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Lagenklassifikation in Wien?

Mo 13. Apr 2015, 17:52

Bei der Pressekonferenz zur heutigen Jahrgangspräsentation haben die Winzer der Vereinigung "WienWein" (Christ, Edlmoser, Fuhrgassl-Huber, Mayer am Pfarrplatz, Cobenzl, Wieninger) zwei Themenkomplexe angeschnitten. Einerseits ein neues (bereits beschlossenes) Landesgesetz gegen die schleichende Umwandlung der Wiener Weinberge in Bauland. Andererseits die Idee (zum Glück noch nicht realisiert) einer Lagenklassifikation nach Vorbild des VDP. :shock:

Der Falstaff hat dazu berichtet:

http://www.falstaff.at/weinartikel/wien ... 10097.html

Wenn ich die Diskussionen hier über die unübersichtlichen Regelungen mit zahlreichen Ausnahmen des VDP verfolge, dann hoffe ich doch, dass diese Initiative der Wiener Topwinzer bloß ein verspäteter Aprilscherz ist. Dabei gibt es ja auch hierzulande schon so etwas wie eine Lagenklassifikation - z.B. bei den "Traditionsweingütern" im Kamp- und Kremstal, die meiner Ansicht nach auch alles andere als ein Ruhmesblatt geworden ist. Zum einen aufgrund der Kombination mit den DAC-Angaben, was zu extrem langen Weinbezeichnungen führt. Zum anderen, da man den Eindruck kaum vermeiden kann, dass sich die Mitgliedsbetriebe die klassifizierten Lagen "fair" untereinander aufgeteilt haben, ohne dass es einen nachvollziehbaren Bezug zur echten "Qualität" der Lagen gibt.

Grüße,
Gerald

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Mo 13. Apr 2015, 18:41

Die zentrale Frage zum Verständnis solcher Vorstöße ist immer: "Wem nützt es?"

Ich vermute, dass hier bereits lange abgesteckte Claims zementiert , Konkurrenten klein gehalten und letztlich die Preise der eigenen Weine gesteigert werden sollen.

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Mo 13. Apr 2015, 20:06

Na, da wünsche ich den Wiener Erzeugern ein besseres Händchen bei der Konzeptionierung der Klassifikation, und vor allem bei der Umsetzung wesentlich mehr Konsequenz, als es dem VDP möglich war. Aber das von einem der Protagonisten ins Auge gefasste Vorgehen ("erst mal Fakten schaffen, dann kan man immer noch diskutieren") deutet schon an, dass das basisdemokratische VDP-Chaos hier möglicherweise ausbleiben wird - und dass Wien eben doch zu Osteuropa gehört :mrgreen:

Gruß
Ulli

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Mo 13. Apr 2015, 20:22

Wobei man auch noch bedenken sollte, dass Wien ja nur etwas über 600 ha bestockte Weingärten hat und es dementsprechend wenige ausgewiesene Lagennamen gibt, siehe das Kartenmaterial der ÖWM:

http://www.oesterreichwein.at/daten-fak ... rten/wien/

Typische Wiener Lösung: alle Lagen werden zu "Großen Lagen" (oder so ähnlich) erklärt und alle sind glücklich. ;)

Grüße,
Gerald

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 07:26

Sorry, diese ganze Lagenklassifikation ist doch nur ein Marketing-Schmäh (oder auf Deutsch Gag).

Große Lagen benötigen keine Klassifikation, hier kennt der Kundige die speziellen Qualitäten und Möglichkeiten aus der langjährigen Historie (Erfahrung und Ruf).

Somit könnte man auch sagen, traue keiner klassifizierten Lage blind, die keinen historischen Ruf hat. 8-)

Liebe Grüße, Robert

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 08:04

Dazu kommt ja auch noch, dass es keine - zumindest für den Konsumenten - wirklich nachvollziehbaren Kriterien gibt, wann eine Lage hochwertiger als andere ist. Die von Fritz Wieninger (siehe Falstaff-Artikel) angesprochenen Steuermessbeträge aus der Monarchie (!) sind da wohl keine wirklich relevanten Grundlagen, da es damals ja vor allem um die Menge und Regelmäßigkeit (z.B. hinsichtlich Spätfrostgefahr) der Erträge gegangen ist, was man nur schwer auf heutige Vorstellungen von Weinqualität umlegen kann.

Und ohne nachvollziehbare Kriterien stelle ich mir eine gesetzliche Regelung schwer vor (irgendein Winzer fühlt sich bestimmt benachteiligt und wird die Sache beeinspruchen), es kann also nur - wie bei den anderen Lagenklassifikationen in Österreich - auf Ebene eines Vereins gehen, und hier werden sich dann die Mitglieder wiederum die Lagen fair und freundschaftlich aufteilen. Also de facto nicht viel mehr als ein weiteres "Gütesiegel" ohne Wert ...

Grüße,
Gerald

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 14:55

Na, gegessen ist die Sache ja noch lange nicht. Und wenn sogar die ÖWM das Ganze sehr "kritisch" sieht, wird es kaum so leicht durchzubringen sein. Ohne ÖWM tun sich wohl auch die "selbsternannten" WienWein-Mitgliedsbetriebe schwer, Ihre Produkte aus 600 ha in New York "publik" zu machen.... ;)

(Hartes) Orignialzitat Willi Klinger:
"Ich finde das ganz blöd, wenn von ein paar Wenigen verordnet werden soll, was eine gute Lage ist und was nicht. Ich bin für einen demokratischen Prozess, aber dieses Lagen-Denken ist ein hierarchisches Relikt. Eine Klassifikation ergibt sich ohnehin demokratischerweise aus der Preisliste."

Was mich mehr irritiert, Fritz Wineninger sagt "Die Lagen sind entscheidend, in einer großen Lage muss kein großes Gewächs entstehen". Heißt das jetzt, provokant formuliert, man nehme eine (unbekannte) Lage, klassifiziere sie als große Lage, produziere einen "Schrottwein" und verkaufe diesen dann als Wein aus einer großen Lage? Wow - genial! :lol:

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 15:51

Ist das diese Geschichte?
http://www.wine-times.com/artikel.php?i ... anguage=DE

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 16:05

An sich ja, aber nur der eine Teil (das, was in der Pressemitteilung von Wine & Partners steht). Der wohl wesentlich umstrittenere Teil mit der Lagenklassifikation ist dort nicht erwähnt, war wohl nur auf der Pressekonferenz zu hören (für diejenigen, die hingegangen sind), nicht aber in der Pressemitteilung. ;)

Grüße,
Gerald

Re: Lagenklassifikation in Wien?

Di 14. Apr 2015, 18:28

Hallo Charlie!

Solltest Du noch nicht darauf gestossen sein....
http://www.falstaff.at/weinartikel/wien ... 10097.html

Eigenartig nur, dass der Herausgeber von Wine-Times dagegen wirklich kein Wort (weder kritisch noch positiv) darüber verliert..... :lol:
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