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Österreich 2014

Berichte, Erfahrungen, Prophezeiungen
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weingeist

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Re: Österreich 2014

BeitragDi 11. Nov 2014, 21:00

Hallo Gerald!

Nachdem meine letzten "Golser Berichte" nur von wenigen gelesen wurden, weiß ich noch nicht, ob ich etwas über das Martiniloben vom letzten Wochenende einstellen werde. Ist ja doch viel Schreibarbeit.
Gerald hat geschrieben:Eigentlich nur zwei positive Nachrichten: einerseits kaum "Alkoholmonster" in diesem Jahr, andererseits dürfte es durch die "flächendeckende" Botrytis gute Ausbeuten bei Prädikatsweinen geben. Grüße, Gerald

Erste Aussage kann ich bestätigen, Alkoholmonster wird es aus dieser Ecke ebenfalls nicht geben, aber, so wie es mir gegenüber in Gesprächen unverblümt zugegeben wurde, auch sehr wenige Einzellagenabfüllungen oder reinsortig ausgebaute Weine. Da schaut es unisono sehr schlecht aus. Cabernet Sauvignon z. B. ist überhaupt nicht ausgereift. Das Material der Topweine kommt - angeblich - zum großen Teil in die normalen Weine, weil eben so wenig davon vorhanden ist. Worte eines Winzers "was soll ich denn mit 400 Liter Merlot sonst machen?"

Aber auch bei den oben angesprochenen Prädikatsweinen dürfte es nicht so gut auschauen, da die Trauben nicht ausgereift sind, teilweise immer nass waren und verschimmelt sind, noch bevor der "Pilz" seine Arbeit tun konnte. Anscheinend hat da so eine "kleine böse Fliege" ebenfalls sehr negativ dazu beigetragen. Schauen wir einmal, wie weit sich das bewahrheitet.

Und so zum "drüberstreuen", gerade die auf "bio" umgestellten Betriebe sollen angeblich größte Schwierigkeiten beim Traubenmaterial haben. Das ging anscheinend soweit, dass die Trauben einfach nur herunter geschnitten und im Weingarten liegen gelassen wurden (auch bei einem Golser "Vorzeigebetrieb").
Liebe Grüße
weingeist
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Blaufränkisch

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Re: Österreich 2014

BeitragDi 11. Nov 2014, 21:24

Das mit den Prädikatsweinen würde ich so wie Weingeist sehen, also viel viel pessimistischer als Gerald. Es gab zwar Botrytis in Massen, aber vieles davon war unbrauchbar. Oft sind die Trauben zu früh gefault, um von Edelfäule sprechen zu können, was geschmackliche Probleme macht und auch kaum zu Hochprädikatskonzentrationen geführt hat (von 14°KMW ist es ein sehr, sehr weiter Weg auf 30 oder mehr). Sehr häufig gab es neben und nach der Botrytisinfektion andere Infektionen, die die Qualität beeinträchtigen (schwefelbindende Nebenprodukte, die es schwer machen, die Weine stabil zu bekommen, geschmackliche Probleme). Außergewöhnlich oft fand sich heuer auch Essigstich (teilweise vermutlich durch die blöde neue Fliege, wohl aber auch ohne sie) der z.B. uns einen ganzen Weingarten gekostet hat, weil der Ernteaufwand in keinerlei Relation mehr zur möglichen Menge stand und die Qualität des Bescheidenen Restes trotz des Aufwandes nicht sicher war). Und selbst dort, wo es nur Botrytis in edler Form gab, war der Pilzrasen auf den Beeren außergewöhnlich dick, was nicht unbedingt zu den feinsten Prädikatsweinen führt. Auch ist ein hoher Säuregehalt zweifellos positiv, um hohe Zuckerwerte zu balancieren, heuer häufige Werte jenseits der 12 oder 15 Promille sind aber auch nicht mehr unbedingt ein Qualitätsmerkmal.

Bei extremem Ernteaufwand (Andi Kollwentz schreib z.B. von 10 Personen, die in 3 Arbeitstagen 250 Liter TBA eingebracht haben) wird es auch 2014 sehr gute Hochprädikate geben. Aber die sind sicherlich rar, auch wenn der Falstaff anderer Meinung ist.
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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Gerald

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Re: Österreich 2014

BeitragMi 12. Nov 2014, 08:14

Hallo Bernhard,

also viel viel pessimistischer als Gerald


das war ja auch nicht meine eigene Einschätzung, sondern ist im Falstaff-Artikel fast wörtlich so gestanden. Mich persönlich hat die Aussage auch etwas gewundert, denn niedrige Reife und Hochprädikate passen ja nicht so richtig gut zusammen - egal ob es jetzt viel oder wenig Botrytis gibt.

@Herbert:

mich würde dein Bericht aus Gols schon interessieren und er wird bestimmt auch von vielen Leuten mit Interesse gelesen, die sich nicht direkt zu Wort melden. Mir selbst ist es leider zeitlich nicht ausgegangen, vor allem da ja noch einige Stunden Zeitaufwand für die An/Abreise dazukommen.

Grüße,
Gerald
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Gerald

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Re: Österreich 2014

BeitragMo 24. Nov 2014, 10:01

Im Burgenland wird nun von einer sehr kleinen Ernte (40% weniger als im Vorjahr) gesprochen, die Qualität soll aber zufriedenstellend sein.

http://burgenland.orf.at/news/stories/2680833/

Wenn ich das Statement

Die Qualität des 2014-er Jahrganges werde passen. Es seien sehr farbintensive, fruchtige Weine. Allerdings seien es nicht sehr alkoholintensive, sondern für den Konsumenten eher zugängliche und einfachere Weine, so Wieder.


richtig interpretiere, wird es wohl nur wenige Lagenweine, Reserven etc. geben, sondern der Großteil der Ernte dürfte in den Basisweinen landen.

Grüße,
Gerald
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Gerald

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Re: Österreich 2014

BeitragDi 3. Mär 2015, 18:48

Nun gibt es eine Pressemitteilung der Statistik Austria zur Weinernte 2014:

http://www.statistik.at/web_de/presse/081112

Kurz zusammengefasst: die Erntemenge war die geringste seit Jahren, besonders starke Einbußen waren im Burgenland zu verzeichnen, sowohl bei Rot- als auch Weißwein. In den anderen Weinbaugebieten waren die Weißweine weniger stark betroffen.

Wie erwartet - und sowohl für Winzer als auch Weinliebhaber nicht allzu erfreulich - waren höhere Qualitäten besonders stark betroffen. Bei den einfachsten Qualitäten - vor allem in Weiß - gab es hingegen sogar eine höhere Menge als 2013.

Grüße,
Gerald
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weingeist

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Re: Österreich 2014

BeitragFr 20. Nov 2015, 15:25

Ich habe jetzt etwas länger überlegt, einen eigenen Thread "Weingut Vinum Pannonia Allacher" zu eröffnen oder diesen Beitrag hier herein zu stellen. Ich denke, er passt hier genauso her (@Gerald - wenn Du der Ansicht bist, ein eigener Thread für's WG Vinum Pannonia Allacher wäre gescheiter, darfst Du gerne anlegen und den Beitrag verschieben... ;)), da ich ihn eigentlich ja wegen des 2014er Jahres geschrieben habe.

In Österreich gab es vor Jahren einen Werbespruch "wie macht das der...". Beim Weingut Vinum Pannonia Allacher, wo jetzt ja schon Michael für die gesamte Kellerarbeit verantwortlich ist, müsste man beim Altenberg 2014 (SL, ME, CS, 14%) den ich vor einigen Wochen im Weingut verkostet, gegen meine Überzeugung der 2014er Weine sogar kaufte, und jetzt zu Hause in Ruhe nachverkostet habe, ebenfalls sagen "wie macht das der Michael?".

Der Wein präsentiert sich dunkel, fast schwarz im Glas (klar, er ist ja noch sehr, sehr jung). In der Nase strömt einem ein tolles Bukett entgegen, wobei dunkle Beerenfrüchte, in Rum eingelegte Zwetschken, aber auch Schokoladenoten dominieren. Am Gaumen setzt sich dieser Eindruck in einem Guss fort, wobei das Tannin natürlich noch sehr beeindruckt, der Wein aber trotzdem komplex und konzentriert dasteht. Trotz seiner Jugend bietet er viel Trinkvergnügen, trotz seines kräftigen Körpers (und der 14%) wirkt er nie ermüdend. Im lang anhaltenden Abgang spiegelt sich diese Bild, was bei mir eher selten vorkommt, ebenfalls wieder. Ein Zeichen dafür ist auch, dass die geöffnete Flasche (von meiner Frau und mir) sehr rasch geleert war.

Jetzt wieder zurück zum einleitenden Absatz. Ich habe keine Ahnung, wie es Michael (der sicher sehr viel von seinem Vater gelernt hat) schaffte, diesen Wein (auch der Salzberg 2014 war eine Wucht) mit Trauben aus einem absolut schwachen Jahr so hinzubekommen. Eine Antwort ist (die hat er mir gegenüber auch bestätigt), dass konzentriert wurde, wobei das für mich noch nie ein "böser" Eingriff bei der Kellerarbeit war (für mich zählte und zählt da immer das erzielte Ergebnis). Ich kann mir aber fast nicht vorstellen, dass da nicht noch auch an anderen "Schräubchen" gedreht wurde.

Nur so zur Überlegung - ein zweiter, mit mir befreundeter Winzer, füllt, außer einem Zweigelt, aus dem Jahrgang 2014 nichts ab. Alles, was so in den Weingärten gelesen werden konnte, kommt dort hinein. So wie es aussieht, hat er es dabei sogar geschafft, die in Österreich geltende gesetzliche Grenze einer maximalen Beimischung anderer Trauben von höchstens 25 % einzuhalten, sodass er wirklich Zweigelt auf das Etikett schreiben darf.

Wobei, ich muss abschließend schon noch anmerken, dass mir zwei weitere, bereits angebotene 2014er (Cuvèe Gerard, normalerweise mein Favorit, und Merlot) vom oben angeführten Weingut nicht so schmeckten, sondern den schwachen Jahrgang sehr unharmonisch und sehr unreif präsentierten (also eigentlich so, wie meine "Erwartungshaltung" eigentlich war).
Liebe Grüße
weingeist
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UlliB

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Re: Österreich 2014

BeitragFr 20. Nov 2015, 16:16

weingeist hat geschrieben: So wie es aussieht, hat er es dabei sogar geschafft, die in Österreich geltende gesetzliche Grenze einer maximalen Beimischung anderer Trauben von höchstens 25 % einzuhalten, sodass er wirklich Zweigelt auf das Etikett schreiben darf.

Kurze Zwischenfrage: ist das heute wirklich noch so?

Meines Wissens nach gilt EU-weit bei Angabe einer Rebsorte auf dem Etikett eine Höchstgrenze für "Fremdsorten" von 15%, und nicht von 25%. National bzw. gebietsspezifisch sind auch strengere Regeln möglich (bis hin zu völliger Sortenreinheit), aber eine Überschreitung der 15% würde nach meinem Verständnis die Verkehrsfähigkeit in der EU kosten.

Vielleicht weiß hier jemand etwas näheres dazu.

Gruß
Ulli


PS. Selber gleich gefunden - VERORDNUNG (EG) Nr. 607/2009 DER KOMMISSION vom 14.Juli 2009, Artikel 62 Ziffer 1)c):

"Wird nur eine Keltertraubensorte oder ihr Synonym genannt, so müssen mindestens 85% des Erzeugnisses aus dieser Sorte hergestellt worden sein."

Das gilt für alle Weine, die in irgendeiner Weise eine geographische Angabe zur Herkunft enthalten, egal ob Land, Weinbaugebiet oder noch näher spezifiziert, und das auch in Österreich. Die 25% sind also falsch.
Zuletzt geändert von UlliB am Fr 20. Nov 2015, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Gerald

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Re: Österreich 2014

BeitragFr 20. Nov 2015, 16:32

Hallo Ulli,

du hast natürlich Recht, Herbert hat sich wohl vertippt. Wenn (genau) eine Rebsorte am Etikett angegeben ist, muss sie einen Anteil von zumindest 85% haben. Gleiches gilt für den Jahrgang.

Angabe einer (mind. 85%) oder mehrerer Rebsorten (100%) gemäß Rebsorten-Verordnung vom 9.6.2010


Quelle: http://www.bundeskellereiinspektion.at/ ... tfaden.pdf

Grüße,
Gerald
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weingeist

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Re: Österreich 2014

BeitragFr 20. Nov 2015, 17:12

Hallo Ulli, Danke Gerald!

Daran erkennt man wieder, dass Beiträge gelesen werden :lol: und Mathematik schon in der Schule nicht mein Lieblingsfach war... :lol: :lol: :lol:
Liebe Grüße
weingeist
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