Hallo,
heute auf der Weinverkostung eines mittelgroßen Händlers. Man schlendert an den Ständen vorbei und sieht viel Weisswein, viel Deutschland, einiges aus Italien, weniger aus Spanien als noch vor Jahresfrist, noch weniger Frankreich aber davon ist nichts aus Bordeaux. Die Weine aus dem Bordelaise hat der Händler durchaus im Angebot. Er hat einige bekannte Namen in seinen Regalen stehen, sogar einige Geheimtipps, die es wert wären verkostet zu werden und preislich halten sich diese Flaschen im Rahmen des Gesamtsortiments. Nur werden diese Weine nicht oft verlangt oder besser, immer seltener. Auf der Verkostung taugen sie für ihn nicht mal als Prestigeweine. Den einkommensstärkeren Teilen seines Publikums serviert er lieber einen Pommard.
Berlin, in der Woche zuvor. Eine Verkostung für Geschäftskunden. Das Motto "Bordeaux für junge Leute". Präsentiert werden vorzusweise junge Weine, frucht- und säurebetont ausgebaut. Holzfassbau gleich "pfui". "Barrique" ist genauso trendy wie die FDP. Doch die auf jugendlich getrimmten Weine wollen nicht sonderlich gefallen. Die Tannine nicht gebändigt oder hohl. Grüntöne drängen sich ob der jungen Jahrgänge in den Vordergrund. Es fehlt die Harmonie, es fehlt die Faust im Samthandschuh, es fehlt die Tiefe, es fehlen gereifte Weine.
Aber wer trinkt und wer hat - abgesehen von einer beständig schrumpfenden Zahl von Weinfreaks - überhaupt noch gereifte Bordeaux? Papa hat früher gerne mal Bordeaux getrunken. Als die noch günstig waren, hat er fast jeden Jahrgang subskribiert. Aus der Kiste mit dem Lafite hat sich dann ein paar Flaschen für den Eigenbedarf rausgenommen, den Rest verkauft und davon seine Subs im Nachhinein bezahlt. Doch in den letzten Jahren hat er seinen Weinkeller sukzessive von Bordeaux gereinigt. Das Zeugs wurde ihm zu teuer, die Holzphase hat er eine Weile mitgemacht, aber die Ergebnisse haben ihn ehrlich gesagt nicht überzeugt, obwohl er das vor seinen Freunden nie zugeben würde. Die letzten drei Jahrgänge bei der Subs hat er ausgelassen. Die waren wohl nicht so gut, günstig waren die Sachen auch nicht. Und dann hat er immer von den Chinesen gelesen, die ihm den Lafite wegkaufen. Und das zu Preisen pro Flasche, die er früher für eine Kiste gezahlt hat. Aber so ist das Leben. Wird eine Tür zugeschlagen, tun sich viele neue auf. Es gibt etliches zu entdecken. Burgund ist auch teuer, aber irgendwie exklusiver. Und in Deutschland - der Klimawandel ist ja nicht nur schlecht - wird mittlerweile anständiger Rotwein erzeugt. Der ist nicht mal so teuer. Außerdem kann man den gleich trinken und man muss ihn nicht lagern. Was auch ganz gut ist, denn nachdem Papa nach der Scheidung ausziehen musste, hat seine neue 2 Zimmer Wohnung keinen gescheiten Keller mehr. Da wäre es mit dem Lagern ohnehin schwierig geworden. Das mit er sonst weniger Platz hat, ist nicht weiter schlimm, denn Sohnemann und Töchterlein sind bereits ausgezogen.
Jetzt wo die Kinder in der großen weiten Welt studieren, machen die ihre eigenen Erfahrungen. Leider nicht mehr mit Bordeaux, denn Papa kann ihnen keinen mehr mit auf den Weg geben und sonst begegnet den zweien diese Art von Weinen weder im Restaurant, noch im Freundeskreis. Wenn sie Wein brauchen, dann nehmen sie sich gerne eine Flasche beim Friseur mit, denn der verkauft neben Schampoo und Spülung noch das Zeugs, das irgenwelche Freunde von ihm auf deren Bioweingut in Spanien/Slowenien/Südtirol oder wahlweise in der Südpfalz selbst herstellen. Und wenn die Story nicht stimmt, ist sie jedenfalls gut ausgedacht. Der Wein schmeckt jedenfalls. Der ist klar, knallt mit junger Frucht und Säure, hat ein echt colles Etikett, das zum iphone 5 passt und heißt im Zweifel "Kawumms" oder "Fräulein Sommer". So wie Papa ihnen das erzählt hat, das man sich früher durch Dutzende Weine trinken musste, um die paar wirklich überzeugenden herauszufiltern, den Aufwand müssen die Kids heute nicht mehr betreiben. Richtig schlechte Erfahrungen mit der Qualität von Weinen macht zwar hin und wider. Aber es schmeckt ja auch nicht jedes Bier.
Neulich hatte einer mal so einen old school Bordeaux zum Essen mitgebracht. Geschenk das seine Eltern damals gekauft haben, als er geborden wurde. Echt altes Zeugs. 25 oder 30 Jahre. Wusste man gar nicht, dass Wein so alt werden kann. Der hat gar nicht mal so übel geschmeckt. Irgendwie anders, hat aber nicht jedem geschmeckt. Das ist so ungewohnt. Aus Interesse hat man dann jedenfalls mal gegoogelt, was ein aktueller Jahrgang davon kostet. Vielleicht kann man sich den ja mal merken. Aber als den Wein schließlich gefunden hatte, hat auch man schnell wieder von der Idee Abstand genommen, so etwas zu kaufen. Also Hallo: Der Wein war schon echt gut, aber gleich zehn mal so gut, wie das was man sonst trinkt?
Grüße,
wolf
heute auf der Weinverkostung eines mittelgroßen Händlers. Man schlendert an den Ständen vorbei und sieht viel Weisswein, viel Deutschland, einiges aus Italien, weniger aus Spanien als noch vor Jahresfrist, noch weniger Frankreich aber davon ist nichts aus Bordeaux. Die Weine aus dem Bordelaise hat der Händler durchaus im Angebot. Er hat einige bekannte Namen in seinen Regalen stehen, sogar einige Geheimtipps, die es wert wären verkostet zu werden und preislich halten sich diese Flaschen im Rahmen des Gesamtsortiments. Nur werden diese Weine nicht oft verlangt oder besser, immer seltener. Auf der Verkostung taugen sie für ihn nicht mal als Prestigeweine. Den einkommensstärkeren Teilen seines Publikums serviert er lieber einen Pommard.
Berlin, in der Woche zuvor. Eine Verkostung für Geschäftskunden. Das Motto "Bordeaux für junge Leute". Präsentiert werden vorzusweise junge Weine, frucht- und säurebetont ausgebaut. Holzfassbau gleich "pfui". "Barrique" ist genauso trendy wie die FDP. Doch die auf jugendlich getrimmten Weine wollen nicht sonderlich gefallen. Die Tannine nicht gebändigt oder hohl. Grüntöne drängen sich ob der jungen Jahrgänge in den Vordergrund. Es fehlt die Harmonie, es fehlt die Faust im Samthandschuh, es fehlt die Tiefe, es fehlen gereifte Weine.
Aber wer trinkt und wer hat - abgesehen von einer beständig schrumpfenden Zahl von Weinfreaks - überhaupt noch gereifte Bordeaux? Papa hat früher gerne mal Bordeaux getrunken. Als die noch günstig waren, hat er fast jeden Jahrgang subskribiert. Aus der Kiste mit dem Lafite hat sich dann ein paar Flaschen für den Eigenbedarf rausgenommen, den Rest verkauft und davon seine Subs im Nachhinein bezahlt. Doch in den letzten Jahren hat er seinen Weinkeller sukzessive von Bordeaux gereinigt. Das Zeugs wurde ihm zu teuer, die Holzphase hat er eine Weile mitgemacht, aber die Ergebnisse haben ihn ehrlich gesagt nicht überzeugt, obwohl er das vor seinen Freunden nie zugeben würde. Die letzten drei Jahrgänge bei der Subs hat er ausgelassen. Die waren wohl nicht so gut, günstig waren die Sachen auch nicht. Und dann hat er immer von den Chinesen gelesen, die ihm den Lafite wegkaufen. Und das zu Preisen pro Flasche, die er früher für eine Kiste gezahlt hat. Aber so ist das Leben. Wird eine Tür zugeschlagen, tun sich viele neue auf. Es gibt etliches zu entdecken. Burgund ist auch teuer, aber irgendwie exklusiver. Und in Deutschland - der Klimawandel ist ja nicht nur schlecht - wird mittlerweile anständiger Rotwein erzeugt. Der ist nicht mal so teuer. Außerdem kann man den gleich trinken und man muss ihn nicht lagern. Was auch ganz gut ist, denn nachdem Papa nach der Scheidung ausziehen musste, hat seine neue 2 Zimmer Wohnung keinen gescheiten Keller mehr. Da wäre es mit dem Lagern ohnehin schwierig geworden. Das mit er sonst weniger Platz hat, ist nicht weiter schlimm, denn Sohnemann und Töchterlein sind bereits ausgezogen.
Jetzt wo die Kinder in der großen weiten Welt studieren, machen die ihre eigenen Erfahrungen. Leider nicht mehr mit Bordeaux, denn Papa kann ihnen keinen mehr mit auf den Weg geben und sonst begegnet den zweien diese Art von Weinen weder im Restaurant, noch im Freundeskreis. Wenn sie Wein brauchen, dann nehmen sie sich gerne eine Flasche beim Friseur mit, denn der verkauft neben Schampoo und Spülung noch das Zeugs, das irgenwelche Freunde von ihm auf deren Bioweingut in Spanien/Slowenien/Südtirol oder wahlweise in der Südpfalz selbst herstellen. Und wenn die Story nicht stimmt, ist sie jedenfalls gut ausgedacht. Der Wein schmeckt jedenfalls. Der ist klar, knallt mit junger Frucht und Säure, hat ein echt colles Etikett, das zum iphone 5 passt und heißt im Zweifel "Kawumms" oder "Fräulein Sommer". So wie Papa ihnen das erzählt hat, das man sich früher durch Dutzende Weine trinken musste, um die paar wirklich überzeugenden herauszufiltern, den Aufwand müssen die Kids heute nicht mehr betreiben. Richtig schlechte Erfahrungen mit der Qualität von Weinen macht zwar hin und wider. Aber es schmeckt ja auch nicht jedes Bier.
Neulich hatte einer mal so einen old school Bordeaux zum Essen mitgebracht. Geschenk das seine Eltern damals gekauft haben, als er geborden wurde. Echt altes Zeugs. 25 oder 30 Jahre. Wusste man gar nicht, dass Wein so alt werden kann. Der hat gar nicht mal so übel geschmeckt. Irgendwie anders, hat aber nicht jedem geschmeckt. Das ist so ungewohnt. Aus Interesse hat man dann jedenfalls mal gegoogelt, was ein aktueller Jahrgang davon kostet. Vielleicht kann man sich den ja mal merken. Aber als den Wein schließlich gefunden hatte, hat auch man schnell wieder von der Idee Abstand genommen, so etwas zu kaufen. Also Hallo: Der Wein war schon echt gut, aber gleich zehn mal so gut, wie das was man sonst trinkt?
Grüße,
wolf
„Es war viel mehr.“
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)