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Bordeaux 2018

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2018

BeitragFr 9. Apr 2021, 18:49

pessac-léognan hat geschrieben: Château Meyney Saint-Estèphe, Grand vin 2018 14.5%
42% CS, 40% M, 18% (!) PV (wie häufig bei Meyney gibt's auch andere Quellen mit einem höheren Anteil CS)

Farbe: tief dunkel, fast schwarz.
Nase: zurückhaltend (etwa im Vergleich zum Meyney 2014 vor 3 Jahren, der einem fast den Atem raubte), feine Düfte von réglisse, etwas Cassis, etwas frische Zeder, ganz wenig Wacholder.
Gaumen: Der Wein fließt wie ein Elixier, auch hier Cassis und etwas ganz schwarze Kirsche, danach auch sehr reife Heidelbeere, feiner weißer Pfeffer, so gut wie kein spürbares Holz, höchstens auch hier ganz zurückhaltend Zeder, eine Spur Koriander, seidenweiches Tannin
Langer Nachhall von Gewürzen
Ein toller Jungwein, extrem gut zu trinken für einen jungen Meyney, modern, man würde nicht unbedingt an Saint-Estèphe denken, Alkohol kaum spürbar (immerhin 14.5%!). Fantastisches PGV. 93/94P.
Großes Aber: Wie wird sich das entwickeln? Ein Wein, der bereits so gut trinkbar ist, mit beachtlich viel Alkohol. Meine Erfahrungen mit so guten Jungweinen: Im Vergleich dazu - auch ohne eigentlichen Verschluss: Sie verlieren fast alle an Trinkgenuss über die Jahre...
Einen Tag später erinnert mich der Meyney 2018, in der Nase, aber auch im runden Gaumenfluss, immer mehr an einen großen Pomerol, etwa an den Nénin 2015, im Gaumen allerdings verortet das Gewürzhafte den Wein doch mehr im Médoc. Schwarzer, sehr dichter Kakao kommt dazu, auf einer ganz und gar nicht süßen Schiene. Toller Stoff!

5 Monate später:
Der Wein ist etwas straffer geworden, schwarze Kirsche und Heidelbeere sind eher in der getrockneten als in der hochreifen Variante präsent. Pfeffer und Gewürze wie Koriander sind etwas in den Hintergrund getreten (außer Nelke). Insgesamt wirkt der Wein unauffälliger, weniger vordergründig, der Wow-Effekt ist einer gewissen Klassik gewichen. Über das Zukunftspotenzial möchte ich nach wie vor nicht spekulieren. Im Moment 92 Punkte.
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Zweifel

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Re: Bordeaux 2018

BeitragSo 11. Apr 2021, 09:47

pessac-léognan hat geschrieben: Château Ferrière Margaux GCC 2018 14.5% alc (agriculture biologique et biodynamique)
68% CS / 25% M / 5% PV / 2% CF
P&P bei zunächst 16°, langsam sich erwärmend auf 18°
Farbe: sehr dunkles, aber nicht schwarzes Purpurgranat, der Wein haftet lange am Glas
Nase: ganz fein Cassis, Schwarzkirsche, wenig réglisse, dann mischt sich wunderbar Veilchen dazu und etwas Wildrose
Gaumen: auch hier Cassis, aber sehr zurückhaltend, Schwarzkirsche, etwas Bergamotte, Hibiskus, Cranberry, aber ganz und gar ungezuckert, im minutenlangen Abgang hallen die Geschmacksnuancen scheinbar ohne jegliches Holz nach, ganz spät auch noch Aprikosenblüte. Das Tannin ist butterzart, alles wie selbstverständlich verwoben, nacheinander und miteinander. Der Alkohol erst spürbar bei Temperaturen im Bereich von 20°.
Was für ein unglaublich feiner und feinduftiger Wein, kein Kraftbolzen wie der (natürlich ganz anders gebaute) Meyney 2018 mit ebenfalls 14.5% Alkohol, eher auf der Schiene des Brane Cantenac 2015 vor einem Jahr, aber besser, ein unglaublicher Weinwert.
AG gab dem Wein im März 94 Punkte, Falstaff-Moser im Februar 95 Punkte, ich war sehr skeptisch (noch mehr bei den 96-97 von Lob), aber 95 Punkte sind das aktuell, wenn man das Filigrane dem Massiven vorzieht, durchaus. Augenblicklich ein großer Wein (wenn man das von einem Jungwein sagen darf) von einem kleinen Bio-Weingut, in einer für diese Preisklasse fast unglaublichen Qualität. Mein allererster Ferrière überhaupt. Einfach glücklich, gestern die Kiste gekauft zu haben (und vom 19er nächstes Jahr noch eine in Aussicht zu haben). So ein Wein in solchen Zeiten, da weht ein Hauch von Leichtigkeit des Seins...
Ostergrüße
Jean


Hallo Jean
Gut beschrieben, danke! Viel anzufügen weiss ich da nicht. Ohne vorherige Belüftung (also direkt aus der Flasche, um diejenigen, die sich das so vergnügt bildlich vorstellen können miteinzubeziehen :) ) zeigte sich der Wein zuerst sehr offen, verschloss sich aber nach etwa einer 3/4 Stunde und die Tannine wurden etwas straffer, die Frucht war dann eher im Hintergrund. Am nächsten Tag war der ganze Aromenreichtum wieder da. Die Frucht weckte bei mir eher Assoziationen an Blutorangen, die Aromen sind aber derart dicht ineinander verwoben, dass es mir schwer fiel, sie einzeln zu benennen. Die Balance zwischen Tannnin, Säure, Frucht und Alkohol ist schlichtweg perfekt, ebenso der Trinkfluss. Ein grossartiger Wein!

Ferriere liegt glücklicherweise (wie für mich auch Grand Mayne) oft unter dem Radar der Profi-Verkoster, mir ist das noch so recht.

Ein Porträt der Produzentin findet sich hier, siehe letzte Seite:
https://www.cantinabarbengo.ch/download ... n_alle.pdf

Beste Grüsse
Hans-Rudolf
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMi 14. Apr 2021, 14:42

Preisbildung Bdx 2018 nach der Arrivage - Zwischenfazit:
Alle relevanten Weine, die ich aus 2018 bis jetzt gekauft habe, waren (teilweise erheblich, bis zu 18%!) günstiger als die entsprechenden Subskriptionspreise vor zwei Jahren. Für extrem nachgefragte Weine und / oder solche aus Mini-Gütern mag das anders aussehen. Für alle anderen Weine war eine Sub 2018 wohl ein Verlustgeschäft.
Hauptursache dafür war m.E. wohl der ausserordentliche Effekt der (teils stark rückläufigen) Sub-Preise 2019 im Gefolge der Covid-Krise. 19 zu subskribieren war also vermutlich kein Fehler. In einem Jahr könnte ein Nachkauf also leicht teurer werden (was aber natürlich auch von Qualität und Menge der Folgejahrgänge 20 und 21abhängt).
Gruß
Jean
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMi 14. Apr 2021, 21:17

Meine Worte.
Galt für nahezu alle der vergangenen Jahrgänge, mit mglw. Ausnahme in 2016.....
Im Grunde ist das Sub- geschäft tot.
Schade.
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small talk

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDo 15. Apr 2021, 08:32

Die Subskription hat mehrere ‚Aufgaben‘:
Die Weingüter bei der Vorfinanzierung zu entlasten - durch den Ausbau der Weine des Bordelais ist dieser Zeitraum verhältnismäßig lang – entsprechend ist der Finanzierungsbedarf hoch. In den 2018er der morgen zum ersten Mal unser Château verlässt investiere ich seit Herbst 2017 (Beginn des Rebschnittes)
Dem Marktteilnehmern Kaufanreize bieten: günstige Konditionen (Einkaufspreise) gesicherte Mengen, falls die doch mal knapp werden. So konnten sich Händler früh ihre Positionen und Marktsegmente sichern.
Die Subskription hatte immer auch spekulative Elemente. Die Bewertung aus der Primeurweinverkostung war hier immer besonders wichtig für die Preisfindung.
Leider hat sich dieses Marktgeschehen in Richtung Spekulation so sehr verselbständigt, dass dass Genießen von Wein nicht mehr in Betracht gezogen wird.
Etwas verdutzt war ich, als ich eher zufällig mitbekam wie jemand auch mit meinen Weinen zu spekulieren versuchte - auch das noch. Ob dies gelang interessiert mich nicht – ist sein Bier (und soll er das doch selber trinken, wenn er meinen Wein nicht trinken möchte).
Einen Anteil an Spekulation ist in jedem Marktgeschehen dabei, wenn jedoch der eigentliche Sinn eines Gutes dabei völlig aus dem Blickfeld gerät, kann das nicht lange gut gehen.
Wein ist und bleibt Genuss. Dafür wird er gemacht. Zum Genießen sollte der Wein dann auch getrunken werden…
Kaufen und weglegen - nicht zum Trinken, sondern Wiederverkaufen geht an der Sache vorbei.

Wieviel Spekulation hält ein Marktgeschehen aus?

Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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UlliB

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDo 15. Apr 2021, 09:09

small talk hat geschrieben:Wieviel Spekulation hält ein Marktgeschehen aus?

Spekulation hat es mit Bordeaux zumindest schon so lange gegeben, wie ich das Marktgeschehen verfolge - und das sind mittlerweile mehr als 35 Jahre. Zunächst aber waren hiervon nur die absoluten blue chips betroffen, d.h. die Premiers und ihre Konsorten. Und da hat sich eine Spekulation wirklich lange Zeit sehr gelohnt. Ich kenne ein paar "Kleinspekulanten", die über die Jahre hunderte von Flaschen in dieser Kategorie für lau getrunken haben, weil sie gemäß der Regel verfahren sind: subskribiere zwei Kisten, verkaufe ein paar Jahre später eine davon, und du hast die andere umsonst.

Es war eigentlich erst der Jahrgang 2010 mit seinen völlig überrissenen Preisen, bei dem dieses Vorgehen auch bei den Premiers ziemlich gründlich schiefgegangen ist. Wobei: wer einen genügend langen Atem hat, wird vermutlich in einigen Jahren auch da noch wenigstens mit ±0 herauskommen.

Wenn sich aber jetzt die Spekulation auch auf Weine aus den unteren Klassifikationsrängen oder sogar auf den nicht klassifizierten Bereich ausdehnt, wird das mit Sicherheit schief gehen. Aber man kann ja auch anderswo sein Geld versenken... die Verzweiflung auf der Suche nach Rendite ist mittlerweile schon ziemlich groß ;)

Gruß
Ulli
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TOM

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDo 15. Apr 2021, 13:59

UlliB hat geschrieben:... die Verzweiflung auf der Suche nach Rendite ist mittlerweile schon ziemlich groß ;)

Aber gegenüber allen anderen Spekulationen (Aktien, Gold, Bitcoin ...) kann man den Wein noch immer selbst trinken. Vielleicht ist die Spekulation deshalb immer beliebter geworden :D
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small talk

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Re: Bordeaux 2018

BeitragFr 16. Apr 2021, 07:27

Nun ja Ulli, immerhin ist das Ziel dieser Aktion den Wein zu genießen – zumindest zum Teil. Das nun ausgerechnet die Preissteigerung dazu dient, den Wein für den Genuss erschwinglich zu machen, ist schon ein Paradoxon. Nur ist es eben so, dass die Bäume nun mal nicht in den Himmel wachsen. Zur Not lässt sich dann noch der Korken ziehen, wie TOM schreibt...
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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TOM

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Re: Bordeaux 2018

BeitragFr 16. Apr 2021, 17:01

Nun ja, wenn man mit Wein spekulieren will, braucht man wohl einen langen Atem und eine gute Lagermöglichkeit. Das gilt ja insbesondere, wenn man in den mittel- oder niederpreisigen Bereich hineingeht. Insbesondere das passende Lager dürften wohl viele nicht haben oder es macht die Spekulation zunichte.
Wenn ich dann sehe, was bspw. auf eBay angeboten wird, dann frage ich mich wirklich, wo das gelegen hat und wie es behandelt wurde. Kann man sowas wirklich kaufen? Zudem gibt es mit Sicherheit da dann auch noch den ein oder anderen "Wanderpokal".
Da frage ich mich wirklich, wer kauft das Zeugs? Gibt es tatsächlich einen Markt bei dem die Spekulanten über 100% machen können (eine Kiste verkauft, eine behalten + Porto + Gebühren) oder ist das "Jägerlatein" (wie der Waidmann zu sagen pflegt).
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EThC

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Re: Bordeaux 2018

BeitragFr 16. Apr 2021, 17:17

TOM hat geschrieben:Gibt es tatsächlich einen Markt bei dem die Spekulanten über 100% machen können (eine Kiste verkauft, eine behalten + Porto + Gebühren) oder ist das "Jägerlatein" (wie der Waidmann zu sagen pflegt).

...bei Whisky funktioniert's wohl, jedenfalls finanziert ein Freund von mir seine Leidenschaft zu einem gewissen Teil auf diese Weise. Er und seine Frau kaufen immer von Spezial-Editionen, von denen man in der Regel je Kopf nur eine Flasche bekommt deren zwei, eine wird anschließend mit dem doppelten Startpreis eingestellt und recht zügig wieder verkloppt. Funktioniert anscheinend fast immer. Bei Wein braucht man da wohl doch einen längeren Atem...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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