@Bernd:
Vergiss "generisch" und "spezifisch", zumindest in Bezug auf das Burgenland. In Niederösterreich mag das relevant sein, weil dort der Weinbaugebietsname "Niederösterreich" für die Nicht-DAC-Weine nicht besonders beliebt, bekannt und beworben wird. Im Burgenland ist die Situation anders. Wir Weinbauern empfinden die Herkunftsbezeichnung "Burgenland" nicht als Deklassierung. Und alle unsere DAC-Weine haben neben ihrem speziellen Namen auch "Burgenland" auf dem Etikett.
Dazu zitiere ich noch einmal Gaston:
"Warum schreibt der Hareter denn nicht Neusiedlersee auf die Flasche?"
Ich würde - erst einmal ganz unabhängig davon, ob der Wein für das "spezifische" Weinbaugebiet besonders typisch ist oder nicht (darüber lässt sich dann hinterher immer noch trefflich diskutieren) - ganz gerne mit einem Blick auf das Etikett erkennen können, aus welchem (nicht "generischen"
) Weinbaugebiet er denn kommt. Ist das jetzt ein extrem abwegiges Bedürfnis in puncto Klarheit?
Die Frage von Gaston ist ganz einfach zu beantworten: Hareter schreibt das nicht drauf, weil "Neusiedlersee" keine weinrechtlich zulässige Herkunftsbezeichnung für diesen Wein ist. Punkt. So wie z.B. "Mainschleife" keine zulässige Bezeichnung für Wein aus dem Weinbaugebiet "Franken" wäre.
Mit der Herkunftsbezeichnung Burgenland ist dein Bedürfnis punkto Klarheit exakt genauso gut befriedigt wie es mit "Neusiedlersee" wäre. Denn nach alter, Vor-DAC-Definition vereinte das Weinbaugebiet Neusiedlersee, dessen Grenzen in den Nach-Weinskandal-Wirren lediglich nach Verwaltungsbezirken nicht aber nach irgendwelchen weinstilistischen Gesichtspunkten gezogen wurden so unterschiedliche Gemeinden wie Jois und Andau. Größere Sorten-, Klima-, Boden- und Stilunterschiede als zwischen diesen beiden Gemeinden (damals in einem Weinbaugebiet) findest du im gesamten Burgenland von der Grenze zu Slowenien bis zur Grenze zur Slowakei nicht.
Ich verstehe schon, dass man aus sentimentalen Gründen und Veränderungsunwillen am Alten hängt. Man sollte sich halt dann auch bewußt sein, wieviel Scheingenauigkeit und Verklärung damit einhergeht.
@Weingeist:
Eine konträre Meinung ist natürlich legitim. Fakten sind aber halt Fakten und keine Meinung und sollten daher meinem Verständnis einer vernünftigen Diskussion nach irgendwann auch zur Kenntnis genommen werden. Ich habe eben NICHT geschrieben, dass...
Tja, und wer die DAC-Thematik wirklich ernsthaft betrieben hat, schreibt er ja selbst…
Blaufränkisch hat geschrieben:
...sondern ganz im Gegenteil eine kleine Gruppe von Winzern die den Anstoß gaben, denen dann ganz freiwillig unter weiter Auslegung des Weingesetzes sehr viele gefolgt sind, ehe der Gesetzgeber legistisch und die ÖWM dann endlich auch marketingmäßig reagiert hat.
...die RWB die DAC-Thematik ernsthaft betrieben haben, sondern mehr oder weniger genau das Gegenteil:
Die Entwicklung zur Abschaffung von Neusiedlersee, Neusiedlersee-Hügelland, Mittelburgenland und Südburgenland hat übrigens – lieber Weingeist – auch nichts mit dem DAC-System zu tun, sondern reicht viel weiter zurück und wurde von (den) renommierten Weingütern Burgenlands – von denen einige wohl auch von dir geschätzt werden - in allen diesen vier Gegenden gemeinsam beschlossen und umgesetzt.
Die RWB sind maßgeblich dafür mitverantwortlich (und dieses Verdienst wird selbst bei ihren Kritikern nicht wirklich bestritten), dass es ein gemeinsames Selbstverständnis unter den burgenländischen Weinbauern gibt, sich gemeinsam als "Burgenland" zu sehen und als solches auch auf den Etiketten als Herkunftsbezeichnung präsent sein zu wollen.
Die DAC-Idee hat damit ursächlich nichts zu tun, nicht zuletzt, weil sie erst danach entstanden ist. Sie wurde NICHT von den RWB sondern von der ÖWM, insbesondere in Form ihres damaligen Geschäftsführers Salomon entwickelt und propagiert. Dass es "Burgenland" als Qualitätsweinbaugebiet gibt, kommt dem DAC-Konzept entgegen, war aber nicht die Intention der RWB (die sich übrigens lange gegen die vier DAC-Gebiete gewehrt haben und gerne ein gesamtburgenländisches DAC gesehen hätten).
Wenn die RWB kritisiert werden (und nicht nur aus Neid, sondern auch konstruktiv), dann - berechtigt und unberechtigt - wegen vielerlei Dingen, aber sicher nicht deshalb, weil sie der innerburgenländischen Kleinstaaterei entgegengewirkt haben.
@Gerald:
ich glaube gerne, dass das so gemeint war. Nur weiß man eben von vielen bekannten Weinbaugegenden, dass die kleinere Einheit für höherwertige Weine steht. Also dass z.B. ein Pommard AC gegenüber einem Bourgogne AC eindeutig eine höhere Klasse verkörpern soll. Und das würde ich - ohne die Erklärungen von Bernhard - jetzt auch rein intuitiv auf z.B. Neusiedlersee-Hügelland vs. Burgenland analog übertragen. Vermutlich geht es vielen anderen Weinfreunden genauso.
Das ist ja auch im Grundsatz nicht falsch, Gerald. Natürlich kann und soll man innerhalb des Burgenlandes die DAC-Weine als höherwertig sehen (Übrigens, nochmal: Neusiedlersee-Hügelland ist spätestens seit der heurigen Weingesetznovelle Geschichte). Immerhin - und das ist nicht nichts - stammen sie aus Sorten, die in diesen Gebieten besonders gut gedeihen und geeignet sind, dort einen Geschmack hervorzubringen, den es anderswo so nicht gibt.
Dass es hochwertige, teure Weine gibt, die keine enger gefasste Herkunftsbezeichnung (DAC,..) tragen, weil sie entweder nicht in die entsprechenden Richtlinien passen oder der Winzer sich diesen nicht anschließen will gibt es grundsätzlich auch anderswo. Schlag nach bei den italienischen Vino da Tavola Sassicaia etc.
Bei uns gibt es das natürlich häufiger, weil wir eben eine extreme Sortenvielfalt und eine andere Weinbezeichnungshistorie haben. Und die ganze Sache eckt natürlich auch dort, wo DAC-Weine als klassische Alltagsweine definiert wurden, also in allen DAC-Gebieten die "Classic-DAC" anbieten (sprich: alle außer Leithaberg). Das hat mich schon immer gestört und ist x-fach dokumentiert, weil ich der Meinung bin, dass man in einem 5-Euro-Veltliner, einem 6-Euro-Zweigelt keine Herkunft transportieren kann, die über Niederösterreich oder Burgenland hinausgeht.
Aber da wären wir ja bei der konstruktiven Kritik und bei Argumenten. Und ich habe bei vielen Postings hier halt das Gefühl, dass es darum nicht unbedingt geht.