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Bordeaux 2020

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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mthShax

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Re: Bordeaux 2020

BeitragMi 23. Jun 2021, 23:11

vanvelsen hat geschrieben:
mthShax hat geschrieben: Ich bin immer wieder erstaunt, wie sensationell die Weine ab Fass oder in der Probe schon schmecken, man sie aber dennoch erst 6 Jahre später trinken soll. Mir ist schon klar, dass sich Weine in ihrer Reifezeit z. T. sehr deutlich verändern, aber manchmal frage ich mich, was laut den Beschreibungen noch besser werden soll.


Meine Trinkffenster versuche ich so festzulegen, wie ich einen Wein En Primeur resp. bei Arrivage degustativ wahrnehme. Es geht hier im Kern darum, die Menge und die Qualität der Tannine einzuschätzen, das Vorhandensein einer guten Säurestruktur zu prüfen und die Blance zwischen Alkohol, Frucht und Tannin/Säurestruktur zu bewerten. Viel gutes Tannin, Säurestruktur und Balance sind dann ein Garant für eine schöne und lange Reifephase.

Fakt ist natürlich auch: SHL hat enorm feine Tannine, die es erlauben, den Wein grundsätzlich schon bei Arrivage problemlos "trinken zu können". Doch zwischen "Trinken können" und "trinken möchten" gibt es für mich einen Unterschied. Aktuell ist es z.B. der 2012er (qualitativ noch nicht auf dem gleichen Niveau wie 2015 bis 2020), der sich so präsentiert, wie ich einen Wein trinken möchte, nämlich am "Anfang eines idealen Trinkfensters".

Schwieriger wird es mit der Schätzung für das "Ende des idealen Trinkfensters" – hier kommt die Glaskugel schon eher mit ins Spiel, und – das ist auch nicht zu unterschätzen – die ganz subjektive Wahrnehmung, wann ein Wein noch trinkbar ist. Ich kenne viele ältere Weinnasen, die sich mit grosser Freude einem 50 oder 60+ jährigen Wein hingeben. Es gibt aber genausoviele Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber, die gerade im fortgeschrittenen Alter die "Lust an der Frucht" wiederentdecken.

Meine Schätzung, in diesem Fall 2027-2050 für SHL 2018, basiert auf der doch mehrfach geprüften Erfahrung, dass man heutige Bordeaux-Weine bereits rasch "trinken möchte" und dass der Wein aufgrund seiner grossen Qualität (viel sehr hochwertiges Tannin, top Säure, sensationelle Balance zwischen Frucht und Struktur etc.) ein mindestens 20jähriges "optimales Trinkfenster" vor sich hat.

Setzen wir nun diese Aussage in den Kontext eines älteren, bekanntlich sehr guten und wie 2018 ebenfalls sonnenverwöhnten Jahrgangs und nehmen einen sehr guten Wein aus der selben Appellation (ich nehme bewusst nicht SHL, da dieser Wein damals noch nicht auf dem Niveau von heute ist): Château Haut-Bailly 1990. Dieser Wein bietet aktuell sensationellen Trinksgenuss, ist meines Erachtens aber "am Ende seines optimalen Trinkfensters" angelangt, was nicht heisst, dass er in 10 Jahren nicht mehr trinkbar ist, aber ich bin überrzeugt, dass sich dieser Wein nicht mehr verbessern wird, sondern über die Jahre nun tendenziell an Charme verlieren dürfte und seine Fähigkeit, grosse Trinkfreunde zu garantieren, einbüssen wird.

Ich habe bei diesem Beispiel-Wein divese Refernzpunkte. Ich genoss meine ersten Haut-Bailly des Jahrgangs 1990 ums Jahr 2000 herum. Damals war der Wein noch jugendlich, etwas sperrig, aber trinkbar. Er fand um 2005 herum sein aus meiner Sicht "optimales Trinkfenster", welches er nun bis eben zum heutigen Tage resp. Jahr halten konnte. Kurz: Haut-Bailly 1990 öffnete ca. 15 Jahre nach der Ernte sein rund 20jähriges, optimales Trinkfenster.

Wohl wissend, dass sich die Vinifikation deutlich verändert hat, und die Weine heutzutage früher zugänglich sind, bin ich darum überzeugt, dass mein angegebenes Trinkfenster für SHL 2018 richtig gewählt ist. Wer es nicht glauben möchte, darf gerne in nicht ganz unfreudvollen Praxis-Tests das Gegenteil beweisen.

Lieber Gruss,

Adrian


Lieber Adrian,

merci für Deine ausführliche, aufschlussreiche und zugleich unterhaltsame Antwort ohne "Allüren". Daumen hoch :-)
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Frankie Wilberforce

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Re: Bordeaux 2020

BeitragMi 23. Jun 2021, 23:17

vanvelsen hat geschrieben:Liebes Forum

Hier meine kurze, mit Augenzwinkern gemeinte Theatervorstellung in 10 Akten... ;)

1. Über die Jahrgangsqualität diskutieren und verhaltene Euphorie äussern
2. Annahmen zur Preisgestaltung äussern
3. Jahrgangsqualität anzweifeln
4. Erste Vorjahrgangs-Nachkauf-Bekundungen aussprechen
5. Sich an den ersten zu hohen Preisen echauffieren
6. Jahrgangs-Boykott aussprechen
7. Rudelverhalten beobachten
8. Vorjahres-Nachkauf-Bekundungen intensivieren
9. Die Weingüter ächten, welche den preislichen Bogen total überspannen
10. Dennoch ein klein wenig oder auch ganz viel kaufen (vielleicht auch heimlich)

Im nächsten Jahr geht's dann bei Punkt 1 wieder los...

Weinfreundliche Grüsse,

Adrian


Kurz gesagt, das empfinde ich zum Glück nicht. Bei mir gibt es weder einen 2020er noch einen 2021er im Vorverkauf en Primeur.
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
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stollinger

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Re: Bordeaux 2020

BeitragMi 23. Jun 2021, 23:19

Matthias Hilse hat geschrieben:Wenn es für die Leoville Poyferre Fans gut läuft, habe ich hier gerade einen ziemlichen Unsinn geschrieben, der jeder Plausibilität entbehrt. Andernfalls ist morgen die Stollinger-Methode angesagt
Sie können mich auch gern zitieren und auf meine Beiträge eingehen.
stollinger hat geschrieben:Und 2010, 2016, 2017, 2018, 2019 sind noch für weniger Geld bei Händlern verfügbar. Werde ich nicht schlau draus
Dass meine Feststellung und mein darüber geäußertes Unverständnis in eine stollinger Methode umgedeutet werden, sehe ich inhaltlich nicht gedeckt.

Grüße Josef

EDIT: Heute halte ich meine Beitrag für überflüssig. Ich war gestern nach den Fussballspiel so angekäst, das wollte ich mich wohl über alles aufregen. Am besten einfach überlesen.
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Matthias Hilse

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 08:36

stollinger hat geschrieben:Sie können mich auch gern zitieren und auf meine Beiträge eingehen.
stollinger hat geschrieben:Und 2010, 2016, 2017, 2018, 2019 sind noch für weniger Geld bei Händlern verfügbar. Werde ich nicht schlau draus
Dass meine Feststellung und mein darüber geäußertes Unverständnis in eine stollinger Methode umgedeutet werden, sehe ich inhaltlich nicht gedeckt.

Grüße Josef

EDIT: Heute halte ich meine Beitrag für überflüssig. Ich war gestern nach den Fussballspiel so angekäst, das wollte ich mich wohl über alles aufregen. Am besten einfach überlesen.

Guten Morgen Josef,
Sie haben vollkommen Recht, ich habe das aus der Erinnerung geschrieben, ohne noch einmal nachzulesen.

Herzliche Grüße,
Matthias
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stollinger

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 08:49

Hallo Matthias,

Die Rolle als Zweifler, Nörgler und Mahner habe ich mir aber schließlich selber ausgesucht. Deshalb fand ich es heute Morgen etwas befremdlich, dass ich gestern den Impuls hatte, das unbeding nach 23 Uhr, mit dicken Fingern am Smartphone, noch richtig zu stellen. Es ist doch wirklich nur was zum schmunzeln.

Grüße, Josef
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Herr S.

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 09:04

stollinger hat geschrieben:Hallo Matthias,

Die Rolle als Zweifler, Nörgler und Mahner habe ich mir aber schließlich selber ausgesucht. Deshalb fand ich es heute Morgen etwas befremdlich, dass ich gestern den Impuls hatte, das unbeding nach 23 Uhr, mit dicken Fingern am Smartphone, noch richtig zu stellen. Es ist doch wirklich nur was zum schmunzeln.

Grüße, Josef


Hallo Josef,

Deine Reaktion spricht für Dich. Das eigene Tun kritisch zu hinterfragen und selbstreflektierend zu handeln und das auch zu kommunizieren ist einer rare Kompetenz dieser Tage!

Viele Grüße,
Björn
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"Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug-collection, the tendency is to push it as far as you can." (Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas)
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UlliB

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 11:15

Mouton Rothschild, wie in den letzten Jahren der gleiche Releasepreis wie Haut Brion und Ch. Margaux, etwa 600 € EVP.

Und da wir es gestern kurz mit den Zweitweinen der Premiers hatten: Petit Mouton, 168 € ex nego, etwa 230 € EVP :shock:

Ducru Beaucaillou, trotz Sonderetikett nur gut 40% plus, etwa 220 € EVP.

Gruß
Ulli
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 11:16

UlliB hat geschrieben:Ducru Beaucaillou, trotz Sonderetikett nur gut 40% plus, etwa 220 € EVP.
Schnäppchenalarm! :mrgreen:
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 11:23

Und da ist auch schon Léoville Poyferré, 72 € ex nego, plus 46% auf 2019 - das müsste knapp 100 € EVP ergeben.

Und damit etwa 20% teurer als der Nachbar Leoville Barton.

Gruß
Ulli
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UlliB

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Re: Bordeaux 2020

BeitragDo 24. Jun 2021, 11:39

amateur des vins hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:Ducru Beaucaillou, trotz Sonderetikett nur gut 40% plus, etwa 220 € EVP.
Schnäppchenalarm! :mrgreen:

Es mag zwar absurd klingen, aber ich bin sicher - der gesamte Release wird noch heute am Platz Bordeaux abverkauft sein, d.h. komplett auf die nächste Handelsstufe durchgereicht. Da spielen gleich mehrere Faktoren zusammen, die mit dem Denken in der Kategorie "PLV" nichts mehr zu tun haben.

Gruß
Ulli
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