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2010 in Südfrankreich

Berichte, Erfahrungen, Prophezeiungen
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austria_traveller

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2010 in Südfrankreich

BeitragDi 2. Aug 2011, 12:38

Hallo Forum,
Ich habe letztes den letzten Pinard newsletter in den Händen gehalten und Hr. Seiwert schreibt da in seiner bescheidenen Art, daß 2010 DER Jahrgang in Südfrankreich sein wird, weil bedingt durch die Wetterkapriolen letztes Jahr die Weine allgemein mehr Säure haben und die Weine dadurch nicht so über-extrahiert werden.

Allgemeine Aussagen wie diese sind natürlich wie Kaffeesatz lesen, trotzdem würde ich gerne wissen, ob er im Grunde recht hat.
Mit den Jahren hat sich auch mein Trinkverhalten grundlegend verändert; fehlende oder geringe Säure in einem Wein ist mittlerweile ein absolutes nogo und es macht mir immer weniger Spaß solche zu trinken. Was sagt ihr das dazu ?
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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Chris

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Re: 2010 in Südfrankreich

BeitragDi 2. Aug 2011, 13:06

austria_traveller hat geschrieben:Allgemeine Aussagen wie diese sind natürlich wie Kaffeesatz lesen, trotzdem würde ich gerne wissen, ob er im Grunde recht hat.

In Grundzügen hat er Recht. Allerdings sollte man bedenken das es verschiedene Geschmäcker gibt. Für viele war 2007 DER Jahrgang in Südfrankreich.

Ich für meinen Teil möchte mich nicht derart aus dem Fenster lehnen. Dafür ist es zu früh und Südfrankreich ist groß bzw. es hängt doch immer sehr stark vom Winzer und den Lagen ab, was daraus wird. Oftmals hat in sehr frischen Jahren (was 2010 nicht zu sein scheint) der Wein zwar eine angenehme Säure, aber zu Lasten der Komplexität. Säure ist eben bei weitem nicht alles, vor allem wenn sie spitz daher kommt.

austria_traveller hat geschrieben:Mit den Jahren hat sich auch mein Trinkverhalten grundlegend verändert; fehlende oder geringe Säure in einem Wein ist mittlerweile ein absolutes nogo und es macht mir immer weniger Spaß solche zu trinken.

Eine Entwicklung, die ich bei vielen Weinliebhabern mit zunehmender Erfahrung beobachte, nicht zuletzt an mir selbst. Wobei für mich eine gewisse lebendige Säure auch wichtig ist für die Langlebigkeit. Manche säurearme Weine haben in ihrer Jugend durch die Primärfrucht sehr viel Spass gemacht, sind aber in etlichen Fällen nach x Jahren wie tot. Ok nicht gerade tot, aber es fehlt an Lebendigkeit.
Grüße, Chris
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C9dP

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Re: 2010 in Südfrankreich

BeitragDi 2. Aug 2011, 14:31

Lobenberg vergleicht den Jahrgang mit 1978. Ich kenne 1978 leider (noch) nicht, aber es ist ja anerkanntermaßen ein großer Jahrgang. Das es "der" Jahrgang ist, ist wohl auch eine Notwendigkeit, um ihn zu verkaufen :twisted:

Mittlerweile nerven mich die ständigen Superlative und am langen Ende wird es wohl schwer zu beurteilen, welcher Jahrgang allgemeingültig als größter Jahrgang gilt. Ich freue mich schon auf die Vergleiche von 2001, 2005, 2007, 2009 und 2010 in einigen Jahren.
Viele Grüße

Aloys
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Don Miguel

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BeitragDi 2. Aug 2011, 17:11

Südfrankreich? Von der Rhone über Languedoc bis nach Roussillon? Das ist schon ein sehr großes Gebiet, welches da klimatisch über einen Superlativ-Kamm gezogen wird!

Also bei Languedoc und Roussillon gebe ich nicht allzu viel auf den Jahrgang, dort zählt nach meiner Erfahrung vorrangig der Winzer. Die Guten schaffen dort immer tolle Weine, den Anderen helfen auch beste klimatische Bedingungen wenig. Vorsichtig bin ich dort eher umgekehrt, wenn ausnahmsweise mal ein ungewöhnlich kaltes/verregnetes Wetter herrscht.

Bei Rhone (CdR) schaut das schon etwas anders aus, dort spielt die Jahrgangsqualität eine prägendere Rolle. Aber eigentlich gilt das Vorgesagte auch hier.

Grüße
Don
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innauen

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Re: 2010 in Südfrankreich

BeitragMi 7. Sep 2011, 23:25

Hallo,

meine Erfahrungen mit den ersten 2009er und 2010er Weinen ist, dass die 2009er unmittelbar mehr Spaß machen, aber die 2010er eine Kraft und eine Struktur haben, die mich am ehesten an 1998 erinnert. Quasi schon jung verschlossen, aber da wird ganz, ganz großes kommen. Und das sagt Robert Parker zur Rhone:

Some general comments:
Southern Rhone:
1. 2009 is wonderfully fruity,opulent and delicious-the tannins are sweeter now that the wines are in bottle-consumers will love them-a small vintage because of the drought
2. 2010 is a top,top year-hard to compare with another vintage-very,very concentrated, very good acids and freshness/precision-frightfully tiny crop because of coulure(poor flowering of the grenache)....great long-lived vintage across the region...since everyone asks...think of 2010 as 1/4th 2001,1/4th 2005,1/4th 2007 and just maybe 1/4th 1978

Northern Rhone:
1.2009-out and out great year for the red wines and excellent for whites-best overall vintage since 1999-normal crop-favorite AOCs-Hermitage, Cornas, ST.Joseph..with the exception of Guigal, Chapoutier, Ogier,Rostaing,Duclaux, Cote Rotie is less successful
2. 2010-another 1991....beautiful wines that are less powerful and dense compared to 2009, but still loaded and oh so pretty-will evolve faster than 2009s-a great year for the whites...best year in Condrieu since 2001-buy all the Andre Perret and Guigal you can afford...good sized crop



Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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susa

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Re: 2010 in Südfrankreich

BeitragDo 8. Sep 2011, 16:47

Also Lobenberg sieht 2010 an Rhône groß, nicht in ganz Südfrankreich, um das mal klar zu stellen ;), bis runter zum Mittelmeer vom Osten bis zur Rhônemündung kann ich mir das auch durchaus vorstellen, zB Bandol sieht sehr gut aus - allerdings was Pyrenäen, Languedoc oder Atkantikküste angeht, darüber habe ich noch nichts überschwängliches gelesen.

lieben Gruß
susa
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ChezMatze

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Re: 2010 in Südfrankreich

BeitragSa 10. Sep 2011, 10:14

Um vielleicht auch die Franzosen selbst mal zu Wort kommen zu lassen, die RVF hält zwar im Prinzip den Jahrgang für "groß" an der Rhône, aber das ist interessanterweise nicht die Spitzenkategorie ;)

Wie das die Tester nach den jährlichen Fassproben gesehen haben, hatte ich hier (http://chezmatze.wordpress.com/2011/06/ ... rankreich/) schon einmal (ab-)geschrieben, getrennt nach Anbauregionen. Mittlerweile ist der Guide Vert ja draußen. 2009 und 2010 werden an Nord- wie Südrhône als gleichwertig angesehen, allerdings mit anderen Schwerpunkten. 2009 wird als fruchtig-opulent und 2010 als wuchtig-strukturiert beschrieben. Höhere Säure bei gleich viel Extrakt, 2010 derzeit unzugänglicher, beide aber mit langer Lagerpflicht.

Im Qualitätsvergleich der Jahrgänge haben die RVF-Leute übrigens die Jahrgänge 2005, 1999, 1998, 1991 und 1990 höher eingeschätzt als 2010. An der Südrhône waren dies 2006 (nein, kein Schreibfehler), 2005, 2004, 1998, 1990 und 1989. Das nur mal zur Orientierung.

Was Bettane & Desseauve zur Rhône gesagt haben, übersetze ich hier einfach mal ohne weiteren Kommentar: "Der Jahrgang 2010 war ein Jahrgang der Trockenheit im Rhônetal. Mit 15-30% Ernteeinbußen gegenüber den vorherigen Jahrgängen haben die Weinberge im Norden wie im Süden konzentrierte und strukturierte Weine produziert, die sich später öffnen werden als gewöhnlich. Konzentration der Tannine, der Säure, violettere Weine, mineralischer, frische Aromen (schwarze und rote Johannisbeere, Himbeere, Veilchen), gepaart mit einer gewissen Mineralität ohne Unreifenoten charakterisieren die Roten, die eine echte Persönlichkeit annehmen werden. Diesen fleischigen Charakter findet man auch in den Rosés von guter Qualität, die intensiv und reif sind. Die Weißen sind weniger opulent als 2009 und damit ausgewogener. Im gesamten Tal dürfte allerdings der Jahrgang 2009 als noch größer, homogener, fleischiger, fruchtiger und würziger gelten. Die Weine besitzen einen unmittelbar zugänglichen Stil, reichhaltig und generös."

Soweit diese Herren.

Ich war vorgestern bei Chapoutier und habe einen Teil der 2009er probieren dürfen (die 2010er sind natürlich noch nicht draußen). Die Roten haben mir dabei gut gefallen, in der Tat sehr zugänglich, aber nicht übertrieben üppig. Jenes Problem dürfte dann eher Châteauneuf gehabt haben. Die Weißen waren für mich (der ich auch mangelnde - reife - Säure im Wein ein wenig unerfreulich finde) überraschenderweise nicht so gut wie die 2008er. Von den 2010ern habe ich bislang nur kleine und Genossenschaftsweine getrunken.

Ich muss zugeben, dass ich mittlerweile sogar zweimal nachdenke, bevor ich mir eine große Flasche aus einem extrem langlebigen Jahrgang in den Keller lege. Ich möchte jene nämlich noch (schrecklich egoistisch, ich weiß) auf ihrem Höhepunkt bei voller Leistung meiner Geschmacksknospen erleben :). Deshalb habe ich mir auch den 2008er Méal gekauft (in Rot), da dürfte es in 10-15 Jahren soweit sein.

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