Um vom Streit um Sociandos Bart mal wieder zur Ausgangsfeststellung zu kommen: Der Feststellung, dass man in Bordeaux - sofern man etwas Interesse investiert - im Vergleich zu fast allen anderen renommierten Rot-Weinbau-Regionen die meiste und auch verlässlichste Qualität für's Geld bekommt, kann ich nur uneingeschränkt zustimmen.
Dispute darüber, ob Weine wie Sociando Mallet denn nun Grand-Cru-ähnlich oder -gleich seien oder aber nicht, muten für mich jedenfalls wie von einem anderen Freak-Stern an. Letzten November hatte ich das Vergnügen, an einem geselligen Bordeaux-Umtrunk teilzunehmen, bei dem u.a. in einem 3er-Blind-"Flight" 1989er und 1990er Sociando und 1989er Montrose nebeneinander standen. Den besten dieser 3 Weine heraus zu schmecken, war sicherlich große Kunst. Aber zu behaupten, dass der Sociando einer gänzlich anderen Liga angehörte, wäre genau so albern, wie so zu tun, als hätten solche abgehobenen Verkostungs-Spitzfinderen irgendetwas mit dem normalen Genuss-Leben eines Weinliebhabers zu tun. In jenem nämlich holt sich das Weingenießer-Subjekt zu einem schönen Gaumenschmaus eine ebenso schöne Flasche gereiften Bordeaux aus dem Keller - sei's nun ein "Grand Cru" oder oder irgendwas anderes - und genießt sie mit großem Genusse. Und da tut's ein Sociando kaum weniger gut als ein Montrose. Es sei denn, man lässt sich durch Etiketten den Spaß verderben.
Im Übrigen erlaube ich mir, jedem Wein-Verkostungs-und-Benotungs-Freak anzuraten, sich einmal eingehender mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Placebo-Effekt zu beschäftigen: Das schafft nicht nur eine bessere Bodenhaftung und Abklärung, sondern in Folge dessen auch wieder mehr Raum für unverkrampften Genuss...