Das ist die absolute Killerphrase in jeder Netzdiskussion und genauso wie laut Godwin's Law im Laufe immer länger dauernder Forendiskussionen (und sich damit zwangsläufig immer öfter wiederholender Argumente) ein Hitlervergleich kommt oder (das ist jetzt meine persönliche Beobachtung) der Hinweis auf mangelhafte Rechtschreibung, kommt irgendwann die Bemerkung "Habt Ihr eigentlich sonst keine Probleme!" Bums, aus. Kein Problem ist so groß und mächtig, dass es nicht noch größere und mächtigere geben würde. Man stelle sich auch vor, in einem Weinforum diskutieren sie über biodynamischen Weinbau und in Afrika verhungern die Kinder.
Solange also das allergrößte Problem nicht gelöst ist, hat man kein Recht, sich über das kleinere Gedanken zu machen oder am End sogar aufzuregen. So einfach kann man es sich machen. Denn was kann ein einzelner Mensch schon gegen die ganz großen Probleme dieser Welt ausrichten. Na also!
Wie so oft, liegt natürlich in dieser Aussage ein kleines Körnchen Wahrheit. Manchmal geschehen Dinge, zB ein guter Freund erkrankt unheilbar, Bekannte verlieren durch das Hochwasser buchstäblich alles, was sie sich mühsam aufgebaut haben, da erscheinen einem die eigenen Probleme, die eben noch das Denken dominierten, so nebensächlich und lächerlich, dass man sich grad ein wenig schämt.
Auf facebook bin ich auf eine Aktion gestoßen, die ich sehr unterstützenswert finde und die ich deswegen hier vorstelle. Sie heißt "Wein gegen die Wassermassen" und ruft Winzer, Weinhändler und Weinfreunde auf, Wirten, die in Hochwassergebieten alle ihre Vorräte verloren haben, eine Kiste Wein zu schicken, als kleine Unterstützung, damit sie bald wieder ihren Betrieb eröffnen können und etwas zum Ausschenken haben.
Klar, kamen gleich wieder die ersten Meckerer "Da sind ganze Landstriche abgesoffen und ihr denkt nur daran, dass die Leute sich in ein Ausflugslokal setzen und Wein trinken, habt Ihr sonst keine Probleme?" Dass genau das für diese Wirte existenzielle Probleme sind, dass jeder Tag, an dem sie nichts verkaufen, ein riesengroßer Verlust ist, das ist die andere Seite der Medaille. Und was spricht dagegen, dass sich Leute mit einer gemeinsamen Leidenschaft gegenseitig helfen, wenn es einigen von ihnen schlecht geht?
Die Buchhändler und Verlage haben übrigens etwas ganz Ähnliches auf die Beine gestellt, einen Hilfsfond Hochwasser. Auch da kann man natürlich meckern "… als ob man jetzt ans Lesen denken sollte". Dabei ist der Buchhandel ja schon ohne Hochwasser nicht gerade auf Rosen gebettet.
Hier gibt es die Details zur Weinaktion
Liebe Weinfreunde,
stellt euch vor ihr habt ein Ausflugslokal an der Elbe und euch steht das Wasser bis zum Hals!
Selbst wenn das Wasser wieder weg ist, der Schlamm weggeputzt und die Einrichtung wieder steht … Ihr steht vor dem Nichts! Alle Vorräte sind futsch!
Allein im Umkreis von Dresden geht es derzeit mehr als 60 Gastronomen so:
Alles weg! Mit Müh’ und Not hat man, mit etwas Glück, noch Möbel, Küchengeräte, Geschirr und Besteck bei Freunden und Bekannten in höher gelegenen Gebieten unterbringen können. Den Rest hat die Flut mitgenommen.
Mathias Müller ist Gastrolieferant in der Nähe von Dresden. Seine Lager stehen derzeit voll mit dem Hab und Gut seiner Kunden. Seit 10 Tagen ist er ununterbrochen damit beschäftigt, zu evakuieren, zu retten, was zu retten ist, zu sortieren und zu schützen. Jetzt muss es irgendwie weitergehen! Aber wie?
Wie wäre es, wenn jeder von uns einen kleinen Beitrag leistet? Weinfreunde für Weinfreunde, sozusagen … Mit vereinten Kräften sind wir stark!
Damit gewährleistet ist, dass der Ausschank so schnell wie möglich wieder weiter gehen kann, und die Menschen damit die Möglichkeit haben, wieder ein Einkommen zu generieren, wollen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Gläser gefüllt werden können!
Wenn jeder, der dem Wein verbunden ist, eine Kiste schickt, dann ist der Neustart schon nicht mehr so schwer!
Herr Müller nimmt die Ware in Empfang, sortiert und leitet alles kostenlos an die Bedürftigsten seiner Kundschaft weiter.
So wird’s gemacht:
• Gebraucht werden Weine in der Einsteigerklasse… Schoppenweine! (Es geht hauptsächlich um Ausflugsgastronomie.)
• Schicke bitte eine Kiste (6-er ist gut, 12-er ist besser ) an die unten angegebene Adresse. Die Kiste sollte entweder die gleichen Weine enthalten, oder, bei verschiedenen Flaschen, solche, die auf der Weinkarte gegeneinander austauschbar wären. (Also bitte nicht 2 x trocken, 2 x halbtrocken und 2 x lieblich … Das wird sonst ein Logistikdesaster!)
Lieferanschrift: Gustav Müller GmbH
Hauptstrasse94
01833 Dürrröhrsdorf
• Bitte beschrifte die Kiste deutlich sichtbar mit den folgenden Angaben: Farbe, Rebsorte, Gebiet, Geschmacksrichtung … Es ist nämlich organisatorisch nicht möglich, vor der Umverteilung die Kisten zur Sichtung zu öffnen.
• Jedes Paket sollte weiterhin mit dem Vermerk „SPENDE“ versehen sein.
• Da die Not groß ist, wollen wir schnellhandeln … Bitte schickt die Pakete bis spätestens 28.06.2013 in Richtung Sachsen.
Ich freue mich, wenn ihr in der Kommentarzeile mitteilt, was ihr auf den Weg schickt, denn geteilte Freude ist doppelte Freude…
Natürlich hilft es auch, wenn ihr alle diese Botschaft weiter verbreitet …
Wer noch Fragen hat, kann sich gerne bei mir melden!
Mit Wein gegen die Wassermassen!
Auf geht’s! Cheers und Danke!
Cordula Eich
(Diese Aktion ist auf Initiative von Klaus Grüninger-Fey und Christian Rieder ins Leben gerufen. Ein dickes Dankeschön natürlich auch an euch!)
Falls hier Fragen dazu sind und Ihr nicht auf facebook seid, bitte hier stellen, ich leite sie dann gerne weiter.
Wie oben beschrieben, werden Schoppenqualitäten benötigt, anständige einfache Weine, die es auch nicht übel nehmen, wenn man sie vielleicht mal zur Weinschorle vermischt, so ein Liter Gutsriesling wäre da überhaupt nicht unangebracht, oder vielleicht so einer
2012 Grüner Silvaner trocken
Weingut Seehof, Rheinhessen
der natürlich hin- und wieder als Spargelwein angepriesen wird, ein Winzer wäre ja schlecht beraten, wenn er diese einschlägige Kundschaft nicht mitnehmen würde. Allerdings, nur als Begleiter zum Spargel, das ist für diesen klaren, feinen Wein entschieden zu wenig.
Mir hat vor allem dieser ganz leicht florale und recht kräuterige Duft sehr gut gefallen, Zitronenmelisse, Thymian, Holunderblüten und dann das saftig-schmelzige Mundgefühl. Am Gaumen waren dann die fruchtigen Aspekte ein wenig ausgeprägter, Birne und Pfirsich und im Abgang war sogar ein wenig Mineral zu spüren.
Unser Lieblingslyriker unter den Weinhändlern hat von diesem Wein sogar eine Sonderedition im Sortiment und wenn ich ehrlich bin, ich hab nur die Hälfte von dem geschmeckt, was er in seiner gewohnt überschwänglichen Eloge noch so gefunden hat, vor allem nicht die Cassisblätter (was daran liegen mag, dass ich sowieso nicht weiß, wie Cassisblätter schmecken, aber auch sonst nichts Johannisbeeriges) und auch keinen Pfeffer. Aber das braucht's auch gar nicht, der Wein macht auch so großen Spaß, allerdings die Vokabel "beschwingt" hat mir in dem Zusammenhang wieder gut gefallen, die trifft den Charakter des Weine und dass er einige Tage in der geöffneten Flasche seine Form hält, möchte ich gerne glauben, der Nachweis ist mir leider noch nicht gelungen.
Prost!