Guten Tag zusammen,
war gestern bei einer Arrivage Verkostung des 2015er Bdx-Jahrgangs hier in Zürich. Vorweg, ich kam relativ spät zu der Veranstaltung, so dass Calon Segur, Domaine de Chevalier und Cos d'Estournel schon aus waren. Fand ich gar nicht schlimm, auf zu neuen noch unbekannten Ufern und es gab sie.
Bester Wein des Abends, gross und auf Premier Cru Niveau
Pichon Comtesse. Tannine wie Kaschmir und Seide, perfekt balanciert, von nichts zu viel und von nichts zu wenig, erhaben und aristokratisch, mit einer Wahnsinnstiefe, 95-97! Vergleichbar und auf Augenhöhe mit dem 2013er Ridge -Monte Bello-.
Sehr gut gefallen hat mir
Tour St. Christophe, St. Emilion. Dezenter Holzeinsatz, verleiht dem Wein eine subtile Komplexität aber auch Halt und Struktur, feine Tannine, harmonisch, sehr gute Balance und Ausgewogenheit, ein wenig anders (vielleicht auch dem Terroir geschuldet) und spannend dazu, 92-93. Das Schwestergut,
Bellefont Belcier, konnte mich dagegen nicht überzeugen. Der Wein geprägt von einem dunklen (leicht verkohltem) Toasting. In diesem Stadium eher etwas für Holzfans. Ob sich das in einigen Jahren ausbalanciert und integriert und zu einer Weinschönheit aufersteht? Time will tell.
Grand Puy Lacoste,
Leoville Poyferre und
Sociando Mallet in bekanntem sehr klassischen Stil. Beim noch unfertigen LP sehr gute Anlagen, eine schöne und für die zukünftige Entwicklung vielversprechende Ausgewogenheit von Säure, dezentem Holzeinsatz und Frucht, 92+. Ein Nachfolger des genialen 90iger wird das aber nicht. GPL mit feinen Noten von vanilligem Barrique, ansonsten geradlinig, klassisch und gut, 91+. SM garantiert kein Verdachtsfall von Arrivageblendung. Adstringierend und eher uncharmant. Wein sollte ja als Genussmittel in erster Linie schmecken. Das tut dieser SM zumindest mir jetzt (noch) nicht. Mal schaun, wie sich das in 10 Jahren zusammengefügt hat und schmeckt. Ein späterer Kauf wird dann noch immer möglich sein
Pontet Canet hat mich ratlos zurück gelassen. Ein Wein so unendlich elegant, aus feinen kleinbeerigen dunklen Früchten, Tannine wie Kaschmir und Seide, dezente Kühle, feminin, ein wundervoller anstrengungsloser Weingenuss. Mir fehlt die Komplexität und Tiefe der Comtesse und vor allem die Vorstellungskraft wie sich der Wein in 10 Jahren entwickeln kann? Wie sieht es eigentlich mit der Konsistenz in diesem WG aus in dem Sinne, dass ein gewisser Stil über viele Jahre unverändert beibehalten wurde? Dies liesse dann auch Aussagen für die Zukunft zu. Ist das bei diesem WG bei dieser Historie denn überhaupt gegeben? Fragen.
Begeistern konnte mich auch
Fougas Maldoror, Cotes de Bourg AOC. Seit 2010 Demeter zertifiziert, nur 13,5% Alk., burgundisch und doch so faszinierend komplett. Trinkanimierende gute Balance, feine Beerigkeit, Grip und Struktur, viel Komplexität, langer Abgang am Ende mit einem Kick schwarzer Schokolade (Toasting). Eine perfekte Melange zwischen Eleganz und Kraft sorgt für viel Trinkgenuss, 92.
Chateau Beauregard, Pomerol, dann die nächste Schönheit. Elegant, feine weiche Tannine, sehr gut balanciert und strukturiert, mit schöner kühler Fruchtfülle. Das ist Pomerol nahe den ganz Grossen, 93.
Ebenfalls ein bemerkenswerter Pomerol und mir bisher völlig unbekannt,
La Croix. Sehr burgundisch daherkommend, ganz auf Eleganz setzend und für einen Pomerol überraschend feingliedrig mit Präzision und hoher Komplexität bedacht. Das macht viel Spass, ist auch sehr spannend und m.E. weit vom parkerisierten Mainstream der
Troplong Mondots oder
Pape Clements entfernt.
Du Retout gab's auch zu probieren. Für mich der erste Kontakt mit diesem Weingut. Für den gestern aufgerufenen Preis von 17,90 Sfr bekommt man da sehr sehr viel Bordeaux ins Glas! Ich hab gekauft.
Weinfreundliche Grüsse
Christian