlegt worden, kann man auch selbst gut testen: einfach eine Flasche ins Auto legen, 5.000 km damit 'rumfahren und am Ende der Woche blind gegen eine ausgeruhte Kellerflasche verkosten... :ugeek:
Mir reichen 20 bis 460 km Autofahrt um zu merken, dass der Wein nicht so wie gewohnt schmeckt.
Bei 5000 km tritt sicherlich ein Gewöhnungseffekt ein, der dann nicht mehr von einer ausgeruhten Flasche zu unterscheiden ist! :lol: ;)
Grüße
AmonA (aka Volker)
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 11. Okt 2020, 17:12

Oder man selbst ist nach 5000km Autofahrt so durch, das einem ein Unterschied im Wein nicht mehr auffällt :lol: .
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 11. Okt 2020, 20:32

Solange ich den Effekt weder beobachte, noch mir jemand einen plausiblen Mechanismus zzgl. einer Methode zur Überprüfung vorstellt, halte ich "Transportstreß" für einen Mythos. Deshalb hatte ich auch kein Problem, kurz nach ihrer Ankunft aufzureißen:

Lafon La Tuilerie 2017 (14,5%, 100 M)
Tour Saint Christophe 2017 (14,5%, 80 M, 20 CF)


LLT hatte ich vorher noch nie im Glas. Hier bin ich ein wenig LOBs Lobhudeleien gefolgt (selber schuld), unter Berücksichtigung des nicht allzu abgedrehten Preises. Beim TSC bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich nur 2016 im Glas hatte (oder auch 2015). '16 jedoch war, bei aller Qualität, heftig üppig. Daher war ich 2017 eher vorsichtig, auch in anbetracht der verhaltenen Kritiken, aber in der Erwartung, daß der Jahrgang die Opulenz ein wenig gezügelt haben könnte.

LLT zeigt mitteldichtes(+), ganz leicht trübes Bordeauxrot ohne Blauanteil: Ich habe vorher nicht nachgesehen, aber ich erwarte deutliche Merlotdominanz (bei Saint-Emilion ja sowieso). Die Nase ist seduktiv mit expressiver, überwiegend roter Frucht, aber auch Blaubeere. Etwas After Eight, Holz unauffällig.
TSC ist dtl. dicht(er) mit signifikanter Purpurtendenz: Hier ist Cabernet im Spiel. Nase würziger, schwärzer mit erkennbarem, aber maßvollen Holz. Cassis, geröstete Pinienkerne, eine Spur Bitterschokolade.
[+15'] LLT am Gaumen mit wesentlich weniger Ausdruck und Frucht. Mittelkräftige, feinkörnige Tannine und schöne Säure. Der Mittelbau ziemlich kurz; schnell kommt eine ausgeprägte, grün wirkende Bitternote auf, die auch lange anhält.
TSC bestätigt die Nase: schwarz und kühl. Tannine kräftig(er), auch schöne Säure. Deutlich adstringent. Abgang eher kurz, mit nur ganz leichter Bitternote, eher kokelig als grün. Steht ihm ganz gut: '16 war zu fett...

[+2h30'] LLT: Auch in der Nase Frucht jetzt deutlich zurückgezogen. Bitternote im Abgang überdeutlich und nicht schön.
TSC wenig verändert, balanciert und in jeder Hinsicht der bessere Wein.

Die initiale Nase des LLT war wirklich schön; irgendwie hatte ich heute Abend mehr Lust auf feminin-samtigen Wein. Leider hat der Gaumen hier überhauptnicht dem Naseneindruck entsprochen. Wenn ich jetzt noch berücksichtige, daß ich für LLT 32,50 und für TSC 24,90 bezahlt habe... Beide sind nicht verschlossen, reißen mich aber auch so nicht vom Hocker. TSC könnte ich mir für den Preis evtl. sogar nachzukaufen vorstellen, LLT sicher nicht.
Zuletzt geändert von amateur des vins am Mo 12. Okt 2020, 11:24, insgesamt 1-mal geändert.
Besten Gruß, Karsten
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AmonA

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 11. Okt 2020, 21:34

Na gut, heute La Voûte .... :lol:
St. Emilion, 100 % Merlot, 13,5 %.
aus dem Gabriel Glas: mitteltiefes purpur, dezent nach Gewürzen, Pflaume, am Gaumen überwiegt die Pflaume und die Mineralität, die Tannine sind weich, aber spürbar. Der Gaumeneindruck hält sich überraschend lange.
Hm, im jetzigen Stadium (durch Transport geschüttelt, aber nicht gerührt :mrgreen: ) sehr dezent und irgendwie poliert wirkend. Könnte man so weg trinken, wenn da nicht ein Subspreis von 30,-- auf der Rechnung stehen würde. Bleibt abzuwarten wie sich der Wein entwickelt - ich bin optimistisch 8-)

Edit: gerade auf der hp vom Weingut nachgeschaut, weil ich mir unsicher war und keinen Käse schreiben wollte:
die Reben wachsen auf Kalkstein und das merkt man auch im Geruch und am Gaumen - chapeau!
Grüße
AmonA (aka Volker)
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EThC

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 11. Okt 2020, 21:46

Sauternes hat geschrieben:Oder man selbst ist nach 5000km Autofahrt so durch, das einem ein Unterschied im Wein nicht mehr auffällt :lol: .

...ihr seid anscheinend alle nix gewöhnt... :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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UlliB

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Re: Bordeaux 2017

BeitragMo 12. Okt 2020, 09:58

Eine kleine, etwas "unsortierte" Probe von drei 2017ern. Pop & pour, in der Flasche verbliebene Reste (jeweils rund ein Drittel) wurden nach 24 Stunden nachverkostet.

Léoville Barton (St. Julien 2e GCC) 13%Vol. Dunkles, schönes Kirschrot, aus der Erinnerung heraus aber etwas heller und transparenter als der 16er. In der Nase deutlich Neuholz, balsamisch, dahinter dunkle Frucht. Am Gaumen dominiert dann eine intensive Schwarzkirschfrucht, das Holz untermalt hier nur, mittelgewichtig, etwas lose geknüpft, dafür für LB ungewöhnlich elegant. Die ziemliche frische Säure spitzt etwas hervor und ist auch nach 24 Stunden noch nicht völlig eingebunden; keine Tendenz, sich zu verschließen. Schön, aber kommt mit dem 15er und 16er aus gleichem Haus nicht mit; vermutlich nichts für die lange Strecke.


Montrose (St. Estephe 2e GCC) 13,5%Vol. Deutlich dunkler als der LB. In der Nase eher zurückhaltend, deutet wesentlich mehr Konzentration und Tiefgang an, Holz ganz im Hintergrund. Bestätigt sich so am Gaumen: wesentlich strukturierter als der Barton, ein dunkler, fester Kern umspielt von feinsten Fruchtnoten, Holz kaum zu spüren, sehr fest, das Tannin aber nicht aggressiv; sehr langer Abgang. Absolut erstklassig (wie in den letzten Jahren eigentlich immer) und dem LB deutlich überlegen, eine ganz wunderbare Kombination von hoher Konzentration, Struktur und Finesse. Nach 24 Stunden hat sich der Wein deutlich verschlossen. Ein 17er, der für den Jahrgang vermutlich ungewöhnlich viel Zeit benötigen wird, um die volle Trinkreife zu erreichen.


Les Carmes Haut Brion (Pessac-Léognan) 13%Vol. Meine erste Begegnung mit diesem Chateau. Farblich wieder deutlich heller als der Montrose, und das Rot wirkt hier deutlich wärmer als bei den beiden anderen Weinen, die am Rand ins Violette tendieren. Die Nase völlig anders: während beim LB und beim Montrose dunkle Frucht das Leitthema ist, dominiert hier das Kräuterwürzige, nach etwas Belüftung kommen dazu auch noch Unterholz und feuchte Erde, erst dann rote Frucht, etwas Erdbeere und Himbeere; Holz im Hintergrund. Am Gaumen deutlich weicher und wärmer als die beiden Vorgänger, aber nicht fett; alles eher dezent und zurückhaltend, stimmig und harmonisch. Gute Länge. Nach 24 Stunden etwas zurückgezogen, aber es erscheint jetzt eine sehr deutliche Himbeerbonbon-Note.

Das ist wirklich sehr schön, hier sind eindeutig Könner am Werk. Aber ob der Wein den Hype verdient, der darum gemacht wird, würde ich nach dieser Flasche erstmal ein wenig bezweifeln. Da passt zwar alles, aber im Hinblick auf innere Dichte und Struktur ist der Wein dem Montrose doch sehr deutlich unterlegen und gleicht dieses Defizit auch mit der Aromatik nicht aus. Zu wirklich großer Klasse fehlt hier ein ordentliches Stück. Aber vielleicht sind der 18er und der 19er ja deutlich besser, man wird sehen.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 18. Okt 2020, 10:19

Noch eine Erstbegegnung:

de Pressac 2017 (St. Emilion GCC) 14%Vol. Fast schwarz. Üppige Nase, dunkle, warme Frucht, sehr reife Kirsche, auch Backpflaume, ordentlich Neuholz, Rösttöne, viel dunkle Schokolade, dann etwas Minze - After Eight trifft Mon Cherie :lol: Im Gaumen dicht, auch hier dunkle Frucht hart am Rand zur Überreife, ordentlich Tannin, aber geschmeidig, der Alkohol ist glücklicherweise gut eingebunden, die Säure verhindert das Abgleiten ins Träge. Nach hinten bricht der Wein dann plötzlich weg, und im Rückaroma erscheinen entfernt ein paar krautige Noten, die vermuten lassen, dass das Lesegut dann doch nicht ganz so toll war, wie die Hochglanzfassade vorgibt.

Ein crowd pleaser, was an sich ja nichts Schlechtes sein muss, trotz 16% CF und 9% CS sowie je 2% Carmenère und Malbec vom Merlot dominiert. Der wird sicherlich seine Fans finden, aber meins ist das nun gar nicht... da frage ich mich, wie so etwas aus einem hochreifen Jahrgang wie 2018 mit vermutlich dann 15% Alkohol ausfällt :shock:

Gruß
Ulli
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harti

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 18. Okt 2020, 13:46

UlliB hat geschrieben:Les Carmes Haut Brion
Das ist wirklich sehr schön, hier sind eindeutig Könner am Werk. Aber ob der Wein den Hype verdient, der darum gemacht wird, würde ich nach dieser Flasche erstmal ein wenig bezweifeln. Da passt zwar alles, aber im Hinblick auf innere Dichte und Struktur ist der Wein dem Montrose doch sehr deutlich unterlegen und gleicht dieses Defizit auch mit der Aromatik nicht aus. Zu wirklich großer Klasse fehlt hier ein ordentliches Stück. Aber vielleicht sind der 18er und der 19er ja deutlich besser, man wird sehen.
Hallo Ulli,

nicht nur die Qualität, auch die Besonderheiten in der Rebsortenzusammensetzung (hoher Anteil Cab. Franc), der Lage (mitten in Pessac), der Produktionsweise (biologisch), dem Ausbau (teilweise Amphoren) und letztendlich der verschwindend geringen Menge (6 ha für den Erstwein) dürften mit ursächlich für den Hype sein. Zudem war der Preis en primeur deutlich niedriger (75 € beim 17er) als beim Montrose (130 €).

Grüße

Hartmut
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UlliB

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Re: Bordeaux 2017

BeitragSo 18. Okt 2020, 14:27

harti hat geschrieben:[...] auch die Besonderheiten in der Rebsortenzusammensetzung (hoher Anteil Cab. Franc), der Lage (mitten in Pessac), der Produktionsweise (biologisch), dem Ausbau (teilweise Amphoren) und letztendlich der verschwindend geringen Menge (6 ha für den Erstwein) dürften mit ursächlich für den Hype sein.

Das ist sicher alles richtig. Aber keiner der genannten Faktoren ist ein Garant dafür, dass ein Wein eine herausragend gute Qualität hat. Und der LCHB 2017 ist für mich eben auch kein herausragend guter Wein.
Zudem war der Preis en primeur deutlich niedriger (75 € beim 17er) als beim Montrose (130 €).

Auch das stimmt. Hier allerdings bildet die Preisrelation die Qualitätsrelation ziemlich korrekt ab (was bei Bordeaux nun wirklich nicht immer der Fall ist).

Apropos Montrose 17: ich habe, nachdem ich die VKN gepostet habe, beim WA mal nachgesehen, wie dort die Weine bewertet wurden. Da hat der Montrose von LPB tatsächlich 98 Punkte bekommen, was heißen würde, dass sich der 17er nahtlos in die ganz großen Jahrgänge dieses Gutes einreihen würde. Das sehe ich nun allerdings nicht, aber 95 fände ich immer noch korrekt - immerhin ein großer Wein, und das aus einem als bestenfalls mittelmäßig verschrieenen Jahrgang.

Gruß
Ulli
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