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Deutschland 2018

Berichte, Erfahrungen, Prophezeiungen
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Bernd Schulz

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Re: Deutschland 2018

BeitragDi 12. Mär 2019, 23:23

Rieke Riesling hat geschrieben:So nun zum Schluss, unser Riesling ist nicht gesäuert, der Traminer mit einem gelesenem Säurewert von 3,5 g/l schon.


Wenn dies seitens des Erzeugers so offen kommuniziert wird, finde ich das besonders bemerkenswert (im positiven Sinne)!

Überhaupt - ich nehme mir jetzt mal heraus, für viele andere User dieses Forums zu sprechen - freuen wir uns sehr über jeden Winzer, der sich ab und an die Mühe macht, hier ein Statement abzugeben! Die alte Kluft zwischen den Ausführenden/Erzeugern und den oftmals auch wegen des Mangels an wirklich detaillierten Kenntnissen überkritischen Konsumenten kenne ich aus meiner eigenen beruflichen Praxis ganz gut - und ich ziehe den Hut vor jedem Profi, der sich von diversen fraglichen, weil auf weitaus geringeren Erfahrungen basierenden Äußerungen der Amateure nicht allzu genervt fühlt... :!:

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC

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Re: Deutschland 2018

BeitragMi 13. Mär 2019, 07:47

Bernd Schulz hat geschrieben:und ich ziehe den Hut vor jedem Profi, der sich von diversen fraglichen, weil auf weitaus geringeren Erfahrungen basierenden Äußerungen der Amateure nicht allzu genervt fühlt... :!:

...ich auch... :D
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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glauer

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Re: Deutschland 2018

BeitragMi 13. Mär 2019, 18:20

TOM hat geschrieben:Zu 2017 muss ich allerdings sagen, dass man aus diesem Jahr insbesondere an Saar und Mosel sehr dichte, mineralische und gehaltvolle Weine kaufen konnte. Reichlich Regen im Sommer hatte die Mineralien gelöst und die Reben konnten diese gut aufnehmen.


Dazu könnten vielleicht die Experten mal etwas sagen. Mineralien sind ja nicht wasserlöslich und soweit mir bekannt hat das was man gern (ich selbst eingeschlossen) beim Wein eher schwammig als Mineralität bezeichnet nicht das geringste mit der Aufnahme oder tatsächlichen Präsenz von irgendwelchen Mineralien zu tun. Der Regen hilft bestimmt, aber so funktioniert das imho eher nicht.
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stollinger

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Re: Deutschland 2018

BeitragMi 13. Mär 2019, 19:05

ja, der Geschmackseindruck hat nichts mit Mineralien oder Mineralstoffen gemein.

viewtopic.php?f=32&t=4360

Grüße
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amateur des vins

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Re: Deutschland 2018

BeitragMi 13. Mär 2019, 19:06

Völlig richtig.
Genausowenig, wie Blüten, ausgepreßte Früchte, Bienenwachs, Schokolade, Möbelpolitur, Teer, abgebrannte Streichhölzer, verkokelte Bakelitplatten u.v.a.m. von den Beeren aufgenommen oder mit ihnen verarbeitet werden.
Besten Gruß, Karsten
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Rieke Riesling

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Re: Deutschland 2018

BeitragMi 13. Mär 2019, 22:51

glauer hat geschrieben:
TOM hat geschrieben:
Dazu könnten vielleicht die Experten mal etwas sagen. Mineralien sind ja nicht wasserlöslich und soweit mir bekannt hat das was man gern (ich selbst eingeschlossen) beim Wein eher schwammig als Mineralität bezeichnet nicht das geringste mit der Aufnahme oder tatsächlichen Präsenz von irgendwelchen Mineralien zu tun. Der Regen hilft bestimmt, aber so funktioniert das imho eher nicht.

Man kann aber im Wein den Zuckerfreien Extrakt messen. Und dein Jahr mit viel Regen bringt mehr Zuckerfreien Extrakt als ein Jahr mit wenig Regen.
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UlliB

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Re: Deutschland 2018

BeitragDo 14. Mär 2019, 09:24

Rieke Riesling hat geschrieben:Man kann aber im Wein den Zuckerfreien Extrakt messen. Und dein Jahr mit viel Regen bringt mehr Zuckerfreien Extrakt als ein Jahr mit wenig Regen.

Der zuckerfreie Extrakt besteht neben Glyzerin zum Großteil aus den im Wein enthaltenen organischen Säuren, d.h. säurereiches Jahr = hoher zuckerfreier Extrakt. Und nasse Jahre sind meistens säurereiche Jahre.

Der analytische Parameter, der die Summe der anorganischen Bestandteile (vulgo "Mineralien") abbildet, ist der Glührückstand, von Analytikern auch etwas flapsig als Asche bezeichnet; der ist eine untergeordnete Teilmenge des zuckerfreien Extrakts. Auch die Asche wird in einem nassen Jahr ansteigen, aber vorwiegend, weil ein Teil der Säuren im Wein nicht frei vorliegt, sondern als Ionenpaar mit anorganischen Kationen. Heißt: Asche und Säuregehalt korrelieren positiv. Mehr Säure, mehr Asche.

Die Vorstellung, dass Pflanzen mehr "Mineralien" aus dem Boden aufnehmen, wenn das Angebot höher ist, ist naiver Unfug. Die Aufnahme von anorganischen Ionen aus dem Boden ist ein aktiver Prozess, der unter Energieverbrauch durch Transporterproteine vermittelt wird. Dieser Prozess ist rückgekoppelt, das heißt, wenn die Pflanze das aufgenommen hat, was sie braucht, stoppt sie die weitere Aufnahme. Eine ungeregelte Aufnahme "nach Angebot" würde das physiologische Gleichgewicht auch empfindlich stören können, unter Umständen bis hin zur völligen Disruption. Pflanzen haben keine Niere, mit der sie die Homöostase erhalten können (einzige Ausnahme sind hochgradig salzresistente Pflanzen, die mitunter über Mechanismen verfügen, Salz aktiv auszuscheiden. Hier liegt aber eine Sondersituation vor, die auf den Weinbau nicht zutrifft).

Dass Aschegehalte im fertigen Wein dennoch unabhängig vom Säuregehalt variieren, ist im Wesentlichen in einer Reihe von Sekundärprozessen begründet, und diese können im Einzelfall sogar erst in der Vinifikation liegen, und gar nicht im Traubenmaterial.

Völlig abgesehen hiervon haben die anorganischen Mengenkomponenten im Wein, die den Geschmack durchaus beeinflussen können (das sind völlig nonvariant nur Kalium, Calcium und Magnesium) nichts mit dem zu tun, was landläufig als "Mineralität" bezeichnet wird. Das ist nämlich ein olfaktorischer bzw. retroolfaktorischer Eindruck, und der wird nur durch flüchtige Verbindungen vermittelt, nicht durch anorganische Komponenten.

Hier noch ein Link zu einer Fachpublikation, die mit Stand von 2015 zusammenfasst, was man über die Ursachen von "Mineralität" bislang weiß: https://www.schneider-oenologie.de/down ... alitat.pdf

Die Schlussfolgerung ist etwas ernüchternd: "Der gegenwärtige Stand der Kenntnisse erlaubt, eine lange Reihe von Faktoren als Ursache für ein mineralisches Aroma auszuschließen. Er gibt uns jedoch kaum Hinweise darauf, aus was es besteht."

Aber immerhin kann man ausschließen, dass "Mineralität" etwas mit Mineralien zu tun hat...

Gruß
Ulli
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Ollie

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Re: Deutschland 2018

BeitragDo 14. Mär 2019, 10:18

Bravo.

Cheers,
Ollie
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
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amateur des vins

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Re: Deutschland 2018

BeitragDo 14. Mär 2019, 10:19

Hach, ein klassischer Ulli - ich liebe es! (Nein, keine Ironie versteckt.)

Kann bitte jemand diesen Beitrag im Weinwissen ganz oben anpinnen und fett markieren?
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Deutschland 2018

BeitragDo 14. Mär 2019, 11:04

UlliB hat geschrieben:Aber immerhin kann man ausschließen, dass "Mineralität" etwas mit Mineralien zu tun hat...

Das hast Du ziemlich gut beschrieben und ich kann's zumindest teilweise mit meinen latent noch vorhandenen Chemie- und Biologiekenntnissen nachvollziehen.
Wobei mein Eindruck ist, daß der "salzige Teil" der Mineralität schon den tatsächlich vorhandenen Salzen im Wein zuzuschreiben ist (zumindest teilweise), viele andere Aromen vom Feuerstein bis zum Schiefer aber wohl eher organischer Natur sind, das riecht bzw. schmeckt nur so wie die entsprechende Anorganik. Das erklärt dann auch, warum so mancher Wein an Schiefer erinnert, obwohl der nächste Schiefer mehrere hundert Kilometer vom dazugehörigen Weingarten entfernt ist. Andererseits tendiert z.B. Wein von vulkanischen Böden schon gerne zu schwefelbasierten Aromen...
Wahrscheinlich eines der letzten verbliebenen großen Abenteuer der Wissenschaft neben der Quantenphysik und der Strömungsmechanik... :lol:
Viele Grüße
Erich

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