Bordeaux 2016

Wie's der Zufall so will, habe ich heute meinen Calon Ségur erhalten und treffe morgen einen lieben und raren Freund (der mir meinen ersten Montrose kredenzt hat), da würde es thematisch passen, eine Buddel aufzumachen.

Ist das eine doofe Idee? Hatte den jemand seit der Arrivage im Glas? Ich habe fast keine Erfahrung mit Calon Ségur.

Bordeaux 2016 in der Fruchtphase ist wunderbar, nur würde ich nicht auf die Idee kommen einen so schönen Wein einen Tag nach Zustellung zu öffnen, gib ihn mindestens 3-4 Wochen Ruhe.
Anderer Aspeckt, wie viele Flaschen stehen dir zur Verfügung? Bei mindestens 4 kann eine schon geöffnet werden, trotzdem gilt Satz 1 .

Grüße Heiko

Ah, Du sprichst fast alle Punkte an, die mir auch in den Sinn kamen.
Hast Du Erfahrungen mit Calon Ségur im allgemeinen und dem 2016er im besonderen?

Dein Einwurf zur Ruhe weckt meinen Widerspruch, oder zumindest kritisches Nachfragen. Mach' ich aber an anderer Stelle hier im Forum.
edit:
Nö, mach' ich doch nicht - wurde nämlich (natürlich!) schon diskutiert. Plausible Begründungen, warum es problematisch sein soll, gleich aufzuziehen, habe ich dort auch keine gefunden. Selbst Depot - wenn man da ein Problem mit hat - wird ein Jungwein noch keines haben.

Ich habe 6 Flaschen, und die Mengen hatte ich schon gezielt mit dem Gedanken an einen Babymord gewählt. Wenn mir jetzt allerdings jemand sagt, der sei total vernagelt, würde ich nicht weiter darüber nachdenken.

Hast Du Erfahrungen mit Calon Ségur im allgemeinen und dem 2016er im besonderen?

Leider doppelt nein, bei der 16er Sub war es mir vergönnt eine Kiste zu kaufen, war überbucht, Schade.
Bordeaux 2016 habe ich probiert Meyney und Clos Louie, den Meyney 1-2 Tage nach Erhalt im November, Clos Louie etwas früher, aber erst geöffnet so ende Januar.
Die paar wochen mehr Ruhe in der Flasche taten für meinen Geschmack sehr gut, Clos Louie hat sich deutlich besser präsentiert als Meyney, was jetzt aber auch durchaus am Wein selbst liegen kann.
Für mich steht fest, einem jungen Jahrgang gebe ich jetzt immer paar wochen oder Monate Zeit zum sammeln, wenn denn eine frühe Kostprobe durchgeführt wird, ansonsten dürfen die Flaschen natürlich viele Jahre reifen.
Das kann und soll aber jeder machen wie er mag, deshalb darfst du gerne morgen eine Flasche Calon Segur öffnen , bin dann auch neugierig wie deine Meinung zum Wein ausfällt.

Grüße Heiko

deshalb darfst du gerne morgen eine Flasche Calon Segur öffnen

Hehe, das war ist eine Option von mehreren, und nicht die wahrscheinlichste.

Ich schlaf' nochmal drüber und hoffe derweil auf weitere Wortmeldungen.

Verschlussphase ist eher unwahrscheinlich, das wäre bei einem 16er schon verdammt früh.

Neuere Jahrgänge von Calon Ségur kenne ich leider nicht. Früher waren das schon mal etwas rustikale, harte Knochen, die sehr viel Zeit brauchten, um die Kurve kriegen, und als Jungwein nur wenig Spaß gemacht haben. Aber die Verhältnisse hier sollen sich nach dem Besitzerwechsel ja sehr grundlegend geändert haben.

Also, wenn ich einen "raren Freund" treffen würde, der sich mit Bdx auskennt und den ich nur ganz gelegentlich sehe, würde ich die Flasche aufziehen. Man weiß im Leben nie, wie viele Gelegenheiten sich noch ergeben - und für die wären dann ja immer noch fünf weitere Flaschen da. Die Chancen, dass das ein erfreuliches Erlebnis wird, halte ich für recht gut.

Gruß
Ulli

Der 2014er Calon war für mich ein prägendes Jungweinerlebnis! Also aufziehen genießen und berichten.

Rustikal und hart habe ich auch im Kopf, aber ich habe nur extrem wenig Erfahrung mit dem Weingut, und es ist auch schon eine Weile her. Die aktuellen Kommentare der Profis vom Janur 2019 lesen sich aber nicht so; sogar Begriffe wie "samtig" (NM) oder "seidig" (AG, nun ja) kommen vereinzelt vor.
edit:
"...and the tannins far less rustic than the Calon-Ségurs of old." (NM barrel tasting)

Inzwischen habe ich erfahren, daß zwei von vier Leuten wohl eher auf Jungweine stehen. Ein Zeichen, ein Zeichen!

"Rarer Freund" klingt schräg, ich weiß. Kommt davon, wenn man beonders kompakt formulieren möchte.

Angludet 2016, Margaux
Habe auch gestern eine 6er-Kiste Calon Segur und eine 12er-Kiste mit Angludet Demis abgeholt und eine Angludet Demi gleich geöffnet.
Direkt nach dem Öffnen sehr dunkles klares Rubinrot; in der Nase zunächst etwas zurückhaltend, dann sehr reife dunkle Früchte etwas Fruchtgummi, später etwas Kaffee und Bitterschokolade; am Gaumen dann auch dunkle Früchte und Fruchtgummis, alles aber in einem kühlen Stil mit dezenter trinkanimierender Säure und samtigen gut integrierten Tanninen. Heute am zweiten Tag dann in der Nase und am Gaumen reife Kirschen und Cassis, nichts bonbonartiges mehr bei weiterhin trinkanimierender Säure und samtigen gut integrierten Tanninen.
Mein erster 16-er und ein sehr positiver Eindruck. Befürchte aber dass der Calon sich in diesem Stadium viel massiver und verschlossener zeigen wird. Der Verstand sagt zulassen, aber irgendwie sucht die Hand schon den Korkenzieher.

Habe gerade mal geschaut, was ich anlässlich der Fassprobe am 25.6.2017 bei der Möve zu dem Wein geschrieben hatte:

dunkel Farbe, in der Nase reife Kirsche und Pflaume, schöne Säure, am Gaumen ebenfalls schöne Säure sowie Kirsche und Pflaume, nicht zu starke schon schön eingebundene Tannine. Beim Nachverkosten bestätigte sich dieser Eindruck. Vielleicht ein Wein, bei dem man nicht 15-30 Jahre auf die beste Trinkreife warten muss.

Bin selbst überrascht, dass das garnicht soviel abweicht

Die Situation war nicht geeignet, dem Wein extrem viel Aufmerksamkeit zu widmen, geschweige denn, Notizen zu machen. Aber ein paar stenogrammhafte Eindrücke aus der Erinnerung zum

Calon Ségur 2016

möchte ich Euch nicht vorenthalten. Bewußt pop'n'pour übrigens.

Die Cabernets dominieren; besonders CF macht sich genial bemerkbar. So gesellt sich zur schwarzen und dunkelbauen Frucht (Cassis u.a.) eine tolle Kräuterwürze und eine ätherische Note, die mit "Eukalyptus" nicht ganz treffend beschrieben ist, aber mir fällt nichts besseres ein. Das erzeugt ein anhaltendes Gefühl von Frische, das über die schöne, aber unauffällige Säure hinausgeht. Tannine sind schon einige da, aber verblüffend fein und eingebunden - nichts von wegen rustikal oder hart. Insgesamt präsentiert er sich "nur" mittelgewichtig und sehr elegant, ohne dabei im geringsten schwächlich zu wirken oder seine Herkunft aus Saint-Estèphe zu verstecken, denn bei aller Eleganz zeigt das Profil durchaus ein paar Kanten. Wähle ich manchmal die Begriffe "feminin" oder "maskulin", müßte ich hier vielleicht von "androgyn" sprechen.

Initial war ich ein wenig geschockt, weil ich mit einem konzentrierten, tanninstarken Kraftbolzen gerechnet hatte. Stattdessen ist das ein sehr komplexer, würziger, aber auch eleganter Wein in perfekter Balance. Er ist total offen und sehr harmonisch, und trinkt sich völlig easy.

Ich bin sehr froh über dieses grandiose Jungweinerlebnis, und daß noch ein paar Flaschen auf mich warten. Allerdings hänge ich völlig in der Luft, was eine Abschätzung des Alterungspotentials betrifft, weil er eben so zugänglich und relativ schlank ist.