Ollie hat geschrieben:
Interessant aber der Teil, in dem sich ein Winzer über diese viel zu kurz springende Maßnahme beschwert, denn 40.000 ha Reben des Bordelais würden "mit Verlust" (Zitat ebenda) bewirtschaftet und müssten deshalb gerodet werden (gegen 6.000 Euro/ha Rodungsprämie, natürlich, weil die Winzer offenbar nicht mal ihre eigene Beerdigung bezahlen können). Zur Einordnung dieser Zahl: Das entspricht etwa 40% der deutschen Anbaufläche.
Wenn man so sieht, was an absolut indiskutablem Massenwein aus dem Bordelais kommt, wundere ich mich, daß es nicht noch größere Flächen sind, die stillgelegt gehören. Man weiß ja nicht, wieviel Fläche gerade mal eben den Break-Even schafft. Aber selbst wenn diese Flächen brauchbaren Wein erzeugten, so würden die Mengen gar nicht abgesetzt werden können, ohne den Preis zu drücken.
Was man da im Bordelais sieht, ist lediglich eine Auswirkung eines globalen Problems: es wird deutlich mehr Wein erzeugt, als konsumiert wird.
Ein Blick in die Statistiken der OIV ist da interessant: seit 2000 wurde trotz jahrgangsbedingter Schwankungen der Erntemenge in
jedem Jahr weltweit mehr Wein erzeugt, als im selben Jahr konsumiert wurde. Über diesen Zeitraum betrachtet lag die mittlere Erzeugung bei etwa 270 Millionen hL pro Jahr, der gemittelte Konsum aber bei nur 230 Millionen hL pro Jahr. Heißt: es werden im Mittel so um die 40 Millionen hL pro Jahr mehr erzeugt als konsumiert, das sind fast 15% der Produktion. Wollte man Produktion und Konsum in Übereinstimmung bringen, müsste man linear gerechnet weltweit etwa 1 Million (!) Hektar stillegen, das wäre dann das zehnfache der deutschen Anbaufläche...
Da nach Ansicht des Handels (und wohl auch der meisten Konsumenten) die Weine im Billigsegment weitgehend austauschbar sind, übt der natürlich einen enormen Preisdruck auf die Erzeuger aus. Das ist aber in Deutschland keineswegs anders als in Frankreich, im Moment bekommen Winzer, die deutschen "Qualitätswein" an Kellereien liefern, dafür einen Euro pro Liter, bei Spätlese sind es immerhin 10 Cent mehr, und bei Spätburgunder sogar 20 Cent mehr (die Preise kann man regelmäßig z.B. auf der Homepage des "Diensleistungzentrum Ländlicher Raum" der Landesregierung Rheinland-Pfalz sehen). Das ist zwar immer noch ein bisschen mehr, als die Winzer im Bordelais oder Südfrankreich für einen Liter bekommen, von Spanien wollen wir lieber gar nicht erst reden, aber leben kann man davon nicht wirklich, und Qualität produzieren sowieso nicht.
Eine Lösung ist nicht absehbar. Zwar sinkt die globale Rebfläche seit Jahren, da aber gleichzeitig die Produktivität erhöht wurde, drückt sich das im Produktionsvolumen nicht aus. Und so lange die Produzenten mit Steuermitteln noch knapp über dem Existenzminimum gehalten werden, wird's auch der Markt nicht regeln - zumindest nicht so schnell.
Gruß
Ulli